Donnerstag, 3. November 2022

Saisonabschluss 2022

Wir schreiben den 3. November und mit großer Wahrscheinlichkeit werden wir heuer zu keiner weiteren Reise aufbrechen. Zwar haben wir unseren Nasenbären noch nicht endgültig eingewintert, aber in den nächsten paar Tagen werden wir das Wasser ablassen, das WoMo außen und innen sauber machen und zuletzt volltanken. Das Wetter hätte in den letzten Tagen durchaus noch eine Fahrt zugelassen, untertags hatte es in unserer Gegend oft 20 Grad und mehr. Aber zum einen sind die meisten Campingplätze bereits in der Winterpause und zum anderen lockte uns kein Ziel so richtig.

Das Jahr 2022 war für uns natürlich ein ganz Besonderes, denn Ende Februar war noch nicht klar, ob wir überhaupt noch jemals verreisen können. Doch Gernot hat seinen Herzinfarkt und die 4-fach-Bypass-Operation sehr gut überstanden, die darauffolgende Rehabilitation hat ihn dann wieder vollständig ins Leben zurückgebracht. Schon bei der ersten Fahrt dieses Jahres, Anfang Mai, spürte Gernot keinerlei Einschränkungen beim Lenken unserer Schnecke und wir sind gleich in einem Zug die 450 Kilometer bis ins mainfränkische Haßfurt durchgefahren. Zwar haben wir heuer „nur“ sieben WoMo Reisen unternommen, sind dabei aber viele Wochen lang unterwegs gewesen. Wir waren in Deutschland, Holland, Slowenien, Kroatien, Italien, in der Schweiz und natürlich in Österreich und haben an die 90 (!) Mal im WoMo übernachtet. Dabei sind wir 7.159 Kilometer mit dem Wohnmobil und immerhin 2.125 Kilometer mit der Vespa gefahren.

Wir danken aufrichtig unserem gnädigen Schicksal, dass wir auch heuer wieder ohne die geringsten Probleme unserem liebsten Hobby nachgehen konnten, denn kein Unfall, kein Reifen- oder sonstiger Schaden trübte diese Saison. Noch dazu haben wir nirgendwo Einschränkungen wegen der Corona-Pandemie erlebt, das unnötige Virus scheint man nun endlich (halbwegs) im Griff zu haben. Ach ja, im Superreise-Monat Juli waren wir kein einziges Mal unterwegs, denn Ilse nutzte absichtlich die Hochsaison für eine erholsame Kur. Denn im Juli ist auf den europäischen Campingplätzen die Hölle los und wir haben keine Lust, uns um den allerletzten Stellplatz zu balgen. Dafür ist „Strohwitwer“ Gernot viel mit der Vespa unterwegs gewesen und wir lassen ihn hier ausnahmsweise von seinen Solo-Touren erzählen. Vor allem deshalb, weil sie so wunderschön waren.



Sonntag, 16. Oktober 2022

117. WoMo-Fahrt "Von See zu See is wunderschee!"

vom 3. bis 14. Oktober 2022
Innsbruck-Lazise-Sirmione-Domaso-Innsbruck
734km und Vespa 249km
Montag, 3. Oktober 2022
Wahrscheinlich ist es das erste Mal, dass unser Wohnmobil zwischen zwei Fahrten nicht einmal 24 Stunden lang pausieren musste. Denn gestern sind wir erst nach Mittag vom Kesselberg gekommen und heute haben wir unseren treuen Nasenbären gegen 10 Uhr gestartet. Er hat gar nicht in seiner Garage übernachtet, denn wir haben gestern noch die Vespa aufgeladen und das WoMo dann gleich vor unserem Haus geparkt. Wir werden an den Gardasee fahren, die Prognosen versprechen uns schönes Wetter für die kommenden Tage. Dass wir so rasch wieder aufbrechen hat – neben unserer unbändigen Reiselust – einen pragmatischen Grund: Heute ist in Deutschland Feiertag und es wird daher keinen LKW-Transit durch Tirol geben. Damit fallen schon mal 95 Prozent aller LKW weg und es lässt sich für uns stressfreier fahren. Bevor wir uns auf die Autobahn verfügen, müssen wir noch unsere Getränkevorräte auffüllen und kaufen dabei das billigste Bier unseres Lebens 😊. Denn die Kassiererin verrechnete uns für die 24er Lage Egger Bier den Preis einer (!) Dose und wir haben zwei Lagen gekauft. Also 48 Dosen Bier für 1,10 Euro – 2,3 Cent die Dose, das geht. Natürlich hätten wir sie auf ihren Fehler aufmerksam gemacht, aber wir haben noch einiges anderes eingekauft, dann mit Karte bezahlt und nicht auf die genaue Summe geachtet. Den Fehler bemerkten wir erst am Gardasee – da war es leider schon viel zu spät … 
Mit unserer antizyklischen Reiseplanung sind wir wieder einmal genau richtig gelegen, denn ohne Verzögerung kommen wir über den Brenner. Den Tipp mit dem 3. Oktober schnappte Ilse übrigens schon auf einem Campingplatz in Kroatien (!) auf, als ein Deutscher meinte: „Ich fahr am Tag der Deutschen Einheit, dann brauch ich mich nicht von tausenden LKW über den Brenner schieben lassen.“ Nun, die Idee war grundsätzlich schon gut, allerdings haben diese Idee abertausende andere Camper auch gehabt. Und so schoben sich die Wohnmobile, Camper-Vans, Wohnwagen-Gespanne und Camping-Busse gegenseitig über den Brenner in Richtung Norden. Manchmal war die ganze Autobahn voll mit „Weißware“ und immer wieder stockte der Verkehr auf der Gegenseite. Dann hat es irgendwo bei Trient noch einen Unfall mit mehreren Fahrzeugen gegeben, wir sahen den Stau in Echtzeit anwachsen. Wahrscheinlich wird die Zeitverzögerung bis zum Brenner gute zwei Stunden betragen haben, da bekommen wir immer fast ein schlechtes Gewissen, wenn wir in unsere Richtung an solchen Staus mit einem 90er vorbeirauschen. 
Und so sind wir völlig relaxed gegen 15 Uhr am Campingplatz „Cisano“ angekommen, der liegt wenig verwunderlich in Cisano und das wiederum liegt in der Nähe von Lazise am Ostufer des Gardasees. Das Ankommen am Platz war ein Spezielles – wir wurden von einem Mitarbeiter auf einen Parkplatz gelotst, dann stellte er auf Deutsch zwei schnelle Fragen „Haben Sie reserviert? Haben Sie einen Hund?“ und nach unseren zwei „Nein“ ließ er uns in sein E-Golfwagerl einsteigen. Er fetzte mit uns über das große Areal und zeigte uns einige Plätze, die wir mit unserer ACSI Karte buchen dürfen. Schnell werden wir – wird Ilse – fündig und wir melden uns bei der Rezeption an. Das ging ja fix, heute musste Ilse nicht lange über einen Campingplatz wandern, in Kroatien ist sie ja mal fast eine dreiviertel Stunde lang unterwegs gewesen … Wir stehen in einer guten Nähe zum Waschhaus, das wir natürlich gleich inspizieren und für sehr sauber befinden. Schön, das ist das Wichtigste. Schnell waren wir im Camper-Modus, haben die Vespa abgeladen und uns vor dem WoMo von der Herfahrt erholt. Bald einmal schickte uns dann der Hunger ins platzeigene Restaurant, welches sich am Seeufer befindet. Wir haben ausgesprochen gut gegessen und dafür gerade mal 25 Euro bezahlt. Das gefällt uns und wir werden wohl nicht das letzte Mal hier eingekehrt sein. Bei einem kalten Bierchen haben wir uns dann noch einen fulminanten Sonnenuntergang angeschaut und nach einem Abend-Pasch haben wir uns in die Waagrechte begeben. Schön ist es hier, ruhig ist es hier, gut essen kann man hier. Schön, dass wir hier sind …
Dienstag, 4. Oktober 2022 
Wir haben herrlich gut geschlafen und das Wetter begrüßt uns mit strahlendem Sonnenschein. Wunderbar! Nach dem Frühstückskaffee haben wir uns gar nicht mehr lange am Campingplatz aufgehalten und sind nach Cisano rüber gecruist. Am dortigen Yachthafen wird heute ein Markt veranstaltet und da müssen wir natürlich hin. Wir parken unsere Vespa voll halblegal neben einem feschen Audi R8 und werfen uns ins Gewühl. Es ist mächtig was los, mit uns sind viele hundert Urlauber unterwegs, der eine oder die andere Einheimische wird wohl auch noch dabei gewesen sein. Wir brauchen eigentlich nichts, doch dann erspäht Gernot das Modell einer roten Vespa 125 GTS, ein Traum! Sie kostet nur 16 Euro und der Verkäufer ist ganz entzückt, dass ihm Ilse das Geld in Münzen in die Hand zählt. Und letztlich ist er so verzückt, dass er es hinnimmt, dass bei 15 Euro Schluss war mit Ilses Münzgeld 😊. Danach haben wir uns an einem Stand noch einen Salat und ein Körberl mit Erdbeeren gekauft, dann hatten wir genug von den Menschenmassen. Wir sind zum Campingplatz zurückgefahren und haben uns dort einen feinen Nachmittag gemacht – mit einer Jause, einem Pasch und einem ausgedehnten Schläfchen. Weil wir gestern mit dem Essen im Restaurant so zufrieden waren, sind wir abends noch einmal dort hin und haben voll zugeschlagen. Ilse ist wieder einmal nicht an ihrem „Schnitzel in der Weißweinsauce mit Pommes“ vorbeigekommen, das ist und bleibt ihr Leibgericht am Gardasee. Gernot wagte sich über das „300 Gramm Steak mit Gorgonzolasauce“, das mit Rosmarin-Kartoffeln gereicht wurde. 
Zwischendurch dürfen auch wir mal nicht auf die Preise schauen und so hat Gernot zwei große Bier getrunken und Ilse hat sich mit ihren zwei „Garibaldi“ gleich zwei Mal 0,4 Liter Campari-Orange inhaliert 😊. Und so wunderte uns die 65 Euro Rechnung nicht wirklich, zumal uns das Essen jeden Cent wert war. Leicht bis halbschwer angeheitert sind wir dann zu unserem WoMo zurückgeschlurft und es ist nur unserer Leidenschaft fürs Paschen zu verdanken, dass wir uns noch eine heiße Partie ausgewürfelt haben. Statt einem sofortigen Fresskoma anheimzufallen. Ach ja, so schön es hier ist und so gut es sich hier essen lässt – wir werden den Platz wechseln. Wir müssen sozusagen den Platz wechseln. Heute Nachmittag war nämlich einer der wirklich netten und freundlichen Mitarbeiter bei uns und der sagte, dass wir unsere Vespa nicht beim WoMo abstellen dürfen. Dafür gäbe es bei der Rezeption einen eigenen Parkplatz. Bumm! Wir wussten sofort, dass wir das nicht tun werden. Jetzt waren wir sicher schon auf über 200 verschiedenen Campingplätzen zu Gast, aber eine derartige Regel haben wir noch nirgend gesehen. Fahrverbot am Platz von 12 bis 14 oder 15 Uhr ja, Fahrverbot ab 22 Uhr ja – aber gar nicht zum WoMo hinfahren dürfen? Genau, ausgerechnet in Italien werden wir unsere Vespa irgendwo abstellen, wo wir sie nicht sehen können. Außerdem decken wir sie immer mit ihrer Plane ab, da müssten wir jedes Mal die paar hundert Meter hin und retour latschen – Nein Danke. Jeder Campingplatz darf seine eigenen Regeln aufstellen und jeder Camper kann sich, wenn er will, einen anderen Platz suchen. Das werden wir tun, übermorgen reisen wir ab. Schade, aber so eine Vorschrift können und werden wir nicht akzeptieren.
Mittwoch, 5. Oktober 2022 
Nach dem Aufstehen präsentiert sich der Himmel ziemlich bewölkt, strahlend schön wird es heute wohl eher nicht werden. Wurscht, die Regenwahrscheinlichkeit liegt bei unter 10 Prozent, also werden wir eine Tour mit der Vespa wagen. Doch weil uns ein Pasch dazwischengekommen ist, sind wir erst gegen 11 Uhr 30 losgefahren. Und vorerst nur rüber nach Lazise, wo heute der Markttag ausgerufen ist. Der Wirbel in den engen Gassen des an sich hübschen Ortes ist gigantisch, wir wissen schon bei unserer Ankunft, dass wir von hier bald wieder abhauen werden. Aber natürlich lassen wir uns von der Masse an fast allen Ständen vorbeischieben, gekauft haben wir aber nichts. Das heißt, nichts am Markt. Denn in zwei Souvenirshops sind wir fündig geworden und eine niedliche Vespa-Schneekugel und ein nettes Bild von Lazise dürfen die jeweiligen Sammlungen daheim bereichern. Schnell die Käufe im Heckköfferchen verstaut und dann konnte die geplante Vespa-Tour endlich starten. 
Wir halten uns irgendwie in Richtung Monte Baldo, Ilse hat sich ein paar Ortsnamen am Weg dorthin notiert, damit sie nicht andauernd auf Google-Maps schauen muss. Die Fahrt war wieder einmal unbeschreiblich lässig, die kleinen Straßen oberhalb des Gardasees sind das ideale Terrain für unsere wendige Vespa. Es geht bergauf und bergab, wir kommen durch viele kleine Orte und Weiler, fast immer sind wir alleine auf den Straßen unterwegs. 














