vom 24. Juni bis 14. Juli 2023
Innsbruck-Hausbay-Winterswijk-Harlingen-Hoorn-Venlo-Montabaur-Haßfurt-Innsbruck
2.368 km und Vespa 351 km
Das wird mal wieder eine Reise, bei der wir nur in ganz groben Zügen
wissen, wo sie uns überall hinführt. Wir werden über Deutschland nach Holland
rauffahren, dort herumgondeln, danach sonst wo hinfahren, bis wir letztlich in
Haßfurt in Unterfranken unsere lieben Verwandten besuchen. So mögen wir das.
Nun ja, ganz ohne Ziel fahren wir eh nicht los, wir werden uns zuerst ganz in
der Nähe des großen Motorrad- und Zubehörhändlers S.I.P. auf einen Campingplatz
verfügen. Mal schauen, was der Shop hergibt, Ilse könnte zum Beispiel einen
neuen Helm brauchen. Oder vielleicht lässt sich ein fesches Accessoire für
unsere Principessa Rossa finden. Die Firma liegt bei Landsberg am Lech, das ist
von Innsbruck kaum 150 Kilometer entfernt, eine lockere Etappe also. Deshalb
fahren wir auch nicht in aller Früh fort, sondern holen unseren dicken
Nasenbären erst nach 9 Uhr 30 aus seiner Garage. Schnell noch volltanken und ab
geht’s in Richtung Deutschland. Immer noch steht auf der Fahrt dorthin der
steile Zirlerberg im Weg und auch heute gönnen wir unserem WoMo beim Rasthaus
eine kleine Verschnaufpause. In Seefeld kaufen wir uns im MPreis zwei
Fleischkäsesemmeln, die werden uns als Wegzehrung dienen.
Die Fahrt über die
bayrischen Landesstraßen ist wunderbar, zu großen Teilen sind wir die Strecke
schon mit der Vespa gefahren. So kommen wir problemlos nach Landsberg am Lech
und Dank Ilse finden wir die Firma S.I.P. natürlich auf Anhieb. Erwartungsfroh
betreten wir den Verkaufsshop und müssen sogleich erkennen, das S.I.P. auf den Online-Handel
spezialisiert ist, im Verkaufsraum befinden sich – großzügig geschätzt – keine
100 Produkte. Darunter 40 Helme, aber leider hat keiner davon Ilse zugesagt.
Dafür hat sich Gernot einen Nierengurt gekauft, jetzt haben wir beide einen.
Ach ja, ein Packerl mit Rote-Vespa-Servietten haben wir uns auch noch gegönnt.
Damit wir nicht ganz umsonst hergekommen sind. Beim Bezahlen haben wir gar noch
ein hübsches Feuerzeug geschenkt gekriegt – na, dann passts ja eh 😊. Irgendwie waren wir gar
nicht richtig enttäuscht, wir haben halt andere Erwartungen gehabt. Völlig
wurscht, die Fahrt war superlässig und jetzt auf zum Campingplatz. Tja, war
besagter Campingplatz noch vor ein paar Minuten einer unserer wenigen Fixpunkte
auf unserer Reise – zack, ist er schon wieder Makulatur. Wir werden nämlich den
ganz frühen Nachmittag nutzen und noch ein Stück gen Norden fahren, also los.
Bald einmal wechseln wir von den Landesstraßen auf die Autobahn und halten uns
in Richtung Stuttgart. Die A 8 kennen wir schon von mehreren Reisen, vor allem
die steile und kurvenreiche „Drachenschlucht“ vergisst man nicht. Mittlerweile
hat sich Ilse über unsere heutige Übernachtungsmöglichkeit klug gemacht, also
fahren wir nach ca. 150 Kilometern bei Aichelberg von der Autobahn ab. Der
namensgleiche „Campingplatz Aichelberg“ liegt ganz in der Nähe und wir checken
ein. Der familiär geführte Platz ist wirklich nett, die Sanitäranlagen in
Ordnung und es gibt ein Restaurant mit „kleiner Karte“.
Im WoMo haben wir dann noch einen Gute-Nacht-Pasch gemacht, morgen geht’s
schon wieder auf Achse.
Wir haben eine ruhige Nacht verbracht und sind ganz gemütlich in den Tag
gestartet. Unsere heutige Etappe ist nur knapp 300 Kilometer lang und am
ausgewählten Campingplatz darf man erst ab 15 Uhr einchecken. Also haben wir
Zeit genug und fahren schließlich um exakt 9 Uhr 58 ab. Und eben weil wir so
viel Zeit haben, pausieren wir heute besonders oft und ausgiebig. Nur keinen
Stress. So lernen wir jedes Rasthaus und einige Parkplätze entlang unserer
Strecke kennen. Wir nehmen ein zweites Frühstück zu uns, dafür haben wir uns
noch vor unserer Abfahrt am Campingplatz Croissants und Brezen gekauft.
Wunderbar und jedenfalls ein tauglicher Ersatz für ein Mittagessen.
Wieder mal Glück gehabt, bzw. wieder
mal Ilse gehabt. Denn hätte sie den Gespann-Fahrer nicht verjagt, dann stünde
der jetzt hier im kühlen Schatten. Wir stecken den Strom an, am schmalen
Rasenstück neben dem WoMo lassen sich schön der Tisch und die Stühle
aufstellen. So sitzen wir schnell gemütlich da und gönnen uns ein erstes
Kaltgetränk. Wir sind also sehr gut angekommen am „Camping Schinderhannes“. Von
einem Schinderhannes haben wir natürlich schon mal gehört, konnten das Ganze
aber nicht richtig einordnen. Nun, viel klüger sind wir durch Ilses kurze
Recherche auch nicht geworden, aber immerhin wissen wir jetzt, dass der
Schinderhannes so was wie ein deutscher Robin Hood gewesen sein soll,
irgendwann im 18. Jahrhundert. Er war Dieb und Räuber, schließlich wurde er mit
24 Jahren verurteilt und hingerichtet. Legendär wurde er vor allem durch seine
zahleichen Fluchten aus Polizeistationen, Gerichten und Gefängnissen. Der Name
Schinderhannes kommt übrigens vom „Schinden“, so wurde das „Abdecken“, also das
Häuten von Tieren, genannt. Soweit der Schinderhannes und wir werden uns abends
dann gleich noch in das gleichnamige Restaurant am Platz verfügen. Aber so weit
ist es noch nicht, zuvor kriegen wir Besuch von einem Platz-Nachbarn, wie wir
zuerst glauben. Aber Rolf arbeitet hier am Platz, aber er ist eh auch ein
Camper-Kollege, der sich sehr für unser Wohnmobil interessiert. Rolf ist gerade
am Auf- bzw. Ausbauen seines WoMo und schaut sich bestimmte Details unseres
Nasenbären ganz genau an. Wir kommen gut miteinander ins Gespräch und in der
Folge erzählt der gut 40-jährige sehr Interessantes aus seinem Leben. Ein sehr
sympathischer Typ dieser Rolf, direkt schade, dass er dann wieder an seine
Arbeit muss.
Aber wir verabreden uns auf den Abend, mit dem Erzählen sind wir
nämlich noch lange nicht fertig 😊. Für uns ist es dann eh
Zeit zum Essen geworden und wir gehen ins „Schinderhannes“. Dort überrascht uns
die Speisekarte mit einigen ungewöhnlichen Gerichten. So haben wir noch auf
keinem Campingplatz „Bratkartoffeln mit drei Spiegeleiern“ gesehen, ein
einfaches Essen, wie es Ilse so gerne mag. Gernot hat sich,
experimentierfreudig wie er manchmal sein kann, die bulgarische Spezialität
„Kvarma“ kommen lassen. Eine Art Eintopf mit Rind- und Schweinefleisch und viel
Gemüse, herrlich! Auch heute lagen die Preise weit unter jenem Niveau, das wir
von daheim (leider) gewohnt sind. Zurück beim WoMo haben wir dann noch einen
Pasch angefangen, aber bald einmal ist Rolf vorbeigekommen. Er war schwer
bepackt mit Getränken aller Art, einen Liter Schnaps haben wir gleich lachend
abgelehnt. Aber für das Dosenbier und die Radler hat er natürlich seine
Abnehmer gefunden. Wir haben uns dann stundenlang wunderbar unterhalten, ganz
so, als würden wir uns schon lange kennen. Rolf hat bis vor Kurzem auf 400 (!)
