27. Juli bis 29. Juli 2016
Mittwoch,
27. Juli 2016
Wenn
man in Innsbruck lebt, hat das so einige Vorteile. Zum einen ist die Alpenstadt
ein wunderbarer Platz zum leben, zum anderen ist es die Lage der Stadt selbst.
Keine 30 Kilometer nach Deutschland, gerade mal 35 Kilometer nach Italien und
weniger als 100 Kilometer in die Schweiz. Man könnte ohne weiteres – zahlreiche
Innsbrucker tun das auch – ab und zu nach Venedig auf ein romantisches
Abendessen fahren. Oder kurz mal an den Gardasee – der bei uns auch das Meer
der Tiroler genannt wird. Gesagt – getan.
Um
dem alljährlichen Urlaubsreise-Wahnwitz zu entgehen, sind wir am Mittwoch kurz
nach 6 Uhr früh losgefahren, sozusagen klassisch antizyklisch. Schnell waren
wir über den Brenner-Pass hinweg, bei kaum nennenswertem Verkehr. Die
LKW-Dichte ist irrsinnig, manchmal reihen sich 15, 20 Stück der schweren
Brummer direkt aneinander. Dann geben wir unserem Schneckchen kurz die Sporen,
beschleunigen auf die erlaubten 110 km/h und schnupfen die ganze Reihe auf
einmal weg. Sonst gondeln wir lieber mit knapp unter 90 km/h dahin, dann zeigt
sich unser Nasenbär am wenigsten durstig.
In
Südtirol haben wir an einer Raststätte kurz Halt gemacht, Beine vertreten und
ein wenig rasten. Dabei ist uns im Tankstellen-Shop ein hübsches, kleines und
feuerrotes Vespa-Modell begegnet und weil wir rote Vespa-Modelle sammeln, durfte
sie mit uns mitkommen.
Wir
haben uns für heute überhaupt kein Ziel gesetzt, mal schauen, wo es uns
hinverschlägt. Das Wetter ist ideal, nicht zu heiß und kein Regen.
Bei
Trient (Trento) verlassen wir die Autobahn und ärgern uns (schon wieder!) dass
die Sperre der Ausfahrt „Trento Centro“ immer noch gesperrt ist, diese Sperre
aber nicht angezeigt wird. Also müssen wir die nächste Ausfahrt nehmen und
einige Kilometer zurückfahren. Ziemlich wurscht in Wahrheit, denn wir haben ja
schließlich keine Termine und müssen nirgendwo irgendwann ankommen.
Wir
werden den Gardasee übers Arcotal anfahren, diese Strecke ist weit weniger
langweilig. Zuerst geht es ein paar Kilometer steil bergauf und danach wieder
runter ins Tal. Landschaftlich ist diese Gegend sehr schön, die Berge ragen
steil und spektakulär hinauf, es wundert wenig, dass Arco ein Zentrum des
Kletter-Sports ist. Wir schauen kurz bei einem Campingplatz vorbei und sehen,
dass er voll auf Kletter-Publikum setzt – nirgendwo vorher haben wir beim
Campen eine Kletterwand extra für Kinder gesehen.
Nach
einem kleinen Päuschen sind wir Richtung Torbole abgebogen, das liegt sozusagen
auf der linken Seeseite, wenn man nach Süden fährt. Der Verkehr ist hier
natürlich um einiges stärker, man sieht fast ausschließlich ausländische
Auto-Kennzeichen. Trotzdem ist die Fahrt den Gardasee entlang völlig relaxed,
hie und da bleiben wir kurz stehen und schauen uns ein paar Campingplätze an,
irgendeiner wird uns dann schon zusagen.
Am
frühen Nachmittag kommen wir dann am berühmten (vor allem bei Eltern mit
Kindern) Garda-Land vorbei, einem riesigen Vergnügungspark. Unmittelbar danach
biegen wir von der Hauptstraße ab und steuern den Campingplatz „Gasparina“ an.
Der sagt uns auf Anhieb zu und wir buchen uns für eine Nacht ein. Besonders der
Swimming-Pool und das große Restaurant mit seiner umfangreichen Speisekarte
haben uns überzeugt, man gönnt sich ja sonst kaum was…
Schnell
war unser Platz bezogen, keine 10 Minuten später sind wir schon in unseren
Camping-Stühlen gesessen und haben einen kühlen Drink genossen. Die Temperatur
war mit 34 Grad schön zu ertragen, noch dazu lag unser Platz vollständig im
Schatten.
