Samstag, 23. November 2019

INDIEN - Tag 32, Fahrt nach Mysore

Samstag, 23. November 2019
Die Nacht war wieder angenehm ruhig und kühl, an die recht frischen Temperaturen haben wir uns schnell gewöhnt. Die gut 2.300 Meter Seehöhe machen uns gar nichts aus. Wir - das heißt in erster Linie Ilse - packen unser Gepäck zusammen, heute geht das besonders leicht, weil wir einen großen Sack voller Schmutzwäsche extra mitführen. Wir gehen ein paar Meter neben dem „Majestic Crown“ (Ilse hat das Hotel übrigens in „Majestic Grauen“ umbenannt 😊) zu einem Chaishop und trinken gleich mehrere Tassen Schwarztee und „Coffee double strong“. Kurz nach 9 klingelt dann Gernots Telefon, offenbar der Taxler. Er würde bald einmal da sein, so viel haben wir mitgekriegt. Also haben wir unser Gepäck geholt und tatsächlich ist noch vor 9 Uhr 20 ein Taxi vorgefahren. Zwar nicht der gestern noch annoncierte Fahrer, aber das klärte sich rasch auf. Der Ersatz-Wallah wollte dann gleich noch den Preis auf 3.500 RP erhöhen - nix da, 3.300 RP sind ausgemacht. „Okay, Sir!“ 

Und schon waren wir unterwegs. Der Abschied aus Ooty fällt uns auf einmal gar nicht mehr leicht, schön war es da, die Nilgirims sind überhaupt lässig. So saftig grün und richtig bergig, mit frischer Luft und angenehmen Temperaturen. Bei der Durchfahrt eines uns noch unbekannten Ortsteiles von Ooty sehen wir noch einmal, wie nett diese Stadt doch ist. Vielleicht hätten wir wirklich noch ein paar Tage hierbleiben sollen - wurscht, jetzt sind wir unterwegs nach Mysore. 

Zuerst einmal müssen wir von der großen Höhe runter, in den ersten gut 30 Kilometern durchfahren wir 36 Haarnadelkurven und unzählige „normale“ Kurven. Unser Fahrer fährt zügig, ist aber kein Raser.

Bald einmal kommen wir in das Tiger-Reservat „Mundumalayam“, es ist das mit den meisten Tigern in Indien. Unser Fahrer sagt, er habe bereits zwei Mal Tiger hier gesehen, jeweils nachts. Tagsüber schlafen sie. Die Fahrt durch dieses Naturparadies ist sehr beeindruckend, es geht fast ausschließlich durch bewaldetes Gebiet, manchmal ist das ein regelrechter Dschungel. 

Überall stehen Warnschilder, man dürfe ja nicht das Fahrzeug verlassen, denn es gibt nicht nur Tiger hier, sondern auch Elefanten, Leoparden, Jaguare und natürlich Schlangen und so Zeug. Uns war aber eh (noch) nicht zum Aussteigen. Nach gut eineinhalb Stunden Fahrt durch das Reservat sind wir an die Staatsgrenze Tamil Nadu/Karnataka gekommen. 