Wir passieren Costermano und Castian und kommen schließlich in den etwas größeren Ort San Zeno die Montagna. Im Zentrum bleiben wir stehen, vor allem deshalb, weil wir im Vorbeifahren die gut besuchte Terrasse eines „Ristorante“ erspäht haben. Die Küche ist zwar nach 14 Uhr schon am Zusperren, aber wir können doch noch bestellen. Ilse kriegt „Spaghetti al Ragu“ verpasst und Gernot delektiert sich an „Tagliatelle mit Steinpilzen und Jakobsmuscheln“. Sehr gut – das gilt für beide Mahlzeiten. Etwas nervig war die Besetzung des Tisches hinter uns, denn die hatten gefühlt mehr Sonderwünsche, als Finger an den Händen. Da sind wir zum Glück unkomplizierter, wir würden einer Kellnerin oder einem Kellner jedenfalls nie so auf den Geist gehen.   












Wurscht, jede(r) ist anders und das ist auch gut so. Bestens gestärkt haben wir unsere lässige Tour fortgesetzt, aber irgendwann haben wir bemerkt, dass wir uns zügig in Richtung schwarzer Wolken bewegten. Der Monte Baldo war schon nicht mehr zu sehen, es könnte jederzeit zu regnen beginnen. Also haben wir die Fahrt sozusagen abgebrochen, haben gewendet und sind gefühlsmäßig in Richtung See gecruist. Irgendwo in der Walachei – Google-Maps war manchmal selber ratlos, wo wir uns gerade befinden 😊 – ist plötzlich die Straße immer schmäler geworden und plötzlich versperrten uns Baugitter den Weg. Na super! Doch dann sahen wir einen Radfahrer daherkommen und fragten ihn auf Englisch, ob wir mit der Vespa hier weiterkommen. Vermutlich hat er unseren Akzent richtig gedeutet, denn er antwortet auf Deutsch, dass das kein Problem sei. Verboten halt, aber sonst …? Ach ja – und die Absperrungen müssten wir halt beiseiteschieben. Das machten wir dann auch und mit dem sicheren Gefühl, illegal unterwegs zu sein, suchten und fanden wir schließlich unseren Rückweg. Und keiner hats gesehen. Wie wir dann wieder orientiert waren, sind wir zügig via Benaco, Garda und Bardolino zum Campingplatz zurückgefahren, nass sind wir dabei nicht geworden. Überhaupt hat das Wetter den ganzen Tag über gehalten, auch wenn es die Sonne kaum einmal durch die dichte Wolkendecke geschafft hat. Am Campingplatz hat Ilse dann gleich unseren Aufenthalt bezahlt und Gernot ist selbstverständlich mit der Vespa zum Wohnmobil gefahren. Das ist in diesem Fall sogar offiziell erlaubt, weil wir morgen abreisen und unseren Roller aufladen müssen. Und wenigstens das dürfen wir an unserem Platz machen. Am Abend haben wir uns dann via Handy-Hotspot das Match Red Bull Salzburg gegen Dynamo Zagreb angeschaut. Die „Bullen“ haben 1:0 gewonnen und mischen damit nach wie vor in der Champions-League mit. Brav! Mit ein paar eisgekühlten Getränken und mit viel Lachen und Scherzen haben wir uns danach noch einen feinen Spätabend gemacht. Übrigens haben wir heute – ganz entgegen unserer sonstigen Angewohnheit – die Vespa noch nicht auf ihren Träger geladen. Aber wir fahren morgen die vielleicht kürzeste Etappe unserer Wohnmobil-Karriere, da schadet ein wenig Frühsport nicht. Es geht nämlich nur nach Sirmione runter, das sind gerade mal 17 Kilometer.









