Freitag, 1. November 2019

INDIEN - Tag 10, Varanasi - Goa

Freitag, 1. November 2019
Der Wecker holt uns pünktlich aus unserem unruhigen Schlaf, was sind wir froh, wenn wir diesen unerträglichen Lärm jetzt bald hinter uns haben. Es ist noch nicht 8 Uhr, wir haben alle Zeit der Welt und machen uns mit dem zur Verfügung stehenden Wasserkocher einen Schwarzen Tee. Dann gehen wir in Ruhe duschen und packen die letzten paar Sachen zusammen. Plötzlich kommt ein SMS unseres Fahrers, den wir für 9 Uhr bestellt haben. Er sei leider noch längere Zeit besetzt, er würde dann so gegen 10 Uhr 30 kommen. Ja, eh. Gernot sagt ihm noch per SMS einen guten Tag und Tschüss. Aber, der Wallah ist hartnäckig und will zumindest eine schmale Vermittlungsprovision abgreifen, also schickt er uns das Autokennzeichen eines Kollegen, der würde pünktlich da sein. O.k., warum nicht? Um 8 Uhr 50 kommt dann noch ein SMS, der Fahrer sei jetzt da. Gernot geht runter, checkt die ganze nähere Umgebung des Hotels nach dem Fahrer ab, nichts. Wir haben eh einiges an „Puffer-Zeit“ eingeplant, also warten wir bis 9 Uhr 10. Dann reicht es und wir fahren mit einer Auto-Rikscha los. Ist eh lässiger als ein Taxi. Natürlich meldet sich dann „unser“ Taxler per Telefon, wir drücken ihn aber weg. Wir haben keinerlei Lust auf irgendwelche Diskussionen, also blockieren wir schlicht seine Nummer und haben unsere Ruhe. Die Fahrt zum Airport soll ca. eineinhalb Stunden lang dauern, aber keine 45 Minuten später treffen wir am Flughafen ein. Wir chargen den Fahrer, laden unser Gepäck aus - da haben wir schon einen Wallah hängen, der uns ungefragt die Taschen abnimmt und auf einen Gepäckwagen ladet. Unsere Einwände ignoriert er, wurscht, soll er halt ein paar Rupees verdienen. Für die vielleicht 50 Meter lange Strecke verlangt er dann schlanke 30 RP pro Gepäckstück, so geht’s dann natürlich auch wieder nicht. Mit einem alternativlosen „We did not ask you for your help!“ drückt ihm Gernot 20 RP in die Hand und mit einem unterwürfigen „As you like, Sir“ war er wieder weg. Fürs Einchecken sind wir noch zu früh dran, aber immerhin erfahren wir, dass unser Gepäck von der „SpiceJet“ nach Goa durchgecheckt wird. 
Da fällt uns ein Stein vom Herzen, denn in den knapp 70 Minuten Aufenthalt hätten wir es wohl nicht geschafft, unser Gepäck zuerst zu holen und dann selber aufzugeben. Auch die Bordkarten für den zweiten Flug kriegen wir gleich hier - geil, jetzt kann uns nix mehr aufhalten. Relativ pünktlich öffnet dann der Schalter, wir sind die zweiten in der Reihe und - zack, ist alles erledigt. Auch der Security-Check läuft problemlos ab, wir müssen nur die Laptops auspacken. Passt. Wir suchen uns dann einen Tea-Stall und bestellen uns Tee und zwei Snacks. Als Gernot dann die Rechnung kontrolliert, mag er es kaum glauben. Es sind alle vier Posten schön aufgelistet - zweimal Tee, ein Veg. Burger und ein Cheese-Sandwich. Aber - der Endbetrag ist um 40 RP höher. Diese Schweinehunde! Der Wallah kann offensichtlich die elektronische Kassa manipulieren, das ist ja echt unglaublich. Natürlich regt sich Gernot ziemlich auf, der Wallah weiß natürlich sofort, dass er jetzt ein echtes Problem hat. Zwar druckt er dann sofort einen anderen Rechnungszettel aus, auffälligerweise mit der Bon-Nummer 0001, aber den Betrugsversuch lässt Gernot nicht so einfach durchgehen. Irgendwann ist genug mit „Cheating“. Auch wenn der dumme Junge noch so sehr um Gnade wimmert und sich tausendmal entschuldigt, geht Gernot zu einem Polizisten und zeigt den Betrüger