Dienstag, 31. Juli 2007

A WoMo-Fahrt Sommer 2007 (Leihmobil)

Reisezeit vom 31.7. bis 19.8.2007
Route: Innsbruck-Berlin-Bad Doberan-Insel Poel-Hamburg-Harlingen-Amsterdam-Koblenz-dem Rhein entlang-OÖ-Innsbruck
Streckenkilometer: 3362km

Dienstag, 31.7. 2007
Es ist soweit – wir werden uns zum ersten Mal ein Wohnmobil mieten und wir haben keine Ahnung, ob wir fürs Campen überhaupt geeignet sind. Mal schauen…
Um 16 Uhr haben wir das Wohnmobil in Inzing übernommen — alles hat genau so geklappt, wie das seit Wochen abgemacht war.
Seit Wochen sind wir auch irgendwie in Vorbereitung auf unseren gut 20-tägigen Trip mit einem Haus auf vier Rädern. 


Ilse hat die Chefhoheit über die Planung — und obwohl sie, wie auch Gernot, keine Erfahrung mit Campen hat, ist alles perfekt organisiert, als wir am nächsten Morgen abfahren.

Mittwoch, 1.8.2007

Die Schilderungen des Abfahrtstages beginnen um exakt 00:00 — genau jener Zeitpunkt, an dem Ilse der Stoßseufzer: „Jetzt isch es Zwölfe und i hab no nix herg'richtet!" ausgekommen ist. Natürlich war das schamlos übertrieben. Denn außer der zugegeben sehr umfangreichen Bekleidung und ein paar Sachen wie Lautsprecherboxen und Notebook, war alles bereits im Wohnmobil verstaut: Tonnenweise Lebensmittel — an die drei Lagen Bier, Red Bull, alkoholfreie Getränke – alles schon eingeräumt, der Eiskasten gefüllt.
Unser Häuschen erweist sich sofort als überaus ideal für zwei Personen. Wir kriegen all unsere Habe locker unter — die irrsinnig riesige Dachbox ist mit all den Campingmöbeln grad mal zur Hälfte gefüllt.
Gegen 2 Uhr sind wir aber dann schließlich doch schlafen gegangen.
Ilse war um Sieben herum wieder auf — um das ganze Gewand in die Reisetaschen zu packen. Danach schnelles Kaffeefrühstück und runter mit dem letzten Zeug ins WoMo.
Was wir gestern schon geargwöhnt haben, ist heute Tatsache geworden: der Kühlschrank funktioniert nicht. Gernot ruft also den Vermieter an — Ilse geht derweil in den Sparmarkt rüber, frisches Gebäck und Obst einkaufen.
Der Wohnmobil-Wallah erklärt uns dann telefonisch, wie der gasbetriebene Eiskasten zu starten sei, nur das Ding will und will nicht. Also beginnt unser Trip mit einem Umweg über Inzing, bei der dortigen Tankstelle gibt es einen Andreas, der den Ford Transit Rimo offenbar kennt wie seine Westentasche, er ist quasi der Aushilfs-Vermieter. Andreas startet den Kühlschrank dann von außen mit dem Feuerzeug (muss man erst mal wissen!) und wir düsen gegen halb elf dann letztendlich wirklich los.
Wobei düsen speziell am Zirlerberg möglicherweise ein etwas gewagtes Wort ist — denn Gernot muss den Ford zweimal (mindestens!) bis in den ersten Gang runterschalten. Aber fahren lässt sich unser WoMo weitgehend wie ein PKW. Den Seitenwind spürt man ein bisserl mehr, sonst wäre uns nichts Besonderes aufgefallen.
Über Scharnitz und Garmisch kommen wir dann auf die Autobahn und irgendwo vor München tauschen wir das Lenkrad — Ilse kutschiert uns durch den Münchner Stadtverkehr und danach wieder auf die entsprechende Autobahn. Auf einem Parkplatz machen wir dann zum ersten Mal richtig Halt, so mit Schnitzel essen, rauchen und Red Bull trinken.
Danach klemmt sich Gernot wieder hinters Steuer und Ilse weiht unseren Schlafplatz ein. Wir haben ja ein so genanntes „Alkoven" Modell gemietet, das sind die Dinger, wo sich das Doppelbett im Aufbau über der Fahrerkabine befindet. Ilse macht ein kleines Schläfchen und Gernot fährt, meist im Windschatten von Sattelschleppern oder Reisebussen, mit guten 100, 105 km/h Berlin entgegen. Im Ford kann man bequem sitzen — für den linken Fuß gibt's ein geiles Podestchen, so gibt’s auch kein Kreuzweh vom stundenlangen dahinblatteln...
Ilse hatte sich grad hingelegt, als uns ein Auto überholt, dessen Beifahrerin hektisch deutet, wir sollen sofort anhalten. Und sie zeigt mit dem Finger Richtung Dachbox. Wir bleiben natürlich sofort am Pannenstreifen stehen — Na servas! Die große Dachbox ist aufgegangen — der Deckel steht senkrecht im Wind. Kaum oben am Dach, fliegen Gernot auch schon Pölster, Decken und die fette Antenne-Jacke entgegen! Unglaublich, aber es hat nichts wirklich rausgeweht — alles da — das ist arschknapp gut gegangen, der Deckel der Box hätte ja auch abreißen können... Nicht auszudenken.
Wir verschließen die Dachbox also sehr, sehr sorgfältig und weiter geht's in Richtung Tagesziel Berlin.
Mit einer ausgedehnten Kaffee- und Eispause am ehemaligen deutsch/deutschen Grenzübergang sind wir dann ohne irgendwelche Probleme um knapp nach 21 Uhr in der deutschen Hauptstadt eingetroffen. Beim Tanken haben wir übrigens den Verbrauch unseres WoMos feststellen können — deutlich unter 10 Liter. Das ist weniger als erwartet, fein.
Unser Weg führt uns direkt in die Pension Stieglitznest — deren Besitzerin Christa begrüßt uns herzlich. Was Gernot bis dahin noch nicht wusste: Ilse hat uns für heute Nacht bei Christa eingebucht — wir kriegen natürlich „unser" Zimmer, wo wir schon zu Ostern übernachtet haben, eine total nette Überraschung!
Wir parken dann unser Schneckenhaus um die Ecke, bringen was Frisches zum Anziehen und unser Waschzeug ins Zimmer und gehen dann essen.
Eigentlich wollen wir zum türkischen Italiener gleich am Eck — da, wo wir heuer zu Ostern mehrmals waren. Der hat aber entweder zu oder ist — zumindest dem äußeren Anschein nach –  überhaupt aufgehaust.
Ilse kennt aber aus ihren langen Jahren in Berlin natürlich sofort adäquaten Ersatz — wir gehen zu einem Chinesen. Und die nennen sich „Panda" und das Dargebotene erweist sich als astreines Schmackofatz! Ilses knusprige Ente ist ihrem Namen mehr als nur gerecht geworden, Gernots Nummer 95 war ebenfalls sehr delikat, besonders die Pilze. Proppenvoll sind wir dann ins Stieglitznest zurück — rauf ins Zimmer und nach einem „Münchner Kindl" Bier und ein bisschen Fernseher schauen sind wir dann beide ins Bett und gleich einmal zack und weg...

Donnerstag, 2.8.2007

Sehr feines aktives Erwachen und dann so gegen 9 Uhr raus aus den Federn. Das Frühstück bei Christa spielt wie gehabt wieder alle Stückeln und nach ausgiebigem Duschen verabschieden wir uns so gegen halb elf aus dem Stieglitznest.
Erste Station für heute ist die ehemalige „Straße 13“ im Osten der riesigen Stadt. Diese Straße ist seit vergangenem Wochenende hochoffiziell in „Frank-Zappa-Straße“ umbenannt worden. Das müssen wir uns natürlich anschauen.
  
Ilse leitet uns wie gewohnt gekonnt durch den Verkehr (sie findet sogar, als wir im Stau stehen, einen genialen Abschneider!) und gegen Mittag sind wir dann da. Ehrlich gestanden –  eigentlich hätten wir schon sehr gerne eines der Straßenschilder gefladert — aber es ist erstens leider nicht kinderleicht gegangen und zweitens haben wir kein geeignetes Werkzeug mitgehabt. Also haben wir uns mit Erinnerungsfotos begnügt und die Frank-Zappa-Straße in Berlin hat noch alle ihre Schilder. Noch! Denn wer weiß, vielleicht reisen wir das nächste Mal mit einer Blechschere an und dann… Wir werden sehen.
Danach sind wir rauf auf die Autobahn, nach Bad Doberan. Das heißt, erst mal in Richtung Hamburg und dann Richtung Rostock. Gleich einmal außerhalb von Berlin haben wir einen Autobahn Rastplatz angesteuert — Kaffeepause. Zu diesem Zweck haben wir erstmals unseren Gasherd in Betrieb genommen, das heißt: Ilse hat. Schon kurz drauf hat es im ganzen Häuschen fantastisch nach frischem Kaffee gerochen — einfach herrlich.
Genau vor uns haben sich Dresdner eingeparkt, ziemlich verwegene Typen. Lange Haare, Bärte, Dosenbier. Ilse hat dann im Heckfenster des Autos eine Frank-Zappa-Fan-Kappe liegen gesehen und in dem Moment checkt Gernot das Kennzeichen: DD-FZ-2112. Also Dresden, Frank Zappa, und sein Geburtsdatum. Wir haben sie natürlich sofort darauf angesprochen — allseits breites Grinsen — Klar, sie fahren auch nach Bad Doberan. „Wir sehen uns dann oben“.


Nach knapp vier Stunden Fahrt sind wir dann in Bad Doberan eingetroffen — das Wetter macht ein bisschen Faxen, es tröpfelt so herum, wenigstens ist es nicht kalt. In Bad Doberan finden wir dann Dank unseres lebenden Navigationssystems Ilse die Galopprennbahn natürlich auf Anhieb.
Kaum angekommen, fragen wir uns schnell zum Chief-Checker durch. Er heißt Mario. Wir kriegen einen lässigen Abstellplatz direkt beim Eingang, dazu kostenlose Stromversorgung und auch noch den Namen des Typen, von dem wir die Drei-Tages-Armbänder kriegen sollen. Bei dem holen wir uns dann unsere Akkreditierung und unmittelbar danach finden wir in einem Zelt voller Zappa Platten, CDs, Bücher, Poster, Buttons, T-Shirts etc. wieder...
Wir schauen ausgiebig, stöbern viel und kaufen dann zwei geile CDs, eine fette Biographie auf Deutsch und einen dezenten Button. Gesamtinvestition: satte 57 Euro.
    