qm gewohnt – Erklärung: er durfte in einem ehemaligen Kloster leben und hat
dort sehr viele Räume gehabt. Bei privaten „Ausgrabungen“ ist er auf einen
verrotteten Sarg gestoßen, darin lag ein kopfloses Skelett. Rolf hat die
Knochen zusammengesetzt und durch die Beifunde ist er sicher, dass er die
Überreste einer ehemaligen Äbtissin des Klosters vor sich hatte. „Die Äbtissin
ohne Kopf“, was für ein Titel für einen Thriller. Der wirklich nette Abend fand
dann noch seinen absoluten Höhepunkt, als plötzlich neben uns Glühwürmchen aus
dem Dunkel der Nacht auftauchten. Was für ein schöner Anblick, wir haben ewig
lange keine mehr gesehen. Gernot zuletzt in Indien, da war Nadja noch ein
zehnjähriges Mädchen. Die niedlichen Glühwürmchen haben uns wirklich erfreut
und jedes Aufleuchten wärmte unser Herz. Wahrscheinlich gibt es keine Insekten,
die ein besseres Image als Glühwürmchen, am ehesten noch die Marienkäferchen …
Irgendwann gegen Mitternacht hat sich Rolf dann verabschiedet, morgen früh
wird er noch mal vorbeikommen, ein paar Fotos vom WoMo machen. So lange sind
wir im WoMo auch schon lange nicht mehr auf gewesen – aber, ist das nicht
vollkommen wurscht 😊?
Wir sind nach einer feinen Nacht schon um 8 Uhr munter und genießen den
Kaffee im Freien. Bald einmal kommt Rolf zu uns und macht noch ein paar Bilder
von unserem WoMo. Gernot schenkt ihm dann sein Buch „Ich war ein Reichenauer
Rattler“, natürlich mit launischer Widmung. Dann verabschiedet sich Rolf,
vielleicht sieht man sich ja irgendwann auf irgendeinem Campingplatz wieder.
Wir richten dann unsere Schnecke wieder auf Fahrtbetrieb um und Gernot geht
noch die gestern bestellten Brötchen holen, die heute aber gar keine Brötchen
sind, sondern Nuss- und Pudding-Schnecken. Das ist unser Reiseproviant, heute
werden wir übrigens schon in den Niederlanden übernachten. Wie so oft, kommen
wir auch heute fast punktgenau um 10 Uhr vom Campingplatz weg, exakt um 9 Uhr 56.
In Pfalzfeld tanken wir unser Häuschen randvoll und ab mit uns auf die
Autobahn. Der Montag stellt sich als recht guter Reisetag heraus, es staut sich
nirgendwo, wir schwimmen halt mit den unzähligen LKW im Verkehr mit. Zum Glück
ist die Autobahn immer mindestens dreispurig und so rollen wir gemütlich mit
einem runden 80er dahin. Zwischendurch bleiben wir immer wieder mal kurz
stehen, bei einer dieser Pausen essen wir unsere Pudding-Teilchen. Auch wenn
sie keine kulinarische Sensation waren, als Energielieferanten taugte das
Gebäck vollkommen. Ilse hat uns dann geschickt um die Metropolen des
Ruhrgebietes herumnavigiert und nach gut 270 Kilometern Fahrt tauchten schon
die ersten Hinweisschilder zur Grenze der Niederlande auf. Unmittelbar nach
unserem Grenzübertritt hat uns dann das Navi rechts abbiegen lassen und über
teils abenteuerlich enge Alleen haben wir uns dem ins Auge gefassten
Campingplatz angenähert. Immer wieder mal mussten wir stehen bleiben, um andere
Fahrzeuge passieren zu lassen, für zwei Autos waren die Straßen einfach zu
schmal.
Aber wir sind natürlich trotzdem gut um exakt 14 Uhr 21 am „Camping
Vreehost“ bei Winterswijk angekommen. Schnell sind wir angemeldet und beziehen
unseren Platz, der unmittelbar neben dem Waschhaus liegt. Nach dem Aufstellen
von Tisch und Stühlen machen wir als erstes unseren Pasch von gestern Abend
fertig. Ilse spaziert dann eine ausgiebige Erkundigungsrunde über den Platz. Wir
könnten sowohl im Hallenbad als auch im Swimmingpool baden, werden aber beides
nicht nutzen. Ein Restaurant gibt es natürlich auch und Ilse hat von der
Rezeption die Speisekarte des Lokals mitgenommen. So sind wir bereits bestens
vorinformiert, als wir gegen 17 Uhr zu Tisch schreiten. Wir nehmen auf der
Terrasse Platz und bestellen Bitterballen, Frikadellen und Pommes. Dazu ein
paar Saucen, mehr brauchts gar nicht. Wir sind beide ausreichend satt geworden
und für Gernot sind Bitterballen ohnehin ein „Pflichtessen“ in Holland. Und sie
schmecken überall ein wenig anders, aber immer gut. Im WoMo haben wir dann ein
gemütliches Schläfchen gemacht, das wir gegen 22 Uhr 20 kurz unterbrochen
haben. Da war es draußen noch taghell, was für ein Unterschied zur Dämmerung in
den Alpen. Noch ein schneller Drink und dann sind wir endgültig liegen
gegangen. Wir sind gut in Holland angekommen – wie oft wir wohl schon hier
waren? Keine Ahnung, aber schon sehr oft. Und das ist auch gut so …
Dienstag, 27. Juni 2023
Vollkommen ausgeruht sind wir um 8 Uhr aufgestanden, seit gestern 18 Uhr
sind wir vielleicht eine Stunde wach gewesen 😊. So geht Urlaub. Nach
dem Frühstück räumen wir unser WoMo blitzartig in den Fahrbetrieb um, reine
Routine. Wir haben auf diesem Campingplatz nicht zufällig übernachtet, denn nur
wenige Kilometer von hier ist der riesige Camping- und Freizeitmarkt „Obelink“
angesiedelt. Der gilt als einer der größten Camping-Spezialisten Europas, wir
waren vor Jahren schon mal hier, damals mit Hans und Ingrid. Wir werden uns
eine neue Klokassette anschaffen. Zwar ist die alte Kassette noch durchaus in
Ordnung, aber ihre Zeit ist sozusagen abgelaufen und Ilse will nicht warten,
bis sie unbrauchbar wird. Bei „Obelink“ ist das Ding um einen guten Hunderter
billiger als in Österreich, also nix wie hin. Das Areal von „Obelink“ hat die
Ausmaße einer mittleren Ortschaft und auf einem der vielen Parkplätze stellen
wir ab. Wir sind ganz früh dran und starten einen formvollendeten Blitzangriff
auf die Klokassette. Rein ins Geschäft, gefühlsmäßig in die richtige Abteilung
marschiert, schnell einen Mitarbeiter gefragt, danach noch einen und schon
hatten wir das begehrte Stück entdeckt. Damit zur Kassa und wenn dort nicht ein
Kunde dutzende Schlafsäcke (wohl für ein Ferienlager) gekauft hätte, dann wären
wir nach 7 Minuten wieder aus dem Campingzubehör-Moloch draußen gewesen. So
hats fast 10 Minuten gedauert, aber wahrscheinlich sind nur ganz, ganz wenige
Kunden von „Obelink“ mit ihren Einkäufen derart schnell fertig. Tja, dem
Zögerer gehört nicht die Welt …
Mit der heißen Ware im WoMo haben wir uns dann auf die nahe gelegene
Bundesstraße verfügt und sind sozusagen quer durch die Niederlande gefahren,
von Osten nach Westen. Unser Ziel ist wieder einmal Harlingen, die kleine Hafenstadt
in Friesland haben wir wirklich ins Herz geschlossen. Ilse hat extra
nachgeschaut – wir werden heute zum zehnten Mal am „Camping Zeehoeve“
einchecken. Damit ist das der Platz, auf dem wir bisher am zweitöftesten
gecampt haben. Unangefochtener Spitzenreiter bleibt natürlich der „Campingplatz
Kesselberg“ am Kochelsee, aber der ist schließlich unsere Home-Base 😊.
