vom 3. bis 14. Oktober 2022
Innsbruck-Lazise-Sirmione-Domaso-Innsbruck
734km und Vespa 249km
Wahrscheinlich ist es das erste Mal, dass unser Wohnmobil zwischen zwei
Fahrten nicht einmal 24 Stunden lang pausieren musste. Denn gestern sind wir
erst nach Mittag vom Kesselberg gekommen und heute haben wir unseren treuen
Nasenbären gegen 10 Uhr gestartet. Er hat gar nicht in seiner Garage
übernachtet, denn wir haben gestern noch die Vespa aufgeladen und das WoMo dann
gleich vor unserem Haus geparkt. Wir werden an den Gardasee fahren, die
Prognosen versprechen uns schönes Wetter für die kommenden Tage. Dass wir so
rasch wieder aufbrechen hat – neben unserer unbändigen Reiselust – einen
pragmatischen Grund: Heute ist in Deutschland Feiertag und es wird daher keinen
LKW-Transit durch Tirol geben. Damit fallen schon mal 95 Prozent aller LKW weg
und es lässt sich für uns stressfreier fahren. Bevor wir uns auf die Autobahn
verfügen, müssen wir noch unsere Getränkevorräte auffüllen und kaufen dabei das
billigste Bier unseres Lebens 😊. Denn die Kassiererin
verrechnete uns für die 24er Lage Egger Bier den Preis einer (!) Dose und wir
haben zwei Lagen gekauft. Also 48 Dosen Bier für 1,10 Euro – 2,3 Cent die Dose,
das geht. Natürlich hätten wir sie auf ihren Fehler aufmerksam gemacht, aber
wir haben noch einiges anderes eingekauft, dann mit Karte bezahlt und nicht auf
die genaue Summe geachtet. Den Fehler bemerkten wir erst am Gardasee – da war
es leider schon viel zu spät …
Mit unserer antizyklischen Reiseplanung sind wir wieder einmal genau
richtig gelegen, denn ohne Verzögerung kommen wir über den Brenner. Den Tipp
mit dem 3. Oktober schnappte Ilse übrigens schon auf einem Campingplatz in
Kroatien (!) auf, als ein Deutscher meinte: „Ich fahr am Tag der Deutschen
Einheit, dann brauch ich mich nicht von tausenden LKW über den Brenner schieben
lassen.“ Nun, die Idee war grundsätzlich schon gut, allerdings haben diese Idee
abertausende andere Camper auch gehabt. Und so schoben sich die Wohnmobile,
Camper-Vans, Wohnwagen-Gespanne und Camping-Busse gegenseitig über den Brenner
in Richtung Norden. Manchmal war die ganze Autobahn voll mit „Weißware“ und
immer wieder stockte der Verkehr auf der Gegenseite. Dann hat es irgendwo bei
Trient noch einen Unfall mit mehreren Fahrzeugen gegeben, wir sahen den Stau in
Echtzeit anwachsen. Wahrscheinlich wird die Zeitverzögerung bis zum Brenner
gute zwei Stunden betragen haben, da bekommen wir immer fast ein schlechtes
Gewissen, wenn wir in unsere Richtung an solchen Staus mit einem 90er
vorbeirauschen.
Und so sind wir völlig relaxed gegen 15 Uhr am Campingplatz
„Cisano“ angekommen, der liegt wenig verwunderlich in Cisano und das wiederum
liegt in der Nähe von Lazise am Ostufer des Gardasees. Das Ankommen am Platz
war ein Spezielles – wir wurden von einem Mitarbeiter auf einen Parkplatz
gelotst, dann stellte er auf Deutsch zwei schnelle Fragen „Haben Sie
reserviert? Haben Sie einen Hund?“ und nach unseren zwei „Nein“ ließ er uns in
sein E-Golfwagerl einsteigen. Er fetzte mit uns über das große Areal und zeigte
uns einige Plätze, die wir mit unserer ACSI Karte buchen dürfen. Schnell werden
wir – wird Ilse – fündig und wir melden uns bei der Rezeption an. Das ging ja
fix, heute musste Ilse nicht lange über einen Campingplatz wandern, in Kroatien
ist sie ja mal fast eine dreiviertel Stunde lang unterwegs gewesen … Wir stehen
in einer guten Nähe zum Waschhaus, das wir natürlich gleich inspizieren und für
sehr sauber befinden. Schön, das ist das Wichtigste. Schnell waren wir im
Camper-Modus, haben die Vespa abgeladen und uns vor dem WoMo von der Herfahrt
erholt. Bald einmal schickte uns dann der Hunger ins platzeigene Restaurant,
welches sich am Seeufer befindet. Wir haben ausgesprochen gut gegessen und
dafür gerade mal 25 Euro bezahlt. Das gefällt uns und wir werden wohl nicht das
letzte Mal hier eingekehrt sein. Bei einem kalten Bierchen haben wir uns dann
noch einen fulminanten Sonnenuntergang angeschaut und nach einem Abend-Pasch
haben wir uns in die Waagrechte begeben. Schön ist es hier, ruhig ist es hier,
gut essen kann man hier. Schön, dass wir hier sind …
Dienstag, 4. Oktober 2022 Wir haben herrlich gut geschlafen und das Wetter begrüßt uns mit
strahlendem Sonnenschein. Wunderbar! Nach dem Frühstückskaffee haben wir uns
gar nicht mehr lange am Campingplatz aufgehalten und sind nach Cisano rüber
gecruist. Am dortigen Yachthafen wird heute ein Markt veranstaltet und da
müssen wir natürlich hin. Wir parken unsere Vespa voll halblegal neben einem
feschen Audi R8 und werfen uns ins Gewühl. Es ist mächtig was los, mit uns sind
viele hundert Urlauber unterwegs, der eine oder die andere Einheimische wird
wohl auch noch dabei gewesen sein. Wir brauchen eigentlich nichts, doch dann
erspäht Gernot das Modell einer roten Vespa 125 GTS, ein Traum! Sie kostet nur
16 Euro und der Verkäufer ist ganz entzückt, dass ihm Ilse das Geld in Münzen
in die Hand zählt. Und letztlich ist er so verzückt, dass er es hinnimmt, dass
bei 15 Euro Schluss war mit Ilses Münzgeld 😊. Danach haben wir uns an
einem Stand noch einen Salat und ein Körberl mit Erdbeeren gekauft, dann hatten
wir genug von den Menschenmassen. Wir sind zum Campingplatz zurückgefahren und
haben uns dort einen feinen Nachmittag gemacht – mit einer Jause, einem Pasch
und einem ausgedehnten Schläfchen. Weil wir gestern mit dem Essen im Restaurant
so zufrieden waren, sind wir abends noch einmal dort hin und haben voll
zugeschlagen. Ilse ist wieder einmal nicht an ihrem „Schnitzel in der
Weißweinsauce mit Pommes“ vorbeigekommen, das ist und bleibt ihr Leibgericht am
Gardasee. Gernot wagte sich über das „300 Gramm Steak mit Gorgonzolasauce“, das
mit Rosmarin-Kartoffeln gereicht wurde.
Zwischendurch dürfen auch wir mal nicht
auf die Preise schauen und so hat Gernot zwei große Bier getrunken und Ilse hat
sich mit ihren zwei „Garibaldi“ gleich zwei Mal 0,4 Liter Campari-Orange
inhaliert 😊. Und so wunderte uns die
65 Euro Rechnung nicht wirklich, zumal uns das Essen jeden Cent wert war.
Leicht bis halbschwer angeheitert sind wir dann zu unserem WoMo
zurückgeschlurft und es ist nur unserer Leidenschaft fürs Paschen zu verdanken,
dass wir uns noch eine heiße Partie ausgewürfelt haben. Statt einem sofortigen
Fresskoma anheimzufallen. Ach ja, so schön es hier ist und so gut es sich hier essen lässt – wir
werden den Platz wechseln. Wir müssen sozusagen den Platz wechseln. Heute
Nachmittag war nämlich einer der wirklich netten und freundlichen Mitarbeiter
bei uns und der sagte, dass wir unsere Vespa nicht beim WoMo abstellen dürfen.