Mit den Schätzen sind wir dann zurück ins WoMo — essen. Ilse kredenzt herrliche Röstkartoffel mit Zwiebeln und Kaminwurzen — unser Nachbar ist gleich zu uns gekommen und hat scherzhaft vorwurfsvoll gemeint, solche Düfte könne ja niemand aushalten...
Unsere Nachbarn am Stellplatz sind übrigens die Betreiber der Dusch- und Toilettenanlagen. Erstklassig organisiert das alles, pipi-fein sauber, groß genug und mit 30 Cent durchaus wohlfeil.
Nach dem Essen sind wir dann auf einen ersten Streifzug durchs Gelände gegangen — inzwischen hat es unangenehm stark zu regnen begonnen. Bühne und Beleuchtung sind längst vollständig aufgebaut, auch die Verkaufsbuden für Getränke, Essen und Zappa-Devotionalien stehen gut angeordnet rund um den großen Platz vor der Hauptbühne, alles scheint bestens organisiert zu sein. Kein Wunder — die Zappanale hat ja bereits mehr als ein Dutzend Mal hier auf der Galopprennbahn stattgefunden.

Wir schlendern dann, gut eingepackt in unsere Regenjacken, über einen der Zeltplätze. Der ist relativ dicht mit Bäumen bewachsen, so haben die Camper in ihren Zelten wenigstens ein wenig Schutz vor dem immer stärker werdenden Regen. Die Kennzeichen der Autos zeugen von weiten Anreisen: Belgien, Österreich, Frankreich, Dänemark, Holland, England, Tschechien. Einige sitzen in ihren Party-Pavillons — Bier am Tisch, Jointchen am drehen, kleines Fresschen zu sich nehmend. Die Stimmung ist trotz des Schietewetters einzigartig — aus allen Zelten, Wohnmobilen und Autos ist Zappa-Musik zu hören. Dinnah-Moh-Humm hier, Zombie Woof dort, Sharleena aus dem Vier-Mann-Zelt hier — Love of my Life aus dem Not-Biwak dort drüben unter den Linden. Alle haben offensichtlich eine gute Zeit und das ist ja durchaus im Sinne des Meisters...
Der starke Regen treibt uns dann aber endgültig zurück in unser Kabäuschen — wir lernen unser Dach überm Kopf sehr zu schätzen.
Gernot hat inzwischen das Notebook mit dem Subwoofer gekoppelt — wir haben einen irren Sound da herinnen, wir können nicht mal richtig voll aufdrehen, unserer Trommelfelle wegen...
Ilse hat sich inzwischen in den ersten Stock zurückgezogen und während Gernot am Tagebuch herumtippt, läuft Frank Zappas unvergleichliche Musik. Wir sind also bestens in Bad Doberan angekommen, alles hat bis jetzt bestens geklappt. Mit anderen Worten: Urlaub vom Feinsten
  

Freitag, 3.8.2007

Also — die erste Nacht im WoMo war erstklassig, der Schlafplatz ist groß genug zum bequem lang ausstrecken und dementsprechend fein pennen.
Für die Leute in den Zelten war die Nacht wahrscheinlich nicht ganz so lustig, denn es hat praktisch durchgeregnet — teilweise sogar in Strömen. Für uns hat der Regen nur die Konsequenz, dass es angenehm kühl ist.
Ilse kocht Kaffee zum Frühstück und wir werfen den Toaster an. Ein herrlicher Start in den Tag.
Später am Vormittag gehen wir zum Pressecontainer rüber und lernen dort Anne kennen, die Frau vom Presse-Checker Thomas Dippel.
Sie ist uns sofort sehr sympathisch, Thomas kommt dann am Nachmittag. Wir kriegen gleich unsere supercoolen Drei-Tages-Presse-Karten zum umhängen — Ilse zum Drüberstreuen noch eine Fotografier-Erlaubnis. Getränke-Bons will uns Anne dann auch noch rüberwachsen lassen, aber wir lehnen ab. Wir haben ja Dutzende Bier, Saftln, Mineralwasser und Red Bull mit. Das macht uns natürlich nicht unsympathisch — später erfahren wir, dass bei der Zappanale schon mehrmals Journalisten als sich besaufende Schnorrer unangenehm aufgefallen sind. . .
Mit unseren oberlässigen Akkreditierungen spazieren wir nach einer obligaten Platzrunde zurück in unser Häuschen — Mittagessen ist angesagt. Ilse bereitet eine der Fertig-Spaghetti zu. Das schmeckt weit besser als erwartet. Nicht nur so lala zum essen, sondern eigentlich richtig gut.
Als wir dann später am Nachmittag wieder aufs Festivalgelände gehen, ist Thomas Dippel zwar noch immer nicht da, dafür glaubt Gernot doch tatsächlich, den Napoleon Murphy Brock erkannt zu haben. Er pirscht sich von hinten an den Mann ran und kann erkennen, wie er ein Autogramm gibt: NMB, also alles klar!
Nach einer knappen Minute hat er dann Zeit — Gernot macht mit ihm gleich einen Interview-Termin aus (morgen irgendwann nach 17 Uhr). Ilse knipst Gernots Handshake mit Napoleon, Klasse Foto! NMB ist ein voll lässiger Typ — unglaublich gut in Schuss — wir rätseln über sein Alter. Nun, er hat Frank Zappa 1973 kennen gelernt, da war er aber schon ein etablierter Musiker, also an die/oder über 30 Jahre alt. Hmmmh. Also ist er ziemlich sicher über 60 — echt gut beinand', der Typ.
Ganz beseelt von seinem Treffen mit Napoleon schwebt Gernot geradezu aus dem Backstage Bereich und wir ziehen eine Runde um den Platz. Bei einem der zahlreichen Standln wird eine Kaspress-Knödel-Suppe angeboten, nicht gerade eine typische Spezialität aus Ostdeutschland. Wir fragen nach, der Betreiber des Standls ist Österreicher, genauer ein Salzburger. Wir essen eine vorzügliche Kaspress-Knödel-Suppe und Spinatknödel mit Parmesan obendrein. Echt g'schmackig — wobei die Zillertaler schon noch um einiges besser wissen, wie man Kaspress-Knödel macht, aber wir sind schließlich über 1.000 Kilometer von daheim entfernt und da soll man nicht unnötig jammern...
Tja — und dann macht Gernot den Fehler des Tages: Immer noch euphorisch über den coolen Napoleon Murphy Brock und angetan von der Performance einer schwedischen Zappa-Cover-Band, trinkt er einen Moquito und weil man(n) bekanntlich auf einem Bein nicht stehen kann, gleich noch einen zweiten. Ilse begnügt sich mit einem dezenten Mai-Tai. Und was soll man noch groß herumreden? Im WoMo trinkt er noch ein schnelles Bierchen, raucht eine und zack — ist Gernot weg. Wollte sich vor dem Auftritt Napoleons nur ein bisschen hinlegen — Ilse hat ihn dann aber nicht und nicht wach gebracht. Sie ist dann notgedrungen allein zu Napoleons Gig gegangen. Die Videos und Fotos, die Ilse an diesem Abend gemacht hat, zeugen erstens davon, WAS Gernot versäumt hat — andererseits sollten sie noch Grundlage für eine nahezu heilige Erinnerung an Bad Doberan werden

Samstag, 4.8.2007

Trotz dem mittelschweren Räuschchen von gestern ist Gernot sofort nach dem Aufwachen voll fit und geht erst mal duschen. Ilse ist wie immer schon vor ihm auf und kurze Zeit später ist unser WoMo wieder erfüllt von herrlichem Kaffeeduft.
Danach schwingt sich die liebe Kleine auf ihr Bike und fährt die paar Kilometer runter nach Bad Doberan Downtown. Soll besser heißen: Sie muss runterfahren, weil Gernot klugerweise in Berlin die Zahnpasta hat liegen lassen — schöner Schaden!
Gernot legt sich nach dem Frühstück nicht noch mal nieder, sondern setzt sich mit seinen drei Zappa Biographien an den Tisch vor unserem Häuschen und bereitet sich auf das Interview mit Napoleon Murphy Brock vor. Der Musiker hatte 1973 das erste Angebot in Zappas Band zu spielen glatt abgelehnt! NMB war damals in Hawaii engagiert und dachte nicht daran, seinen mit Handschlag geschlossenen Vertrag zu kündigen. Außerdem hat er nicht gewusst, wer Zappa überhaupt ist (hat ihn nur mit dem Kloposter in Verbindung bringen können). Und als er hörte, dass bei den „Mothers of Invention“ unter anderem Jean-Luc Ponty und George Duke spielen (zwei Musiker, die er über alle Maßen bewunderte) hat er schlicht „Muffensausen" bekommen.
Ein Jahr später war er dann aber doch mit dabei und hat schließlich noch der allerletzten Mothers-of-Invention-Formation 1977 angehört. 1984 ist er dann noch einmal für eine Tournee zu Frank Zappas damaliger Formation zurückgekommen. Zappa hat ihn dann aber während der laufenden Tournee fristlos gefeuert. Schlicht und ergreifend deshalb, weil sich Napoleon beim Kiffen hat erwischen lassen... Tja, bei Drogen war der Meister bekanntlich gnadenlos. Wahrscheinlich hätt' er aus so einem Grund sogar seine Frau Gail rausgeschmissen. Nun gut, darauf braucht Gernot den Napoleon natürlich nicht ansprechen heute Nachmittag...
  
Nach fast zwei Stunden ist Ilse dann wieder aus Bad Doberan zurück gekommen und mit im Gepäck hat sie nicht nur eine Jogginghose und zwei Unterhosen für Gernot, sondern unglaublich geile Bilder von Napoleons gestrigem Auftritt! Eines davon hat sie stark vergrößern lassen, sogar mit passendem Rahmen. IRRE Bilder, wie man sieht!! Napoleon Murphy Brock und Gernot beim Handshake! Einfach Wahnsinn! Und dazu ein Foto von der Frank-Zappa-Straße in Berlin, auch mit Rahmen und so gestaltet, dass Napoleon und Chad Wackerman darauf unterschreiben können. Supergeil!
Nach dem Mittagessen sind wir dann zu einen der Campingplätze spaziert, um ein paar Interviews mit Festival-Besuchern zu machen. War sehr schnell erledigt — Gernot hat gerade mal vier Leute angesprochen und alle haben was hergegeben.
Von Ex-DDR-lern haben wir z.B. erfahren, dass eine Vinylplatte von Zappa seinerzeit ca. 20 Prozent eines Monatslohnes gekostet hat. Das wären heute wohl an die 300 Euro. Aber natürlich waren die begehrten Platten nicht einfach so zu kaufen — man musste da schon jemand kennen, der einen kennt, der wiederum jemand kennt, der seinerseits wieder – aber man kennt das ja. Jedenfalls sehr interessante Gespräche, es wäre wirklich ewig schade, wenn Gernot diese Interviews nur für sein Privatarchiv gemacht hätte. Wir werden sehen.
Ausgestattet mit den Fotographien, der Aufnahmeausrüstung und einem „Fragenkatalog" in holprigem Englisch, sind wir dann gegen 17 Uhr wieder die paar Meter rüber in den Backstage-Bereich gegangen und haben dort sofort Napoleon Murphy Brock getroffen. Er war wieder völlig relaxed und Gernot hat sein Interview mit der Feststellung eröffnet, es gäbe zwei Probleme: sein schlechtes Englisch und sein Riesenrespekt vor Zappa-Musikern.
Napoleon hat darüber nur gelächelt und gemeint: „Your English is excellent and we are both the same lucky guys, because we waked up this morning! Take a look in the newspapers Gary and you will see, how many People never wake up again in a morning! So, Why worry?"
Und in dieser Tonart und in diesem Stil ist das ganze Interview verlaufen: NMB war unheimlich locker, hat andauernd gescherzt und geblödelt, zwischendurch wieder sehr kluge Sachen gesagt, kurzum: ein ganz besonderes Erlebnis für Gernot, er hat jede Sekunde genossen.