Vom „Obelink“ bis Harlingen sind es etwas mehr als 200 Kilometer und der
Weg führt uns über mehrere Bundesstraßen und über mehrere Autobahnen. Wir
lassen uns gemütlich Zeit und liefern uns keine Elefantenrennen mit den
unzähligen LKW. Zwei-, dreimal fahren wir einen Parkplatz an und vertreten uns
ein wenig die Beine. Wie wir dann nach knapp drei Stunden Fahrt am „Zeehoeve“
ankommen, erschrecken wir beinahe: Denn wir stehen als fünftes oder sechstes
WoMo in der Reihe und kommen gerade noch in den Platz rein. Na servas, was ist
denn da los? Das nennt sich Mittagspause, auch hier darf das Personal ein wenig
ausruhen, konkret von 13 bis 14 Uhr. Na, die halbe Stunde werden wir auch noch
rumbringen. Eigentlich ist es unnötig anzufügen, dass Ilse nach der Öffnung der
Rezeption schon wieder zwei andere Camper bei der Anmeldung „überholt“ hat,
natürlich ohne sich vorzudrängen. Wie sie das immer wieder schafft –
faszinierend 😊. Wir beziehen unseren
Platz und holen endlich (!!), zum ersten Mal auf dieser Reise, unsere Vespa vom
Träger. Und plötzlich haben wir das Gefühl, dass unsere 121. WoMo-Reise jetzt
erst so richtig losgeht. Wie wir mit dem Aufstellen von Tisch und Stühlen
fertig sind, heißt es von den Nachbarn nebenan plötzlich: „Hallo, griaß euch!“
Ah, Österreicher? „Na, mir kemmen a aus Innschbrugg!“ So ein Zufall. Schnell
kommen wir mit Christina und Tom ins Gespräch, die beiden sind uns auf Anhieb
sympathisch. Lange haben wir aber gar nicht Zeit zum Quatschen, denn wir müssen
ein paar Einkäufe machen. Inzwischen kennen wir in Harlingen sämtliche Supermärkte,
egal ob Aldi, Albert Hejn oder Jumbo. Wir entscheiden uns für letzteren, denn
der riesige Jumbo-Markt hat die größte Auswahl. Unser Roller ist spürbar happy,
dass wir wieder herumglühen und zeigt sich besonders fahrfreudig. Leider sind
es höchstens drei Kilometer bis zum Jumbo und nach dem Einkauf mag man mit
Milch, Koch-Rahm und Joghurts im Köfferchen auch keine größere Ausfahrt machen.
Wurscht, unsere brave Vespa kommt schon noch zu ihren Einsätzen – versprochen!
Zurück am Platz haben wir uns zuerst ein lässiges Match ausgespielt und
danach sind wir ins Restaurant essen gegangen. Das Lokal ist uns in bester
Erinnerung und es ist in den letzten Jahren eigentlich immer noch besser
geworden. Ilse gönnt sich Hühner-Spießchen in Erdnuss-Sauce und Gernot kommt
natürlich nicht an den „gebakkene Mosselen“ vorbei, also den gebackenen
Muscheln. Beide Mahlzeiten waren sehr gut bis hervorragend, so gut haben wir
auf einem Campingplatz noch selten gegessen. Dazu haben wir übrigens Cola
getrunken, denn beim Bier ist für uns die Schmerzgrenze überschritten – 6,20
Euro für 0,4 Liter Heineken bezahlen wir nicht. Zurück beim WoMo wollten wir
zuerst dem Tag beim Schlafengehen zuschauen, aber so ausdauernd waren wir dann
gar nicht – denn um 22 Uhr 45 war es immer noch hell 😊. Also haben wir noch
einen Spätabend-Pasch geklopft und sind erst nach Mitternacht in die Waagrechte
übergewechselt.
Mittwoch, 28. Juni 2023
Es hat die ganze Nacht über geregnet, das Wetter sollte sich aber im Lauf
des Tages bessern. Gernot geht unsere vorreservierten Frühstücksbrötchen holen,
natürlich hat die Angestellte unseren Namen als Timmermann vermerkt. Weil das T
in Holland als Z ausgesprochen wird. Und das Z in Holland ist das S in Deutsch.
Darum auch der Campingplatz-Name „Zeehoeve“, also Seehof. Aber das nur
nebenbei. Wir frühstücken im Wohnmobil und „unsere“ Platz-Ente frühstückt
gleich mit. Sie wird streng beäugt von einer ausgewachsenen Lachmöwe, die
wartet nur auf einen Fehler der Ente. Gernot wirft dem großen Vogel dann ein
ordentliches Stück Semmel zu und sofort ist sie damit abgeflogen.
Um Futter
bettelnde Enten hat es im „Zeehoeve“ immer gegeben, vor 15 Jahren ist das sogar
ausgeartet, denn da waren permanent an die 30 Enten zwischen den Campern
wallfahrten. Die sind dann schon ab 6 Uhr früh vor den WoMos gestanden und
haben lautstark Futter gefordert. Um das sie sich dann böse gestritten haben,
unser Vorplatz war damals regelrecht von ausgerissenen Federn übersät. Das ist
zum Glück vorbei, heute sind nur vereinzelt Enten unterwegs, eine Mama mit
ihren fünf niedlichen Küken haben wir aber auch schon gesehen.
Nach dem Frühstückskaffee schreiten wir zur maximalen Säuberung, wie gehabt
muss man dafür ein 50erl einwerfen. Dafür kommt dann fünf Minuten lang das
heiße Wasser, herrlich. Nach einem Pasch hat der Himmel dann so aufgeklart,
dass wir eine Fahrt ins nahegelegene Harlingen wagen konnten. Den Weg sind wir
schon unzählige Male gefahren, früher mit dem Rad, jetzt mit der Vespa. Am Anfang
der Fußgängerzone parken wir unser Moped ein, seit Jahren immer an derselben
(eigentlich verbotenen) Stelle. Wir machen einen ausgiebigen Spaziergang durch
die Innenstadt von Harlingen, kommen natürlich auch beim kleinen Laden des
„Hell Angels“ vorbei, seine feuerrote Harley parkt wie immer gegenüber dem
Eingang. Eigentlich könnten wir irgendwo was essen, das diesbezügliche Angebot
hat sich wirklich vervielfacht. Noch vor ein paar Jahren hat es nur wenige
Restaurants in der Innenstadt gegeben, wir waren wahrscheinlich in allen zu
Gast. Heute gibt es mindestens 10 Lokale mehr, wir widerstehen aber trotzdem.
Denn Gernot wird heute mal wieder den Kochlöffel schwingen und unsere
Lieblings-WoMo-Kombi zusammenbrutzeln. Da macht es wenig Sinn, wenn wir am
Nachmittag irgendwo einen Burger oder einen Teller Nudeln essen.
Zurück am Campingplatz hat dann Ilse alle Zutaten, Gewürze und
Koch-Utensilien hergerichtet – also konnte Gernot loslegen. Das Essen war wie
immer blitzartig fertig, vom Schneiden der Zwiebel, der Champignons und dem
Beigeben der Tortellini bis zum Servieren der fix-fertigen Nudelpfanne dauerte
es wohl keine Viertelstunde lang. Und es war wie immer köstlich, heute haben
wir übrigens weder Panna, noch Sahne oder Creme Fraiche verwendet, sondern den
niederländischen „Kokroom“, also Koch-Rahm. Passt ebenfalls perfekt, die Sauce
ist wunderbar cremig und mollig geworden.
Nach dem Essen hat Ilse dann gleich wieder alles weggeräumt und das
Geschirr gewaschen, keine halbe Stunde später war unser WoMo wieder blitzblank.
Und es riecht im Inneren auch nicht nach Küche, denn während des Kochens haben
wir die Tür, das Küchenfenster und die Dachluken offen, nach dem Kochen
neutralisiert ein Räucherstäbchen eventuelle Zwiebel- oder andere
Essensgerüche. Funktioniert wunderbar. Irgendwann im Laufe des Abends sind dann
unsere Innsbrucker Nachbarn von einem anstrengenden Radausflug zurückgekommen,
die beiden waren ziemlich geplättet. Wir sind dann bald einmal wieder nett
miteinander ins Gespräch gekommen, Tom ist Polizist und hatte natürlich viel
Interessantes zu erzählen. Und so haben wir gequatscht bis nach 23 Uhr, da war
es übrigens immer noch nicht stockdunkel. Das mit der ewig langen Dämmerung ist
für uns wirklich faszinierend, auch wenn es gewöhnungsbedürftig ist.