Donnerstag, 6. Oktober 2022 
Wir gehen den neuen Tag völlig entspannt an und weil wir theoretisch noch bis Mittag am Platz bleiben dürfen, haben wir auch keinen Zeitstress. Nach dem Kaffee rüsten wir unsere Schnecke auf Fahrbetrieb um, laden die Vespa auf und danach gehen wir fein duschen. So fahren wir geschnäuzt und gekampelt vom Campingplatz ab, da wird es kurz nach 10 Uhr gewesen sein. Unterwegs fahren wir bei einer Tankstelle zu, wir müssen Diesel nachgießen. Der Verbrauch liegt mal wieder unter 10 Liter, wie meistens. Der Diesel ist übrigens in Italien um ca. 20 Cent billiger als bei uns. Zurzeit – das kann sich schnell ändern … Die 17 Kilometer nach Sirmione sind naturgemäß rasch abgespult, auch wenn es sich auf der stark befahrenen Bundesstraße immer mal wieder staut, vor allem bei den Ortsdurchfahrten. Kurz nach 11 Uhr treffen wir beim Campingplatz „Tiglio“ ein, hier waren wir auch schon zweimal zu Gast. Einmal bei einer Rückfahrt aus dem Süden und das andere Mal, als uns die Kupplung des WoMo eingegangen ist. Heute also unser dritter Besuch, das Einchecken verläuft angenehm und problemlos, wir zahlen 22 Euro pro Nacht, das ist voll okay. Der „Camping Tiglio“ ist nicht riesig, aber wenn man ihn komplett abgeht – so wie wir bei der Platzsuche – dann kommt er einem schon groß vor. Wir wählen einen Platz in der Nähe zum Waschhaus aus, aber der Mitarbeiter meint, wir sollten uns besser einen anderen suchen. Denn ab morgen werden in diesem Bereich Bauarbeiten durchgeführt und es könnte laut werden. 
Also planen wir um und stellen uns unweit des zweiten Sanitärgebäudes auf, Platz Nummer 8 ist jetzt unser Refugio auf unbestimmte Zeit. Wir lassen uns nämlich erst vom Wetter nach Hause schicken und das schaut auch in den kommenden Tagen sehr gut aus. Unser Stellplatz liegt unter zahlreichen, großen Linden, daher der Name des Campingplatzes, Tiglio = Linde. Es vergeht übrigens keine einzige Minute, in der nicht ein welkes Blatt eines Lindenbaumes auf unser WoMo, unsere Vespa oder auf unser Camping-Mobiliar fällt, alles ist damit übersät. Wurscht, besser jedenfalls als die langen Nadeln der Pinien, die Wochen später noch irgendwo auftauchen und die man sich gerne mal eintritt …
Lange hält es uns nicht am Platz, wir richten uns die Vespa her und fahren die paar Kilometer ins Zentrum von Sirmione rüber. Dort stellen wir uns wie immer am allerletzten Parkplatz der Stadt ab, der liegt schon unmittelbar am Eingang zur Altstadt. Wir wundern uns über einen Roller von deutschen Urlaubern, die an ihrem Fahrzeug einen Parkschein angebracht haben – wir lesen 6,80 Euro. Sonst hatte aber keines der Mopeds oder Motorräder einen Parkschein und weil wir noch nie irgendwo für das Abstellen unserer Vespa bezahlt haben, werden wir das auch heute nicht tun. Vor allem deshalb, weil’s billiger kommt. Aber wir ketten unsere Principessa Rossa an einem Hinweisschild an, so kann sie wenigstens nicht abgeschleppt werden. Sirmione ist auch abseits der Hochsaison ein touristischer Hotspot – mit uns flanieren tausende Urlauber durch die historischen Gemäuer der Altstadt. Da ist es nur ein schwacher Trost, dass es im Hochsommer noch viel mehr Besucher pro Tag gibt, noch dazu bei brütender Hitze. Aber als Touristen werden wir uns nicht über zu viele Touristen beschweren, wir versuchen halt – so gut es geht – den größten Massen auszuweichen. Sirmione war schon immer ein perfektes Jagdgebiet für Rote-Vespa-Souvenirs und auch heute sind wir rasch fündig geworden. Ilse erspähte eine Schneekugel-Vespa in einer Auslage und schnell war sie unsere. Später kauften wir noch ein schönes Bild von Sirmione, das wird uns daheim an unsere – mittlerweile schon sehr vielen – Besuche dieses Ortes erinnern. Vom vielen Spazierengehen sind wir hungrig geworden und beenden diesen unangenehmen Zustand im schattigen Gastgarten der „Pizzeria Lorenzo“. Das ist eine typische Touristen-Falle im Herzen von Sirmione, fast alle Tische sind besetzt. Wir bestellen uns beide eine wirklich gute Pizza und sind von den erstaunlich niedrigen Preisen angenehm überrascht. Denn auf der Speisekarte findet sich keine Pizza über 10 Euro, das sind faire Preise. Das Bier für 6 Euro sparen wir uns, stattdessen lassen wir uns „Aqua Minerale senza Gas“ bringen, die Pulle für 3 Euro. Und so kommen wir mit 24 Euro günstig weg, wobei alleine das Coperto 6 Euro ausgemacht hat. Passt – wir wissen, dass dieses Coperto auch eine Servicepauschale ist, deshalb gibt niemand in Italien Trinkgeld. Wir auch nicht mehr, außer es wird kein Coperto verrechnet, was auch immer wieder vorkommt. Nach dem Essen suchen wir uns ein ruhiges Plätzchen am See und zwischen zwei geschlossenen Restaurants lassen wir uns für ein Viertelstündchen nieder. Wir schauen ein paar Enten beim Tauchen zu, das heftige Strampeln ihrer Füßchen beim Abtauchen amüsiert uns königlich, zumal wir das im klaren Wasser sehr gut beobachten können. Eigentlich sind genau das die heimlichen Höhepunkte unseres privilegierten Camper-Lebens, dass wir die Zeit haben, einfach mal Enten zu beobachten. Oder einfach mal so auf den See rauszuschauen. Ohne Zeitlimit, ohne Stress, ohne Termine. Schon sehr lässig … Nach dem feinen Break am Seeufer sind wir zur Vespa zurückflaniert, natürlich steht sie noch an ihrem Platz und ebenso natürlich hat sie auch keinen Strafzettel abgekriegt. Wo sollte man den auch am Roller anbringen …? Zufälligerweise sind mit uns auch unsere Park-Nachbarn zu ihrem Moped gekommen, die mit dem 6,80 Euro Ticket. Man hat der Frau deutlich den Ärger angesehen, dass sie offenbar nichtnotwendigerweise bezahlt haben, aber mit diesem Ärger wird sie alleine fertig werden müssen 😊Am Weg zurück zum „Tiglio“ sind wir sozusagen ein paar Kilometer über unser Ziel hinausgeschossen, weil wir noch bei einem LIDL einkaufen waren. Eh nur Salami, Joghurts, Milch, Brot und so Zeug. Das Restaurant am Campingplatz hat nämlich nur am Wochenende geöffnet, für ein Abendessen müssen wir also selber vorsorgen. Allzu viel haben wir an diesem Tag dann nicht mehr unternommen, natürlich haben wir einen Pasch gemacht und uns später aus dem Wohnmobil einen schönen Sonnenuntergang angeschaut. Morgen werden wir wieder mit der Vespa ausfahren, das Wetter sollte passen.