Danach hat Napoleon noch das große Foto seines gestrigen Auftritts signiert — „To Gary with best wishes" – und natürlich auch die Aufnahme von der Frank-Zappa-Straße unterschrieben und letztendlich hat er auch noch das Bild des Handshakes mit seinem Namenszug veredelt.
Er war dann fast schon wieder weg, da ist Gernot noch eingefallen, dass er ja auch das Libretto vom „Thing Fish“ Album mit dabei hat. Schnell noch mal hin zu ihm — jetzt ziert das Booklet der Spruch: „From the Evil Prince – NMB“. Einfach nur heilig! Ach ja — seine Visitenkarte hat Napoleon dann auch noch ausgelassen, einfach nur obergeil. Natürlich hat NMB dann auch noch für ein gemeinsames Foto mit Gernot posiert — wir gehen mal davon aus, dass uns diese Schätze bis ans Ende aller Tage begleiten werden, von den Erinnerungen an diese unvergesslichen Momente ganz zu schweigen.
Danach haben wir die Devotionalien zurück ins WoMo gebracht und sind erst Mal was essen gegangen. Am Festivalgelände hier gibt es einen Inder — wir haben Nudeln mit Hackfleisch gegessen und ein paar gratis Pakoras noch dazu. Sehr delikat und — das muss auch gesagt werden — sehr günstig. Denn es ist uns sofort aufgefallen, wie moderat die Preisgestaltung hier angelegt ist. Kein Vergleich etwa mit dem Konzert der „Zillertaler Schürzenjäger“ von vor zwei Wochen. Die große Portion Nudeln mit Hackfleisch beispielsweise war um 3 Euro zu haben, dass uns der Wallah ein paar Pakoras dazu geschenkt hat, machte das Ganze natürlich noch sympathischer. An einem anderen Standl gab es einen echten halben Meter Bratwurst mit Brot für 3 Euro, das komplette Frühstück mit Kaffee zum Nachschenken war um 5 Euro zu haben. Und so weiter. Also Abzocke sieht ganz, ganz anders aus. . .
Nach dem guten Mahl haben wir uns dann den österreichischen Beitrag zur Zappanale angehört — die nennen sich „Sex without nails" und spielen genial Zappas Musik nach, in Wien starten sie in den nächsten Tagen zu einem mehrwöchigen Gastspiel im „Porgy and Bess“ mit „Joe's Garage". Der Frontmann ist Gernot irgendwie bekannt vorgekommen, später hat sich dann herausgestellt, es war  Wickerl Adam, DER Wickerl Adam. Gründer der legendären „Halluzination Company“ und Entdecker von Falco. Napoleon Murphy Brock ist dann für zwei Nummern zu den Österreichern auf die Bühne gekommen — wir haben fast den ganzen Auftritt mitgeschnitten.
Es wird dann wohl schon gegen Mitternacht gewesen sein, als wir ins Bett gefallen sind — das war heute ein ganz besonderer Tag. Und morgen kriegt Gernot dann noch hoffentlich den Chad Wackerman vors Mikrophon – irgendwie ist das wie Ostern und Weihnachten zusammen.

Sonntag, 5.8.2007

Nach dem Aufstehen gegen 8 Uhr, wir sind eigentlich ziemliche Frühaufsteher geworden, hat es natürlich erst mal köstlichen Kaffee gegeben.
Nach der Dusche musste sich Gernot ein bisschen vorbereiten auf das Interview mit Chad. Schon am späten Vormittag ist er dann rüber in den Backstage-Bereich, dort wusste aber noch niemand so genau, wann denn Zappas letzter Drummer antanzen würde. Wir haben dann Backstage Anne und Thomas getroffen, dazu ein Paar aus Franken. Die waren lustig, wegen ihrem Dialekt werden sie oft für Österreicher gehalten. („Gestern erst hat wer g' sagt, ihr klingts wie Franz und Sissi!").
Irgendwann hat sich dann Napoleon mit seinem Essen zu uns gesetzt. Mehr als eine Stunde lang hat er uns dann einen Vortrag gehalten wie gesund er lebt, was er so den ganzen Tag über macht und wie wichtig Kalzium für seinen Körper ist.
Ilse hat NMB dann irgendwann einmal beiseite genommen und ihn gefragt, wie alt er denn eigentlich sei. Die Antwort hat alle Anwesenden sprachlos gemacht: Napoleon ist Baujahr 1939, also 68 Jahre alt! Der Typ schaut aber echt aus wie maximal 50! Und körperlich ist er unglaublich gut in Schuss. Aber er tut natürlich auch einiges dafür, trainiert jeden Tag und ernährt sich sehr bewusst. Aber sein tägliches Marihuana Jointerl vor dem Schlafengehen lässt er sich nicht nehmen, da war er ganz offen. So nebenbei hat er noch lachend erwähnt, dass er seine Mama endlich auch zu einer gesünderen Lebensweise hat bekehren können — Napoleon hat also offensichtlich auch verdammt gute Gene geerbt.
Jedenfalls haben wir das Gespräch mit ihm sehr genossen — und noch was Lustiges fällt uns ein: Immer wenn Gernot mal in seinem holprigen Englisch was halbwegs Gescheites gesagt habe, ist NMB aufgestanden, hat ihm die Hand geschüttelt und gesagt: „You are absolutly right!" Einzigartige Momente. Wir sollen Napoleon übrigens ein E-Mail schreiben, er schickt uns dann ein Video, welches seine Katze beim Klavierspielen zeigt…
Später am Nachmittag hat der Limousinen-Service endlich Chad Wackerman aufs Areal gekarrt — schnell war ein Interview ausgemacht und schon 20 Minuten später ist Gernot dem letzten Drummer Frank Zappas gegenüber gesessen. Chad machte eigentlich einen sehr nervösen, unsicheren Eindruck, keine Spur vom Habitus eines selbstbewussten, coolen Rock-Stars, wie das etwa Napoleon mit Vorliebe praktiziert. Wackerman spricht sehr leise und gepresst, während des Interviews verkrampft er die Hände unter dem Tisch, ist vollkommen unlocker.
Aber nach ein paar Minuten lässt ihn Gernot ohnehin in Ruhe, er unterschreibt uns noch zwei LPs („Jazz from Hell“ und „Man from Utopia“), sowie das Bild von der Frank-Zappa-Straße. Auf ein Gemeinsam-in-die-Kamera-Grins-Foto mit ihm vergessen wir sogar. Ilse hat aber während des ganzen Interviews fotografiert und gefilmt, an guten Bildern wird es also nicht mangeln.
Chad Wackermans Auftritt am Abend war dann bedauerlicherweise alles andere als eine Wucht — zwar spielt er natürlich exzellent Schlagzeug, aber die Musik und das Können seines Trios ist bestenfalls so lala. Aber wir haben geile Fotos von Wackerman gemacht und als Gernot ihm nach dem Konzert höflicherweise gesagt hat: „Great Job, man!" dankte er brav mit einem: „Thank you, Sir.“
Am Weg zurück zu unserem Stellplatz hat sich Gernot dann in der Euphorie gleich noch eine dritte Zappa CD gekauft — eine Live Doppel CD, Milano 1982. Mit den beiden anderen CDs, der Biographie, den Postkarten, den Abziehbildern und den zwei geilen Buttons war's das dann aber für diesmal. Mitternacht wird wohl schon vorbei gewesen sein, als wir uns dann in unser WoMo zurückgezogen haben.

Montag, 6.8.2007

Tschüss, du superlässiges Bad Doberan — die Zappanale 2007 ist Geschichte — wir fahren neuen Abenteuern entgegen. Vorerst aber beginnt die Woche erst mal gepflegt mit Duschen, Frühstücken und anschließend in aller Ruhe das Wohnmobil wieder auf Fahrbetrieb „umbauen". Heißt, alles so zu verstauen, dass man unterwegs auch mal wo links oder rechts abbiegen kann, ohne dass einem die Habe um die frisch gewaschenen Ohren fliegt.
Wir — das bedeutet zu mindestens 95 Prozent natürlich Ilse — sind in den paar Tagen schon zu richtigen Campern geworden: Alles hat seinen Platz und nichts kullert unnötig in der Gegend rum.
Gegen 11 Uhr verlassen wir schließlich das Festivalgelände — unser heutiges Tagesziel heißt Insel Poel.