Wie wir am Morgen aufwachen, prasselt fröhlich der Regen auf unser WoMo
nieder. Das beeinflusst zwar die Tagesplanung, kann unserer guten Laune aber
natürlich nix anhaben. Wir sind keine Schönwetter-Camper, sondern Camper. Das
Wetter ist uns prinzipiell wurscht, wäre es uns nicht wurscht, dann gäbe es
deswegen kein besseres Wetter. Oder frei nach Karl Valentin: „Ich freue mich,
wenn es regnet, weil wenn ich mich nicht freue, dann regnets auch.“ Genauso ist
es. Darum nimmt Gernot zum Brötchen holen auch keinen Regenschirm mit, so
brutal schüttet es dann auch wieder nicht. Das Frühstück setzen wir, nach einem
Pasch, bruchlos mit einer Jause fort und legen uns dann ein wenig hin.
Klassisches Schlafwetter. Weil wir unter anderem frisches Geld und Milch
brauchen, ist Gernot bei einem kleinen Schönwetterfenster nach Harlingen rüber
gedüst und hat dem Jumbo-Markt einen Blitzbesuch abgestattet. Das wars dann
schon mit der Tagesaktivität, denn heute bleibt die WoMo-Küche kalt.
Stattdessen gehen wir am frühen Abend ins Campingplatz-Restaurant, das wie
immer ausgesprochen gut besucht ist. Ilse wagt sich heute über den Burger und
Gernot gibt dem Schnitzel a la Zeehoeve die Chance. Beides hat wieder sehr gut
gemundet, also kochen können die wirklich. Die Preise sind allerding recht
happig, aber weil wir wieder nur jeder ein kleines Cola getrunken haben, sind
wir mit einem runden 50er davongekommen. Das passt schon, Qualität darf auch
ihren Preis haben. Im WoMo haben wir dann den Tag fein ausklingen lassen und
uns wieder über das späte Dunkelwerden gewundert. Ilse hat eh um 22 Uhr 45 noch
ein „Beweisfoto“ gemacht …😊.
Heute weckt uns kein prasselnder Regen, sondern strahlender Sonnenschein.
So schnell kanns manchmal gehen. Es weht ein kräftiger Wind, aber da haben wir
in Harlingen echt schon heftigeren Stürmen getrotzt. Wir frühstücken gemütlich
und lassen natürlich auch unsere Haus-Ente mitessen. Heute steht ihr eine
vorwitzige Feder fast im rechten Winkel aus dem Gefieder. Obwohl sie von Gernot
höflich darum gebeten wurde, hat die Ente die Feder dann doch nicht hergegeben.
Die wird aber sicher bald einmal abfallen und da würden wir gerne in der Nähe
sein 😊. Nach dem
obligatorischen Vormittags-Pasch haben wir uns nach einer kleinen Jause ein
wenig niedergelegt, es darf ruhig noch ein bisserl wärmer werden. Um 14 Uhr 30
ist es dann soweit, wir starten unseren Roller und cruisen nach Harlingen
rüber. Heute fahren wir aber nicht auf unserem üblichen Weg in die Stadt
hinein, stattdessen starten wir eine Spontanrundfahrt durchs unbekannte
Harlingen. In diesem Teil der Stadt waren wir noch nie und es ist total lässig,
mit dem Roller über die teils gepflasterten Straßen zu flanieren.
Wahrscheinlich fahren wir keine 30 km/h schnell und haben so Zeit, uns die
Gegend genauer anzuschauen. Plötzlich müssen wir beide grinsen, denn vor einem
Mehrparteienhaus parkt die rote Harley von dem „Hells Angel“, den wir kennen.
Hey, Motorcycle-Man – wir wissen wo dein Moped wohnt😊! Nach einer
ausführlichen Rundfahrt durch den uns bis dato unbekannten Teil von Harlingen
haben wir uns danach wieder auf gewohnte Pfade begeben und sind zum Hafen gefahren.
Von dort sind wir schon zweimal zur Insel Terschelling rüber geschippert. Ein
drittes Mal fahren wir nicht mehr rüber, dafür schauen wir uns den
WoMo-Stellplatz am Hafen näher an. Nach 5 Sekunden wissen wir – nix für uns,
wir sind halt ganz einfach Campingplatz-Camper. Das hier wäre uns zu wenig
Komfort, um es mal so auszudrücken. Danach cruisen wir ohne Ziel weiter und
landen in einer Nachbarortschaft von Harlingen. Wir fahren an ein paar dutzend
hübschen Häusern vorbei, werfen der Kirche im Vorbeirollern einen schnellen
Blick zu und sind schon wieder aus dem Dorf draußen. Irgendwie ist die Gegend
rundum Harlingen für uns nicht mehr ganz so verlockend, weil wir hier schon so
oft mit der Vespa unterwegs waren. Wir kennen praktischen jedes Dorf, das Befahren
einer Terra Inkognita ist natürlich weit interessanter. Also blatteln wir bald
einmal zum Hafen zurück und verfügen uns dann gleich in den Jumbo-Markt. Gernot
wird heute wieder kochen, es wird eine Pasta Asciutta geben. Also wandern unter
anderem Faschiertes, Schalotten, bunte Paprika und frische Nudeln in den
Einkaufskorb, das wird (hoffentlich) wieder ein Festessen werden. Zurück am
Platz haben wir zuerst ein wenig gerastet, dann hat sich Gernot an die
Zubereitung des Abendessens gemacht. Wieder war da nicht viel dabei –
Schalotten und Faschiertes kräftig anrösten, die kleingeschnittenen Paprika
dazu, würzen, Nudeln 2 bis 3 Minuten lang kochen – fertig. Wir haben im Freien
gegessen – ein Fehler. Der Wind war derart stark, dass schon das Reiben des Parmesans
eine Challenge der Sonderklasse dargestellt hat. Da musste man die 40 – bis 50
km/h Wind einplanen, der den geriebenen Käse natürlich sonst wohin geweht hat.
Aber noch schlimmer – das frisch gekochte Essen war schon nach drei Minuten eiskalt,
man hätte es ohne Weiteres mit bloßen Händen aus dem Wok nehmen können.
Einerseits natürlich schade, andererseits bewahrheitete sich wieder einmal der
alte Spruch: „Was heiß gut schmeckt, schmeckt auch kalt gut.“ Und geschmeckt
hat diese Art der Blitz-Pasta ausgezeichnet. Wenigstens etwas …
Danach noch einen Pasch und ein paar kühle Drinks – Gute Nacht.
Samstag, 1. Juli 2023
Heute ist unser letzter Tag in Harlingen. Das Wetter ist mal wieder
durchwachsen, wir hätten aber ohnehin keine großartige Vespa-Tour vorgehabt.
Wir trinken gemütlich Kaffee und amüsieren uns über eine echte Enten-Gang – die
acht männlichen Jungenten schauen alle exakt gleich aus und watscheln eng
nebeneinander über den Platz. Sie betteln aber nicht. Ganz anders wie unsere hellbraune
Haus-Ente, die ist längst zutraulich genug, um lautstark ihren Anteil am
Frühstück einzufordern. Heute stehen ihr übrigens schon zwei Federn waagrecht
aus dem Gefieder, sie lässt aber wieder keine da. Wurscht.
Nach einem
Vormittagspasch ruhen wir ein wenig, danach machen wir uns eines unserer
Not-Essen warm. Wir führen ja bei jeder WoMo-Reise zwei, drei Dosen mit Suppe
mit, meistens essen wir die dann bei uns daheim in Innsbruck. Aber heute passt
uns die „Kräftige Bauernsuppe mit Erdäpfeln und Speck“ super ins Konzept, weil
wir nicht noch einmal essen gehen wollen. Nach der Stärkung aus der Dose laden
wir dann gleich die Vespa auf, es könnte jederzeit regnen und starken Wind mag
unser Moped auch nicht. Weil das Wetter gar so unsicher ist, packen wir dann
gleich noch den Tisch und die Stühle ein, damit sind schon mal drei wichtige
Vorbereitungshandlungen für die morgige Abfahrt erledigt. Später wollen wir uns
dann den Formel 1 Grand Prix aus Spielberg anschauen, aber der große Preis von
Österreich findet ohne uns statt. Denn es befinden sich viele holländische
Camper am Platz, die natürlich alle mit ihrem Idol Max Verstappen mitfiebern.