Dafür gäbe es bei der Rezeption einen eigenen Parkplatz. Bumm! Wir wussten
sofort, dass wir das nicht tun werden. Jetzt waren wir sicher schon auf über
200 verschiedenen Campingplätzen zu Gast, aber eine derartige Regel haben wir
noch nirgend gesehen. Fahrverbot am Platz von 12 bis 14 oder 15 Uhr ja,
Fahrverbot ab 22 Uhr ja – aber gar nicht zum WoMo hinfahren dürfen? Genau,
ausgerechnet in Italien werden wir unsere Vespa irgendwo abstellen, wo wir sie
nicht sehen können. Außerdem decken wir sie immer mit ihrer Plane ab, da
müssten wir jedes Mal die paar hundert Meter hin und retour latschen – Nein
Danke. Jeder Campingplatz darf seine eigenen Regeln aufstellen und jeder Camper
kann sich, wenn er will, einen anderen Platz suchen. Das werden wir tun,
übermorgen reisen wir ab. Schade, aber so eine Vorschrift können und werden wir
nicht akzeptieren. Mittwoch, 5. Oktober 2022 Nach dem Aufstehen präsentiert sich der Himmel ziemlich bewölkt, strahlend
schön wird es heute wohl eher nicht werden. Wurscht, die
Regenwahrscheinlichkeit liegt bei unter 10 Prozent, also werden wir eine Tour
mit der Vespa wagen. Doch weil uns ein Pasch dazwischengekommen ist, sind wir
erst gegen 11 Uhr 30 losgefahren. Und vorerst nur rüber nach Lazise, wo heute
der Markttag ausgerufen ist. Der Wirbel in den engen Gassen des an sich
hübschen Ortes ist gigantisch, wir wissen schon bei unserer Ankunft, dass wir
von hier bald wieder abhauen werden. Aber natürlich lassen wir uns von der
Masse an fast allen Ständen vorbeischieben, gekauft haben wir aber nichts. Das
heißt, nichts am Markt. Denn in zwei Souvenirshops sind wir fündig geworden und
eine niedliche Vespa-Schneekugel und ein nettes Bild von Lazise dürfen die
jeweiligen Sammlungen daheim bereichern. Schnell die Käufe im Heckköfferchen
verstaut und dann konnte die geplante Vespa-Tour endlich starten.
Wir halten
uns irgendwie in Richtung Monte Baldo, Ilse hat sich ein paar Ortsnamen am Weg
dorthin notiert, damit sie nicht andauernd auf Google-Maps schauen muss. Die
Fahrt war wieder einmal unbeschreiblich lässig, die kleinen Straßen oberhalb
des Gardasees sind das ideale Terrain für unsere wendige Vespa. Es geht bergauf
und bergab, wir kommen durch viele kleine Orte und Weiler, fast immer sind wir
alleine auf den Straßen unterwegs.
Wir passieren Costermano und Castian und
kommen schließlich in den etwas größeren Ort San Zeno die Montagna. Im Zentrum
bleiben wir stehen, vor allem deshalb, weil wir im Vorbeifahren die gut
besuchte Terrasse eines „Ristorante“ erspäht haben. Die Küche ist zwar nach 14
Uhr schon am Zusperren, aber wir können doch noch bestellen. Ilse kriegt
„Spaghetti al Ragu“ verpasst und Gernot delektiert sich an „Tagliatelle mit
Steinpilzen und Jakobsmuscheln“. Sehr gut – das gilt für beide Mahlzeiten.
Etwas nervig war die Besetzung des Tisches hinter uns, denn die hatten gefühlt
mehr Sonderwünsche, als Finger an den Händen. Da sind wir zum Glück
unkomplizierter, wir würden einer Kellnerin oder einem Kellner jedenfalls nie
so auf den Geist gehen.
Wurscht, jede(r) ist anders und das ist auch gut so. Bestens gestärkt haben wir unsere lässige Tour fortgesetzt, aber irgendwann
haben wir bemerkt, dass wir uns zügig in Richtung schwarzer Wolken bewegten.
Der Monte Baldo war schon nicht mehr zu sehen, es könnte jederzeit zu regnen
beginnen. Also haben wir die Fahrt sozusagen abgebrochen, haben gewendet und
sind gefühlsmäßig in Richtung See gecruist. Irgendwo in der Walachei –
Google-Maps war manchmal selber ratlos, wo wir uns gerade befinden 😊 – ist plötzlich die
Straße immer schmäler geworden und plötzlich versperrten uns Baugitter den Weg.
Na super! Doch dann sahen wir einen Radfahrer daherkommen und fragten ihn auf
Englisch, ob wir mit der Vespa hier weiterkommen. Vermutlich hat er unseren
Akzent richtig gedeutet, denn er antwortet auf Deutsch, dass das kein Problem
sei. Verboten halt, aber sonst …? Ach ja – und die Absperrungen müssten wir
halt beiseiteschieben. Das machten wir dann auch und mit dem sicheren Gefühl,
illegal unterwegs zu sein, suchten und fanden wir schließlich unseren Rückweg.
Und keiner hats gesehen. Wie wir dann wieder orientiert waren, sind wir zügig via Benaco, Garda und
Bardolino zum Campingplatz zurückgefahren, nass sind wir dabei nicht geworden.
Überhaupt hat das Wetter den ganzen Tag über gehalten, auch wenn es die Sonne
kaum einmal durch die dichte Wolkendecke geschafft hat. Am Campingplatz hat Ilse dann gleich unseren Aufenthalt bezahlt und Gernot ist
selbstverständlich mit der Vespa zum Wohnmobil gefahren. Das ist in
diesem Fall sogar offiziell erlaubt, weil wir morgen abreisen und unseren
Roller aufladen müssen. Und wenigstens das dürfen wir an unserem Platz machen. Am Abend haben wir uns dann via Handy-Hotspot das Match Red Bull Salzburg
gegen Dynamo Zagreb angeschaut. Die „Bullen“ haben 1:0 gewonnen und mischen
damit nach wie vor in der Champions-League mit. Brav! Mit ein paar eisgekühlten
Getränken und mit viel Lachen und Scherzen haben wir uns danach noch einen
feinen Spätabend gemacht. Übrigens haben wir heute – ganz entgegen unserer
sonstigen Angewohnheit – die Vespa noch nicht auf ihren Träger geladen. Aber
wir fahren morgen die vielleicht kürzeste Etappe unserer Wohnmobil-Karriere, da
schadet ein wenig Frühsport nicht. Es geht nämlich nur nach Sirmione runter,
das sind gerade mal 17 Kilometer.
Donnerstag, 6. Oktober 2022 Wir gehen den neuen Tag völlig entspannt an und weil wir theoretisch noch
bis Mittag am Platz bleiben dürfen, haben wir auch keinen Zeitstress. Nach dem
Kaffee rüsten wir unsere Schnecke auf Fahrbetrieb um, laden die Vespa auf und
danach gehen wir fein duschen. So fahren wir geschnäuzt und gekampelt vom
Campingplatz ab, da wird es kurz nach 10 Uhr gewesen sein. Unterwegs fahren wir bei einer Tankstelle zu, wir müssen Diesel nachgießen.
Der Verbrauch liegt mal wieder unter 10 Liter, wie meistens. Der Diesel ist
übrigens in Italien um ca. 20 Cent billiger als bei uns. Zurzeit – das kann
sich schnell ändern … Die 17 Kilometer nach Sirmione sind naturgemäß rasch abgespult, auch wenn
es sich auf der stark befahrenen Bundesstraße immer mal wieder staut, vor allem
bei den Ortsdurchfahrten. Kurz nach 11 Uhr treffen wir beim Campingplatz
„Tiglio“ ein, hier waren wir auch schon zweimal zu Gast. Einmal bei einer
Rückfahrt aus dem Süden und das andere Mal, als uns die Kupplung des WoMo
eingegangen ist. Heute also unser dritter Besuch, das Einchecken verläuft
angenehm und problemlos, wir zahlen 22 Euro pro Nacht, das ist voll okay. Der
„Camping Tiglio“ ist nicht riesig, aber wenn man ihn komplett abgeht – so wie
wir bei der Platzsuche – dann kommt er einem schon groß vor. Wir wählen einen
Platz in der Nähe zum Waschhaus aus, aber der Mitarbeiter meint, wir sollten
uns besser einen anderen suchen. Denn ab morgen werden in diesem Bereich
Bauarbeiten durchgeführt und es könnte laut werden.