Dort sahen wir strenge und energische Polizeikontrollen, vor allem auf Alkoholschmuggler haben sie es hier abgesehen, erklärte uns der Fahrer. Ausgerechnet ein Skoda Fabia, wie unserer in Weiß, wurde ziemlich auseinandergenommen, die Passagiere mit harschen Kommandos zum Aussteigen aufgefordert. Wir blieben wieder einmal völlig unbehelligt, Ilse wurde von einem der sonst so grimmig dreinschauenden Polizisten mit einem Lächeln und einem Augenzwinkern begrüßt. Das geht. Unmittelbar nach der Grenze geht das Tiger-Reservat weiter, diesmal halt in Karnataka. Jetzt sieht man auch entlang der Straßen immer mehr Affen, manchmal ganze Familienclans. 
Für das zweite Reservat haben wir dann keine Stunde mehr gebraucht und jetzt war Zeit für eine Pause. Etwas trinken, vielleicht ein kleines Samosa oder zwei und ein bisschen die Beine vertreten. Da wurde es dann echt ein wenig ärgerlich, weil unser Taxler einfach nicht angehalten hat. Er ist gleich an mehreren Chaishops und Restaurants einfach vorbeigefahren, Gernots freundliches „You stopp here, please!“ konterte er beim dritten Mal mit einem „I know a better place“ Klar, weil er dort wahrscheinlich Provision kriegt. Jedenfalls mussten wir ihm tatsächlich erklären, dass wir vor allem deshalb mit einem Taxi fahren, damit wir Pause machen können, wann WIR wollen. Richtig gecheckt hatte er es immer noch nicht und beim nächsten Restaurant schrie Gernot dann halt „Stopp here!“. Dann ist er halt beleidigt stehengeblieben. Nach dem Break hat es dann eh nicht mehr lange gedauert und die ersten Hochhäuser der Millionenstadt Mysore tauchten auf. Schon bei der Durchfahrt sehen wir, dass Mysore wohl nicht zu Unrecht als die fünftsauberste Stadt Indiens bekannt ist. Unser Fahrer telefonierte jetzt andauernd, wahrscheinlich hatte er keinen Zugang zu Google Maps. Die letzten paar hundert Meter zum vorreservierten Hotel „Paradise“ wird der Taxler dann von Ilse durch Mysore dirigiert.
Beim Einchecken sind dann aus den telefonisch vereinbarten 1.600 RP schnell 2.016 RP geworden „The taxes, Sir - you know?“. Das Hotel ist ein von außen seelenloser ca. 10-stöckiger Betonklotz, das Zimmer ist wenigstens mit AC, sonst gibt es nicht viel her. Wir haben Hunger und gehen ins hauseigene Restaurant. Ilse lässt sich Gemüsebällchen in dicker, roter Sauce bringen, Gernot isst mal wieder sein geliebtes „Dal Makhani“, dazu Butter-Naan. Beides war in Ordnung, die Linsen sogar sehr gut. Im Zimmer bemerken wir dann, dass die Klimaanlage nicht funktioniert. Wir rufen nach einem Haustechniker und wollen auch unsere Wäsche waschen lassen. „Today no laundry-service“ lautet die Antwort und die Haustechniker schmeißt Gernot gleich wieder hochkant aus unserem Zimmer, weil sie ihre Schuhe angelassen haben. Wurscht - die eine Nacht passt das schon, suchen wir uns ein anderes Hotel. Gesagt - getan. Ilse hat sich im Internet umgeschaut, das Hotel „Banyan Tree Comfort“ hat eine frische, positive Bewertung von einer Österreicherin - das verbindet. Mit Uber bezahlen wir für die Fahrt 29 RP, der Fahrer darf sich natürlich über einen 50er freuen. Das Hotel macht einen sehr guten Eindruck, wir sagen uns für morgen Mittag an und „Habe die Ehre!“
Nach dem Hotel-Check hatte Gernot dann Lust auf ein Bier und siehe da, keine 150 Meter entfernt fand sich eine Bar. Also ohne Übertreibung - das war mit Abstand die wildeste und vor allem abgefuckteste Kaschemme, in der wir jemals waren. Wir haben uns trotzdem niedergesetzt und mit Todesverachtung zwei Bier bestellt. Den Männern - alles voll fertige Sandler-Typen - ist natürlich angesichts Ilses die Kinnlade runtergefallen, vor allem wie sie aus der Pulle getrunken hat. Um langwierige Diskussionen mit einem Tschick-Schnorrer abzukürzen, hat Gernot das lockere „Gimme a Cigarette, my friend!“ mit einem alternativlosen „No Cigarettes, no talking! I am not a friendly man!“ beantwortet. Und wir hatten dann Ruhe. Lang haben wir es aber in dem schummrigen Loch eh nicht ausgehalten, der Kotz-, Kack,- und vor allem Piss-Gestank legte sich zunehmend auf unsere Schleimhäute. Also Abgang. Wir sind dann mit einer Uber-Rikscha ins „Paradise“ zurückgefahren, Ilse hat auch dieses Hotel umbenannt und zwar in „Parascheiß“. Nach einer ausgiebigen Dusche im ziemlich schimmeligen Bad haben wir uns dann im Internet nach einem halbwegs guten Restaurant umgesehen - wenn geht mit Bar bzw. Bier. Schnell wurden wir fündig und sind mit der Rikscha ins Restaurant „Gufha“ gefahren. 
Das Lokal befindet sich im Keller eines Luxushotels und es ist als Höhle (!) ausgestaltet. Mal was anderes. Überall in den Nischen der weitläufigen Höhle stehen Figuren, Ilse zum Beispiel wird von einem Halbnackten mit Lanze bewacht. Es hängen übergroße Spinnen von den Wänden und ein Teil der Kellner ist als Ranger verkleidet. Dem überkandidelten Ambiente angemessen, agieren die ca. 10 Kellner völlig unfähig. Obwohl nur zwei, drei Tische besetzt sind, müssen wir einen der Typen nach minutenlanger Wartezeit an unseren Tisch rufen. Damit wir überhaupt bedient werden. Aber letztendlich haben wir unser Essen und unser Bier bekommen und sind wieder einmal sehr zufrieden gewesen damit. Bei einer Bar in der Nähe hat sich Gernot dann noch zwei Dosen Bier mitgenommen und wir sind mit der Rikscha ins Hotel „Parascheiß“ zurückgefahren. Dort begrüßte uns die Klimaanlage mit fröhlichen 27 Grad, draußen hatte es nur mehr 23 Grad. Wurscht - davon lassen wir uns nicht aus der Ruhe bringen. Morgen checken wir eh aus und Gernot wird dem Chef schon noch mitteilen, was er von dessen mieser Bude hält. Als Morgensport quasi.

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