Also war das W-Lan am Platz so überlastet, dass wir nicht mal ein Standbild vom
Rennen reingekriegt haben 😊. Auch mit Hotspots
nicht, obwohl wir beide in unterschiedlichen Netzen unterwegs sind. Wurscht,
wir haben es irgendwie eh nur so nebenbei versucht und Max Verstappen hat
natürlich auch ohne unser Zuschauen gewonnen.
Viel haben wir dann an diesem Tag nicht mehr unternommen, eine große Runde
über den Platz sind wir aber schon noch spaziert. Dabei ist Gernot wieder mal
überraschend weit gekommen, leider haben wir kein Handy dabeigehabt. Aber
deutlich über 1.500 Schritte ohne Stopp waren es garantiert, das passt eh super.
Morgen geht’s weiter, das Ziel steht fest, wir bleiben in den Niederlanden.
Und besonders weit haben wir es auch nicht.
Gleich nach dem Aufwachen hat Gernot zum letzten Mal im Restaurant die
Brötchen geholt und nach dem Kaffee haben wir uns für die Weiterfahrt bereit
gemacht. So sind wir schließlich vollkommen stressfrei um 9 Uhr 45 vom
„Campingplatz de Zeehoeve“ weggekommen, unser Ziel ist die Stadt Hoorn in der
Provinz Nordholland, keine 90 Kilometer von Harlingen entfernt. Was nach einer
gemütlichen Spazierfahrt klingt, war in Wirklichkeit dann extrem anstrengend.
Es ist nämlich ein derart heftiger Sturm aufgekommen, dass unser dicker
Nasenbär nur mit großer Mühe in der Spur zu halten war. Teilweise waren die
Windstöße von der Seite so heftig, dass es uns einen halben Meter und mehr
versetzt hat. Auch die anderen großen Fahrzeuge wurden hin und her gebeutelt,
sie fuhren in regelrechten Schlangenlinien, als wären ihre Lenker
stockbesoffen. Ein Wahnsinn, das haben wir noch ganz selten erlebt. Als wir
dann bei Zurich auf den elend langen künstlichen Damm aufgefahren sind,
befürchteten wir schon das Schlimmste, weil wir bei einem ähnlichen Sturm schon
mal da drüber gefahren sind. Damals waren wir mit einem Leih-Wohnmobil
unterwegs, das normalerweise 130 km/h schnell war. Auf dem Damm haben wir es
damals mit absolutem Vollgas gerade mal auf einen 80er geschafft. Unvergessen.
Aber ausgerechnet am Damm haben wir heute so etwas wie eine kleine Ruhepause
gehabt, erstens weil wir nicht gegen den Wind unterwegs waren und zweitens
schützte uns der hohe Damm von den seitlichen Sturmböen. Aber kaum zurück am
Festland wurde unser Häuschen wieder zum Spielball des Sturmes und Gernot musst
in jeder einzelnen Sekunde mit teils kräftigen Lenkkorrekturen die Spur halten.
Sehr anstrengend und eine echte Herausforderung. Deswegen haben wir auch mehr
Pausen als üblich gemacht, so alle 40 Minuten. Darum verwundert es letztendlich
auch nicht, dass wir für die insgesamt nur 79 Kilometer über eineinhalb Stunden
gebraucht haben, noch dazu alles über die Autobahn. Aber waren froh, dass wir
unbeschadet angekommen sind, ein Ast oder so könnte einen ja leicht treffen,
bei einem derartigen Sturm. Das Einchecken am „Camping „t’Venhop“ ist dann
recht unkompliziert verlaufen, das ist in Holland eigentlich immer so. Es gab
nur ein wenig Diskussionsbedarf, weil unsere Anzahlung für die Reservierung
noch nicht am Konto eingelangt war. Eh klar, am Sonntag. Aber Ilse konnte die
Bestätigung der Reservierung vorzeigen, darin war auch der Dank für die
Überweisung vermerkt. Check! Wir haben einen feinen Platz in der Nähe des
Waschhauses – kurze Wege, gute Wege. Wir laden die Vespa ab und spazieren dann
eine erste Runde über den Platz. Der ist echt riesig, allein für den Gang zur
Müllinsel würden wir dringend eine Wegzehrung empfehlen. Es gibt hier
zahlreiche Dauercamper, manche haben entlang eines kleinen Kanals überhaupt so
eine Art Ferienhäuschen. Sehr hübsch das alles, wirklich sehr gepflegt und –
nebenbei bemerkt, hier dürfte man auch fischen. Gernot widersteht dieser
Versuchung aber, stattdessen satteln wir unsere rote Lady und fahren nach Hoorn
rüber. Wir brauchen ein paar Lebensmittel und überhaupt wollen wir uns ein
bisserl die Gegend anschauen – schließlich bleiben wir ein paar Tage lang hier.
Heute Abend wird wieder gekocht, auch weil das Restaurant hier am Platz extrem
teuer ist. Hauptspeisen wie Wiener Schnitzel kosten 23,70 Euro – die Pommes
dazu noch man 5 Euro, ein gemischter Salat 7,50 Euro. Das Bier würde auch über
6 Euro kosten. Da wärst du dann schnell bei 80 Euro und mehr – nein, Danke. Da
versorgen wir uns lieber selbst und in Hoorn müssen wir dann gar nicht lang
nach einem Einkaufzentrum suchen, denn es springt uns förmlich vor den Lenker.
Schnell sind die Zutaten für das Abendessen zusammengekauft, es wird
Hühnergeschnetzeltes mit Champignons und frischen Nudeln geben. Eh das Übliche 😊.
Den Nachmittag verbringen wir mit ruhen und natürlich paschen wir wieder.
Den Wind haben wir bis zum Platz mitgebracht, manchmal wird unser Häuschen fest
durchgeschüttelt. Sonst ist das Wetter schön, es scheint die Sonne und es ist
angenehm warm. Wie unser zunehmender Hunger dann Gernot in die Küche geschickt
hat, dauert es keine 20 Minuten und unser Camper-Essen Nummer 1 stand am Tisch,
heute mal mit Hühnerfilets. Dazu einen grünen Salat, mehr braucht es nicht. Erneut
hat es uns wunderbar geschmeckt und es ist wieder kein Krümelchen
übriggeblieben. Obwohl wir uns jedes Mal sicher sind, dass wir einen randvollen
Wok niemals zu zweit leer essen können. Und jedes Mal täuschen wir uns aufs
Neue 😊. Schön satt haben wir
uns dann noch mit ein paar kühlen Drinks vorsätzlich bettschwer gemacht und
bald einmal löschte Gernot das letzte Licht.
Montag, 3. Juli 2023
Obwohl die Autobahn relativ knapp am Campingplatz vorbeiführt, haben wir
eine ruhige Nacht gehabt. Nur ab und zu war ein überlauter LKW zu hören. Die
dürfen überall in Holland auch in der Nacht fahren, noch dazu dürfen sie
deutlich schneller unterwegs sein, als untertags. Die armen Anrainer … Was sind
wir mal wieder froh, dass wir in Tirol wenigstens ein Nachtfahrverbot für LKW
haben, ohne den Einzelkämpfer Fritz Gurgiser vom „Tiroler Transit-Forum“ hätten
wir nicht einmal das. Aber das nur nebenbei.
Nach einem ausgedehnten Frühstück sind wir dann mit der Vespa nach Hoorn
aufgebrochen, wir wollen uns die Stadt ein wenig näher anschauen. Dank unseres Navigationssystems
namens Ilse finden wir problemlos in die Innenstadt von Hoorn und schauen sie
uns vorerst vom Moped aus an. Wir cruisen durch die Altstadt, auf einen
Spaziergang verzichten wir aber. Stattdessen fahren wir zum Hafen hinunter und
danach kilometerweit dem Damm entlang. Es ist einfach nur wunderbar, außer
vereinzelten Radfahrern ist niemand unterwegs, wir können mit einem 40er
dahinrollen. Bei einem Wegweiser mit vielen Hinweisschilder bleiben wir dann
kurz stehen, mal schauen, wo wir ungefähr umgehen. Und zu unserer großen
Überraschung befanden wir uns in unmittelbarer Nähe zu unserem Campingplatz,
damit hätten wir echt nicht gerechnet. Trotzdem beendeten wir unser kleine
Vespa-Runde hier nicht, wir müssen noch einmal nach Hoorn ins Einkaufzentrum.