Also planen wir um und
stellen uns unweit des zweiten Sanitärgebäudes auf, Platz Nummer 8 ist jetzt
unser Refugio auf unbestimmte Zeit. Wir lassen uns nämlich erst vom Wetter nach
Hause schicken und das schaut auch in den kommenden Tagen sehr gut aus. Unser
Stellplatz liegt unter zahlreichen, großen Linden, daher der Name des
Campingplatzes, Tiglio = Linde. Es vergeht übrigens keine einzige Minute, in
der nicht ein welkes Blatt eines Lindenbaumes auf unser WoMo, unsere Vespa oder
auf unser Camping-Mobiliar fällt, alles ist damit übersät. Wurscht, besser
jedenfalls als die langen Nadeln der Pinien, die Wochen später noch irgendwo
auftauchen und die man sich gerne mal eintritt …Lange hält es uns nicht am Platz, wir richten uns die Vespa her und fahren
die paar Kilometer ins Zentrum von Sirmione rüber. Dort stellen wir uns wie
immer am allerletzten Parkplatz der Stadt ab, der liegt schon unmittelbar am Eingang
zur Altstadt. Wir wundern uns über einen Roller von deutschen Urlaubern, die an
ihrem Fahrzeug einen Parkschein angebracht haben – wir lesen 6,80 Euro. Sonst
hatte aber keines der Mopeds oder Motorräder einen Parkschein und weil wir noch
nie irgendwo für das Abstellen unserer Vespa bezahlt haben, werden wir das auch
heute nicht tun. Vor allem deshalb, weil’s billiger kommt. Aber wir ketten
unsere Principessa Rossa an einem Hinweisschild an, so kann sie wenigstens
nicht abgeschleppt werden. Sirmione ist auch abseits der Hochsaison ein touristischer Hotspot – mit
uns flanieren tausende Urlauber durch die historischen Gemäuer der Altstadt. Da
ist es nur ein schwacher Trost, dass es im Hochsommer noch viel mehr Besucher
pro Tag gibt, noch dazu bei brütender Hitze. Aber als Touristen werden wir uns
nicht über zu viele Touristen beschweren, wir versuchen halt – so gut es geht –
den größten Massen auszuweichen. Sirmione war schon immer ein perfektes
Jagdgebiet für Rote-Vespa-Souvenirs und auch heute sind wir rasch fündig
geworden. Ilse erspähte eine Schneekugel-Vespa in einer Auslage und schnell war
sie unsere. Später kauften wir noch ein schönes Bild von Sirmione, das wird uns
daheim an unsere – mittlerweile schon sehr vielen – Besuche dieses Ortes
erinnern. Vom vielen Spazierengehen sind wir hungrig geworden und beenden diesen
unangenehmen Zustand im schattigen Gastgarten der „Pizzeria Lorenzo“. Das ist
eine typische Touristen-Falle im Herzen von Sirmione, fast alle Tische sind
besetzt. Wir bestellen uns beide eine wirklich gute Pizza und sind von den
erstaunlich niedrigen Preisen angenehm überrascht. Denn auf der Speisekarte
findet sich keine Pizza über 10 Euro, das sind faire Preise. Das Bier für 6
Euro sparen wir uns, stattdessen lassen wir uns „Aqua Minerale senza Gas“
bringen, die Pulle für 3 Euro. Und so kommen wir mit 24 Euro günstig weg, wobei
alleine das Coperto 6 Euro ausgemacht hat. Passt – wir wissen, dass dieses
Coperto auch eine Servicepauschale ist, deshalb gibt niemand in Italien
Trinkgeld. Wir auch nicht mehr, außer es wird kein Coperto verrechnet, was auch
immer wieder vorkommt. Nach dem Essen suchen wir uns ein ruhiges Plätzchen am See und zwischen
zwei geschlossenen Restaurants lassen wir uns für ein Viertelstündchen nieder.
Wir schauen ein paar Enten beim Tauchen zu, das heftige Strampeln ihrer Füßchen
beim Abtauchen amüsiert uns königlich, zumal wir das im klaren Wasser sehr gut
beobachten können. Eigentlich sind genau das die heimlichen Höhepunkte unseres
privilegierten Camper-Lebens, dass wir die Zeit haben, einfach mal Enten zu
beobachten. Oder einfach mal so auf den See rauszuschauen. Ohne Zeitlimit, ohne
Stress, ohne Termine. Schon sehr lässig … Nach dem feinen Break am Seeufer sind wir zur Vespa zurückflaniert,
natürlich steht sie noch an ihrem Platz und ebenso natürlich hat sie auch
keinen Strafzettel abgekriegt. Wo sollte man den auch am Roller anbringen …?
Zufälligerweise sind mit uns auch unsere Park-Nachbarn zu ihrem Moped gekommen,
die mit dem 6,80 Euro Ticket. Man hat der Frau deutlich den Ärger angesehen,
dass sie offenbar nichtnotwendigerweise bezahlt haben, aber mit diesem Ärger
wird sie alleine fertig werden müssen 😊. Am Weg zurück zum „Tiglio“ sind wir sozusagen ein paar Kilometer über unser
Ziel hinausgeschossen, weil wir noch bei einem LIDL einkaufen waren. Eh nur
Salami, Joghurts, Milch, Brot und so Zeug. Das Restaurant am Campingplatz hat
nämlich nur am Wochenende geöffnet, für ein Abendessen müssen wir also selber
vorsorgen. Allzu viel haben wir an diesem Tag dann nicht mehr unternommen, natürlich
haben wir einen Pasch gemacht und uns später aus dem Wohnmobil einen schönen
Sonnenuntergang angeschaut. Morgen werden wir wieder mit der Vespa ausfahren,
das Wetter sollte passen. Wir werden buchstäblich von der strahlenden Sonne geweckt, was für ein
wunderbares Herbstwetter, keine Wolke ist am Himmel zu sehen. Wie meistens
haben wir beim Frühstück via Mobile-Hotspot „Radio Tirol“ laufen und heute
hören wir in den Nachrichten, dass auf der Brenner-Autobahn ab Montag die
Lueg-Brücke saniert wird, die Baustelle wird nur einspurig befahrbar sein. Na
super! Sofort wissen wir, dass unser geplanter Heimweg damit obsolet geworden
ist, denn es wird mit gewaltigen Staus gerechnet. Und Staus weichen wir nach Möglichkeit
aus, auch wenn uns das einen Umweg kostet. Und „Umweg“ könnte man unseren
umgeplanten Heimweg tatsächlich nennen, wir werden nämlich über den Comer See
und danach durch die Schweiz nach Innsbruck fahren. In Domaso am Comer See
kennen wir einen netten Campingplatz und Ilse stellt via Internet gleich eine
Anfrage. Schon nach einer halben Stunde wird uns vom „Camping Piccolo“ die
Reservierung bestätigt – wir werden am Sonntag anreisen. Fein! Schon lange vor Mittag machen wir uns dann für eine Ausfahrt fertig, unser
Ziel ist die Wallfahrtskirche „Madonna del Frassino“, die liegt nur wenige
Kilometer vom „Tiglio“ entfernt.
Beim Ankommen an der beeindruckenden Kirche
finden wir diese verschlossen vor, geöffnet wird erst um 15 Uhr. Auch okay,
vertreiben wir uns halt die Zeit bis dahin mit einem Stadtbummel durch
Peschiera. Der Ort, direkt am Ufer des Gardasees gelegen, ist schnell erreicht
und unmittelbar beim Eingang zur Fußgängerzone stellen wir unseren Roller ab.
Diesmal völlig legal auf einem gekennzeichneten Motorrad-Stellplatz, legaler
kann man nun wirklich nicht mehr parken. Wir machen einen ausgiebigen Rundgang durch die Innenstadt von Peschiera,
später zeigt Ilses Fitness-App 5.144 Schritte. Selbstredend halten wir Ausschau
nach Vespa-Modellen und werden für unsere scharfen Blicke mit gleich drei
Treffern belohnt. Darunter eine schöne rote Vespa, auf der Romeo und Julia (!)
sitzen, sehr hübsch und zudem mit ihren 15 Euro Kaufpreis durchaus wohlfeil.
Dazu noch eine lässige Blech-Vespa und ein roter Roller als Kühlschrank-Magnet.
Wow, wir werden von dieser Fahrt mit ziemlichen vielen Vespa-Modellen
heimkommen, aber da gibt es Schlimmeres 😊. Mit schon leicht schmerzenden Füßen sind wir dann zu unserem Moped
zurückgepilgert und fuhren zum zweiten Mal zur Wallfahrtskirche hin. Wir waren
noch ein bisschen zu früh dran, kein Problem, es gibt eine Cafeteria vor Ort
und auf der großen Terrasse haben wir uns niedergelassen. Der kredenzte
Cappuccino war einfach nur fantastisch und die beiden Dolci wahrlich köstlich.