Freitag, 7. Oktober 2022 
Wir werden buchstäblich von der strahlenden Sonne geweckt, was für ein wunderbares Herbstwetter, keine Wolke ist am Himmel zu sehen. Wie meistens haben wir beim Frühstück via Mobile-Hotspot „Radio Tirol“ laufen und heute hören wir in den Nachrichten, dass auf der Brenner-Autobahn ab Montag die Lueg-Brücke saniert wird, die Baustelle wird nur einspurig befahrbar sein. Na super! Sofort wissen wir, dass unser geplanter Heimweg damit obsolet geworden ist, denn es wird mit gewaltigen Staus gerechnet. Und Staus weichen wir nach Möglichkeit aus, auch wenn uns das einen Umweg kostet. Und „Umweg“ könnte man unseren umgeplanten Heimweg tatsächlich nennen, wir werden nämlich über den Comer See und danach durch die Schweiz nach Innsbruck fahren. In Domaso am Comer See kennen wir einen netten Campingplatz und Ilse stellt via Internet gleich eine Anfrage. Schon nach einer halben Stunde wird uns vom „Camping Piccolo“ die Reservierung bestätigt – wir werden am Sonntag anreisen. Fein! Schon lange vor Mittag machen wir uns dann für eine Ausfahrt fertig, unser Ziel ist die Wallfahrtskirche „Madonna del Frassino“, die liegt nur wenige Kilometer vom „Tiglio“ entfernt. 
Beim Ankommen an der beeindruckenden Kirche finden wir diese verschlossen vor, geöffnet wird erst um 15 Uhr. Auch okay, vertreiben wir uns halt die Zeit bis dahin mit einem Stadtbummel durch Peschiera. Der Ort, direkt am Ufer des Gardasees gelegen, ist schnell erreicht und unmittelbar beim Eingang zur Fußgängerzone stellen wir unseren Roller ab. Diesmal völlig legal auf einem gekennzeichneten Motorrad-Stellplatz, legaler kann man nun wirklich nicht mehr parken. 
Wir machen einen ausgiebigen Rundgang durch die Innenstadt von Peschiera, später zeigt Ilses Fitness-App 5.144 Schritte. Selbstredend halten wir Ausschau nach Vespa-Modellen und werden für unsere scharfen Blicke mit gleich drei Treffern belohnt. Darunter eine schöne rote Vespa, auf der Romeo und Julia (!) sitzen, sehr hübsch und zudem mit ihren 15 Euro Kaufpreis durchaus wohlfeil. Dazu noch eine lässige Blech-Vespa und ein roter Roller als Kühlschrank-Magnet. Wow, wir werden von dieser Fahrt mit ziemlichen vielen Vespa-Modellen heimkommen, aber da gibt es Schlimmeres 😊
 Mit schon leicht schmerzenden Füßen sind wir dann zu unserem Moped zurückgepilgert und fuhren zum zweiten Mal zur Wallfahrtskirche hin. Wir waren noch ein bisschen zu früh dran, kein Problem, es gibt eine Cafeteria vor Ort und auf der großen Terrasse haben wir uns niedergelassen. Der kredenzte Cappuccino war einfach nur fantastisch und die beiden Dolci wahrlich köstlich. Ein wunderbarer Break. Es folgte dann noch eine nette Überraschung, als sich Ilse im Verkaufs-Shop des Lokals eine Flasche Wein kaufte. Zum einen fand sie endlich den schon lange von ihr gesuchten „Lugana“ Weißwein und zum anderen packte ihr die Verkäuferin kommentarlos vier sehr schöne Weingläser dazu ein. Offenbar ein Kombi-Angebot, von dem Ilse natürlich nichts wusste. Die Verkäuferin verpackte die Gläser sehr sorgfältig, vermutlich hat sie uns mit der Vespa kommen gesehen. Nett. Dann waren endlich die Kirchentüren geöffnet und wir machten einen großen Rundgang durch die Anlage. „Madonna del Frassino“ ist ja nicht nur ein einzelnes Gotteshaus, es gibt einige Laubengänge, von denen es auch in andere Räume geht. So fanden wir uns plötzlich in einer völlig außergewöhnlichen Ausstellung wieder, bei der in ausgedienten TV-Apparaten oder ausgehöhlten Computer-Bildschirmen Szenen aus der Bibel dargestellt wurden. Letztes Abendmahl, Geißelung, Kreuzigung, das volle Programm. Mit zahlreichen kleinen Figuren, sehr schön beleuchtet und äußerst detailreich ausstaffiert. Bei manchen Arrangements bewegte sich auch etwas oder es dampfte zumindest ein Wasserkessel. So etwas haben wir noch nie gesehen und damit hätten wir an diesem Ort wirklich nicht gerechnet. Wir sind dann die langen Laubengänge abgegangen, an deren Wänden sich zahlreiche Votiv-Bilder befinden. Aber es werden auf diesen Bildern keine Heiligen dargestellt, sondern Autowracks, deformierte Motorräder usw. Damit bedanken sich die Gläubigen für die göttliche Fügung, man sieht auch ausgediente Blinden-Brillen oder Fotos von gesundeten Kleinkindern. Ilse kann sich erinnern, dass früher noch viele kaputte Motorrad-Helme an den Wänden hingen, davon sahen wir aber nichts mehr. Jedenfalls ist der Besuch dieser Stätte wirklich beeindruckend und auch Gernot, der nicht der größte Freund von Götterverehrung aller Art ist, konnte dem Ort einiges abgewinnen. Zurück am Platz haben wir uns ein wenig niedergelegt, eine kleine Rast schadet nie. 
Die Zeit bis zum Abendessen vertreiben wir uns mit einem Pasch, heute werden wir das platzeigene Restaurant aufsuchen. So ist es dann auch gekommen und wir haben hervorragend gespeist. Ilse war mit ihrem „Carpaccio“ sehr zufrieden und auch Gernot hatte an seiner Pizza rein gar nichts auszusetzen. Auch die Preise sind sehr verträglich, in Kroatien hätten wir gut und gern das Doppelte bezahlt.
Samstag, 8. Oktober 2022 
Für unsere Verhältnisse sind wir heute recht zeitig aus den Betten gefallen, nämlich um kurz nach 8 Uhr. Lustvoll dehnten wir unser Frühstück aus, machten danach einen Vormittags-Pasch und haben es gemütlich 23 Grad warm werden lassen. Dann Jacken an, Helme auf und raus auf die Piste. Heute geht’s die knapp 10 Kilometer nach Desenzano rüber. Da waren wir auch schon öfters, aber der Ort ist immer einen Besuch wert. Beim Parken am Rande der Fußgängerzone interpretieren wir eine markierte Sperrfläche als Motorrad-Abstellplatz für uns, ziemlich gewagt, aber wir behindern damit nichts und niemanden. Unser großer Spaziergang führt uns unter anderem bis zum Hafen runter, da haben wir vor einigen Jahren mal sehr gut gegessen. Heute liegt uns der Gastgarten des Lokals zu sehr in der Sonne, also pilgern wir in die Altstadt zurück. Gernot ist schon beim Hergehen das Hinweisschild zu einem indischen Lokal aufgefallen und das suchen wir jetzt. Lange dauerte die Expedition dann aber natürlich nicht und auf den beiden letzten freien Stühlen vor dem Restaurant nahmen wir Platz. Es nennt sich „Taste“, offeriert „PakIndian Food“, also Essen aus Pakistan und Indien. Natürlich kommt Gernot nicht an einem „Kingfisher“ Bier vorbei, zwar ist das in Wirklichkeit eine ziemliche Plörre, aber zu einem indischen Essen gehört das einfach irgendwie dazu. Übrigens ist für das Bier ein außergewöhnliches Glas auf den Tisch gekommen – zeigte es doch die Silhouette einer nackten Frau und die Aufschrift „Kamasutra“. Und das in einem von Moslems geführten Lokal 😊. Wir tafeln ausgesprochen gut, Ilse hat mit ihrem „Butter Chicken“ eine genauso gute Wahl getroffen wie Gernot mit seinem „Chicken Vindaloo“. Dazu haben wir uns Basmati-Reis und Butter-Naan bringen lassen – ein Traum. Als Abschluss spendierte uns der sympathische Wirt noch ein Dolci auf Haus – ein süßes Herz, glühend heiß, vermutlich bestehend aus Gries und ca. 96 Prozent Zucker. Aber sehr gut. 
Wir waren nach diesem Festmahl derartig geplättet, dass wir gerade noch von unseren Stühlen hochkamen und uns zur Vespa schleppen konnten. Zurück am Campingplatz sind wir zielgerichtet in ein schweres Fresskoma gefallen und haben bis nach 17 Uhr gepennt. Herrlich! Dann hat Ilse unseren Aufenthalt bezahlt und mit dem Rest des Tageslichts haben wir unsere Vespa aufgeladen. Später sind wir noch eine große Runde über den Platz gegangen und haben uns am wunderschönen Vollmond erfreut. Essen war an diesem Abend kein Thema mehr, das Mittagsmahl hat wirklich gereicht. Höchstens noch ein Schoko-Pudding für Gernot, nicht dass er uns noch abnimmt … Auch heute matchen wir uns noch ein Spiel am Paschring aus, wie könnte es auch anders sein. Morgen geht’s an den Comer See, wir freuen uns schon sehr drauf.