Die paar Kilometer dorthin sind in wenigen Minuten abgespult und wir kaufen
gleich für zwei Abendessen ein – einmal für eine Carbonara und einmal für eine
Bolognese. Danach zurück zum Platz und erstmal die Haxen ausgestreckt.
Herrlich. Nach einem feinen Pasch im Freien hat Gernot dann das Faschierte mit
den Schalotten zusammengebrutzelt, danach mit Weißwein abgelöscht, gewürzt, mit
der Tomaten-Basilikum-Sauce ausgiebig einköcheln lassen – fertig. Und wieder
haben wir so gut gegessen, dass wir uns echt gefragt haben, warum Gernot die
Bolognese-Sauce daheim vier Stunden und länger blubbern lässt. Kleiner Scherz,
eine richtige Bolognese braucht natürlich schon ihre Zeit, aber die schnelle
Version im WoMo hat ebenfalls voll entsprochen.
Den Abend haben wir dann wie immer fein im WoMo verbracht, morgen steht die
Besichtigung der Stadt Edam auf dem Programm.
Um 8 Uhr 30 sitzen wir schon beim Frühstück. Das Wetter weiß noch nicht so
ganz, ob es uns heute ausfahren lässt, also warten wir vorerst mal ab. Zum
Glück haben wir mit dem Pasch nicht nur unser Lieblingsspiel, sondern auch
einen perfekten Pausenfüller, denn ein Match dauert ca. 80 Minuten. Danach war
uns das Wetter sicher und warm genug, also auf nach Edam. Wir fahren zuerst dem
Damm entlang und halten uns dann auf Nebenstraßen in Richtung Edam. Zwei Mal
werden wir bei Bahnübergängen von Zügen eingebremst, aber bald schon taucht die
Silhouette von Edam am Horizont auf. Wenig überraschend fahren wir mitten ins
Zentrum hinein und erkunden das nette Städtchen zu Fuß. Gleich das erste Haus
auf unserem Rundgang ist ein großes Käsegeschäft, der weltbekannte „Edamer“
stapelt sich in orangen Laiben meterhoch bis unters Dach. Wir verzichten auf
einen Kauf, für so einen Laib bräuchten wir ja eine Dachbox 😊. Gleich daneben befindet
sich ein ebenso großer Süßigkeits-Laden, der mit einem zuckerlrosa lackierten
Fahrrad vor seinem Geschäft Werbung macht. Hier ist bedeutend mehr los als im
Käseshop, wir bleiben aber erneut standhaft und kaufen nichts. Stattdessen
schauen wir uns nach einem „richtigen“ Essen um, es lockt uns aber nichts. Nach
einer ausgiebigen Runde durch die Altstadt von Edam steigen wir dann auf
unseren Roller und setzen die Stadtbesichtigung per Vespa fort. Wir tuckern mit
einem 20er dahin, Verkehr gibt es praktisch keinen und wir können uns Edam
genauer anschauen.
Wie gesagt, ein nettes Städtchen, wir haben den Ausflug
hierher nicht bereut. Wir sind bei unserer Stadtrundfahrt dann noch bis zum
Strandbad rausgekommen, hier gibt es auch einen Campingplatz. Aber auch hier
konsumieren wir nichts, auch wenn sich der Hunger mittlerweile in immer
kürzeren Abständen meldet. Über den Ijsselmeerdiyk sind wir dann wieder in
Richtung Horn zurückgefahren, fast immer waren wir auf dieser lässigen Straße
alleine unterwegs.
Die paar Autos haben wir immer gleich überholen lassen, so
konnten wir stets unser eigenes Tempo wählen. Die Disziplin der holländischen
AutofahrerInnen ist eine Wohltat im Vergleich zu Italien, bis jetzt sind wir
noch von keinem ungeduldigen Kampf-Piloten bedrängt worden. Soll auch mal
gesagt sein.
Nach Passieren der Ortschaften Schardom und Scharwonde sind wir dann zur
Abzweigung zu unserem Campingplatz gekommen. Die haben wir aber sozusagen links
liegen gelassen und sind die paar Kilometer nach Hoorn rübergefahren. Heute
wollen wir uns die Stadt genauer anschauen, also manövrieren wir uns bis ca. 20
Meter an die Fußgängerzone heran. Das geht, auch wenn wir schon bessere
Parkplätze gefunden haben 😊. Die Innenstadt von
Hoorn ist allemal einen Besuch wert, vor allem dann, wenn man Hunger hat. Es
dominieren nämlich Restaurants, Bars, Cafes, Snack-Buden usw. das Geschehen.
Da
ist für jeden Geschmack etwas dabei, die werden doch wohl auch einen
Kebap-Laden haben. Als wir an einem geschlossenen Kebab-Restaurant
vorbeikommen, dämpft das unseren Optimismus wenig und keine zehn Minuten sehen
wir schon von Weitem das typisch gelb-rote Werbeschild eines Kebap-Schneiders.
Schon beim Eintritt freuen wir uns über unsere Wahl, denn die Auswahl ist
riesig. Ilse nimmt sich dann „nur“ die „Kebap-Box mit Pommes“, Gernot ist mit
seiner Bestellung des „Shawarma-Teller mit Alles“ etwas wagemutiger. Beide
Mahlzeiten haben bestens geschmeckt, wir wissen schon, warum wir für diese Art
des Fastfoods so empfänglich sind. Einen schlechten Kebap haben wir noch
nirgendwo gegessen und die Stimmung in so einem Laden ist eigentlich immer sehr
relaxet. Ganz davon abgesehen, dass es heutzutage nicht mehr so leicht ist, zu
zweit um 23 Euro (inkl. zwei 500ml Cola) essen zu gehen und danach voll
zufrieden zu sein.
Nach dem sehr sättigenden Essen haben wir noch einen kleinen
Verdauungsspaziergang durch die Fußgängerzone von Hoorn gemacht und unter
anderem eine freche Möwe fotografiert, die sich ein Autodach als Ausguck
ausgesucht hat. Mit der Vespa sind wir anschließend die knapp zehn Minuten zum
Campingplatz zurück-gecruist, der Wind ist ganz schön heftig geworden. Darum
laden wir dann, nach einer kleinen Ruhepause, gleich die Vespa auf ihren
Träger. Flutscht nur so. Danach gleich noch die Stühle und den Tisch verpackt
und weggeräumt, morgen fahren wir weiter und so haben wir schon viel erledigt.
Später spazieren wir noch eine große Runde über den Platz, der ist tatsächlich
riesig, wir können ihn unmöglich in seiner Gänze abgehen. Müssen wir zum Glück
auch nicht. Natürlich machen wir dann im WoMo noch einen Pasch und freuen uns
schon sehr auf morgen – wie immer vor „Fahr-Tagen“.
Die ganze Nacht über hat es immer mal wieder geregnet und es geht nach wie
vor ein starker Wind. Nach dem Frühstück richten wir das WoMo endgültig für die
Abfahrt her, bald ist alles an seinem Platz und wir könnten los. Doch dann wird
der heftige Wind ziemlich unvermittelt zum extremen Sturm und unsere Schnecke
kommt immer mehr ins Wanken. Ilse checkt unsere sehr verlässliche Wetter-App
und erkennt sofort: „Da kommt eine irre Sturmfront auf uns zu!“ Gleich danach
kriegt sie noch eine offizielle Sturm-Warnung an ihr Handy geschickt, sofort
schalten wir das Radio ein und schauen ins Internet. Tatsächlich zieht gerade das
Sturmtief Poly über Nordholland, mit einer zerstörerischen Gewalt, wie es das
im Sommer noch nie zuvor gegeben hat. Reihenweise werden die Autobahnen
gesperrt, auch alle rund um uns herum. Amsterdam ist dicht, überall stürzen die
Bäume dutzendweise um, das totale Chaos. Sämtliche Bahnstrecken in unserer
Umgebung sind gesperrt und der Flugbetrieb ist vollkommen eingestellt.