Ein wunderbarer Break. Es folgte dann noch eine nette Überraschung, als sich
Ilse im Verkaufs-Shop des Lokals eine Flasche Wein kaufte. Zum einen fand sie
endlich den schon lange von ihr gesuchten „Lugana“ Weißwein und zum anderen
packte ihr die Verkäuferin kommentarlos vier sehr schöne Weingläser dazu ein.
Offenbar ein Kombi-Angebot, von dem Ilse natürlich nichts wusste. Die
Verkäuferin verpackte die Gläser sehr sorgfältig, vermutlich hat sie uns mit
der Vespa kommen gesehen. Nett. Dann waren endlich die Kirchentüren geöffnet und wir machten einen großen
Rundgang durch die Anlage. „Madonna del Frassino“ ist ja nicht nur ein
einzelnes Gotteshaus, es gibt einige Laubengänge, von denen es auch in andere
Räume geht. So fanden wir uns plötzlich in einer völlig außergewöhnlichen
Ausstellung wieder, bei der in ausgedienten TV-Apparaten oder ausgehöhlten
Computer-Bildschirmen Szenen aus der Bibel dargestellt wurden. Letztes
Abendmahl, Geißelung, Kreuzigung, das volle Programm. Mit zahlreichen kleinen
Figuren, sehr schön beleuchtet und äußerst detailreich ausstaffiert. Bei
manchen Arrangements bewegte sich auch etwas oder es dampfte zumindest ein
Wasserkessel. So etwas haben wir noch nie gesehen und damit hätten wir an
diesem Ort wirklich nicht gerechnet. Wir sind dann die langen Laubengänge
abgegangen, an deren Wänden sich zahlreiche Votiv-Bilder befinden. Aber es
werden auf diesen Bildern keine Heiligen dargestellt, sondern Autowracks,
deformierte Motorräder usw. Damit bedanken sich die Gläubigen für die göttliche
Fügung, man sieht auch ausgediente Blinden-Brillen oder Fotos von gesundeten
Kleinkindern. Ilse kann sich erinnern, dass früher noch viele kaputte
Motorrad-Helme an den Wänden hingen, davon sahen wir aber nichts mehr.
Jedenfalls ist der Besuch dieser Stätte wirklich beeindruckend und auch Gernot,
der nicht der größte Freund von Götterverehrung aller Art ist, konnte dem Ort
einiges abgewinnen. Zurück am Platz haben wir uns ein wenig niedergelegt, eine kleine Rast
schadet nie. Die Zeit bis zum Abendessen vertreiben wir uns mit einem Pasch,
heute werden wir das platzeigene Restaurant aufsuchen. So ist es dann auch
gekommen und wir haben hervorragend gespeist. Ilse war mit ihrem „Carpaccio“
sehr zufrieden und auch Gernot hatte an seiner Pizza rein gar nichts
auszusetzen. Auch die Preise sind sehr verträglich, in Kroatien hätten wir gut
und gern das Doppelte bezahlt. Für unsere Verhältnisse sind wir heute recht zeitig aus den Betten
gefallen, nämlich um kurz nach 8 Uhr. Lustvoll dehnten wir unser Frühstück aus,
machten danach einen Vormittags-Pasch und haben es gemütlich 23 Grad warm
werden lassen. Dann Jacken an, Helme auf und raus auf die Piste. Heute geht’s
die knapp 10 Kilometer nach Desenzano rüber. Da waren wir auch schon öfters,
aber der Ort ist immer einen Besuch wert. Beim Parken am Rande der
Fußgängerzone interpretieren wir eine markierte Sperrfläche als
Motorrad-Abstellplatz für uns, ziemlich gewagt, aber wir behindern damit nichts
und niemanden. Unser großer Spaziergang führt uns unter anderem bis zum Hafen
runter, da haben wir vor einigen Jahren mal sehr gut gegessen. Heute liegt uns
der Gastgarten des Lokals zu sehr in der Sonne, also pilgern wir in die
Altstadt zurück. Gernot ist schon beim Hergehen das Hinweisschild zu einem
indischen Lokal aufgefallen und das suchen wir jetzt. Lange dauerte die
Expedition dann aber natürlich nicht und auf den beiden letzten freien Stühlen
vor dem Restaurant nahmen wir Platz. Es nennt sich „Taste“, offeriert
„PakIndian Food“, also Essen aus Pakistan und Indien. Natürlich kommt Gernot
nicht an einem „Kingfisher“ Bier vorbei, zwar ist das in Wirklichkeit eine
ziemliche Plörre, aber zu einem indischen Essen gehört das einfach irgendwie
dazu. Übrigens ist für das Bier ein außergewöhnliches Glas auf den Tisch
gekommen – zeigte es doch die Silhouette einer nackten Frau und die Aufschrift
„Kamasutra“. Und das in einem von Moslems geführten Lokal 😊. Wir tafeln
ausgesprochen gut, Ilse hat mit ihrem „Butter Chicken“ eine genauso gute Wahl
getroffen wie Gernot mit seinem „Chicken Vindaloo“. Dazu haben wir uns
Basmati-Reis und Butter-Naan bringen lassen – ein Traum. Als Abschluss
spendierte uns der sympathische Wirt noch ein Dolci auf Haus – ein süßes Herz,
glühend heiß, vermutlich bestehend aus Gries und ca. 96 Prozent Zucker. Aber
sehr gut.
Wir waren nach diesem Festmahl derartig geplättet, dass wir gerade
noch von unseren Stühlen hochkamen und uns zur Vespa schleppen konnten. Zurück
am Campingplatz sind wir zielgerichtet in ein schweres Fresskoma gefallen und
haben bis nach 17 Uhr gepennt. Herrlich! Dann hat Ilse unseren Aufenthalt
bezahlt und mit dem Rest des Tageslichts haben wir unsere Vespa aufgeladen.
Später sind wir noch eine große Runde über den Platz gegangen und haben uns am
wunderschönen Vollmond erfreut. Essen war an diesem Abend kein Thema mehr, das
Mittagsmahl hat wirklich gereicht. Höchstens noch ein Schoko-Pudding für
Gernot, nicht dass er uns noch abnimmt … Auch heute matchen wir uns noch ein Spiel am Paschring aus, wie könnte es
auch anders sein. Morgen geht’s an den Comer See, wir freuen uns schon sehr
drauf.
Auch unsere letzte Nacht am Gardasee war wirklich fein, völlig ruhig und
mit angenehmen Außentemperaturen. Aber es hat sich zugezogen, die Sonne wird
sich heute wohl nicht blicken lassen. Nach dem Kaffee haben wir unsere brave
Schnecke auf Fahrmodus umgestellt und um exakt 9 Uhr 46 sind wir vom „Camping
Tiglio“ abgefahren. Unser WoMo ist ja komplett übersät von den trockenen
Blättern der Linden, da haben wir gar nicht erst angefangen, die zu entfernen.
Also verabschiedet sich die Blätterpracht spektakulär auf den ersten Metern auf
der Bundesstraße, wir müssen beide darüber lachen, welch gewaltige Fontänen an
Lindenblättern wir hinter uns herziehen. Das waren wirklich viele hundert … Wir bleiben nicht lange auf der Bundesstraße SS 11, gleich einmal hinter Desenzano
verfügen wir uns auf die Autostrada A4. Der folgen wir jetzt über 100 Kilometer
weit bis Bergamo. Der Verkehr ist mäßig, ohne LKW ist das natürlich ein
Unterschied wie Tag und Nacht. Wir kommen bestens voran, bleiben zwischendurch
auf einem Rastplatz kurz stehen und bald einmal tauchen die ersten
Hinweisschilder nach Bergamo auf. Jetzt hat es auch zu regnen begonnen, zuerst
nur ganz leicht, aber spätestens bei Lecco hatten wir immer mehr das Gefühl, in
einer Waschstraße unterwegs zu sein. Der Scheibenwischer schaffte es nur auf
Höchststufe, das Wasser wegzubringen. Aber es wurde nie gefährlich, Starkregen
halt, damit lässt sich schon klarkommen. Wir waren schon öfter am Comer See und
haben ihn mit dem WoMo und der Vespa vollkommen umrundet. Aber wir sind immer
nur auf den Straßen entlang des Sees unterwegs gewesen, heute fanden wir uns
auf einer uns unbekannten Schnellstraße wieder, die weit oberhalb des Seeufers
verläuft. Und die hatte es wahrlich in sich. Denn auf den folgenden 50
Kilometern waren wir 40 (!!) Kilometer in Tunnels unterwegs.