Sonntag, 9. Oktober 2022 
Auch unsere letzte Nacht am Gardasee war wirklich fein, völlig ruhig und mit angenehmen Außentemperaturen. Aber es hat sich zugezogen, die Sonne wird sich heute wohl nicht blicken lassen. Nach dem Kaffee haben wir unsere brave Schnecke auf Fahrmodus umgestellt und um exakt 9 Uhr 46 sind wir vom „Camping Tiglio“ abgefahren. Unser WoMo ist ja komplett übersät von den trockenen Blättern der Linden, da haben wir gar nicht erst angefangen, die zu entfernen. Also verabschiedet sich die Blätterpracht spektakulär auf den ersten Metern auf der Bundesstraße, wir müssen beide darüber lachen, welch gewaltige Fontänen an Lindenblättern wir hinter uns herziehen. Das waren wirklich viele hundert … Wir bleiben nicht lange auf der Bundesstraße SS 11, gleich einmal hinter Desenzano verfügen wir uns auf die Autostrada A4. Der folgen wir jetzt über 100 Kilometer weit bis Bergamo. Der Verkehr ist mäßig, ohne LKW ist das natürlich ein Unterschied wie Tag und Nacht. Wir kommen bestens voran, bleiben zwischendurch auf einem Rastplatz kurz stehen und bald einmal tauchen die ersten Hinweisschilder nach Bergamo auf. Jetzt hat es auch zu regnen begonnen, zuerst nur ganz leicht, aber spätestens bei Lecco hatten wir immer mehr das Gefühl, in einer Waschstraße unterwegs zu sein. Der Scheibenwischer schaffte es nur auf Höchststufe, das Wasser wegzubringen. Aber es wurde nie gefährlich, Starkregen halt, damit lässt sich schon klarkommen. Wir waren schon öfter am Comer See und haben ihn mit dem WoMo und der Vespa vollkommen umrundet. Aber wir sind immer nur auf den Straßen entlang des Sees unterwegs gewesen, heute fanden wir uns auf einer uns unbekannten Schnellstraße wieder, die weit oberhalb des Seeufers verläuft. Und die hatte es wahrlich in sich. Denn auf den folgenden 50 Kilometern waren wir 40 (!!) Kilometer in Tunnels unterwegs. 
Unglaublich. Meist lagen zwischen zwei Tunnels nur 200, 300 Meter freie Strecke und wir haben trotz des extremen Regens kaum einmal den Scheibenwischer gebraucht 😊. Die Tunnel hatten meist Längen um die 2.000 bis 3.000 Meter, manche waren aber auch nur 800 oder 1.000 Meter lang. Was für eine ambitionierte Ingenieursleistung, wird nicht gerade billig gewesen sein. Uns kann’s natürlich nur recht sein, denn so ersparen wir uns das Stopp-and-Go bei den Durchfahrten durch die kleinen Orte am Seeufer. Da wird so manche Ortspassage als wechselseitige Einbahn mit Ampelregelung geführt und da kann es sich hinziehen. So sind wir ruck-zuck nach Colico gekommen, hier endete der Tunnel-Wahnsinn und wir waren bis ca. 10 Kilometer an unser Tagesziel herangekommen. Aber – wir waren viel zu früh dran, denn auf den „Camping Piccolo“ darf man erst ab 14 Uhr zufahren. Also haben wir uns – übrigens immer noch im strömenden Regen – auf den Parkplatz eines großen Einkaufszentrums gestellt. In eine Ecke, an der schon zwei, drei andere Wohnmobile parkten. Ohne jegliche Kaufabsicht betraten wir den Konsumtempel, der trotz Sonntag von wahren Menschenmassen bevölkert war. Shopping als Alternative bei Regenwetter – das ist nicht unseres. Also sind wir einmal quer durch das Einkaufszentrum gewandert und haben uns schließlich via Parkhaus zu unserem WoMo zurückverfügt. Wir waren für den „Piccolo“ immer noch um eine Stunde zu früh dran, aber – wie schon oft erwähnt – haben wir mit dem Pasch ein Lieblingsspiel, das uns stets freudvoll die Zeit vertreibt. So eine Partie dauert nicht ganz eineinhalb Stunden und danach sind wir die letzten paar Kilometer nach Domaso rübergefahren. 
Hier am Seeufer kennen wir uns wieder auf, manche Streckenabschnitte sind wir schon oft gefahren. Das Einchecken am „Piccolo“ verläuft erwartungsgemäß problemlos und wir kriegen einen Stellplatz mit Seeblick. Wenn auch nicht in der ersten, sondern in der zweiten Reihe, aber bei 23 Euro pro Tag inklusive Allem darf man nicht jammern. Mittlerweile hat es komplett aufgehört zu regnen und wir können trockenen Fußes unser WoMo in den Camping-Modus überführen. Das geht heute wieder mal blitzartig, Gernot hat nur den Strom angesteckt und Ilse die Fahrerkabinen-Verdunkelung angebracht – fertig. Das Moped bleibt am Träger festgebunden, es könnte jederzeit wieder regnen und da ist sie am Heck besser aufgehoben. Weil wir heute noch nichts gegessen haben, fragen wir im kleinen Campingplatz-Buffett den Chef nach einer Kleinigkeit. Er hat Toasts im Angebot, die kennen wir schon von früher und Ilse bestellt sich einen. 
Gernot wählt ein so genanntes „Piadina“, eine flache Flade, die mit Rohschinken und Käse gefüllt ist und brennheiß auf den Tisch kommt. Wirklich gut, vor allem für Mikrowellen-Fastfood. Dazu lässt sich Ilse einen Campari-Orange mixen und Gernot genießt ein 650 ML großes Flaschenbier. Beim Abschied lobt Gernot ausdrücklich das köstliche „Piadina“ und kündigt dem Chef an, später am Abend noch einmal eines zu essen. Apropos Chef und Chefin – die haben ihren Campingplatz voll im Griff, machen alles nur zu zweit, unseres Wissens nach haben sie keinen Mitarbeiter. Und sie haben eine außergewöhnliche Ruhestunde am Abend, denn von 19 bis 20 Uhr ist das Buffett geschlossen. Danach ist wieder geöffnet bis 22 Uhr bzw. so lange, wie die Chefleute mit ihren Gästen zusammensitzen. Das gefällt uns. 
Wir haben nach dem kleinen Imbiss zuerst einen Pasch gemacht und danach haben wir uns niedergelegt. Ab 17 Uhr wurden dann im österreichischen Radio die ersten Hochrechnungen der Bundespräsidentenwahl veröffentlicht und wir nahmen mit Genugtuung zur Kenntnis, dass Alexander van der Bellen fünf weitere Jahre lang unser Staatsoberhaupt bleiben wird. Denn praktisch alle seine Gegenkandidaten waren zum Speiben … Ach ja, den Formel 1 Grand Prix haben wir uns auch wieder via Hotspot ins WoMo geholt – Max Verstappen hat gewonnen und ist damit zum zweiten Mal hintereinander Weltmeister geworden. Passt! Kurz nach 20 Uhr sind wir dann erneut die paar Schritte zum Buffett rüber gegangen und haben – wie angekündigt – wieder „Piadine“ bestellt. Die Mehrzahl ist kein Tippfehler, denn diesmal hat sich Ilse auch so eine Knusper-Flade kommen lassen. Der Chef hat verblüfft gelacht, denn er hat Gernots Ankündigung am Nachmittag für einen Scherz gehalten. Wieder gab es dazu einen Campari-Orange für Ilse und ein Bier für Gernot. Diesmal nur ein kleines – wahre menschliche Größe offenbart sich eben manchmal auch im Verzicht … Und so ist unser erster Tag am Comer See ganz entspannt zu Ende gegangen, wir sind sehr gut hier angekommen.
Montag, 10. Oktober 2022 
Wir wussten natürlich, dass es am Comer See um diese Jahreszeit morgens ziemlich frisch sein kann, darum haben wir schon vorsorglich unseren kleinen Strom-Heizer hergerichtet. Der leistet wirklich gute Dienste, aber wie wir rasch merkten, verträgt er sich nicht mit unserem Wasserkocher. Also nicht, dass die beiden zum Streiten angefangen hätten, aber es hat uns die Sicherung rausgepfeffert. Zu viele Watt und dat Ding war platt 😊. Doch kein Problem, Elektro-Ingenieur Gernot schritt zum Stromkasten, suchte zielgerichtet die Sicherung für unsere Platznummer 3 und schob den aus seiner Position geratenen grünen Schieber wieder nach oben. Erledigt. Ab jetzt muss unser Stromofen halt pausieren, während das Kaffeewasser gekocht wird. Danach darf er dann wieder weiterheizen und das macht er hervorragend. Schnell hat es herinnen 24 Grad und mehr und wir sitzen in T-Shirts am offenen Fenster – bei 10 Grad Außentemperatur. 
Das Wetter ist am Vormittag noch sehr wechselhaft, immer wieder regnet es leicht. Aber die Prognosen für die nächsten Tage stimmen uns durchaus optimistisch, heute werden wir allerdings nicht mit der Vespa ausfahren. Stattdessen spazieren wir die paar hundert Meter zur Hauptstraße rauf, dort befindet sich ein „Alimentari“, den wir auch schon gut kennen. Hier haben wir uns einmal köstliche Grillhendln gekauft, so was vergisst man nicht 😊. Heute gibt es leider keinen braungebrannten Flattermann im Angebot, also geben wir uns mit ein paar Kleinigkeiten zufrieden. Nach einem Pasch legen wir uns nieder und verpennen dabei fast den ganzen Nachmittag. Dann bereitet uns Ilse Tortellini mit brauner Butter und Parmesan zu, dazu gibt es einen grünen Salat. Das ist sowieso eines unserer liebsten Camping-Essen und es freut uns, dass es von diesen Tortellini unzählige Varianten gibt, das wird also nie langweilig. Apropos langweilig – auch wenn wir den heutigen Tag hauptsächlich mit Nichtstun verbracht haben, ist uns nie langweilig geworden. Dieses Gefühl ist uns eigentlich unbekannt, denn auch an einem „Schlunz-Tag“ gibt es immer was zu tun. Zeitungen im Internet lesen zum Beispiel – das W-Lan hier am „Piccolo“ ist übrigens ausgesprochen gut und schnell. Selbstredend haben wir uns noch einmal am Paschring ein Match geliefert, bevor wir uns schlafen legten. Morgen wird es um einiges aktiver werden und wir werden endlich wieder mit der Vespa ausfahren. Nicht, dass unsere Principessa Rossa noch beleidigt ist, weil wir sie immer noch nicht abgeladen haben …
Dienstag, 11. Oktober 2022 
Schon der erste Blick aus dem WoMo-Fenster zeigt uns, dass wir einen wunderschönen Tag vor uns haben. Zwar ist es noch ziemlich frisch, aber es ist kaum eine Wolke am Himmel zu sehen und die Regenwahrscheinlichkeit liegt bei 0 Prozent. Das geht. Es ist auch deutlich wärmer als gestern, trotzdem warten wir mit einer Ausfahrt noch bis Mittag. Den Vormittag nutzen wir zum Abladen der Vespa und auch zum Duschen, hier gibt es dafür Automaten. Bei uns ist in der 23-Euro-Pauschale auch eine Duschmünze enthalten, die wirft man in den Automaten und dann leuchtet (per Zufallsgenerator?) die Nummer der Duschkabine auf. Dann muss man in der Dusche noch auf einen großen, grünen Knopf drücken und schon fließt ein paar Minuten lang heißes Wasser. Ilse hat übrigens eine Frau beobachtet, die das mit dem grünen Knopf missverstanden hat. Sie drückte nämlich nur mehrmals und sinnlos auf das grüne Kontrolllämpchen, das die Nummer der Kabine anzeigt. Und den wirklich großen, grünen Button in ihrer Dusche übersah die Ärmste leider. Daher auch ihr verzweifelter Ausruf: „Also bei mir kommt nur kaltes Wasser!“ Tja, sinnerfassendes Lesen ist nicht jedermanns Sache – und jederfraus Sache auch nicht …😊. Endlich war es uns dann warm genug und wir sind mit der Vespa losgefahren. Ohne Plan, einfach mal in Richtung Süden. Es ist wunderbar, die kurvenreiche Straße am Seeufer entlang zu cruisen, heute herrschte noch dazu kaum Verkehr. Zwischendurch machten wir ein kleines Päuschen auf einem Parkplatz mit Seeblick. Mittlerweile haben wir sogar ein Ziel, es geht nach Menaggio. Das ist einer der größeren Orte am Comer See und wir waren schon zwei- dreimal dort. Trotzdem haben wir offenbar den langen Tunnel in der Nähe von Menaggio vergessen, denn von seinen 3.580 Metern werden wir so überrascht, dass Gernot nicht mal seine Sonnenbrille abgenommen hat. Aber der Tunnel ist zum Glück ausreichend beleuchtet und wir sind gut durchgekommen. Auch wenn ein 500er Fiat die ganze Zeit ca. 10 Meter hinter und teilweise neben uns gefahren ist, unsere 95 km/h waren ihm zu langsam. Bei erlaubten 70. Gernot ist aber absichtlich mittig gefahren, uns zu überholen traute sich der Idiot aber dann doch nicht. In Menaggio haben wir uns direkt am See abgestellt, da sind wir schon einmal gestanden.   
Nach einer ausgiebigen Spazierrunde durch den schönen Ort sind wir dann zu unserem Ausgangspunkt zurück und unmittelbar neben unserem Moped haben wir im „Cafe Central“ Platz genommen. Hier haben wir schon einmal einen Break gemacht, damals mit Cappuccini und Dolci. Heute sehen wir, dass an einigen Tische Pizza und Pasta serviert werden, dieser Anblick allein macht uns hungrig. Also bestellen wir uns beide eine Pizza und kriegen kurze Zeit später zwei herrlich knusprige Teigfladen an den Tisch. Ilse hat sich eine „Margerita“ bringen lassen, Gernot die „Napoli“, mit Sardellen extra. Übrigens sind beide Pizzas nicht rund dahergekommen, sondern – den Tellern angepasst – länglich oval. Mal was anderes. Und auch hier, an diesem touristischen Hotspot, in einer absoluten Touristen-Falle, kostete jede Pizza weniger als 10 Euro. Das passt. 
Unser kleiner Verdauungsspaziergang hat uns dann ein paar hundert Meter zu einer breiten Stiege geführt, die bis zum See reichte. Dort haben wir uns eine ganze Zeit lang niedergesetzt, Enten beobachtet und den einfahrenden Fähren zugeschaut. Doch dann lockten wieder die Landstraße und der Fahrtwind, also starteten wir mit dem Roller los. Zurück wollen wir aber durch möglichst wenige Tunnel fahren, aber meistens führt eh – vor allem wegen der Radfahrer – ein Weg außen herum. Und so bleiben uns einige Tunnel erspart, unter anderem der 3,5 Kilometer lange. Bei seiner Umfahrung sind wir durch Calozzo und Camio durchgekommen, ohne den Tunnel würde man heute auf diesen engen Straßen und Ortsdurchfahrten nur im Stopp-and-Go Modus unterwegs sein. Mit der Vespa schlüpfen wir natürlich überall locker durch und bei Dongo kommen wir dann wieder auf die Hauptstraße zurück. Wir fahren dann bei einem Supermarkt zu und kaufen uns ein paar Sachen für eine Jause. Leider suchen wir erneut vergeblich nach dem „Senape con Miele“ von Heinz. Das ist Senf mit Honig und vor allem ist es seit kurzem Ilses Lieblingssenf. Für den waren wir jetzt schon in einigen Geschäften, aber letztlich wird er uns nicht entkommen. Und wenn wir ihn im Internet bestellen müssen 😊. Am Campingplatz haben wir uns zuerst ein wenig ausgeruht und später natürlich einen Pasch gemacht. Das Abendessen haben wir vorerst ausfallen lassen, die Pizza hat gut ausgegeben. Trotzdem wollten wir eventuell des Nachts auftretenden Hunger-Ästen vorbeugen und haben uns vor dem Schlafen-gehen noch eine kleine Jause mit Salami und Parmesan zubereitet. Nicht, dass wir uns noch vom Fleisch fallen … 
Nach Einbruch der Dunkelheit wurden wir dann noch akustisch überrascht, denn plötzlich hallten wunderschöne Trompetenklänge über den Platz. Ein wahrer Könner (es könnte natürlich ebenso so gut eine Könnerin gewesen sein) schmetterte ein Solo nach dem anderen in die laue Abendluft, vermutlich vom benachbarten Campingplatz aus. Als krönenden Abschluss wurde uns dann noch das berühmte und berührende „Il Silenzio“ dargeboten, da hat wirklich jeder einzelne Ton gesessen. So schnell sie gekommen war, ist die wunderschöne Serenade wieder zu Ende gegangen, aber die Musik setzte einen herrlichen Schlussakkord unter diesen wunderbaren Tag.