An ein
Wegfahren vom Campingplatz ist gar nicht zu denken, also entscheiden wir uns,
den Sturm auszusitzen. Bald einmal trifft uns dann der Orkan mit voller Wucht,
direkt neben uns wird das erste Vorzelt in seine Einzelteile zerlegt. Armdicke
Äste fliegen herum, vom Nachbarn gegenüber wird die Sitzgruppe von einer Böe
getroffen, die Tischplatte fliegt bis zu uns her. Später kommen dann die
Besitzer der Möbel zu ihrem WoMo zurück, ein älteres Paar aus Spanien. Die Frau
kann sich im Sturm kaum auf ihren Beinen halten, als sie die Stühle
zusammenklaubt. Zwar beobachten ein paar Männer die Szenerie, aber es ist dann natürlich
Ilse, die der Frau zu Hilfe eilt. Auch sie hat größte Mühe, vom Okan nicht
umgeweht zu werden, aber schließlich sind alle Möbel zusammengeklappt und unter
dem WoMo in Sicherheit gebracht. Brave und tapfere Ilse! Wie wir später aus den
Nachrichten erfahren haben, tobte der Sturm mit 100 bis 120 km/h, mit Spitzen
bis 163 km/h (!!) über Nordholland hinweg, es herrschte Windstärke 11 von 12.
Es hat Verletzte und Tote gegeben, auch im benachbarten Deutschland. Unser
Wohnmobil schwankte bei den unbändigen Windattacken teilweise so stark, dass
wir echt befürchteten, wir könnten umgeworfen werden. Und der Wind kam dabei
nicht nur aus einer Richtung, sondern aus allen, so etwas hatten wir noch nie erlebt.
Das waren wirklich bange Stunden, das braucht echt niemand.
Es kann allerdings nichts so dramatisch sein, dass man einer solchen
Situation vollkommen humorbefreit begegnen müsste. Das hat Gernot bewiesen,
nach dem Duschen. Eigentlich wollte er schon viel früher unter die Brause, aber
der extreme Sturm und der Starkregen haben den Gang ins Sanitärhaus immer
wieder verzögert. Also hat sich Gernot irgendwann einmal seinem Schicksal gefügt
und den Naturgewalten getrotzt, es sind ja keine 50 Meter bis zum Waschhaus.
Und da wird man dann eh nass. Nach dem Duschen ist Gernot dann beim Ausgang
neben einem älteren Herrn aus England zu stehen gekommen, der offenbar den
heftigsten Regen abwarten wollte. Da hob Gernot theatralisch die Hand und sagte
laut: „Rain Stopp!“ Wirklich augenblicklich schloss der Himmel für kurze Zeit
seine Pforten und Gernot konnte in Ruhe zum WoMo zurückschlurfen. Und der
Gesichtsausdruck des Engländers – UNBEZAHLBAR!
Gegen 15 Uhr ebbte dann der Orkan langsam ab und es regnete auch immer
weniger. Wir haben unseren Aufenthalt ja noch gar nicht offiziell verlängert,
also pilgert Ilse zur Rezeption rauf. Überall am Platz sind die Auswirkungen
des Sturms zu sehen, ganze Sitzgruppen haben sich zwanglos in die
Nachbarparzellen verabschiedet, teilweise sind die Wege über und über mit
abgerissenen Ästen bedeckt. Wahnsinn. Wir hätten ohne Weiteres einen schweren
Ast abkriegen können, wir stehen ja ganz in der Nähe von großen Bäumen. Und was
für ein Glück, dass wir nicht wie geplant losgefahren sind. Ilse hat im
Internet Videos des Orkans angeschaut, da sind entlang der Autobahnen die Bäume
zu dutzenden auf die Fahrbahn gestürzt, die Autos haben sich auf die Grünstreifen
in der Mitte gerettet. Da hätten wir mit unserer Schnecke rein gar nichts
verloren gehabt, ganz davon abgesehen, dass es auch LKW einfach umgeblasen hat
…
Am Abend haben wir uns dann mit Schinken, Käse und Brot noch eine gute
Jause gemacht, für das Zubereiten der eigentlich geplanten „Carbonara“ waren
wir beide zu bequem. Später haben wir dann noch einen Pasch geklopft, übrigens
den dritten heute. Ins Bett gegangen sind wir dann mit viel Dankbarkeit, dass
dieser Tag für uns so gut ausgegangen ist. Oft liegen Glück und Unglück sehr
nahe beieinander, an Tagen wie dem heutigen wird das mal wieder ganz
offensichtlich.
Donnerstag, 6. Juli 2023
Es geht wieder weiter – mit diesem schönen Gedanken wachen wir auf. Der
Orkan hat sich offenbar ausgetobt, denn es weht am Morgen nur ein leichtes
Lüftchen. Nach dem Frühstück bereiten wir den Aufbruch vor und gegen 10 Uhr
sagen wir dem Campingplatz „t’Venhop“ Ade. Und vielen Dank nochmal an die
vielen Bäume hier, von denen gestern keiner einen Ast auf unser WoMo hat fallen
lassen. Auch heute haben wir es nicht besonders weit zu unserem Tagesziel,
etwas mehr als 210 Kilometer werden es bis dorthin sein. Kaum auf der Autobahn,
sehen wir überall die Auswirkungen des gestrigen Orkans. Bis Amsterdam, das
sind gut 30 Kilometer, ist fast ununterbrochen der Standstreifen mit
abgerissenen Ästen bedeckt. Die konnten das natürlich noch nicht alles
aufräumen und wegbringen, es wurde sozusagen nur zur Seite geschoben. In den
Wäldern neben der Autobahn liegen die Bäume reihenweise flach, die wenigsten
davon sind irgendwo abgebrochen, sondern samt ihren Wurzeln ausgerissen worden.
Was für eine Naturgewalt. Und da wären wir gestern, hätten wir uns an den Plan
gehalten, mittendrin gewesen. Zum Glück halten wir nie stur an irgendwelchen
Plänen fest, wir sind da viel lieber situationselastisch unterwegs, wie man so
schön sagt.
Gegen 10 Uhr 30 haben wir dann die Außenring-Autobahn von Amsterdam
erreicht, um diese Uhrzeit rutschen wir völlig problemlos im Verkehr mit und
kommen nicht ein einziges Mal zum Stillstand. Zwar ist vor allem das
LKW-Aufgebot gigantisch, aber da die meist eh schneller als 90 km/h fahren,
sind sie für uns kein Hindernis. So kommen wir gemütlich voran, natürlich
bleiben wir immer wieder einmal stehen, so wird das Fahren nie anstrengend. An
Fahrtagen kocht die ausgefuchste Ilse immer 1,2 Liter Kaffee, so können wir die
Thermoskanne damit befüllen und unterwegs unseren eigenen Kaffee trinken. Dazu
meistens ein Croissant oder ein Stück Marmorkuchen, das ist unsere
Standard-Wegzehrung. Kurz vor unserem Ziel sind wir dann so kindisch, dass wir
den Kilometerstand unseres WoMo fotografieren, die Zahl 234.567 ist aber auch
wirklich hübsch 😊.
Weil wir den ganzen Weg nur auf Autobahnen unterwegs sind, kommen wir noch
vor 13 Uhr am „Camping Schatberg“ an. Der liegt in der Nähe von Venlo, also
gerade noch in den Niederlanden. Schon bei der Zufahrt zur Rezeption sehen wir
einen gigantischen Seil-Klettergarten mit vielen Plateaus, Strickleitern,
Hängebrücken, Netzen und natürlich mit jeder Menge Schwingseilen. Wieder mal
eine Premiere, denn so was haben wir auf einem Campingplatz auch noch nicht
gesehen. Ilse checkt uns einen lässigen Standplatz, vom Waschhaus trennt uns
nur eine Hecke. Alles ist schön sauber hier, die Anlage scheint relativ neu zu
sein und zum ersten Mal auf einem Campingplatz sehen wir einen Geschirrspüler.
Der ist noch dazu gratis (!!), eine sehr nette Geste gegenüber den Abspül-Muffeln.
Bevor wir abstellen können muss Ilse noch einen Mitarbeiter auftreiben, der mit
seinem Fahrzeug auf unserem Platz steht. Der Mann ist gerade mit dem Kampf
gegen Ameisen beschäftigt, die chemische Sprühkeule hat er bei sich. Er fährt
seine Karre weg und wir brauchen mal tatsächlich wieder unsere Auffahrkeile,
wenngleich nur die kleinen. Zwar stehen wir nur für eine Nacht hier, aber wegen
Schiefstand aus dem Bett rollen müssen wir deshalb auch nicht 😊.