Natürlich
machten wir im Lauf des Nachmittages einen feinen Pasch, etwas später haben wir
denn dem großzügigen Pool einen Besuch abgestattet. Herrlich erfrischt sind wir
danach zurück zu unserem Häuschen und haben uns ein wenig niedergelegt.
Nach
dem Aufwachen hat sich dann unmissverständlich der Hunger gemeldet und wir sind
die 200 Meter ins Restaurant rüber. Ausnahmsweise hat Gernot diesmal
Mineralwasser getrunken, denn die 4,50 Euro für 0,4 L Bier wirkten dann doch
etwas abschreckend. Noch dazu, wo bei einem Essen schnell mal zwei, drei Bier
und damit mehr als 13 Euro weg sind. Wäre ziemlich deppert, weil im WoMo
genügend eisgekühltes Bier wartet, für 0,49 Euro die 0,5 Liter. Auch wenn wir
nicht auf jeden Cent schauen müssen, rausschmeißen müssen wir unser Geld auch
wieder nicht.
Das
Essen war wie erhofft ausgezeichnet, Ilse hat sich ein halbes Huhn mit Pommes
genehmigt, Gernot ist mit seiner Pizza Capriciosa ebenfalls vollkommen
zufriedengestellt worden. Auch die Bedienung war ausgenommen freundlich,
schnell und professionell – ein Campingplatz-Restaurant, das man mit ruhigem
Gewissen weiterempfehlen kann.
Anschließens
sind wir papp-satt eine große Runde über den Platz gegangen und sind auch die
paar Meter zum „Meer der Tiroler“ runter. Schon am Abend war klar, dass es
heute wohl ein Gewitter geben könnte. Und tatsächlich – so gegen 23 Uhr ist für
eine gute Viertelstunde die Welt am Platz untergegangen. Heftigster Regen
prasselte gegen die Fenster und auf das Dach unseres WoMo’s, die Temperatur
fiel binnen Minuten auf unter 19 Grad. Auch fein.
So
schnell wie das Gewitter gekommen war, ist es dann auch wieder abgezogen und
noch einen Vorteil hat der starke Regen gehabt: den Zikaden dürften die
Beinchen nass geworden sein, denn zum ersten Mal an diesem Tag waren sie nicht
mehr zu hören. Aber nicht mal eine ganze Heerschar der manchmal nervenden
Insekten hätte verhindern können, dass wir bald nach Mitternacht in einen
schönen Schlaf gefallen sind.
Donnerstag,
28 Juli 2016
Die
Nacht war wunderbar erholsam, gegen Morgen ist es dann so frisch geworden im
WoMo, dass wir uns zudecken mussten. Vielleicht haben wir deshalb so lang geschlafen,
denn dass wir erst knapp vor 9 Uhr aufwachen, passiert äußerst selten.
Nach
einem feinen Frühstück mit Kaffee und Marmorkuchen haben wir in aller Ruhe
geduscht und haben unser Schneckchen routiniert wieder reisefertig gemacht.
Dabei mussten wir unsere Kabeltrommel zeitaufwändig reinigen, denn der
Starkregen von gestern hat sie über und über mit Schlamm vollgespritzt. Das
arme Ding hat ausgesehen, als wäre es in eine Mure geraten. Also die ganzen 50
Meter abrollen und Stück für Stück mit der Sprühflasche und einem Lappen in den
Urzustand zurückbringen. Jetzt glänzt sie wieder wie neu und ist auch mal
wieder perfekt aufgerollt.
Danach
noch schnell die Rechnung bezahlt (relativ unschlanke 41,20 Euro) und dann
wieder raus ins pulsierende Leben rund um den Gardasee.
Der
Camping-Platz „Gasparina“ liegt in Peschiera, also schon ziemlich am Südende
des Gardasees. Also sind wir zuerst ganz ans Südende gefahren und dann sind wir
weiter auf die andere Seeseite. Da kennen wir uns schon richtig gut aus, waren
wir doch schon öfters hier.