Gleich mal nach Bad Doberan bleiben wir bei einem beeindruckenden Leuchtturm stehen und gehen ein paar Hundert Meter zu Fuß Richtung Küste. Dort sieht Gernot dann zum ersten Mal in seinem Leben die Ostsee — herrlich blaues Wasser, ein paar Segelschiffe, eh schön. Lange halten wir es aber nicht aus, denn wie wir am Leuchtturm angekommen sind, waren am nahezu leeren Parkplatz außer uns nur zwei zwielichtige Russen in einem etwas zu feschen Audi A8 zugegen. Unsere diesbezüglichen Vorurteile wollen schließlich bedient werden. Tät' uns grad noch abgehen, dass unser schutzloses Häuschen aufgebrochen wird und überhaupt...
Natürlich waren die Russen längst weg und unsere Habe noch da, also weiter in Richtung Insel Poel.
Unterwegs wollten wir dann noch schnell was einkaufen. Das Wörtchen „wollten" ist übrigens nicht zufällig gewählt, denn wir sind schon mit unseren paar Sachen unterwegs zur Kassa gewesen, da haben wir erst gesehen, WIEVIELE Menschen sich noch an dieser Kassa angestellt haben. Als würde es Gratistickets für Robin Williams geben (oder Bananen, schließlich sind wir in der ehemaligen DDR). Ilse hat gleich sämtliche Lebensmittel elegant in irgendeinem Regal entsorgt und Tschüss! Ja, da sind wir eigen, lange Menschenschlangen mögen wir nicht. Und außerdem sind wir eigentlich eh voll ausgestattet und nicht am Rande des Hungertodes. Ach ja — am Eingang haben wir uns dann noch ein paar Brötchen besorgt — supergut und ohne langes Schlange-stehen.
Die Insel Poel ist ja nur so um die irgendwas 50 Kilometer von Bad Doberan entfernt, dementsprechend früh sind wir dort angekommen. Unterwegs haben wir (schwerst illegal natürlich und ganz ausnahmsweise) in einem Wiesenstück neben der Bundesstraße unseren Abwassercontainer entleert... Zack, Hebel auf und das Wasser ist schnell und nur von einem leisem Gurgeln begleitet, im Boden versickert. Obwohl, der Umweltfrevel dürfte sich in Grenzen gehalten haben, es war Geschirr-Abwaschwasser und sonst nix. Unser Klo entsorgen wir natürlich nur an dafür ausgewiesenen Stellen — klar — da ist ja auch Chemie drin.
Dass Poel eine Insel ist, checkt Gernot zuerst gar nicht, denn er beobachtet gerade ein paar Enten, während er über die vielleicht 30 Meter lange Brücke fährt.
Ein paar Kilometer im „Landesinneren" finden wir dann den Campingplatz „Leuchtturm", den Ilse im Internetz entdeckt hat. Wir checken ein, die Preise sind ziemlich happig und wir kriegen unseren Stellplatz
Als erstes stecken wir den Strom an und füllen unseren Wassertank nach. Mit dem im Auto befindlichen Schlauch, der übrigens auf den Zentimeter genau lang genug dafür ist.
Unsere Nachbarn geben nicht allzuviel her, um das mal vorsichtig zu formulieren. Die rechts neben uns haben doch tatsächlich ihre zwei Meerschweinchen mitgebracht. Die armen Pelztrottel brüten in der prallen Sonne böse vor sich hin und torkeln in ihren Käfigen herum wie Richard Lugner nach dem Opernball. Im üppigen, wahrscheinlich klimatisierten Wohnwagen urlaubt die Familie mit Kind. Der Hausherr schaut aus wie weiland der Schwimmer Mark Spitz, nur ist er etwa 30 cm kleiner und im Wasser höchstwahrscheinlich weniger wendig.
Links neben uns campt eine Familie im spartanischen VW Bus. Recht nett zwar und ruhig, mit „Atomkraft, Nein Danke" Aufkleber am Auto, wir sind aber irgendwie trotzdem froh, dass sie nur freundlich grüßen.
Hinter uns, wenigstens durch eine Hecke getrennt, zelten die sprichwörtlichen Parade-Piefkes: Das männliches Familienoberhaupt jammert, zwiedert, ätzt und lästert andauernd halblaut rum, trinkt unausgesetzt Bier und will angeblich doch eh nur seine Ruhe haben. Dazu kommt seine ziemlich überkandidelte, weil heftig pubertierende Lolita-Tochter, ein Gameboy-spielsüchtiger Steppke als deren kleiner Bruder und die Mutter dieser Vorzeigefamilie ist offensichtlich eine bedauernswerte Psychopharmaka-Großkundin. Trotzdem haben wir's fein.
Wir schwingen uns gleich mal auf die Fahrräder und fahren runter Richtung Strand. Der ist für uns aber leider ziemlich enttäuschend. Nicht nur weil 2,50 Euro Gebühr zu entrichten sind (In Form von Tickets, die aus einem Parkautomaten gezogen werden und ohne denen man sich besser nicht erwischen lässt. Sonst kostet es gleich das Doppelte). Nein, die Ostsee bei Poel hat auch ein Quallen-Problem! Wir sehen Dutzende von diesen schlatzigen Dingern — lebend im Wasser und tot am Strand. Echt grauslig! Nie würden wir einen unserer edlen Füße in dieses Wasser setzen,  nicht auszudenken, wenn das noch dazu Brennquallen wären!
Trotzdem sind einige Wagemutige im Wasser und nachdem nicht anzunehmen ist, dass es sich bei diesen Badelustigen ausschließlich um Blinde und/oder Ignoranten handelt — dürften die Ekeltiere also wahrscheinlich eher harmlos sein. Aber nichtsdestotrotz sind die Dinger mit ihrem unheimlichen, leuchtend rosaroten Innenleben inmitten ekliger Gallertmasse voll ätzend!
Das mit dem Baden und Plantschen in der Ostsee hat sich also recht schnell erledigt — wir gehen trotzdem noch weiter an den Gratisstrand.
Der beweist dann sogleich, dass gratis manchmal auch umsonst sein kann, denn außer einem Wall von stinkenden und von Trilliarden Fliegen belagerten Muschelleichen hat er nix nennenswertes aufzubieten. Allenfalls noch einen ca. 60-jährigen FKK-Anhänger, der selbstbewusst sein niedliches Hochzeitswerkzeug spazieren führt. Also nichts, was uns unbedingt kirre machen würde...
  
Daher schwingen wir uns wieder auf unsere Bikes und fahren einfach drauflos. Der Weg entlang der Steilküste verläuft in einem Wald und ist echt lässig — wir sind völlig allein unterwegs, begegnen niemandem. Irgendwann führt der Trampelpfad dann raus auf die Heide — einem erntereifen Kornfeld entlang.
Gernot sieht dann schon von weitem einen ausgewachsenen Rehbock durchs Feld springen. Das Tier dürfte von einem in der Nähe arbeitenden Mähdrescher aufgeschreckt worden sein und befindet sich offensichtlich auf panischer Flucht. Ilse fährt voraus und sieht den Rehbock erst, als er knapp fünf Meter vor ihr in vollem Galopp aus dem Feld bricht und dann rechts im Wald verschwindet. Na Bumm — nicht auszudenken, wenn der Ilschen gerammt hätte! Der Bursche hat gut und gern seine 30 kg gehabt!
Wir haben mal kräftig durchgeschnauft und sind dann weiter. Unsere mittlerweile deutlich erhöhte Aufmerksamkeit hat uns dann ein weiteres Reh nicht übersehen lassen, das in einem bereits gemähten Feld gestanden ist. Wir sind ein paar Minuten stehen geblieben und haben mit Pfiffen und Winken das Reh auf uns aufmerksam gemacht — es hat aber nur kurz aufgeschaut und dann unbeeindruckt weitergeäst.
Wir sind dann zurück zum Campingplatz — alles in allem sind wir sicher fünf, sechs Kilometer geradelt — für Gernot war das übrigens die erste „Radtour" seit seinen Kindertagen. Der Arsch tut ihm weh, als hätt' er die Alp d' Huez Etappe der Tour de France hinter sich gebracht. Wurscht!
Wir sind dann noch auf einen Kaffee gegangen — gleich außerhalb des Campingplatzzaunes sind ein paar kleine Restaurants. Danach zurück ins Schneckenhaus — Ilse hat noch herrliche Kartoffel mit Zwiebeln und Kaminwurzen zubereitet. Gernot hat dann noch ein bisserl am Note-Book Tagebuch geschrieben und gelesen — kurz vor Mitternacht haben wir uns dann in den ersten Stock zurückgezogen.

Dienstag, 7.8.2007

Herrlich gut geschlafen — Ilse kocht wie immer Kaffee und das ist wie immer ein fantastischer Start in den Tag. Irgendwie erklären wir dann den heutigen Tag sehr schnell zum Schlaf- und Schlunztag — gar nichts tun, das muss man auch erst können! Wir nehmen uns unendlich viel Zeit zum Lesen — mit der Zappa Biographie ist Gernot nun auch schon durch. Aber wir haben zum Glück ja noch das Profil, diverse Tageszeitungen und zwei Spiegel. Das Lesen unterbrechen wir nur zum Schlafen und zum Liebe machen. Ein Traumtag!
   
Später am Nachmittag verlassen wir unser Häuschen aber dann doch noch, auch wenn wir nur in Richtung Strand auf einen Kaffee gehen. Wir spazieren danach noch runter an die Ostsee, sehen wieder Quallen und keiner von uns taucht auch nur eine müde Zehe ins ansonsten saubere Meer.
Am Abend gibt's dann Nudeln mit Sugo — wieder sehr gut. Danach ist wieder Lesen angesagt und gegen Mitternacht geht ein zwar höchst inaktiver, dafür aber umso entspannender Tag auf der Insel Poel zu Ende. Morgen werden wir unser Häuschen wieder zusammenpacken und nach Hamburg fahren.

Mittwoch, 8.8.2007

Wie üblich wunderbar geschlafen — auf zu neuen Abenteuern! Vorerst aber noch zusammenpacken, frisches Wasser tanken und das Altwasser entsorgen. Als erstes gehen wir aber duschen — wir müssen dabei feststellen, in Bad Doberan haben wir zwar in Containern geduscht, die waren aber erheblich sauberer als hier auf Poel. Die sanitären Anlagen kann man eigentlich nur mit dem Wort „dreckig" bezeichnen. Auch auf der Toilette eine sehr unangenehme Enttäuschung — es gibt kein Klopapier. Auch nebenan findet sich nichts dergleichen. Absolut fein, mit halb heruntergelassener Hose die leeren Kabinen nach Papier zu durchsuchen.
Wir lassen danach am Entsorgungsplatz noch unser Wasser ab und leeren das Bord-Klo, dann geht's zum Zahlen. Für zwei Tage legen wir an die 48 Euro ab und machen natürlich unseren Unmut über die mangelnde Sauberkeit kund. Reaktion der Tussi an der Rezeption? „Dann fahren Sie halt nach Österreich zurück, wenn es Ihnen hier nicht sauber genug ist!" Was soll man da noch sagen. Da weht wohl noch der Geist der überprivilegierten Ossi-Denke über den Campingplatz. Denn Ilse weiß, hier auf Poel waren stets die Apparatschicks und staatstreuen SED-Bonzen auf Urlaub. DAS sollte man mal in Österreich einem unzufriedenen Gast sagen — am besten noch einem Deutschen, ein entsprechender Ösi-Artikel in der nächsten BILD wäre da wohl nicht unwahrscheinlich. Jedenfalls verabschieden wir uns mit einem lauten „Typisch Piefkes!"
Nun aber nichts wie weg von dieser Insel. Wir fahren zuerst Richtung Lübeck und diesmal achtet Gernot besonders darauf, die Verbindungsbrücke zwischen der Insel und dem Festland nicht zu übersehen. Süß!
Nach ein paar Kilometer halten wir bei einem Einkaufzentrum an — Ilse hat heute Morgen durch formloses zu Boden schleudern unseren formschönen Toaster zerstört, das Ding will also ersetzt werden. Wir kriegen einen neuen Weißbrot-Bräuner im Sonderangebot für schlanke 6 Euro, dazu gönnen wir uns drei CDs (Max Raabe, Jonny Cash, The Dubliners) und ein paar Lebensmittel. Ach ja, hippe Schlupfsöckchens kriegt Gernot auch noch verpasst.
Dann geht's weiter in Richtung Hamburg. Unterwegs müssen wir mal kurz von der Autobahn runter — der Sprit ist alle und die passende Autobahnraststätte ist wegen Dreharbeiten zur Fernsehsendung „Cobra 11“ gesperrt. Wir tanken für exakt 600 Kilometer knapp 63 Liter, haben also ein bisschen mehr verbraucht diesmal. Das ist aber kein Wunder, speziell die letzten 200 km in Richtung Berlin sind wir teilweise 130 km/h gefahren, um noch bei Tageslicht anzukommen. Der Diesel kostet in Deutschland mit 1,159 Euro übrigens deutlich mehr als bei uns.
Nach dem kurzen Abstecher von der Autobahn verfügen wir uns wieder auf den Highway und nach einer kurzen Rast mit Kaffee und Laugengebäck treffen wir am frühen Nachmittag in Hamburg ein.