Unglaublich. Meist
lagen zwischen zwei Tunnels nur 200, 300 Meter freie Strecke und wir haben
trotz des extremen Regens kaum einmal den Scheibenwischer gebraucht 😊. Die Tunnel hatten meist
Längen um die 2.000 bis 3.000 Meter, manche waren aber auch nur 800 oder 1.000
Meter lang. Was für eine ambitionierte Ingenieursleistung, wird nicht gerade
billig gewesen sein. Uns kann’s natürlich nur recht sein, denn so ersparen wir
uns das Stopp-and-Go bei den Durchfahrten durch die kleinen Orte am Seeufer. Da
wird so manche Ortspassage als wechselseitige Einbahn mit Ampelregelung geführt
und da kann es sich hinziehen. So sind wir ruck-zuck nach Colico gekommen, hier
endete der Tunnel-Wahnsinn und wir waren bis ca. 10 Kilometer an unser
Tagesziel herangekommen. Aber – wir waren viel zu früh dran, denn auf den
„Camping Piccolo“ darf man erst ab 14 Uhr zufahren. Also haben wir uns –
übrigens immer noch im strömenden Regen – auf den Parkplatz eines großen
Einkaufszentrums gestellt. In eine Ecke, an der schon zwei, drei andere
Wohnmobile parkten. Ohne jegliche Kaufabsicht betraten wir den Konsumtempel,
der trotz Sonntag von wahren Menschenmassen bevölkert war. Shopping als
Alternative bei Regenwetter – das ist nicht unseres. Also sind wir einmal quer
durch das Einkaufszentrum gewandert und haben uns schließlich via Parkhaus zu
unserem WoMo zurückverfügt. Wir waren für den „Piccolo“ immer noch um eine
Stunde zu früh dran, aber – wie schon oft erwähnt – haben wir mit dem Pasch ein
Lieblingsspiel, das uns stets freudvoll die Zeit vertreibt. So eine Partie
dauert nicht ganz eineinhalb Stunden und danach sind wir die letzten paar
Kilometer nach Domaso rübergefahren.
Hier am Seeufer kennen wir uns wieder auf,
manche Streckenabschnitte sind wir schon oft gefahren. Das Einchecken am
„Piccolo“ verläuft erwartungsgemäß problemlos und wir kriegen einen Stellplatz
mit Seeblick. Wenn auch nicht in der ersten, sondern in der zweiten Reihe, aber
bei 23 Euro pro Tag inklusive Allem darf man nicht jammern. Mittlerweile hat es
komplett aufgehört zu regnen und wir können trockenen Fußes unser WoMo in den
Camping-Modus überführen. Das geht heute wieder mal blitzartig, Gernot hat nur
den Strom angesteckt und Ilse die Fahrerkabinen-Verdunkelung angebracht – fertig.
Das Moped bleibt am Träger festgebunden, es könnte jederzeit wieder regnen und
da ist sie am Heck besser aufgehoben. Weil wir heute noch nichts gegessen haben, fragen wir im kleinen
Campingplatz-Buffett den Chef nach einer Kleinigkeit. Er hat Toasts im Angebot,
die kennen wir schon von früher und Ilse bestellt sich einen. Gernot wählt ein
so genanntes „Piadina“, eine flache Flade, die mit Rohschinken und Käse gefüllt
ist und brennheiß auf den Tisch kommt. Wirklich gut, vor allem für
Mikrowellen-Fastfood. Dazu lässt sich Ilse einen Campari-Orange mixen und
Gernot genießt ein 650 ML großes Flaschenbier. Beim Abschied lobt Gernot
ausdrücklich das köstliche „Piadina“ und kündigt dem Chef an, später am Abend
noch einmal eines zu essen. Apropos Chef und Chefin – die haben ihren
Campingplatz voll im Griff, machen alles nur zu zweit, unseres Wissens nach
haben sie keinen Mitarbeiter. Und sie haben eine außergewöhnliche Ruhestunde am
Abend, denn von 19 bis 20 Uhr ist das Buffett geschlossen. Danach ist wieder
geöffnet bis 22 Uhr bzw. so lange, wie die Chefleute mit ihren Gästen
zusammensitzen. Das gefällt uns. Wir haben nach dem kleinen Imbiss zuerst einen Pasch gemacht und danach
haben wir uns niedergelegt. Ab 17 Uhr wurden dann im österreichischen Radio die
ersten Hochrechnungen der Bundespräsidentenwahl veröffentlicht und wir nahmen
mit Genugtuung zur Kenntnis, dass Alexander van der Bellen fünf weitere Jahre
lang unser Staatsoberhaupt bleiben wird. Denn praktisch alle seine
Gegenkandidaten waren zum Speiben … Ach ja, den Formel 1 Grand Prix haben wir
uns auch wieder via Hotspot ins WoMo geholt – Max Verstappen hat gewonnen und
ist damit zum zweiten Mal hintereinander Weltmeister geworden. Passt! Kurz nach
20 Uhr sind wir dann erneut die paar Schritte zum Buffett rüber gegangen und
haben – wie angekündigt – wieder „Piadine“ bestellt. Die Mehrzahl ist kein
Tippfehler, denn diesmal hat sich Ilse auch so eine Knusper-Flade kommen
lassen. Der Chef hat verblüfft gelacht, denn er hat Gernots Ankündigung am
Nachmittag für einen Scherz gehalten. Wieder gab es dazu einen Campari-Orange
für Ilse und ein Bier für Gernot. Diesmal nur ein kleines – wahre menschliche
Größe offenbart sich eben manchmal auch im Verzicht … Und so ist unser erster Tag am Comer See ganz entspannt zu Ende gegangen,
wir sind sehr gut hier angekommen. Wir wussten natürlich, dass es am Comer See um diese Jahreszeit morgens
ziemlich frisch sein kann, darum haben wir schon vorsorglich unseren kleinen
Strom-Heizer hergerichtet. Der leistet wirklich gute Dienste, aber wie wir
rasch merkten, verträgt er sich nicht mit unserem Wasserkocher. Also nicht,
dass die beiden zum Streiten angefangen hätten, aber es hat uns die Sicherung
rausgepfeffert. Zu viele Watt und dat Ding war platt 😊. Doch kein Problem,
Elektro-Ingenieur Gernot schritt zum Stromkasten, suchte zielgerichtet die
Sicherung für unsere Platznummer 3 und schob den aus seiner Position geratenen
grünen Schieber wieder nach oben. Erledigt. Ab jetzt muss unser Stromofen halt
pausieren, während das Kaffeewasser gekocht wird. Danach darf er dann wieder
weiterheizen und das macht er hervorragend. Schnell hat es herinnen 24 Grad und
mehr und wir sitzen in T-Shirts am offenen Fenster – bei 10 Grad
Außentemperatur.