an. Es geht uns natürlich nicht um die 40 RP, sondern viel mehr darum, dass die in Varanasi im Hochsicherheitsbereich des Flughafens einen Betrüger sitzen haben. Also einen Kriminellen - und der macht für Geld sonst noch was … Der Polizist hört sich alles genau an, macht sich ein paar Notizen, bedankt sich und geht wieder an seine Arbeit. Wir hätten eigentlich erwartet, dass er den Betrüger gleich zur Rede stellt, aber irgendwie hat ihn das nicht wirklich interessiert. Für dieses Verhalten gibt es in Wahrheit nur zwei Erklärungen: Die Bullen stecken da selber mit drin oder zweitens (und wahrscheinlicher) das Betrügen eines ausländischen Touristen wird hier nicht als Straftat, sondern als legitimer Volkssport angesehen. Aber Hauptsache, alle zahlenden Fluggäste werden als potentielle Kriminelle betrachtet, müssen sich abgreifen und durchleuchten lassen, auch die ca. 90 Jahre alte Frau, die vor uns in der Reihe war. Und der Dieb vom Tea-Stall bleibt unbehelligt. Zum Kotzen. Leicht möglich, dass Gernot dieser Tage den Fall noch einmal der Flughafenleitung von Varanasi zur Kenntnis bringt und dann gleich damit droht, den Fall den Medien zuzuspielen. Denn dann haben die ein echtes Problem … Dieses ständige betrogen-werden ist wirklich ärgerlich und eigentlich eine Schande für das ganze Land. Und es machen ALLE mit - genauso, wie es die Schweizer seit Jahren bei der Umrechnung vom Franken zum Euro machen. Das wird 1:1 erledigt, auch wenn der Unterschied manchmal 15 Prozent beträgt. Und auch in der Schweiz machen de facto ALLE bei dieser Betrugs-Masche mit, vom Tankwart bis zum Hotelier, nahezu ohne Ausnahme. So - genug jetzt damit. Wir sind jedenfalls froh, dass es diese Art des institutionellen Betrügens in Österreich nicht gibt, wir würden uns schämen für unser Land und unsere Leute. Kurz vor dem endgültigen Boarding gibt es dann noch kurz Aufregung, weil spontan das Abflug-Gate geändert wird. Also hetzen alle vom ersten Stock ins Parterre hinunter, vor allem für die Gehbehinderten ist das eine Zumutung. Uns ist es wurscht, wir rechnen sowieso nie damit, dass in Indien irgendetwas richtig funktioniert, denn so sparen wir uns schon mal die Enttäuschung. Ach ja, haben wir schon erwähnt, dass Indien die Atombombe im Arsenal hat …? 
Als der Airbus dann endlich abhebt, sind wir extrem froh, dass wir dem Smog von Varanasi entkommen sind. Wir haben im Netz gelesen, einen Tag lang in Varanasi zu atmen, entspricht dem Konsum von ca. 50 (!!) Zigaretten. Zum Vergleich - ein Jahr lang atmen in Wien entspricht 120 Zigaretten. Übrigens - in Delhi musste gestern überhaupt der Luft-Notstand ausgerufen werden, sämtliche Schulen bleiben bis auf Weiteres geschlossen und es werden an alle Kinder Atemschutzmasken verteilt. 

Aber Hautsache, das Rauchen in der Öffentlichkeit ist streng verboten - aus Umweltschutzgründen … Der Flug nach Hyderabad ist auf 2 Stunden und ein paar Minuten angelegt, aber irgendwann kommt die Durchsage, dass wir früher landen würden. Und tatsächlich - über eine halbe Stunde vor der geplanten Ankunftszeit kommen wir in der Millionenstadt an. Seltsam, aber eh lässig natürlich. Hyderabad ist weit weniger mit Smog belastet als Delhi oder Varanasi, wir sehen schon aus großer Höhe die ersten Häuser. Im Flughafen suchen wir uns zuerst unser Abflug-Gate und gehen dann etwas trinken. Gernot gönnt sich eine Dose Heineken-Bier, dummerweise ohne vorher nach dem Preis zu fragen. Und so ist das Bier mit 525 RP eines der teuersten aller Zeiten. Na servas - wenigstens war es eiskalt. 