Ilse lotst uns — obwohl sie Hamburg höchstens aus Film und Fernsehen kennt — ohne Probleme direkt ins Stadtinnere. Bei den Landungsbrücken im Hafen stellen wir unser WoMo punktgenau in eine Kurzparkzone, lösen ein Ticket und schauen uns ein bisschen um.
Sofort fallen uns zwei gigantische Kriegsschiffe aus Griechenland auf, trotz ihres martialischen Aussehens sind sie schon irgendwie faszinierend auch. Und was sehr sympathisch ist: Interessierte dürfen sich an Bord alles anschauen, hunderte Menschen machen davon Gebrauch. 

Wir verzichten drauf, machen aber Fotos.
Dann streunen wir ein bisschen durch den Hafen, für uns Landratten gibt es natürlich sehr viel zu Staunen. Da liegen Schiffe im Trockendock, die sind so groß wie Hochhäuser, die Schiffsschrauben lassen daneben stehende Reisebusse wie Spielzeug aussehen.

Wir nehmen einen Drink und schauen dem regen Treiben zu. Zwischendurch kriegt Nadja ein kurzes SMS, sie ruft dann gleich zurück — morgen bricht sie mit ihrem Zodo nach Griechenland auf. Fare well!
In einem Tourismusbüro checken wir uns einen Hamburg Stadtplan und der zeigt an, einen Abstellplatz für unser Schneckenhaus gibt es leider nur einige Kilometer außerhalb des Zentrums. Ilse ist sich aber sicher, dass sie über Google Earth bereits einen Campingplatz direkt am Hafen entdeckt hat. Wir stöbern „heimlich" in den ganzen (teilweise sehr teuren) Marco Polo und Lonley Planet Stadtführern und tatsächlich: direkt bei der Speicherstadt gibt es einen Abstellplatz für — wie es wörtlich heißt – etwas „freakige“ Camper. Also durchaus was für uns! Wir notieren Adresse und Telefonnummer und fahren die paar hundert Meter dort hin.
Natürlich finden wir durch das Navi-System Ilse den Platz auf Anhieb und parken uns neben einem Wohnmobil in Überlänge ein. Das gehört sozusagen einem Berufs-Kollegen von Gernot, denn der Besitzer ist Kameramann. Wir trinken ein Bierchen zusammen und dabei erfahren wir, dass der Besitzer des Platzes heute nicht mehr da ist. Also einfach stehen bleiben und bis morgen warten. Strom ist da, die Duschen und Toiletten sind mit elektronischen Schlössern versperrt, den Code 0707 verrät uns auf Nachfrage der erstbeste Camper.


Wir richten uns ein — Ilse kocht uns ein vorzügliches Fertiggericht: Knoblauch-Spatzeln mit Speck, aufgefettet durch eine unserer unfassbar delikaten Kaminwurzen.
Danach wollen wir nach St. Pauli radeln, den Kiez muss man natürlich gesehen haben. Das Wetter gefällt uns aber gar nicht und während wir noch überlegen, fängt es auch schon zu regnen an. Und zwar derart stark, dass an ein Rausgehen nicht wirklich zu denken ist. Also machen wir es uns im Häuschen bequem, lesen, hören Musik und noch vor Mitternacht legen wir uns flach.


Donnerstag, 9.8.2007

Wieder mal geschlafen wie in Abrahams Schoß — Ilse hat allerdings bemängelt, dass Gernot durch raffinierte Verteilung seiner vier Extremitäten gut und gern 95 Prozent unseres großen Bettes beansprucht habe. Ihre Versuche, sich etwas mehr Raum zu schaffen, hätte er mit lautem, aber wenigstens unverständlichen Jammern und Wehklagen kommentiert — Sorry for that!
Natürlich merken wir sofort nach dem Aufstehen, dass wir keinen Strom mehr haben. Am Anschlusskasten scheint soweit alles ok, es hat aber die ganze Nacht geregnet, leicht möglich, dass es uns einen Kurzen reing'haut hat. Wir haben dann noch das ganze Kabel untersucht und auch mehrmals umgesteckt, erfolglos. Schließlich haben wir den Fehler aber dann doch noch gefunden — es hat uns schlicht die Sicherung rausgepfeffert, die sich in einem Kästchen unter dem Waschbecken befindet. Wir mussten dann nur auf den roten Sicherungsknopf drücken und zack, passte wieder alles.
Mit dem Radl fährt Gernot dann frisches Brot holen, Ilse kocht derweil Kaffee. Nach dem Frühstück schwingen wir uns auf die Räder und fahren in die Hamburger Innenstadt. Eigentlich sind wir ja eh schon ziemlich weit herinnen — aber nach St. Pauli sind es doch noch ein paar Kilometer.

Wir finden dank Ilse problemlos die Reeperbahn, machen Fotos von der Davidwache und kurven ein bisserl in der berühmt berüchtigten verruchten Gegend herum. Pornoshop reiht sich hier an Pornokino, ein paar Huren stehen auch schon herum, natürlich kommen wir auch zur Herbertstraße. Untertags gibt das alles echt gar nichts her. Ilse bringt es auf den Punkt: "Einfach nur schmuddelig".
Wir fahren dann weiter und kaufen bei einem Souvenirladen ein paar Andenken an Hamburg. Peter kriegt seine Schneekugel, Gernot ein Feuerzeug und ein Schiffchen in einer Flasche haben wir uns auch nicht entgehen lassen. Alles übrigens erstaunlich günstig.
Anschließend sind wir zu einem Markt gekommen und haben ein paar ostfriesische Wurstspezialitäten gekauft.
Gleich daneben sind wir zu einer riesigen Kirchenruine gekommen, ein Bombenschaden, eigentlich ist nur noch der massive Turm vorhanden, der ähnlich wie die Gedächtniskirche in Berlin, als Mahnmal stehen gelassen worden ist. Zufällig war gerade eine Livevorführung eines Glockenspieles zu Gange, das, ähnlich wie eine Orgel, von einem Mann in einer Glaskanzel gespielt wurde.
Lässig — wir haben uns zwei, drei „Nummern" angehört und sind dann wieder zum Hafen runter geradelt.
Dort haben wir uns dann ein ganz besonderes Special gegönnt — mit den Bikes durch den Elbtunnel fahren. Erbaut in den späten 1920er Jahren, verläuft der Tunnel 23,5 Meter unterhalb (!) der Elbe — die Autos, LKW, Menschen und alles werden in riesigen Liften runter gefahren, dann geht's über 400 Meter auf die andere Elbeseite rüber. In einem schnurgeraden, gekachelten Tunnel.


Wir sind so was von durchgeblattelt unglaublich lässig. Und für Radfahrer ist der Spaß noch dazu gratis, Autos zahlen 2 Euro.
Drüben haben wir uns dann ein Aussichtsplatzerl gefunden und von der anderen Hafenseite auf die Promenade geschaut. Ein Superanblick, ganz was besonderes.
Viel gibt die Gegend hier aber nicht her — wir fahren bald einmal wieder zurück — die Fahrt durch den Elbtunnel ist natürlich auch beim zweiten Mal erste Sahne!

Dann aber erst mal zurück ins Häuschen. Ilse kocht Reis mit einer Ananas-Asia-Basis, die ostfriesische Hartwurst schneiden wir auch mit rein. Sehr gut wieder — wir haben uns echt das richtige zusammengekauft in der Metro.
Später am Abend sind wir dann noch einmal mit den Bikes nach St. Pauli geradelt. Mehr Huren natürlich, überall flackernde Leuchtreklamen. Vor den Puffs und Variete' Schuppen stehen jetzt die wortgewandten Animateure. Wir parken unsere Räder und gehen eine Runde spazieren.
Also Ilse hat recht, wenn sie sagt: „Schaut im Fernsehen immer viel lässiger aus, wenn sie Bilder von der Reeperbahn bringen!“ Wir nehmen dann doch noch Platz vor einem normalen Beisel und bestellen Bier und Wein. Das Lokal heißt Highway und befindet sich „Auf der großen Freiheit". Dieses Lokal ist irgendwie anders, sehr normal eigentlich, speziell in dieser Gegend. Wir werden uns übrigens noch oft an dieses Lokal erinnern, denn Ilse hat zwei lässige „Highway“ T-Shirts gekauft.
 

Allzu lange hält es uns dann aber doch nicht mehr auf der Reeperbahn und wir fahren zum Abstellplatz zurück. Ohne Licht — inzwischen ist es stockdunkle Nacht geworden — finden wir trotzdem unseren Weg und kommen gut an. Morgen geht's wieder weiter — der Platz hier in Hamburg war auf seine Weise auch was Besonderes, sehr einfach, aber trotzdem o.k.

Freitag, 10.8.2007

Wieder mal so gegen 8 Uhr aufgestanden — heut' geht's also weiter. Als erstes geht Gernot mal wieder schnell Brötchen kaufen — diesmal in eine andere Bäckerei. Und beim Zurückfahren verirrt er sich doch tatsächlich — und zwar ziemlich ordentlich. Nach dem Weg fragen braucht er erst gar nicht, denn er weiß ja nicht mal, wo er hin muss. Außerdem hat sich beim Bremsen die Lenkstange seines Fahrrades gelockert, das heißt, er kann momentan nicht mal mehr richtig stehen bleiben. Schließlich findet Gernot aber doch noch zum Abstellplatz zurück, 20 Minuten ist er aber sicher rumgeirrt.
Nach dem Frühstück ist Gernot dann rüber in die Autowerkstatt, hat sich einen Steckschlüssel besorgt und damit die Lenkstange wieder festgeschraubt. Dann die beiden Räder hinten drauf gepackt, Ilse hat unser Schneckenhaus im Inneren bereits wieder „auf Fahrt" getrimmt. Schnell noch das Wasser abgelassen und Frischwassertank randvoll gefüllt und dann nichts wie los.
Eigentlich haben wir kein richtiges Ziel, vielleicht wären wir nach Helgoland geschippert, aber das Wetter ist heut nicht besonders und es zieht uns eh nicht wirklich da raus. . .
Manchmal tröpfelt es sogar ein bisschen, wir fahren erst mal aus Hamburg raus in Richtung Bremen. Ilse ist diese Strecke früher oft jedes Wochenende gefahren, sie haben ja in Aurich ein Haus gehabt. Bei einem Rasthaus machen wir eine kleine Klopause — sonst fahren wir in einem Stück gut und gern 300 Kilometer durch.
Und finden uns dann bei Leer in der Nähe der holländischen Grenze an einem Parkplatz. Wir rasten ausgiebig — Ilse kocht eines unserer Fertiggerichte, wir bleiben sicher mehr als eine Stunde lang stehen. Wir werden jetzt gleich nach Holland fahren — erstes Ziel ist Groningen. Grenzkontrollen gibt's überhaupt keine mehr, an einem schlichten Schild erkennt man, dass man in Holland ist. Groningen liegt gut 30 km hinter der Grenze, wir fahren bis knapp an die Fußgängerzone ran und parken. Eine Stunde haben wir Zeit — also los.
Wir finden ein Cafe, aber nach einem Cola sind wir schnell wieder draußen und gehen in die Flaniermeile rüber. Geschäft reiht sich an Geschäft, die Straße ist leicht ansteigend.
Wir spazieren rauf, gehen mal rein in ein Schuhgeschäft, rein in einen CD-Laden, dann müssen wir schon wieder zum WoMo zurück. Unterwegs kommen wir noch an einem Park vorbei, wo ein ziemlich schräges Kunstwerk unsere Aufmerksamkeit anzieht: irgendwie laufen die Sekunden einer Uhr in einem Countdown rückwärts (dargestellt mit grellroten LED-Zahlen) und zu bestimmten Zeiten schiebt ein Mechanismus Glasflaschen von einem Regal und die zersplittern dann am Boden... Mhhmm... Wir haben eh Fotos gemacht.
Ilse hat auf den Straßenkarten bereits den Weg aus Groningen raus gecheckt, wir werden bis knapp an den 30 km langen Autobahn-Damm ran fahren und uns dort einen Campingplatz suchen.
Wir kommen gegen 18 Uhr in Harlingen an und stellen unser Häuschen an einer Gracht ab. Nach einem kleinen Päuschen suchen wir uns dann den Campingplatz und finden ihn bereits zwei, drei Kilometer außerhalb des Stadtzentrums.
Wir kriegen sofort unser Plätzchen, nur der Stromanschluss macht kurz Probleme, weil alle Steckdosen besetzt sind und wir ziemlich weit ausweichen müssen.
Wir richten uns ein und fahren dann mit den Bikes noch mal rein ins Zentrum. Am Hafen und in den Grachten liegen unzählige Schiffe und Boote, darunter sehr viele große Dreimast-Segelschiffe, richtige Windjammer sind da dabei. Wir erfahren beim Hafen auch, dass es die Möglichkeit gibt, mit der Fähre zur Insel Terschelling rüber zu fahren, die Fahrräder könnten wir auch mitnehmen. Kling gut — Ilse besorgt sich gleich alle Informationen.
Den Rückweg nehmen wir dann direkt über den Damm, dem Meer entlang, total lässig. Wir machen noch ausgiebig Halt in einem Restaurant, essen hervorragend und radeln dann, schon in der Dunkelheit, zum WoMo zurück. Bestens in Holland angekommen...