Mittwoch, 12. Oktober 2022 
Wieder haben wir eine sehr feine Nacht gehabt, die Ruhe hier am Comer See ist wirklich herrlich. Dabei hat einer unserer Nachbarn zwei kleine Kinder und zwei noch kleinere Hunde mit dabei. Aber die sind brav und gehen nur auf die zahlreichen Platz-Enten los 😊.   
Wobei, das hat der Chef hier gleich abgestellt, ein paar klare Worte haben genügt und die Entenjäger sind jetzt schön angeleint. Unser Frühstück setzen wir heute auf 9 Uhr an und teilen es wie gehabt mit den Vögeln vor unserem Fenster. Spatzen, Braunkehlchen, Amseln und Enten balgen sich um die Brotstückchen. Bei einem Pasch lassen wir es draußen noch ein wenig wärmer werden, obwohl es heute Früh eh nicht so kalt war wie gestern. Kurz vor Mittag ist dann eine Ausfahrtstemperatur von 21 Grad erreicht und wir cruisen los. Ein genaues Ziel haben wir gar nicht, nur dass wir möglichst hoch hinauf möchten. Noch in Domaso biegen wir rechts in die Berge ab und folgen den Schildern nach St. Bartolomeo, Ilse weiß dort eine Wallfahrtskirche. Kaum aus dem Siedlungsgebiet heraussen, sind wir de facto völlig alleine unterwegs und in unzähligen Kurven schrauben wir uns immer höher hinauf. Oft wachsen entlang der Straße Kastanienbäume und manchmal liegen in Senken hunderte stachelige Kugeln, jeweils bestückt mit mehreren Edel-Maronen. Man könnte sofort kiloweise Kastanien aufsammeln und wir sehen auch einige Leute, die das tun. Aber wir können mit den Maroni im WoMo nix anfangen, also lassen wir sie liegen. Ein bisserl muss man natürlich aufpassen, denn unter dem kleinen Vorderrad einer Vespa machen sich die Kastanien nicht besonders gut, vor allem in Schräglage will man lieber nicht über eine noch geschlossene Kugel drüberfahren. Aber es ist alles gutgegangen, irgendwann sind die Kastanienbäume immer weniger geworden und wir näherten uns überhaupt immer mehr der Baumgrenze. Zwar sind wir während der Fahrt mit unseren Lederjacken, Handschuhen und Gesichtstüchern gut gegen den Fahrtwind geschützt, bei unseren Pausen spüren wir aber sofort den schneidenden Wind. Bei einer Rast muss sich Gernot, kaum hatte er den Helm abgenommen, gar sein Gesichtstuch zu einer Haube formen, so kalt pfiff ihm der Wind um die Ohren. Zur Wallfahrtskirche St. Bartolomeo sind wir dann gar nicht hin, denn wir hätten einen Fußweg nehmen müssen, von dem wir nicht wussten, wie lang er ist. Und auf diesbezügliche Experimente müssen wir verzichten, denn mit Gernots Erkrankungen lassen sich keine großen Wanderungen mehr machen. Kein Grund zur Traurigkeit, das ist halt jetzt so, Unveränderliches nimmt man am besten einfach hin. Ganz davon abgesehen, sollten wir noch Kirchen genug sehen, es scheint, als hätten wir heute so etwas wie einen „sakralen Tag“
😊