Das Wetter ist am Vormittag noch sehr wechselhaft, immer
wieder regnet es leicht. Aber die Prognosen für die nächsten Tage stimmen uns
durchaus optimistisch, heute werden wir allerdings nicht mit der Vespa
ausfahren. Stattdessen spazieren wir die paar hundert Meter zur Hauptstraße
rauf, dort befindet sich ein „Alimentari“, den wir auch schon gut kennen. Hier
haben wir uns einmal köstliche Grillhendln gekauft, so was vergisst man nicht 😊. Heute gibt es leider
keinen braungebrannten Flattermann im Angebot, also geben wir uns mit ein paar
Kleinigkeiten zufrieden. Nach einem Pasch legen wir uns nieder und verpennen
dabei fast den ganzen Nachmittag. Dann bereitet uns Ilse Tortellini mit brauner
Butter und Parmesan zu, dazu gibt es einen grünen Salat. Das ist sowieso eines
unserer liebsten Camping-Essen und es freut uns, dass es von diesen Tortellini
unzählige Varianten gibt, das wird also nie langweilig. Apropos langweilig –
auch wenn wir den heutigen Tag hauptsächlich mit Nichtstun verbracht haben, ist
uns nie langweilig geworden. Dieses Gefühl ist uns eigentlich unbekannt, denn
auch an einem „Schlunz-Tag“ gibt es immer was zu tun. Zeitungen im Internet
lesen zum Beispiel – das W-Lan hier am „Piccolo“ ist übrigens ausgesprochen gut
und schnell. Selbstredend haben wir uns noch einmal am Paschring ein Match
geliefert, bevor wir uns schlafen legten. Morgen wird es um einiges aktiver
werden und wir werden endlich wieder mit der Vespa ausfahren. Nicht, dass
unsere Principessa Rossa noch beleidigt ist, weil wir sie immer noch nicht abgeladen
haben … Dienstag, 11. Oktober 2022 Schon der erste Blick aus dem WoMo-Fenster zeigt uns, dass wir einen
wunderschönen Tag vor uns haben. Zwar ist es noch ziemlich frisch, aber es ist
kaum eine Wolke am Himmel zu sehen und die Regenwahrscheinlichkeit liegt bei 0
Prozent. Das geht. Es ist auch deutlich wärmer als gestern, trotzdem warten wir
mit einer Ausfahrt noch bis Mittag. Den Vormittag nutzen wir zum Abladen der
Vespa und auch zum Duschen, hier gibt es dafür Automaten. Bei uns ist in der
23-Euro-Pauschale auch eine Duschmünze enthalten, die wirft man in den
Automaten und dann leuchtet (per Zufallsgenerator?) die Nummer der Duschkabine
auf. Dann muss man in der Dusche noch auf einen großen, grünen Knopf drücken
und schon fließt ein paar Minuten lang heißes Wasser. Ilse hat übrigens eine
Frau beobachtet, die das mit dem grünen Knopf missverstanden hat. Sie drückte
nämlich nur mehrmals und sinnlos auf das grüne Kontrolllämpchen, das die Nummer
der Kabine anzeigt. Und den wirklich großen, grünen Button in ihrer Dusche
übersah die Ärmste leider. Daher auch ihr verzweifelter Ausruf: „Also bei mir
kommt nur kaltes Wasser!“ Tja, sinnerfassendes Lesen ist nicht jedermanns Sache
– und jederfraus Sache auch nicht …😊. Endlich war es uns dann
warm genug und wir sind mit der Vespa losgefahren. Ohne Plan, einfach mal in
Richtung Süden. Es ist wunderbar, die kurvenreiche Straße am Seeufer entlang zu
cruisen, heute herrschte noch dazu kaum Verkehr. Zwischendurch machten wir ein
kleines Päuschen auf einem Parkplatz mit Seeblick. Mittlerweile haben wir sogar
ein Ziel, es geht nach Menaggio. Das ist einer der größeren Orte am Comer See
und wir waren schon zwei- dreimal dort. Trotzdem haben wir offenbar den langen
Tunnel in der Nähe von Menaggio vergessen, denn von seinen 3.580 Metern werden
wir so überrascht, dass Gernot nicht mal seine Sonnenbrille abgenommen hat.
Aber der Tunnel ist zum Glück ausreichend beleuchtet und wir sind gut
durchgekommen. Auch wenn ein 500er Fiat die ganze Zeit ca. 10 Meter hinter und
teilweise neben uns gefahren ist, unsere 95 km/h waren ihm zu langsam. Bei
erlaubten 70. Gernot ist aber absichtlich mittig gefahren, uns zu überholen
traute sich der Idiot aber dann doch nicht. In Menaggio haben wir uns direkt am
See abgestellt, da sind wir schon einmal gestanden. Nach einer ausgiebigen
Spazierrunde durch den schönen Ort sind wir dann zu unserem Ausgangspunkt
zurück und unmittelbar neben unserem Moped haben wir im „Cafe Central“ Platz
genommen. Hier haben wir schon einmal einen Break gemacht, damals mit
Cappuccini und Dolci. Heute sehen wir, dass an einigen Tische Pizza und Pasta
serviert werden, dieser Anblick allein macht uns hungrig. Also bestellen wir
uns beide eine Pizza und kriegen kurze Zeit später zwei herrlich knusprige
Teigfladen an den Tisch. Ilse hat sich eine „Margerita“ bringen lassen, Gernot
die „Napoli“, mit Sardellen extra. Übrigens sind beide Pizzas nicht rund
dahergekommen, sondern – den Tellern angepasst – länglich oval. Mal was
anderes. Und auch hier, an diesem touristischen Hotspot, in einer absoluten
Touristen-Falle, kostete jede Pizza weniger als 10 Euro. Das passt. Unser kleiner Verdauungsspaziergang hat uns dann ein paar hundert Meter zu
einer breiten Stiege geführt, die bis zum See reichte. Dort haben wir uns eine
ganze Zeit lang niedergesetzt, Enten beobachtet und den einfahrenden Fähren
zugeschaut. Doch dann lockten wieder die Landstraße und der Fahrtwind, also
starteten wir mit dem Roller los. Zurück wollen wir aber durch möglichst wenige
Tunnel fahren, aber meistens führt eh – vor allem wegen der Radfahrer – ein Weg
außen herum. Und so bleiben uns einige Tunnel erspart, unter anderem der 3,5
Kilometer lange. Bei seiner Umfahrung sind wir durch Calozzo und Camio
durchgekommen, ohne den Tunnel würde man heute auf diesen engen Straßen und
Ortsdurchfahrten nur im Stopp-and-Go Modus unterwegs sein. Mit der Vespa
schlüpfen wir natürlich überall locker durch und bei Dongo kommen wir dann
wieder auf die Hauptstraße zurück. Wir fahren dann bei einem Supermarkt zu und
kaufen uns ein paar Sachen für eine Jause. Leider suchen wir erneut vergeblich
nach dem „Senape con Miele“ von Heinz. Das ist Senf mit Honig und vor allem ist
es seit kurzem Ilses Lieblingssenf. Für den waren wir jetzt schon in einigen
Geschäften, aber letztlich wird er uns nicht entkommen. Und wenn wir ihn im
Internet bestellen müssen 😊. Am Campingplatz haben
wir uns zuerst ein wenig ausgeruht und später natürlich einen Pasch gemacht.
Das Abendessen haben wir vorerst ausfallen lassen, die Pizza hat gut
ausgegeben. Trotzdem wollten wir eventuell des Nachts auftretenden Hunger-Ästen
vorbeugen und haben uns vor dem Schlafen-gehen noch eine kleine Jause mit
Salami und Parmesan zubereitet. Nicht, dass wir uns noch vom Fleisch fallen … Nach Einbruch der Dunkelheit wurden wir dann noch akustisch überrascht, denn
plötzlich hallten wunderschöne Trompetenklänge über den Platz. Ein wahrer
Könner (es könnte natürlich ebenso so gut eine Könnerin gewesen sein)
schmetterte ein Solo nach dem anderen in die laue Abendluft, vermutlich vom
benachbarten Campingplatz aus. Als krönenden Abschluss wurde uns dann noch das
berühmte und berührende „Il Silenzio“ dargeboten, da hat wirklich jeder
einzelne Ton gesessen. So schnell sie gekommen war, ist die wunderschöne
Serenade wieder zu Ende gegangen, aber die Musik setzte einen herrlichen
Schlussakkord unter diesen wunderbaren Tag.
Mittwoch, 12. Oktober 2022
Wieder haben wir eine sehr feine Nacht gehabt, die Ruhe hier am Comer See
ist wirklich herrlich. Dabei hat einer unserer Nachbarn zwei kleine Kinder und
zwei noch kleinere Hunde mit dabei. Aber die sind brav und gehen nur auf die
zahlreichen Platz-Enten los 😊. Wobei, das hat der Chef
hier gleich abgestellt, ein paar klare Worte haben genügt und die Entenjäger
sind jetzt schön angeleint. Unser Frühstück setzen wir heute auf 9 Uhr an und
teilen es wie gehabt mit den Vögeln vor unserem Fenster. Spatzen,
Braunkehlchen, Amseln und Enten balgen sich um die Brotstückchen. Bei einem
Pasch lassen wir es draußen noch ein wenig wärmer werden, obwohl es heute Früh
eh nicht so kalt war wie gestern. Kurz vor Mittag ist dann eine
Ausfahrtstemperatur von 21 Grad erreicht und wir cruisen los. Ein genaues Ziel
haben wir gar nicht, nur dass wir möglichst hoch hinauf möchten. Noch in Domaso
biegen wir rechts in die Berge ab und folgen den Schildern nach St. Bartolomeo,
Ilse weiß dort eine Wallfahrtskirche. Kaum aus dem Siedlungsgebiet heraussen,
sind wir de facto völlig alleine unterwegs und in unzähligen Kurven schrauben
wir uns immer höher hinauf. Oft wachsen entlang der Straße Kastanienbäume und
manchmal liegen in Senken hunderte stachelige Kugeln, jeweils bestückt mit
mehreren Edel-Maronen. Man könnte sofort kiloweise Kastanien aufsammeln und wir
sehen auch einige Leute, die das tun. Aber wir können mit den Maroni im WoMo
nix anfangen, also lassen wir sie liegen. Ein bisserl muss man natürlich
aufpassen, denn unter dem kleinen Vorderrad einer Vespa machen sich die
Kastanien nicht besonders gut, vor allem in Schräglage will man lieber nicht
über eine noch geschlossene Kugel drüberfahren. Aber es ist alles gutgegangen,
irgendwann sind die Kastanienbäume immer weniger geworden und wir näherten uns
überhaupt immer mehr der Baumgrenze. Zwar sind wir während der Fahrt mit
unseren Lederjacken, Handschuhen und Gesichtstüchern gut gegen den Fahrtwind
geschützt, bei unseren Pausen spüren wir aber sofort den schneidenden Wind. Bei
einer Rast muss sich Gernot, kaum hatte er den Helm abgenommen, gar sein
Gesichtstuch zu einer Haube formen, so kalt pfiff ihm der Wind um die Ohren.