Samstag, 11.8.2007
Schon beim Aufstehen sehen wir, dass das heute ein schöner Tag werden wird. Wolkenlos und warm. Eine besondere Attraktion auf unserem Campingplatz sind Enten, die in Gruppen von bis zu 20 Tieren von Wohnmobil zu Wohnmobil pilgern und betteln. Natürlich kriegen sie auch von uns was ab — danach ist die Wiese mit Federn übersät, weil sich die Viecher so gierig um jeden Happen streiten...
Wir frühstücken dann selber auch ausgiebig und machen uns danach auf den Weg zum Hafen. Wir werden heute also mit dem Fährboot nach Terschelling rüberschippern, gut zwei Stunden wird die Fahrt dauern.
Beim Fahrkartenschalter wartet schon eine ordentliche Menschenschlange und Ilse reiht sich tapfer ein. Doch wie es der Zufall so haben will, macht plötzlich ein zweiter Schalter auf und Ilse kommt sofort dran. Leider — unsere Bikes können wir heute nicht mitnehmen, einfach kein Platz mehr. Auch egal, wir parken unsere Drahtesel in der Tiefgarage nebenan und gehen dann pünktlich an Bord.
  
Die Fähre ist ein megamäßiger Kahn, so groß wie ein Haus, mindestens dreistöckig, Platz für über 1.000 Personen und Autos und, und, und...
Wir stellen uns aufs Sonnendeck, dank Ilses Weitsicht sind wir in unsere wetterfesten Jacken eingepackt, denn der Wind weht nämlich ganz ordentlich. Und raus geht's aufs Meer.
Unser Schiff macht gute 25 km/h und pflügt nur so durch die See. Zahlreiche Möwen begleiten die „Midsland" und es ist faszinierend, den wendigen Vögeln beim Fliegen zuzusehen.
Manche Passagiere werfen Brotstücke in die Luft, meist werden diese noch im Flug abgefangen. Echt lässig zum zuschauen, die Vögel fliegen dem Schiff fast die ganze Fahrt über nach.
Zwei kurzweilige Stunden später laufen wir in einem slalomartigen Kurs im Hafen von Terschelling ein — das Örtchen hier macht einen sehr aufgeräumten Eindruck.
Gernot gönnt sich erst mal ein Fischbrötchen, das nennt sich hier
,Broede mit warme Vis", dann gehen wir zu Fuß los. Gleich einmal lockt uns ein Gasthaus, Ilse isst eine Kleinigkeit (Champignons), Gernot trinkt derweil ein Bierchen. Sieht alles sehr nett aus hier.
Wir spazieren dann ein paar hundert Meter und machen es uns dann in einer Art Düne bequem. Wir lassen uns die Sonne auf die Bäuche scheinen und überhaupt haben wir eine sehr, sehr feine Zeit.
Später schläft Gernot dann sogar wenig ein und Ilse muss ihn wecken, damit wir unser Schiffchen nicht verpassen. Wobei Schiffchen –  zurück fahren wir mit der „Friesland“, die ist noch um einiges riesiger als ihr Schwesterschiff und hat Platz für 1.700 Passagiere.
Wir sind unter den ersten die an Bord gehen, Gernot nimmt mal gleich an der Bar Platz. Nicht nur, weil es der einzige Ort ist, wo geraucht werden darf, sondern auch, weil ein kühles Heineken nicht zu verachten ist… Ilse steht im Freien am Heck des Riesenschiffes, später kommt sie aber auch rein in die Bar.
Die Rückfahrt geht dann um einiges schneller vonstatten, Wir brauchen grad mal I Stunde und 40 Minuten. Wir holen unsere Räder aus der Garage und fahren zum Campingplatz zurück.
Also dieses Terschelling ist echt eine Reise wert, mit den Rädern hätten wir sicher noch um einiges mehr von der Insel mitgekriegt, aber so haben wir einen herrlich entspannten Urlaubstag verbracht. Zurück im Kabäuschen haben wir uns dann bald einmal lang gemacht.
Morgen geht es nach Amsterdam — dieses Harlingen werden wir in guter Erinnerung behalten, netter Ort, hübscher Campingplatz und Terschelling war auch was ganz Besonderes.
   
Sonntag, 12.8.2007

Auf nach Amsterdam! Vorerst wird aber natürlich ausgiebig gefrühstückt, die frischen Brötchen dazu gibt's im Restaurant. Dann packen wir wieder alles zusammen, lassen das Wasser ab und gießen Frischwasser nach. Tschüss Harlingen.
Wir fahren auf die Autobahn und dann geht's über den 30 km langen Damm. Unglaublich, wie die dieses 90 Meter breite Trumm ins Meer gebaut haben, so um das Jahr 1927 herum. Auf halber Strecke ist eine große Verbreiterung und wir sind zum Meer runter gefahren. Haben dort unser WoMo geparkt und ein zweites Frühstück zu uns genommen. Herrlich — das ist das allerlässigste beim Reisen im Wohnmobil, das man jederzeit überall stehen bleiben kann und gleichzeitig alles bei sich hat. Eine Mini-Garconniere auf Rädern. Wir sagen ja schon „Schlafzimmerfenster" und „Wohnzimmerfenster", haben aber in jedem Fall ein „Küchenfenster“ und ein „Badezimmerfenster“. Einfach geil! Schnell duftet der Kaffee durchs Häuschen und nach der Rast fahren wir weiter Richtung Amsterdam. Das erreichen wir dann ohne Probleme und auch der Campingplatz findet sich, auch wenn er nur äußerst mäßig beschildert ist. Aber mit unseren Karten und Ilse als Navigatorin finden wir letztlich anstandslos hin. Wir kriegen einen Platz zugewiesen, den wir zuerst gar nicht fassen können, so winzig klein ist er.
  
Also parken wir vorerst irgendwo anders. Auf Nachfrage stellt sich dann heraus, wir haben doch tatsächlich den allerletzten freien Platz gekriegt, ein mickriges Plätzchen genau an der Einfahrt und gegenüber von Kiosk und Restaurant. Aber immerhin ein Plätzchen, denn wir sehen dann ununterbrochen Wohnmobile an- und gleich wieder abfahren — alles besetzt! Glück gehabt. Wir richten uns schnell ein und schwingen uns dann auf die Räder. Mal ein erstes Erkunden der Stadt.


Wir sind ganz nah am Zentrum, wenn auch durch einen breiten Fluss getrennt. Also radeln wir erst ein, zwei Kilometer und stehen dann an der städtischen Fähre.
Recht schnittige, blaue Boote, die die Passagiere samt ihren Rädern und Mopeds zum Bahnhof rüberschippern. Lässig und offenbar muss man dafür nichts bezahlen. Zumindest haben wir weder Fahrscheinautomaten noch Abstempelgeräte am Boot selber gesehen. Die Fahrt selbst dauert nur ein paar Minuten, danach finden wir uns neben dem Amsterdamer Hauptbahnhof wieder. Ab da kennt sich Gernot von früher noch ein wenig aus und wir radeln gleich direkt rein in den Red-Light-Distrikt.
Erst mal eine kleine Erkundigungsrunde, dann lassen wir bei der Kirche beim Jolly Joker die Bikes stehen und gehen zu Fuß weiter. Schon untertags stehen die Huren in ihren Auslagenfensterchen, in Amsterdam ist das schon längst eine etwas fragwürdige Touristenattraktion.
Ilse tun dann schnell die Füße weh und wir suchen uns ein Restaurant. Eigentlich würden wir gern mal wieder indisch essen gehen, aber wir finden auf Anhieb keines. Also gehen wir zu einem chinesisch/surinamesisch geführten Laden. Ilse nimmt Fleisch mit süß-sauer Sauce, Gernot bestellt sich Fried Rice mit Fleischstücken. Ihm hat es gemundet, Ilse war von der Sauce enttäuscht, alles püriert und nicht allzu g' schmackig.
Danach sind wir zu den Bikes zurückspaziert und haben noch kurz Halt gemacht in einem Coffee Shop. Wollten kurz Halt machen, sollte es heißen, denn nach einem Viertelstündchen mussten wir vom Gastgarten ins Innere des Lokales flüchten, denn es hat wie aus Kübeln begonnen zu regnen. Wolkenbruchartig. Und wir mit unseren Radeln und ohne jeden Regenschutz. Tja — Pech.
Wir haben den Regen erst mal abgewartet und ein Cola getrunken. Schließlich sind wir dann doch raus, der Regen hat aufgehört und wir sind schleunigst Richtung Bahnhof rüber. Sicher eine 5 km lange Fahrt. Dann rauf auf die Fähre und als wir drüben wieder aufs Festland gekommen sind, hat es wieder zu regnen angefangen. Mit knapper Not und halbwegs trocken sind wir dann zum Kabäuschen zurück geradelt. Das ist auch so ein Moment, wo man das WoMo so richtig schätzen lernt — wenn es regnet, man die Tür aufsperrt und auf einer gepolsterten Bank Platz nimmt. Einfach fein!
Wir haben es uns dann in unserem Häuschen fein gemütlich gemacht und es wird wohl wieder so rund um Mitternacht gewesen sein, als wir unsere müden Häupter in die Kissen betteten. Für morgen haben wir einiges an Attraktionen zur Auswahl, mal schauen, was wir alles schaffen...