Wir sind also von St. Bartolomeo wieder in Richtung Comer See gefahren und spürten es beinahe mit jedem Meter Höhenunterschied wärmer werden. Die kleinen Straßen sind zum Fahren wirklich traumhaft schön, mit der wendigen Vespa sind auch die vielen Kehren und Haarnadeln kein Problem. So kommen wir locker nach Montemezzo und parken uns vor der beeindruckenden Kirche ein. 

Die stammt aus dem 15. Jahrhundert. Ilse kann ein paar Bilder machen und auch der Blick auf den Comer See ist ein lohnendes Fotomotiv. Nach einer kurzen Rast setzen wir unseren Kirchentrip fort und fahren in den Ort Termozzo hinauf. Der liegt schon ein gutes Stück oberhalb des Sees und direkt neben der gewaltigen Kirche parken wir uns ein. Wir steigen die steilen Stufen zum Eingang hoch und werden dort gleich von einem Wachhund verbellt. Der befindet sich zum Glück hinter einem Zaun und seine Besitzerin entschuldigt sich gleich bei uns. Wurscht, der wollte vielleicht eh nur spielen … Leider war auch diese Kirche zugesperrt und wir konnten nur den Außenbereich betrachten, doch auch der hatte einiges zu bieten. Wir sahen unter anderem das uralte, ganz aus Steinen errichtete Zollhaus, denn hier ist im 15. Jahrhundert ein Saumweg angelegt gewesen. Wahrscheinlich war das hier heroben der Normalweg, denn in der Nähe des (völlig unbefestigten) Seeufers wird im Mittelalter kein Durchkommen gewesen sein. Schon sehr beeindruckend, Teile des Saumweges sind immer noch vorhanden, auch dieser ist vollständig aus Steinen gebaut worden. 
Wir haben dann noch eine ganze Weile von hier heroben auf den Comer See hinuntergeschaut, danach sind wir zum Campingplatz zurückgefahren. Bei einem Supermarkt haben wir uns vorher noch schnell die Zutaten für das heutige Abendessen eingekauft, es wird wieder mal selbst gekocht. Am Platz hat dann Gernot Zwiebel und Rinder-Carpaccio klein geschnitten, angebraten, mit Weißwein gelöscht, mit Knoblauch, Salz, Pfeffer und Sojasauce gewürzt und dann mit Fertig-Kartoffelpüree zu Tisch gebracht. Das hat wahrscheinlich keine Viertelstunde lang gedauert und wirklich gut geschmeckt. Die stets fleißige Ilse hat dann gleich noch das ganze Geschirr abgewaschen, Gernot hat die Teller und Töpfe immerhin zum Waschbecken rüber getragen. Danach hatten wir gerade noch die Kraft für einen Pasch und ein paar Drinks – man gönnt sich ja eh so wenig … Was für ein lässiger Tag war das heute wieder und es ist ein wunderschöner Gedanke, dass das morgen wieder so sein wird. Mit dieser Vorfreude sind wir schlafen gegangen, da war es wahrscheinlich noch nicht einmal 22 Uhr …
Donnerstag, 13. Oktober 2022 
Auch heute haben wir eine völlig ungestörte Nacht verbracht. Ilse war in der Früh echt verblüfft, dass sie plötzlich kein WoMo mehr vor ihrem Fenster stehen gehabt hat. Da sind unsere niederländischen Nachbarn also so geräuschlos abgefahren, dass wir das nicht mitgekriegt haben. Ein gutes Zeichen dafür, dass in der Nachsaison hauptsächlich die Profi-Camper unterwegs sind und die wissen, wie man sich verhält. Schon der erste Blick nach draußen lässt uns sicher sein, dass wir erneut eine Runde mit der Vespa drehen werden. Zwar ist es um 9 Uhr trotz strahlender Sonnen nur 12 Grad warm, aber das wird sich ändern. Wir geben dem Wetter einen Pasch lang Zeit zum Erwärmen und zu Mittag reiten wir dann bei 21 Grad mit unserem feuerroten Pferdchen vom Platz weg. Unser Ziel sind die Orte Peglio und Livo. Ilse hat gestern noch ein bisserl im Netz recherchiert und in beiden Orten soll es sehenswerte Kirchen geben. Machen wir also wieder einen „sakralen Tag“ – aber das soll nicht despektierlich klingen. Zwar sind wir beide nicht gläubig im religiösen Sinn, aber Kirchen sind ja nicht nur Stätten zur Gottesanbetung, sondern natürlich auch interessante Kulturdenkmale. Beide Kirchen sind dann – wie nicht anders erwartet – zugesperrt, aber im Außenbereich und in den Kreuzgängen finden sich schöne Fresken. 
Später erfahren wir von der Chefin unseres Campingplatzes, dass viele dieser Kirchen von ehemaligen Auswanderern erbaut oder mit Kunstwerken ausstaffiert worden sind. Denn im Mittelalter herrschte hier am Comer See eine große Hungersnot und viele Familien sind nach Sizilien ausgewandert. Dort sind sie mehr als 200 Jahre lang geblieben, aber schließlich sind die Nachkommen wieder in die Gegend ihrer Ahnen zurückgekehrt. Und aus Dankbarkeit, und als Erinnerung an das Schicksal ihrer Vorfahren, haben sie in der Folge viele Kirchen erbaut und andere mit Altären und Bildern ausgestattet. Wirklich schade, dass die Türen der Kirchen nur zu den Messen geöffnet werden, wir hätten uns das gerne in echt angeschaut, denn im Internet finden sich eh Bilder davon. Wir haben dann unseren Kirchen-Trip fortgesetzt und sind dabei im kleinen Ort Gravendone zu einem wirklichen Juwel gekommen. Schon von außen war sogleich zu erkennen, dass es sich bei dieser Kirche um ein richtig altes Gotteshaus handelt. Tatsächlich ist die im romanischen Stil erbaute Kirche schon seit dem 1. Jahrhundert urkundlich erwähnt und zu unserer Freude war sie nicht verschlossen. 