Zur Wallfahrtskirche St. Bartolomeo sind wir dann gar nicht hin, denn wir
hätten einen Fußweg nehmen müssen, von dem wir nicht wussten, wie lang er ist.
Und auf diesbezügliche Experimente müssen wir verzichten, denn mit Gernots
Erkrankungen lassen sich keine großen Wanderungen mehr machen. Kein Grund zur
Traurigkeit, das ist halt jetzt so, Unveränderliches nimmt man am besten
einfach hin. Ganz davon abgesehen, sollten wir noch Kirchen genug sehen, es
scheint, als hätten wir heute so etwas wie einen „sakralen Tag“ 😊. Wir sind also von St.
Bartolomeo wieder in Richtung Comer See gefahren und spürten es beinahe mit
jedem Meter Höhenunterschied wärmer werden. Die kleinen Straßen sind zum Fahren
wirklich traumhaft schön, mit der wendigen Vespa sind auch die vielen Kehren
und Haarnadeln kein Problem. So kommen wir locker nach Montemezzo und parken
uns vor der beeindruckenden Kirche ein.
Die stammt aus dem 15. Jahrhundert. Ilse
kann ein paar Bilder machen und auch der Blick auf den
Comer See ist ein lohnendes Fotomotiv. Nach einer kurzen Rast setzen wir
unseren Kirchentrip fort und fahren in den Ort Termozzo hinauf. Der liegt schon
ein gutes Stück oberhalb des Sees und direkt neben der gewaltigen Kirche parken
wir uns ein. Wir steigen die steilen Stufen zum Eingang hoch und werden dort
gleich von einem Wachhund verbellt. Der befindet sich zum Glück hinter einem
Zaun und seine Besitzerin entschuldigt sich gleich bei uns. Wurscht, der wollte
vielleicht eh nur spielen … Leider war auch diese Kirche zugesperrt und wir
konnten nur den Außenbereich betrachten, doch auch der hatte einiges zu bieten.
Wir sahen unter anderem das uralte, ganz aus Steinen errichtete Zollhaus, denn
hier ist im 15. Jahrhundert ein Saumweg angelegt gewesen. Wahrscheinlich war
das hier heroben der Normalweg, denn in der Nähe des (völlig unbefestigten)
Seeufers wird im Mittelalter kein Durchkommen gewesen sein. Schon sehr
beeindruckend, Teile des Saumweges sind immer noch vorhanden, auch dieser ist
vollständig aus Steinen gebaut worden.
Wir haben dann noch eine ganze Weile von
hier heroben auf den Comer See hinuntergeschaut, danach sind wir zum
Campingplatz zurückgefahren. Bei einem Supermarkt haben wir uns vorher noch
schnell die Zutaten für das heutige Abendessen eingekauft, es wird wieder mal
selbst gekocht. Am Platz hat dann Gernot Zwiebel und Rinder-Carpaccio klein
geschnitten, angebraten, mit Weißwein gelöscht, mit Knoblauch, Salz, Pfeffer
und Sojasauce gewürzt und dann mit Fertig-Kartoffelpüree zu Tisch gebracht.
Das hat wahrscheinlich keine Viertelstunde lang gedauert und wirklich gut
geschmeckt. Die stets fleißige Ilse hat dann gleich noch das ganze Geschirr
abgewaschen, Gernot hat die Teller und Töpfe immerhin zum Waschbecken rüber
getragen. Danach hatten wir gerade noch die Kraft für einen Pasch und ein paar
Drinks – man gönnt sich ja eh so wenig … Was für ein lässiger Tag war das heute
wieder und es ist ein wunderschöner Gedanke, dass das morgen wieder so sein
wird. Mit dieser Vorfreude sind wir schlafen gegangen, da war es wahrscheinlich
noch nicht einmal 22 Uhr … Donnerstag, 13. Oktober 2022 Auch heute haben wir eine völlig ungestörte Nacht verbracht. Ilse war in
der Früh echt verblüfft, dass sie plötzlich kein WoMo mehr vor ihrem Fenster
stehen gehabt hat. Da sind unsere niederländischen Nachbarn also so geräuschlos
abgefahren, dass wir das nicht mitgekriegt haben. Ein gutes Zeichen dafür, dass
in der Nachsaison hauptsächlich die Profi-Camper unterwegs sind und die wissen,
wie man sich verhält. Schon der erste Blick nach draußen lässt uns sicher sein,
dass wir erneut eine Runde mit der Vespa drehen werden. Zwar ist es um 9 Uhr
trotz strahlender Sonnen nur 12 Grad warm, aber das wird sich ändern. Wir geben
dem Wetter einen Pasch lang Zeit zum Erwärmen und zu Mittag reiten wir dann bei
21 Grad mit unserem feuerroten Pferdchen vom Platz weg. Unser Ziel sind die
Orte Peglio und Livo. Ilse hat gestern noch ein bisserl im Netz recherchiert
und in beiden Orten soll es sehenswerte Kirchen geben. Machen wir also wieder
einen „sakralen Tag“ – aber das soll nicht despektierlich klingen. Zwar sind
wir beide nicht gläubig im religiösen Sinn, aber Kirchen sind ja nicht nur
Stätten zur Gottesanbetung, sondern natürlich auch interessante Kulturdenkmale. Beide Kirchen sind dann – wie nicht anders erwartet – zugesperrt, aber im
Außenbereich und in den Kreuzgängen finden sich schöne Fresken.
Später erfahren
wir von der Chefin unseres Campingplatzes, dass viele dieser Kirchen von
ehemaligen Auswanderern erbaut oder mit Kunstwerken ausstaffiert worden sind.
Denn im Mittelalter herrschte hier am Comer See eine große Hungersnot und viele
Familien sind nach Sizilien ausgewandert. Dort sind sie mehr als 200 Jahre lang
geblieben, aber schließlich sind die Nachkommen wieder in die Gegend ihrer
Ahnen zurückgekehrt. Und aus Dankbarkeit, und als Erinnerung an das Schicksal
ihrer Vorfahren, haben sie in der Folge viele Kirchen erbaut und andere mit
Altären und Bildern ausgestattet. Wirklich schade, dass die Türen der Kirchen
nur zu den Messen geöffnet werden, wir hätten uns das gerne in echt angeschaut,
denn im Internet finden sich eh Bilder davon. Wir haben dann unseren Kirchen-Trip fortgesetzt und sind dabei im kleinen
Ort Gravendone zu einem wirklichen Juwel gekommen. Schon von außen war sogleich
zu erkennen, dass es sich bei dieser Kirche um ein richtig altes Gotteshaus
handelt. Tatsächlich ist die im romanischen Stil erbaute Kirche schon seit dem
1. Jahrhundert urkundlich erwähnt und zu unserer Freude war sie nicht
verschlossen.
Aber man kann hier gar nichts stehlen, weil sich, außer einem
riesigen Corpus Christi am Kreuz, keine sakralen Gegenstände finden lassen.