Wir
sind ein wenig herumgegondelt und haben wieder Camping-Plätze goutiert, einige
kennen wir ja schon. Das hat dann aber leider ein plötzliches und unerwartetes
Ende gefunden – denn Schneckchen hat auf einmal begonnen zu kränkeln – und zwar
so richtig.
Es
war beim Herunterschalten vom dritten in den zweiten Gang, als uns ein
furchtbares Geräusch erschreckte. Es klang wie das Kreischen einer Horde
weiblicher Teenager, denen ein halbnackter Justin Bieber über den Weg läuft –
also echt ätzend. Gleichzeitig die Erkenntnis – das ist was Ernstes.
Zuerst
befürchteten wir ein Motor-Problem – ein Alptraum natürlich. Aber wir merkten
schnell, dass die Maschine einwandfrei funktioniert – also konnte es sich nur
um die Kupplung handeln. Das bestätigte sich dann schnell, das furchtbare
Kreischen war nur beim Schalten zu hören, vor allem beim Schalten in einen
niederen Gang. Zwar rutschte die Kupplung (noch) nicht durch, auch nicht in den
hohen Gängen. Aber dass wir dringend – sehr dringend – in eine Werkstatt
müssen, war auch uns Laien klar. Wenigstens „nur“ die Kupplung, trösteten wir
uns gegenseitig – das ist ein klassisches Verschleißteil, das darf kaputt
werden, unser Nasenbär hat seine 185.700 Kilometer weg – so ist es halt. Wir
waren uns natürlich sofort einig, dass wir unser Häuschen nur zu den
Mechanikern unseres Vertrauens bringen werden, sprich zum Krünes nach Mieders
im Tiroler Stubaital. Das sind Vollprofis, die haben unser Schneckchen schon
des Öfteren unterm Schraubenschlüssel gehabt, die kennen es in- und auswendig.
Aber
nach Mieders sind es gut 300 Kilometer, das konnte ja noch was werden mit
unserem waidwunden WoMo.
Vorerst
wollten wir aber noch einen schönen Tag am Gardasee verbringen, morgen ist
schließlich auch noch ein Tag und Erholung tut sicher auch unserem Schneckchen
gut. Also sind wir über die Schnellstraße nach Sirmione rüber – schonender
haben wir unser WoMo wahrscheinlich noch nie gefahren und es hat ihm spürbar
gut getan.
Jedenfalls
sind wir ohne Probleme in Sirmione angekommen und sind zielstrebig zum Camping
„Tiglio“ gefahren, denn kennen wir, da waren wir vor ein paar Jahren schon mal.
Es war gerade Mittagszeit, trotzdem war die Rezeption besetzt, wenngleich nur
mit einem jungen Burschen. Der war offensichtlich sehr froh, dass wir uns
selber einen Platz suchten, er meinte noch, wir sollten den 84er nehmen, dann
hätten wir nette, deutsche Nachbarn. Nun – diese Nachbarn hätten sogar die
Boatengs sein können und der Platz wäre für uns trotzdem unannehmbar gewesen.
Stand er doch ohne einen Hauch Schatten in der prallen Sonne und bei 35 Grad
ist pralle Sonne eine wahrlich pralle Sonne. Da hat das es dann um Mitternacht
noch 30 Grad im Inneren und erholsamen Schlaf können wir uns aufmalen. Schnell
noch den netten deutschen Leider-Nicht-Nachbarn freundlich zugenickt und weiter
einen Platz suchen. Schnell wurden wir gleich mehrfach fündig und schließlich
rollten wir auf einen wunderbaren Schattenplatz, unweit des Sanitär-Hauses. So
mögen wir das!
Den
Nachmittag leiteten wir mit einem Pasch ein, dann eine kleine Jause mit
wunderbarer Salami, die wir schon am Vortag in einem Piu-Supermarkt (übrigens
sehr empfehlenswert, weil besonders preisgünstig) gekauft hatten. Dazu
Parmesan, ein paar Tomätchen, Schwarzbrot – herrlich.
Dann
hat sich Gernot ein wenig niedergelegt und Ilse ist zum See hinunter, der
direkt an den Camping-Platz grenzt. Einen Gang ins lauwarme Wasser hat sich
Ilse dann geschenkt, denn der See war schon von einer eineinhalb Meter langen
Wasserschlange besetzt, da will man sich nicht unnötig aufdrängen. Schon gar
nicht Ilse.