Aber man kann hier gar nichts stehlen, weil sich, außer einem riesigen Corpus Christi am Kreuz, keine sakralen Gegenstände finden lassen. Keine Bilder, kein Altar, keine Monstranz, keine Statuen. Über das riesige Kreuz weiß uns später die Campingplatz-Chefin noch eine interessante Geschichte zu erzählen. Während des zweiten Weltkrieges, Italien war schon auf der Verliererstraße, wurde das riesige Kreuz abgenommen, damit es nicht in die Hände fremder Soldaten fällt. Um die Skulptur überhaupt verstecken zu können, mussten dem hölzernen Heiland seine beiden weit ausgebreiteten Arme amputiert werden. Nach dem Krieg wurde der Korpus wieder zusammengesetzt und nur Eingeweihte erkennen heute noch die Schnittstellen. Tatsächlich wäre uns das in der Kirche nicht aufgefallen, auf den Fotos kann man das aber gut erkennen. In jedem Fall war dieses Gotteshaus das bisher beeindruckendste für uns, auch weil es so ganz ohne Protz und Gloria war. An den Wänden haben sich noch uralte Fresken erkennen lassen, auch wenn die im Lauf der Jahrhunderte schon x-mal übermalt worden sind. Und unter dem Steinboden dürfte sich ein prächtiges Mosaik befinden, ein kleines Stück ist freigelegt und lässt ein viel größeres Kunstwerk erahnen. Wirklich schön und bei derart historischen Bauwerken fragen wir uns immer, was diese Mauern wohl schon alles gesehen haben und was sie uns alles erzählen könnten … Wir konnten uns von diesem Platz in Gravendone nur schwer losreißen, aber schließlich fuhren wir doch zum Platz zurück. Unseren kleinen Hunger stillten wir dann gleich formlos im Buffet des „Piccolo“, selbstredend haben wir uns wieder zwei Mal „Piadine“ bringen lassen, dazu Cola und Bier. Das genügt uns bis zum Abendessen, die Zeit bis dorthin nutzen wir für ein Mini-Schläfchen, später matchen wir uns noch ein Spiel aus. Dann ist es wieder Zeit zur Nahrungsaufnahme geworden und wir gehen ins nahegelegene Restaurant „Garden Grill“ essen. Wir müssen übrigens zu Fuß hingehen, weil wir die Vespa bereits auf ihren Träger geladen haben. Ja, wir fahren morgen ab, obwohl das noch gar nicht geplant war. Aber leider schlägt das Wetter um und bei strömenden Regen haben wir keine Lust, nur im WoMo herumzusitzen. Also brechen wir unseren Aufenthalt vorzeitig ab, leider. Das Essen im „Garden Grill“ hat wieder voll überzeugt, das ist ja das Lokal, in das auch unsere Campingplatz-Betreiber essen gehen. Dann muss es ja gut sein 😊. Haben wir schon erwähnt, dass wir in Italien seit diesem Urlaub kein Trinkgeld mehr geben, wenn Coperto verrechnet wird? Denn schließlich steht Coperto für die Kosten von Gedeck und Service, wie auf den Speisekarten Italiens vermerkt ist. Heute haben sie uns je 3,50 Euro abgeknöpft und 7 Euro sind unserer Meinung nach ein sehr gutes Trinkgeld. Im Wohnmobil haben wir dann noch einen gemütlichen Spätabend verbracht, wirklich schade, dass wir morgen heimfahren. Denn es ist sehr lässig hier und es gibt noch so vieles zu entdecken rund um den Comer See. Das behalten wir uns halt dann fürs nächste Mal auf, denn wir werden sicher wieder einmal hierherkommen. Zum Glück ist diese traumhaft schöne Gegend nicht weit von uns daheim entfernt, es ist lediglich eine lockere Etappe von Innsbruck nach Domaso.
Freitag, 14. Oktober 2022 
Das Wetter hat eindeutig umgeschlagen, es ist trüb, nebelig und regnerisch, auch wenn es angenehm warm ist. Wir spulen in aller Ruhe unser Abfahrts-Ritual ab, da sitzt längst jeder Handgriff. Wie immer vor einer Fahrt spüren wir ein leichtes Kribbeln der Vorfreude, heute wird es wieder besonders spannend, liegt doch der gewaltige Maloja-Pass vor uns. Den wir heute übrigens spaßhalber als „Malottscha-Pass“ aussprechen. „Schuld“ daran ist unser ostdeutscher Camping-Nachbar, der uns von seinem Urlaub am Gardasee erzählt hat, unter anderem campte er im schönen „Pescherra“, wie er den Ort aussprach 😊Nach den Aufbruch-Arbeiten verbrausen wir unsere letzte Duschmünzen und kurz nach 10 Uhr verlassen wir den liebgewonnenen Campingplatz „Piccolo“ in Domaso. Ciao tutti! Den heutigen Heimweg sind wir schon einige Male gefahren, er birgt also keine Überraschungen für uns. Und so wundern wir uns auch nicht mehr über die italienischen Auto-Narren, die oft kilometerweit und x-mal hochriskant versuchen, unser WoMo zu überholen. Wohlgemerkt im dichten Kolonnenverkehr, also ohne jeglichen Zeitgewinn. Das ist, wie schon öfters gesagt, etwas Psychisches und derartige Gedankenwelten sind und bleiben uns zum Glück verschlossen 😊
Kaum haben wir Schweizer Boden erreicht, reißt der Verkehr schlagartig ab und wir sind phasenweise völlig alleine unterwegs. So kommen wir völlig stressfrei zum Fuße des „Mallotscha-Passes“ und fahren auf unseren „Stamm-Parkplatz“ zu. Hier lassen wir unseren dicken Nasenbären immer noch ein wenig ausruhen, bevor wir ihn den abnormal steilen Maloja-Pass hinauftreten müssen. Auch heute hat sich unsere Schnecke bei dieser Bergprüfung fantastisch gehalten, auch wenn sie auf den zwei Kilometern ihrem Spitznamen voll gerecht geworden ist.
Aber wenn man laufend in den ersten Gang herunterschalten muss, dann ist halt nur Schneckentempo möglich. Ab der Ortsdurchfahrt von Maloja ist dann sowieso wieder freie Fahrt angesagt und locker cruisten wir St. Moritz entgegen. Vorher pausierten wir natürlich wieder auf „unserem“ Parkplatz am Silvaplaner-See, das hat auch längst Tradition. 









Die Fahrt durch das schöne Engadin hat dann noch eine Überraschung für uns bereitgehalten, denn in der Nähe von Scoul/Schulz rief Ilse plötzlich ganz aufgeregt „Fahr bitte schnell rechts ran, da sind Gämsen“ und wir erkannten sofort, dass sie sich nicht verschaut hatte. Denn tatsächlich graste ein gutes Dutzend Gämsen (!!) völlig relaxed und ruhig direkt neben der vielbefahrenen Bundesstraße. Keine 30 Meter entfernt. Ilse konnte sich den Tieren problemlos nähern, die ästen locker weiter, nur ein(e) Aufpasser(in) hat Ilse nicht aus den Augen gelassen. Wahrscheinlich, hätte sie Salz bei sich gehabt, hätten ihr die Tiere auch die Hand geleckt, die zeigten sich überhaupt nicht menschenscheu. Die Gämsen werden wohl von der Kälte ins Tal heruntergetrieben worden sein, auf den meisten Berggipfeln liegt ja bereits der erste Schnee. 
Wieder in Tirol angekommen, wollten wir eigentlich beim SPAR-Markt in Prutz zufahren, da haben wir schon öfter einen guten Leberkäse gegessen. Zugefahren sind wir auch, aber der Markt zeigte sich nur als ausgehöhlte Fassade – er wird gerade umgebaut. So wie der Platz und die Straße rund um ihn herum. Lange mussten wir aber nicht darben, denn keinen Kilometer weiter sind wir schon an einer großen Tankstelle vorbeigekommen. Es lockte uns nicht nur ein relativ günstiger Treibstoffpreis, sondern auch ein Tankstellenshop, der mehr einem Supermarkt glich. Inklusive einer warmen Theke und so sind wir doch noch zu unserem Leberkäse gekommen. Der Paprika-Fleischkäse war dann aber leider eher ein Pfefferoni- oder gar ein Chili-Fleischkäse, der Ilse jedenfalls viel zu scharf war. Tja, musste sich die Arme halt mit einer Semmel und einem Cola zufriedengeben. Das sind Schicksale …😊Die letzten 100 Kilometer nach Innsbruck haben sich dann in etwas mehr als einer Stunde zurücklegen lassen, es geht ja ausschließlich über die Autobahn. Und so endete um exakt 15 Uhr 45 unsere 117. WoMo Reise, die uns an den Gardasee und den Comer See gebracht hat. Wer weiß, vielleicht war das noch gar nicht unsere letzte Reise in diesem Jahr, wir werden das Wetter jedenfalls genau im Auge behalten. Und sollte sich da ein kleines Schönwetter-Fensterchen in unserer Nähe öffnen – tja, dann sind wir – zack, sofort wieder weg.