Keine Bilder, kein Altar, keine Monstranz, keine Statuen. Über das riesige
Kreuz weiß uns später die Campingplatz-Chefin noch eine interessante Geschichte
zu erzählen. Während des zweiten Weltkrieges, Italien war schon auf der
Verliererstraße, wurde das riesige Kreuz abgenommen, damit es nicht in die
Hände fremder Soldaten fällt. Um die Skulptur überhaupt verstecken zu können,
mussten dem hölzernen Heiland seine beiden weit ausgebreiteten Arme amputiert
werden. Nach dem Krieg wurde der Korpus wieder zusammengesetzt und nur
Eingeweihte erkennen heute noch die Schnittstellen. Tatsächlich wäre uns das in
der Kirche nicht aufgefallen, auf den Fotos kann man das aber gut erkennen. In
jedem Fall war dieses Gotteshaus das bisher beeindruckendste für uns, auch weil
es so ganz ohne Protz und Gloria war. An den Wänden haben sich noch uralte
Fresken erkennen lassen, auch wenn die im Lauf der Jahrhunderte schon x-mal
übermalt worden sind. Und unter dem Steinboden dürfte sich ein prächtiges
Mosaik befinden, ein kleines Stück ist freigelegt und lässt ein viel größeres
Kunstwerk erahnen. Wirklich schön und bei derart historischen Bauwerken fragen
wir uns immer, was diese Mauern wohl schon alles gesehen haben und was sie uns
alles erzählen könnten … Wir konnten uns von diesem Platz in Gravendone nur schwer losreißen, aber
schließlich fuhren wir doch zum Platz zurück. Unseren kleinen Hunger stillten
wir dann gleich formlos im Buffet des „Piccolo“, selbstredend haben wir uns
wieder zwei Mal „Piadine“ bringen lassen, dazu Cola und Bier. Das genügt uns
bis zum Abendessen, die Zeit bis dorthin nutzen wir für ein Mini-Schläfchen,
später matchen wir uns noch ein Spiel aus. Dann ist es wieder Zeit zur
Nahrungsaufnahme geworden und wir gehen ins nahegelegene Restaurant „Garden
Grill“ essen. Wir müssen übrigens zu Fuß hingehen, weil wir die Vespa bereits
auf ihren Träger geladen haben. Ja, wir fahren morgen ab, obwohl das noch gar
nicht geplant war. Aber leider schlägt das Wetter um und bei strömenden Regen
haben wir keine Lust, nur im WoMo herumzusitzen. Also brechen wir unseren
Aufenthalt vorzeitig ab, leider. Das Essen im „Garden Grill“ hat wieder voll überzeugt, das ist ja das
Lokal, in das auch unsere Campingplatz-Betreiber essen gehen. Dann muss es ja
gut sein 😊. Haben wir schon
erwähnt, dass wir in Italien seit diesem Urlaub kein Trinkgeld mehr geben, wenn
Coperto verrechnet wird? Denn schließlich steht Coperto für die Kosten von
Gedeck und Service, wie auf den Speisekarten Italiens vermerkt ist. Heute haben
sie uns je 3,50 Euro abgeknöpft und 7 Euro sind unserer Meinung nach ein sehr
gutes Trinkgeld. Im Wohnmobil haben wir dann noch einen gemütlichen Spätabend verbracht,
wirklich schade, dass wir morgen heimfahren. Denn es ist sehr lässig hier und
es gibt noch so vieles zu entdecken rund um den Comer See. Das behalten wir uns
halt dann fürs nächste Mal auf, denn wir werden sicher wieder einmal
hierherkommen. Zum Glück ist diese traumhaft schöne Gegend nicht weit von uns
daheim entfernt, es ist lediglich eine lockere Etappe von Innsbruck nach
Domaso.
Freitag, 14. Oktober 2022 Das Wetter hat eindeutig umgeschlagen, es ist trüb, nebelig und regnerisch,
auch wenn es angenehm warm ist. Wir spulen in aller Ruhe unser Abfahrts-Ritual
ab, da sitzt längst jeder Handgriff. Wie immer vor einer Fahrt spüren wir ein
leichtes Kribbeln der Vorfreude, heute wird es wieder besonders spannend, liegt
doch der gewaltige Maloja-Pass vor uns. Den wir heute übrigens spaßhalber als
„Malottscha-Pass“ aussprechen. „Schuld“ daran ist unser ostdeutscher
Camping-Nachbar, der uns von seinem Urlaub am Gardasee erzählt hat, unter
anderem campte er im schönen „Pescherra“, wie er den Ort aussprach 😊. Nach den Aufbruch-Arbeiten verbrausen wir unsere letzte Duschmünzen und
kurz nach 10 Uhr verlassen wir den liebgewonnenen Campingplatz „Piccolo“ in
Domaso. Ciao tutti! Den heutigen Heimweg sind wir schon einige Male gefahren,
er birgt also keine Überraschungen für uns. Und so wundern wir uns auch nicht
mehr über die italienischen Auto-Narren, die oft kilometerweit und x-mal
hochriskant versuchen, unser WoMo zu überholen. Wohlgemerkt im dichten
Kolonnenverkehr, also ohne jeglichen Zeitgewinn. Das ist, wie schon öfters
gesagt, etwas Psychisches und derartige Gedankenwelten sind und bleiben uns zum
Glück verschlossen 😊.
Kaum haben wir Schweizer Boden erreicht, reißt der
Verkehr schlagartig ab und wir sind phasenweise völlig alleine unterwegs. So
kommen wir völlig stressfrei zum Fuße des „Mallotscha-Passes“ und fahren auf
unseren „Stamm-Parkplatz“ zu. Hier lassen wir unseren dicken Nasenbären immer
noch ein wenig ausruhen, bevor wir ihn den abnormal steilen Maloja-Pass
hinauftreten müssen. Auch heute hat sich unsere Schnecke bei dieser Bergprüfung
fantastisch gehalten, auch wenn sie auf den zwei Kilometern ihrem Spitznamen
voll gerecht geworden ist.
Aber wenn man laufend in den ersten Gang
herunterschalten muss, dann ist halt nur Schneckentempo möglich. Ab der
Ortsdurchfahrt von Maloja ist dann sowieso wieder freie Fahrt angesagt und
locker cruisten wir St. Moritz entgegen. Vorher pausierten wir natürlich wieder
auf „unserem“ Parkplatz am Silvaplaner-See, das hat auch längst Tradition.
Die Fahrt durch das schöne Engadin hat dann noch eine Überraschung für uns
bereitgehalten, denn in der Nähe von Scoul/Schulz rief Ilse plötzlich ganz
aufgeregt „Fahr bitte schnell rechts ran, da sind Gämsen“ und wir erkannten
sofort, dass sie sich nicht verschaut hatte. Denn tatsächlich graste ein gutes
Dutzend Gämsen (!!) völlig relaxed und ruhig direkt neben der vielbefahrenen Bundesstraße.
Keine 30 Meter entfernt. Ilse konnte sich den Tieren problemlos nähern, die
ästen locker weiter, nur ein(e) Aufpasser(in) hat Ilse nicht aus den Augen
gelassen. Wahrscheinlich, hätte sie Salz bei sich gehabt, hätten ihr die Tiere
auch die Hand geleckt, die zeigten sich überhaupt nicht menschenscheu. Die
Gämsen werden wohl von der Kälte ins Tal heruntergetrieben worden sein, auf den
meisten Berggipfeln liegt ja bereits der erste Schnee.
Wieder in Tirol angekommen, wollten wir eigentlich beim SPAR-Markt in Prutz
zufahren, da haben wir schon öfter einen guten Leberkäse gegessen. Zugefahren
sind wir auch, aber der Markt zeigte sich nur als ausgehöhlte Fassade – er wird
gerade umgebaut. So wie der Platz und die Straße rund um ihn herum. Lange mussten
wir aber nicht darben, denn keinen Kilometer weiter sind wir schon an einer
großen Tankstelle vorbeigekommen. Es lockte uns nicht nur ein relativ günstiger
Treibstoffpreis, sondern auch ein Tankstellenshop, der mehr einem Supermarkt
glich. Inklusive einer warmen Theke und so sind wir doch noch zu unserem
Leberkäse gekommen. Der Paprika-Fleischkäse war dann aber leider eher ein
Pfefferoni- oder gar ein Chili-Fleischkäse, der Ilse jedenfalls viel zu scharf
war. Tja, musste sich die Arme halt mit einer Semmel und einem Cola
zufriedengeben. Das sind Schicksale …😊. Die letzten 100 Kilometer nach Innsbruck haben sich dann in etwas mehr als
einer Stunde zurücklegen lassen, es geht ja ausschließlich über die Autobahn.
Und so endete um exakt 15 Uhr 45 unsere 117. WoMo Reise, die uns an den
Gardasee und den Comer See gebracht hat. Wer weiß, vielleicht war das noch gar
nicht unsere letzte Reise in diesem Jahr, wir werden das Wetter jedenfalls
genau im Auge behalten. Und sollte sich da ein kleines Schönwetter-Fensterchen
in unserer Nähe öffnen – tja, dann sind wir – zack, sofort wieder weg.