Montag, 13.8.2007

Übliches gemütliches Aufstehen, die Brötchen gibt's direkt gegenüber im Kiosk. Der Tag verspricht vom Wetter her recht schön zu werden. Wir frühstücken und schwingen uns dann auf unsere Räder. Zuerst wie gehabt rüber zur Fähre und dann über den Fluss zum Bahnhof. Unser erstes Ziel ist der Trödelmarkt am Waterloo-Plein, auch Hippiemarkt genannt.
Wir latschen den ganzen Markt entlang, zum Schauen gibt es natürlich eine ganze Menge. Wir kaufen schließlich zwei geile Dosen als Mitbringsel für Robert, ein paar Feuerzeuge nehmen wir auch noch mit. Peter kriegt eine weitere Schneekugel verpasst, das wär es dann gewesen.
Mit den Bikes sind wir dann wieder in die Fußgängerzone rein gefahren und haben an einem Straßencafe Halt gemacht. Mal ein kühles Bierchen und weil wir eh hungrig waren, haben wir uns beide einen ordentlichen Hamburger mit Pommes und Salat gegönnt. Ilse hat dann noch ein paar Postkarten gekauft, Gernot hat Papierchen und Filter-Tips gebraucht. Und zwei hübsche T-Shirts hat sich Ilse gekauft — endlich tut sie mal was für sich selber. In einer Parfümerie haben wir dann auch noch kräftig zugelangt, da hat die Kreditkarte aber ordentlich geglüht...

Nun erst mal zurück zu den Rädern und dann zur Anlegestelle der Grachtenboote — jetzt ist Sightseeing angesagt. Gleich auf Anhieb finden wir so ein Boot — Abfahrt in 15 Minuten — eine Stunde Rundfahrt kostet 6 Euro 50. Wir nehmen Platz und los geht's. In vier Sprachen werden wir über die Sehenswürdigkeiten Amsterdams aufgeklärt, zumindest über diejenigen, an denen wir vorbeigondeln. Die Ufermauern der Grachten sind fast auf der gesamten Länge von Booten aller Art gesäumt — vom Dreimaster bis zur Nussschale.
Wir kommen an dem Hausboot beim Museum „Nemo“ vorbei, wo Gernot mit Nadja letztes Jahr gewohnt hat. Und wir passieren einen Turm namens „Dummer Jakob", der so heißt, weil seine Uhr noch nie die richtige Zeit angezeigt hat.
Die Stunde geht sehr schnell vorbei und über den Hafen kehren wir zur Anlagestelle zurück. Das Wetter gefällt uns gar nicht, dunkle Wolken lassen uns schnell zum Campingplatz zurückradeln. Vorher aber natürlich wieder auf die Fähre und unterwegs sind wir dann noch bei einem Supermarkt eingekehrt. Schnell Eier, Kartoffel und ein paar Kleinigkeiten besorgt, dann ab ins kuschelige Häuschen.
Abends haben wir dann wieder die Spielesammlung rausgeholt, die Ilse in Bad Doberan gekauft hat. Nach ein paar Partien „Mensch ärgere Dich nicht" sind wir dann in unser Hochlager rauf. Trotz unserer mehr als nur exponierten Lage am Platz sind wir relativ ungestört und können ganz normal durchgeschlafen. Nur Ilse ist einmal kurz wach geworden, weil sich jemand den Süßigkeiten-Automaten durch heftiges Rütteln gefügig machen wollte.

Dienstag, 14.8.2007

Heute ist der 14. August und jeder 14. eines Monats ist „unser Tag". Heute kennen wir uns sieben Monate und wir sind in diesen Monaten ein richtiges Paar geworden — uns kommt oft vor, als würden wir uns schon viel länger kennen. Wir haben schon so viel gemeinsam erlebt, soviel Schönes und wir werden noch so viel Schönes erleben. Es ist einfach das Wunderbarste, wenn man einen Partner hat, der zu einem hält, auf den man sich hundertprozentig verlassen kann.
Wir werden heute weiterziehen, Ilse hat gestern die Route abgesteckt und wir haben als Tagesziel den Rhein ins Auge gefasst.
Zuerst aber müssen wir mal aus Holland raus. Noch in Amsterdam tanken wir unser Schneckenhaus voll — der Verbrauch ist wieder knapp unter zehn Litern. Dann rauf auf die Autobahn.
Die Städte und Orte entlang der Route sagen uns eigentlich kaum etwas, höchstens kennt man mal einen Namen aus dem Fußball. Über Utrecht und s'Hertogenbosch kommen wir wieder an die deutsche Grenze, der Ort dort heißt Venlo. Wieder gibt es nicht die Spur einer Grenzkontrolle, man fährt einfach mit einem 100er drüber.
Wir sind dann gleich die nächste Abfahrt wieder runter gefahren, wir wollen doch den Weg über Mönchengladbach nehmen. Schließlich hat uns dann der Hunger auf einen Rastplatz fahren lassen und wir haben es uns gut gehen lassen. Gernot hat sich ein Mordstrumm Fleischkäse und Röstkartoffel dazu bestellt, Ilse ein paar Bratwürstchen und ebenfalls Rösti. Super, gut und reichlich gestärkt haben wir uns dann wieder auf den Weg gemacht.
Schön ist es hier — wir sind in Rheinland-Pfalz, echt nette Gegend.
Und dann sehen wir den Rhein — unser Tagesziel ist also bald geschafft. Wir fahren bei Andernach von der Autobahn runter und fragen bei einem Tourismusbüro nach einer Campingmöglichkeit. Wir kriegen die Info — der Campingplatz sagt uns dann aber nicht zu, obwohl wir nicht mal stehen bleiben. Muss ja nicht immer der erstbeste Platz sein. Wir fahren also weiter, kommen dann in der Nähe von Koblenz in ein weites Tal, das von einem riesigen Atommeiler dominiert wird. Also, wie DAS ausschaut — unglaublich.
Ilse hat auf der Karte einen Campingplatz in einem Ort namens Neuendorf entdeckt, wir suchen ein bisschen rum und finden ihn schließlich. Ein supergeiler Platz, direkt am Zusammenfluss von Rhein und Mosel — deutsches Eck genannt, nach einem Denkmal zu Ehren des Deutschen Ordens. Relativ billig ist er auch noch, wir checken natürlich sofort ein.


Wir parken direkt am Flussufer, vielleicht 20 Meter Sicherheitsabstand halten wir gerade mal ein. Vor ein paar Tagen hat es hier Hochwasser gegeben, deshalb ist auch die Stromversorgung nur provisorisch, funktioniert aber klaglos. Der Campingplatz ist voll o.k. — Duschen ist gratis und die Toiletten sauber. Alt aber gepflegt.
Wir nehmen ein kleines Jäuschen zu uns und fahren dann mit den Bikes ins Städtchen Koblenz hinein. Ilse hat wie immer den Weg gecheckt und wir radeln erst Mal zum Denkmal raus. Dann geht's in die Altstadt von Koblenz, am Hauptplatz suchen wir uns einen freien Tisch in einem Kaffeehaus. Gernot bestellt sich ein offenes Weizenbier, Ilse einen G'spritzten Weißwein. So lassen wir es gemütlich Abend werden und fahren dann zum Campingplatz zurück. Nach dem Essen machen wir uns dann gleich einmal lang und verbringen eine weitere tolle Nacht in unserem Schneckenhaus.


Mittwoch, 15.8.2007

Schon in der Früh merken wir — das wird mal wieder ein Schlunz-Tag. Es ist regnerisch, aber sehr warm. Wie üblich geht Gernot gleich nach dem Aufstehen Brötchen holen. Heute sind die Nachbarn rechts von uns abgefahren — wir sehen nun ungehindert bis zum Denkmal. Überhaupt ist der Platz total lässig, am Fluss fahren eigentlich ununterbrochen riesige Frachtschiffe, als echte Landratten können wir uns gar nicht daran satt sehen. Fast im Schritttempo tuckern diese LKW des Wassers gegen die Strömung an uns vorbei, beladen mit Tonnen von Kohle, Schrott oder Containern. Aber auch jede Menge Ausflugschiffe und kleinere Boote ziehen vorbei — ordentlich Verkehr jedenfalls. Viel mehr ginge fast gar nicht. Überhaupt wird das relativ schmale Rheintal hier sagenhaft für die Beförderung aller Art genutzt: Links und rechts des Flusses jeweils eine Bahnlinie und je eine zweispurige Bundesstraße in beide Richtungen. Und dazwischen wie gesagt der stark frequentierte Rhein. Echt was los hier.
Den Tag verbringen wir ziemlich unproduktiv mit Lesen. Musikhören und Quatschen. Gernot bringt unser Reisetagebuch auf Vordermann — Ilse lädt die passenden Fotos runter und baut sie in den Bericht hier ein. Natürlich essen wir auch wieder was Feines — mit unseren Vorräten sind wir spielend leicht ausgekommen, eine ganze Menge davon wird mit uns wieder die Heimreise antreten. Nur mit dem Bier ist es knapp geworden — kein Wunder, es vergeht ja kein Tag, wo Gernot nicht vier oder fünf Dosen dem Recycling zuführt. Morgen werden wir weiterfahren, ob direkt zu Robert oder noch auf einen weiteren Campingplatz steht noch nicht fest.