Wir werden dann mit dem Bus zu unserem Flugzeug nach Goa gebracht, schau, schau - eine Propeller-Maschine wartet auf uns. Eine Bombardier Dash, wie sie früher jahrelang für die Tyrolean Airways geflogen ist. Wir sind - neben zwei riesengroßen, jungen Briten - die einzigen Western-Touris an Bord, ein gutes Zeichen dafür, dass die Hochsaison in Goa erst noch bevorsteht. Auch dieser Flug hat dann deutlich weniger lang gedauert als angegeben, die guten Winde sind heute eindeutig mit uns gewesen. Bei der Gepäckausgabe-Lotterie sind wir wieder ganz vorne mit dabei, aber in Wirklichkeit sind wir schon froh, dass unsere Köfferchen überhaupt mit uns angekommen sind. Vor dem Flughafen erwartet uns dann eine drückende Schwüle, no Problem, daran werden wir uns rasch gewöhnen. Wir werden von hier nach Colva fahren, da kennen wir uns aus und dann werden wir weitersehen. Die Fahrt dorthin kostet laut offizieller Preistabelle 514 RP, der erste Taxler verlangt nur 1.000 RP, also steigen wir sofort ein. Das Doppelte des Normalpreises muss man als nichtindischer Tourist einfach akzeptieren, außer man nimmt den Bus oder geht zu Fuß. Der Fahrer ist nett und redefreudig, so sind die 18 Kilometer schnell abgespult. In Colva erkennen wir fast gar nichts mehr, es ist um das drei- bis vierfache gewachsen, auch wenn es um keinen Deut moderner geworden ist. Eh o.k. Wir lassen uns zu einem Touristen-Ressort bringen, aber das ist ausgebucht. Gernot geht dann zu Fuß zwei Häuser weiter und schon sind wir im Hotel „Vailankanna“ eingebucht. 
Vorerst für zwei Tage, macht 3.000 RP, das passt. Unser Raum ist zwar klein, ist aber mit Klimaanlage, Bad und Ventilator ausgestattet. Allerdings ist das Bettzeug derartig dreckig, das man sich das gar nicht vorstellen kann. Es ist über und über mit so genannten „Sport-Flecken“ übersät, also die Hotelbetreiber scheißen sich echt gar nix. Also geht Gernot noch mal runter und „bestellt“ frische Bettwäsche und zwei saubere Handtücher. So etwas kann sich hinziehen, also gehen wir erst einmal etwas essen. Wir wollen eigentlich ins Restaurant „Goodman“ gehen, das kennen wir noch von früher. Aber schon am Weg dorthin lockt uns ein Lokal mit dem einladenden Schild: „The best place to have a beer - is here!“ Paaaasst, Gernot hat eh große Lust auf ein Bierchen, also setzen wir uns in den Gastgarten. Das Restaurant ist brechend voll, die meisten Gäste sind Russen und heute ist Karaoke-Abend. Ilse bestellt sich „Veg. Pakora“ und Gernot wagt sich über einen „Curd Rice“, Curd steht für Joghurt. Und natürlich ein Bier - die Auswahl ist geradezu gigantisch. Es ist dann ein „Corona“ geworden und noch eines und noch eines und noch … Zwischendurch hat Gernot den äußerst fixen Kellner gefragt, ob er denn bitte den „Curd Rice“ NICHT bringen könne, aber natürlich würden wir das Essen bezahlen. Denn nach dem dritten Bier hätte Gernot keinen Bissen runter-gebracht und das wäre doch zu peinlich gewesen. „No Problem, I cancel it“, sagte der nette Bursche und damit war das Problem erledigt. Sehr lässig und typisch Goa. Denn hier laufen die Uhren völlig anders als im übrigen Indien, aber dazu später einmal mehr. Der Abend wurde dann ein durchaus feuchtfröhlicher, es wurden russische Lieder gesungen, zwischendurch aber auch „Wind of change“ von den Scorpions und so weiter. Ein wirklich fantastischer Start in Goa und wie wir dann gegen 23 Uhr ins Hotel zurückgetorkelt sind, waren wir mehr als nur froh, dass wir hierher gefahren sind. Der Rezeptionist drückte uns dann gleich zwei saubere Handtücher in die Hand und eine originalverpackte, schneeweiße Bettwäsche mitsamt Polsterüberzügen. So geht Service, Danjavad - Dankeschön!! Im Zimmer wurden wir dann von wunderbaren 22 Grad Raumtemperatur empfangen und wie wir die Klimaanlage ausgeschalten haben, war uns die plötzliche Ruhe direkt unheimlich. Aber wir werden uns sehr schnell daran gewöhnen, so viel steht fest.





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