Später
sind wir dann ins platzeigene Restaurant gegangen – und wieder haben wir
ausgesprochen gut gegessen und sind wieder absolut perfekt bedient worden. Ilse
hat sich ein Naturschnitzel in Weißwein-Sauce kommen lassen und Gernot hat
überhaupt doppelt zugeschlagen: zuerst Spaghetti al Ragu und danach Pizza
Frutti die Mare mit extra Sardellen obenauf. Jedes Essen ein Gaumenjubel und
auch Ilses Nachspeise – Zitronen-Eis serviert in der echten Schale – war ein
Genuss.
Dafür waren die insgesamt 35,56 durchaus angemessen, auch wenn wir uns
die unüblich unrunde Summe nicht wirklich erklären konnten – Italien halt.
Sehr
zufrieden sind wir dann ins WoMo zurück, haben noch einen gepflegten Pasch
geklopft und es wird sicher nach Mitternacht gewesen sein, als wir das letzte
Licht im WoMo ausknipsten.
Freitag,
29. Juli 2016
Der
Tag beginnt wie immer mit einem sauguten Kaffee und heute beginnt er auch mit
der Sorge um unser lädiertes Schneckchen. Schließlich muss sich unser WoMo mit
seiner defekten Kupplung bis ins Stubaital schleppen und da liegt auch der
Brenner-Pass dazwischen. Da werden wir es so zärtlich wie möglich hinauf
prügeln müssen, damit wir nicht irgendwo hängenbleiben und auf den ÖAMTC/ADAC
angewiesen sind. Was eh nicht so tragisch wäre, aber trotzdem…
Nach
dem Bezahlen der Rechnung sind wir dann schnurstracks auf die Schnellstraße
gefahren und ebenso schnurstracks nach wenigen Minuten in einen kilometerlangen
Stau geraten. Für die fertige Kupplung natürlich eine Extra-Herausforderung –
Stop-and-Go ist das Schlimmste. Zeitweise waren die Geräusche echt
besorgniserregend, aber Gernot hat schnell gelernt, möglichst ohne Motorbremse
auszukommen, müssen halt die „normalen“ Bremsen etwas mehr schuften.
Kurz
vor Erreichen der Autobahn haben wir unser Häuschen vollgetankt und konnten
erfreut den niedrigsten Verbrauchswert aller Zeiten feststellen – sensationelle
9,35 Liter auf 100 Kilometer, das ist fast nicht zu glauben. Weniger geht echt
nimmer, obwohl – würden wir auf der Autobahn höchstens 75 bis 80 km/h fahren,
könnten wir den Verbrauch vielleicht noch weiter nach unten drücken, aber wir
sind ja nicht auf Rekorde aus.
Auf
der Autobahn Richtung Brenner war dann durchwegs freie Fahrt angesagt, trotz
regem bis starkem Verkehr hat es sich nirgendwo gestaut. Unterwegs haben wir
eine kleine Kaffee-Pause gemacht, kleines zweites Frühstück zu uns genommen.
Dann
weiter und ab Sterzing ist es dann richtig ernst geworden – es wartete der
Brenner-Pass mit seiner über zehn Kilometer langen steten Steigung.
Machen
wir es kurz – unser Schneckchen hat sich wahrlich tapfer geschlagen und uns
ohne zu Mucken ins Stubaital gefahren, wo die Mechaniker schon auf uns gewartet
haben. Bei der Probefahrt bestätigte Profi-Schrauber Daniel dann sofort Gernots
Erst-Prognose: Kupplung muss getauscht werden, nützt nix. Wird einen runden
Tausender kosten – schockt uns wenig, wir haben insgeheim mit dem Doppelten
gerechnet.
Irgendwie
war es ein komisches Gefühl, als wir unsere Schnecke in Mieders ausräumten und
stehen lassen mussten, beinahe so, als hätte man einen guten, alten Bekannten
für eine Operation ins Krankenhaus gefahren. Und irgendwie ist ja auch
tatsächlich so – Schneckchen ist beim Onkel Doktor und am Mittwoch ist alles
wieder gut – Heile, heile Gänschen – oder so ähnlich….