Donnerstag, 16.8.2007

Gemütliches Aufwachen wie immer — Gernot radelt die 150 Meter bis zum Kiosk und holt uns frisches Gebäck. Das Wetter ist so lala — nicht Fisch, nicht Fleisch sozusagen.
Wir lassen es ganz gemütlich angehen und frühstücken ausgiebig. Dann gehen wir gepflegt duschen und räumen anschließend unser WoMo zusammen. Das geht jetzt schon Ruck-Zuck natürlich, wir sind längst Routiniers in dieser Beziehung, vor allem Ilse hat jeden Handgriff intus. Gernot obliegt es meistens nur die Räder hinten auf den Ständer rauf zu binden und den Strom an und ab zu stecken. Danach noch schnell den Tisch zusammengelegt und die faltbaren Campingstühle zurück in ihre Hüllen gesteckt, fertig ist sein Teil der Arbeit. Ilse ist quasi für „innere Angelegenheiten" zuständig, nach ein paar Minuten ist alles an seinem Platz und es kann weitergehen. Vorher füllen wir aber wie gehabt unseren Wassertank auf und lassen die Abwaschgülle in den Kanal rinnen. Gestern hat Gernot übrigens zum ersten Mal gecheckt, wie verdammt schwer so eine einigermaßen vollgefüllte Camping-Klo-Kassette ist. Ihm hätt's fast den Arm aus dem Schultergelenk gerissen, als er das Teil die hundert Meter vom Häuschen bis zur Entsorgungsstelle geschleppt hat. Bis jetzt hat das immer die fleißige Ilse allein ausgeleert — nun weiß Gernot einmal mehr, was sein Schatz alles so für uns tut. . .
Schließlich ist das WoMo abfahrbereit — Ilse geht noch zahlen (wieder so 18 Euro) und dann los, vorbei an den typischen Fachwerkhäusern der Rheingegend.
Das weitere Bild des Rheintales ist geprägt von Burgen und Schlössern. Im Fremdenführer ist die Rede von Raubrittern, Kurfürsten, Erzbischöfen und Brüdern, die sich die Frauen gegenseitig ausspannten. Und natürlich überall Schiffe am Rhein in allen Größen, die alle an der berühmten Figur der Loreley vorbeituckern.
Überall könnte man mit Hilfe einer Autofähre über den Rhein übersetzen und so zwischen den zahlreichen Weinbergen mit klingenden Namen hin und her wechseln.
So fahren wir in einer wunderbaren Gegend den Rhein stromaufwärts, bis Wiesbaden auf unserer Seite und Mainz auf der anderen Flussseite.
Dann müssen wir eigentlich nur mehr auf die A3 rauf — die führt uns direkt nach Passau.
Die weiteren Stunden sind relativ schnell erzählt — im Laufe des Tages entscheiden wir uns, heute doch bis nach Geboltskirchen durchzufahren. Das bedeutet so an die 500 Kilometer Fahrtstrecke.
Nach einiger Zeit wechseln wir uns mal wieder am Steuer ab — Gernot will sich eine sehr angenehme Seite unseres Wohnmobiles nicht entgehen lassen und legt sich in den ersten Stock schlafen. Wenngleich — im Zug lässt es sich irgendwie noch besser pennen — da kommt das Rütteln irgendwie gleichmäßiger. Im WoMo ist es mehr wie Schifferlfahren bei ziemlich hoher See. Aber es geht natürlich trotzdem und wie er dann wieder runter geklettert ist, sind wir schon bei Nürnberg. Von dort sind es nur noch eineinhalb Stunden bis Passau und das liegt bekanntlich knapp an der österreichischen Grenze.
Wir sind dann kurz nach 18 Uhr wieder auf heimischem Boden und kaum im Al-Netz rufen wir natürlich sofort den Ro an. Er ist einigermaßen überrascht, dass wir doch schon heute kommen, er ist nicht auf uns vorbereitet und hat später am Abend mit seiner Regina in Wels ausgemacht. Alles kein Problem — bleiben wir halt allein in seinem gemütlichen Haus.
Um 19 Uhr 30 endet dann unsere Fahrt für heute in Geboltskirchen. Großes Hallo natürlich, Robert freut sich (erwartungsgemäß) über die zwei Blechdosen, die wir ihm in Amsterdam gekauft haben. Wir kochen uns was Gutes, erzählen ein bisserl von unserer Reise, dann muss Ro eh schon aufbrechen nach Wels. Wir schlafen dann gemütlich auf der großen Couch im Wohnzimmer, unser Schneckenhäuschen kommt ruhig einmal eine Nacht ohne uns aus.

Freitag, 17.8.2007

Und wieder einmal lassen wir einen Tag ganz, ganz gemütlich angehen. Wir trinken Kaffee, später fahren wir dann runter ins Dorf und kaufen ein bisserl was ein. Kartoffel, Speck und so. Robert hat sich heute frei genommen, schon am frühen Nachmittag kommt er mit seinen beiden Buben Kenneth und Leon.
Wir quatschen und blödeln, Robert führt uns stolz seine neue Soundanlage vor und später kochen wir. Aus den Kartoffeln, dem Speck und unseren letzten beiden Kaminwurzen brutzeln wir einen herrlichen Auflauf, einige Eier noch oben drauf.
Nach dem Essen erlauben wir (eigentlich Gernot — Ilse ist gar nicht begeistert davon) den Buben im WoMo zu pennen. Einen Nachbarbuben nehmen sie dann auch noch mit aufs Hochlager — wir hören augenblicklich und den ganzen Abend keinen Buchstaben mehr von den Kindern. Robert und Gernot machen dann noch einen gepflegten Pasch unter Brüdern — eigentlich zwei, oder drei. Wir trinken Bier, rauchen, lachen und haben es fein.
Danach geht Gernot mit Robert und seinen beiden Buben fischen. Und zwar – eigentlich unglaublich, aber wahr — in Ro's privatem (!!) Fischteich. Mit dem Auto keine zehn Minuten entfernt. Ein Freund von ihm hat ein großes Grundstück und Ro irgendwann einmal versprochen, ihm irgendwann einen Teich auszuheben. Und vor ein paar Monaten hat er sein Versprechen wahr gemacht, einen superlässigen Teich angelegt und mit Forellen und sogar Stören(!!) besiedelt. Wahnsinn.
Mit je zwei Angelruten gleichzeitig greifen wir an — und was sollen wir groß herumreden: Während sowohl Robert, als auch Leon und Kenneth jeweils eine, bzw. mehrere Forellen rausholen, hat Gernot keinen einzigen mickrigen Biss zu verzeichnen. Allenfalls ein paar „Zupfer" hat es gegeben, die Buben spotten natürlich und haben eine Riesengaudi mit ihrem Onkel. Die Beute haben wir übrigens vorsichtig vom Haken genommen und in den Teich zurückgeworfen. Nur eine Forelle ist ziemlich schwer bedient, sie wird gleich ausgeweidet, mitgenommen und landet schließlich in der Tiefkühltruhe.
Bei Robert daheim treffen wir dann wieder auf Ilse, sie war in Wels beim Friseur und hat außerdem Nadja ein Mitbringsel gekauft. Weil Gernot zwar mehrmals dran gedacht, aber es letztendlich doch wieder vergessen hat. Sein Töchterchen kriegt jetzt also ein mehr als hübsches Zigarettenetui — mit integriertem Feuerzeug.
Übrigens haben sich im letzten Moment noch unsere Pläne geändert. Wir wollten eigentlich die heutige Nacht bei den Bubendorfers in Salzburg verbringen, das hat sich aber zerschlagen. Die lieben Bubis müssen (besser gesagt: können) heute Abend noch mal so richtig Geld verdienen — so knapp vor ihrem Indientrip lassen sie sich das natürlich nicht entgehen. Werden wir Harry halt im Dezember drüben in Goa treffen, mittlerweile hat Gernot die Bubis ohnehin öfter in Indien, als in Österreich gesehen...
Ilse macht dann den Vorschlag, nach Stadl-Paura zu fahren, dort ist ein Bundesgestüt und die liebe Ilse ist bekanntlich ausgesprochen „Pferdenarrisch". Also starten wir unser Häuschen und fahren die vielleicht 30 Kilometer hin und schauen uns das Gestüt genau an und machen einen ausgedehnten Spaziergang über das Gelände.
Am Abend gibt's dann bei Robert einen ausgedehnten Jäusler im Freien — später ziehen sich die Buben wieder in unser WoMo zurück. Wir Erwachsenen schauen Fernsehen und gehen relativ früh schlafen. Morgen geht's wieder heimwärts — jetzt freuen uns schon sehr drauf.

Sonntag, 19.8.2007

Heute steht sozusagen die letzte Etappe unserer ersten WoMo-Fahrt am Plan: Geboltskirchen-Innsbruck, knapp 300 Kilometer.
Nach dem Frühstück packen wir ein letztes Mal unsere sieben Zwetschken zusammen und verabschieden uns gegen 10 Uhr von Ro, Regina und den Kindern.
Nach ca. 25 Kilometern auf  Bundesstraße erreichen wir die Autobahn, die wir erst wieder bei der Abfahrt Innsbruck/Mitte verlassen werden.
Wir kommen ohne nennenswerten Verkehr voran, kurz vor Salzburg, genau genommen in Kasern, nehmen wir an der Autobahnraststätte ein zweites Frühstück zu uns. Eigentlich nur Ilse, Gernot begnügt sich mit zwei Zigaretten.
In Deutschland kommen wir dann in einen veritablen Stau, kostet uns eine gute Stunde, übrigens der erste während der ganzen Reise. Aber was soll's — wie es ist, so ist es.
Am frühen Nachmittag kommen wir dann in Innsbruck an und fahren gleich direkt rauf nach Igls. In einer Art „Kraftakt" räumen wir in einem Zug fast unser ganzes Häuschen leer — viel von unserem Zeug (Fahrräder, Campingliegen, Tisch, Faltstühle und jede Menge Krimskrams) landet in der „Holzlegg'n", der Rest wird in den dritten Stock geschleppt.
Danach fährt Ilse Gernot in seine Wohnung in der Josef-Pöll-Straße. Nadja ist noch am Heimweg von ihrem Zodo aus Vorarlberg, Gernot ist also ganz allein, als er die Wohnung betritt. Ein ganz eigenartiges Gefühl für ihn…
Unser Abenteuer mit dem Wohnmobil ist also zu Ende — ein Resümee zu ziehen fällt uns nicht schwer: es war in jedem Fall noch viel lässiger, als wir uns das ausgemalt haben, alles ist gut gegangen. Wir haben — nebenbei bemerkt - dem Häuschen nicht einen einzigen Kratzer zugefügt, unser WoMo hat dafür im Gegenzug nicht die geringsten Mucken gemacht. Und — es wird wohl nicht das letzte Mal gewesen sein, dass wir unseren Urlaub auf diese Art und Weise verbracht haben. Morgen Vormittag geben wir unser Schneckenhaus zurück, bis 10 Uhr haben wir Zeit dazu.

Montag, 20.8.2007

Tja — alles geht irgendwann einmal zu Ende — so auch unsere Reise mit dem Wohnmobil und so natürlich auch dieses Tagebuch.
Ilse hat Gernot wie abgemacht am frühen Vormittag abgeholt, zu tun hat es aber nichts mehr gegeben, denn Ilse hat unsere letzte Habe gestern Abend noch alleine ausgeräumt. Auch steht der Fiesta schon wieder in Igls oben — hat sie ebenfalls mit ihrer Schwester Sigrid erledigt.
Wir machen uns also auf den Weg nach Inzing — mit knapp 20 Kilometer die mit Abstand kürzeste Etappe unserer Fahrt. Schnell noch für 10 Euro Diesel getankt und keine zehn Minuten vor der vereinbarten Zeit geben wir — wirklich schweren Herzens — unser lieb gewonnenes WoMo zurück. Der Meister am Verleihplatz wirft gerade mal, quasi im Vorgehen, ein schnelles Auge auf den Zustand des Ford Rimor — „Passt!" und wir kriegen anstandslos die 500 Euro Kaution zurück. In den drei Wochen haben wir übrigens knapp eineinhalb Flaschen Gas verbraucht — eine Woche wären wir also noch ausgekommen. Dass wir meistens unter 10 Liter Diesel auf 100 Kilometer getankt haben, verwundert unseren Verleiher ein wenig — andere Mieter scheinen das WoMo mit mehr Gasfuß zu fahren.
Was bleibt noch zu sagen? Vielleicht lässt sich unsere ganze Fahrt in drei schlichte Worte fassen: „Verdammt geiler Urlaub!"  

Impressionen einer Reise …