Scherz, so wild war es
natürlich auch wieder nicht. Mit dem WoMo geben wir uns selber einen feinen
Schatten und rasten uns im Freien ein bisserl aus. Natürlich spielen wir uns
einen Pasch aus, danach spazieren wir eine große Runde über den Platz, der
tatsächlich ein Kinderparadies ist. Wir kommen am großen Pool vorbei, es gibt
aber auch ein ausgewachsenes Hallenbad hier. Es stehen mehrere Seen zur Auswahl,
in denen auch gefischt werden darf. Dazu jede Art des Spielfeldes, Basketball,
Fußball, Volleyball, Tennis, Minigolf – echt das volle Programm. Wir schauen uns
dann das Restaurant näher an, es sagt uns zu und wir setzen uns auf die
Terrasse. Gernot jubelt gleich über die angebotenen Bitterballen, dazu
bestellen wir uns ein halbes Dutzend Mini-Frikadell und Pommes. Ein wirklich
guter Snack und wir sind beide schön satt geworden. Das sonnige, aber gar nicht
heiße Wetter lässt uns dann noch lange im Freien sitzen. Wenn es am „Camping
Schatberg“ irgendetwas zu mokieren gibt, dann ist es der Verkehrslärm. Okay,
der Platz liegt ganz in der Näher der Autobahn, was wir aber eh schon bei der
Anfahrt gewusst haben. Da braucht man sich dann nicht wundern, wenn man jeden
einzelnen LKW bis ins Häuschen hinein hört, rund um die Uhr. Aber das lässt
sich schon aushalten, immerhin schlafen wir mit einer gewissen Dankbarkeit ein.
Dankbar dafür, dass wir in Tirol ein LKW-Nachtfahrverbot haben.
Morgen fahren wir wieder weiter, unser nächster Halt wird natürlich schon
in Deutschland sein.
Trotz des monotonen Dauer-Brummens der LKW haben wir eine feine Nacht gehabt.
Nach dem Käffchen leiten wir das Aufbruch-Programm ein, was uns wie immer
locker von der Hand geht. Ach ja, wir werden uns, so wie hier, wohl nicht mehr
mit den Hinterrädern auf die Auffahr-Keile stellen. Denn das wirkt sich
offenbar auf unser Federungssystem aus, die Blattfedern knirschen bei jeder
unserer Bewegungen erbärmlich. Das hört sich einfach nicht gut an, darum
unterlassen wir das in Zukunft. Wenn möglich, natürlich.
Auch heute haben wir keine Marathonstrecke vor uns, wie gestern werden es an
die 220 Kilometer bis zu unserem Ziel sein. Alles Autobahn. Das Wetter ist
perfekt für einen Fahrtag, sonnig und trotzdem nicht zu heiß. Ilse entscheidet
dann, dass wir die A7 und den Großraum Köln tunlichst meiden sollten, auch weil
der Umweg über die A 61 nur unwesentlich länger ist. Der Verkehr ist die ganze
Fahrt über irrsinnig stark, meist werden sämtliche Spuren voll ausgenutzt, zum
Glück sind es fast immer drei oder mehr. Wenn da nur eine Kleinigkeit passiert,
dann geht gar nix mehr weiter. Das sehen wir später auch, denn in der
Gegenrichtung staut es sich plötzlich gut 15 Kilometer lang, einen Unfall
hätten wir nicht bemerkt. Nur zwei liegen gebliebene LKW und Polizeifahrzeuge,
das genügt schon, dass der Verkehr zusammenbricht. Wahnsinn! Uns betrifft das
heute zum Glück nicht, nur hie und da kommt der Verkehr wegen einer Baustelle leicht
ins Stocken und wir durchfahren heute sehr viele Baustellen. Trotzdem kommen
wir sehr gut voran und bremsen uns mit einigen Pausen lieber selber ein wenig ein.
Und so kommen wir entspannt am „Campingplatz Eisenbachtal“ an, der liegt neben
der Stadt Montabaur. Wenn ein Platz von 13 bis 15 Uhr Mittagspause hat, dann
ist es natürlich suboptimal, wenn man um 13 Uhr 14 dort eintrifft. Selbstredend
geht Ilse trotzdem mal nachschauen, Gernot parkt derweil unseren Nasenbären auf
einer Wiese gegenüber. Die Rezeption ist erwartungsgemäß unbesetzt, aber es
wird per Schild auf einen Ruf-Knopf hingewiesen. Ilse drückt drauf und ist
sogleich per Telefon mit dem Chef verbunden. Wo wir jetzt stehen? Ah, auf der
Wiese gegenüber. „Fein, dann brauch ich mich nicht so beeilen, ich komme aber
trotzdem gleich.“ So war es dann auch, keine 10 Minuten ist der Chef
vorgefahren und aus dem Seitenfenster seines, fast schon museumreifen Opel
Omega, wurden wir begrüßt. Nachdem er uns kurz von Innsbruck vorgeschwärmt hat,
meinte er locker: „Ihr könnt gleich zufahren, nehmt euch unten den Platz 12a,
die Anmeldung machen wir dann später. Tschüssle!“
So mögen wir das, zack zack
und unkompliziert. Der Platz 12a passt super, da hätten wir auch gut mehrere
Tage lang stehen können. Aber es ist erneut nur ein One-Night-Stand, um es mal
so auszudrücken. Haßfurt ruft.
Was uns am „Camping Eisenbachtal“ sofort auffällt, auch das hier ist ein
Paradies für Kinder. Aber ganz anders als gestern. Denn hier werden vor allem
die Phantasie und die Kreativität der Kinder angesprochen. So steht ein
Schuppen mit einer Werkbank, sämtlichen Werkzeugen und vielen verschiedenen
Materialien bereit, wo sich die Kinder handwerklich austoben können. Es stehen
alle erdenklichen Fahrzeuge gratis zur Verfügung - Kettcars, Bobby-Cars, Roller,
Fahrräder, sogar ein Hochrad könnte man ausprobieren. Abends fährt der Chef
dann gerne mit einem seiner Quads über den Platz, hinter sich zieht er an
Spurstangen eine ganze Reihe Kettcars her, ein Erlebnis der Sonderklasse für
die Kids. Wir sind dann mit dem Chef ins Gespräch gekommen, der gut 70-jährige
ist ein ewiger Pfadfinder. Den Platz hat er geerbt und launisch erzählt er uns
von den Schwierigkeiten mit den Behörden. Das hätte sich über Jahrzehnte
hingezogen, aber jetzt gehört endgültig alles ihm und er kann praktisch machen,
was er will. Der Platz selber hat übrigens kein Restaurant, aber direkt daneben
gibt es zwei davon. Der Tipp vom Chef: „Das direkt neben der Einfahrt ist ein
bisschen besser, dafür etwas teurer. Das andere ist billiger und vor allem bei
den Jungen beliebt.“ Passt, wir gehen dann später ins „Teurere“, denn das
„Billigere“ ist uns eine Spur zu weit weg, nämlich ganz am anderen Ende des
Platzes. Wie Ilse dann nach 15 Uhr unseren Aufenthalt bezahlt, kommt es zu
einer Szene, die die lockere Atmosphäre hier sehr gut beschreibt: Für die eine
Nacht hier werden inklusive Allem 21 Euro fällig und Ilse reichte dem Chef 25
Euro. Er gab ihr den 5er zurück und meinte lachend: „Kauft dir ein Eis von.“
Super Meldung!
Wegen dem einen Tag bleibt die Vespa natürlich auf ihrem Träger, also
verbringen wir den Nachmittag vor unserem WoMo, schön im Schatten. Direkt vor
uns befindet sich einer der Kinderspielplätze und wir haben die ganze Zeit über
Freilicht-Kino. Herrlich. Nach einem Pasch wird es dann Zeit zum Abendessen und
wir gehen die paar Schritte ins Restaurant „Freimühle“ rüber. Wir kriegen einen
schönen Tisch im Freien, bestellen uns Bier und lesen erfreut in der
Speisekarte. Es gibt eine Vielzahl von Schnitzel-Variationen, darunter mit
JägerSauce, Calvados-Sauce, ja sogar mit Gorgonzola. Aber, Gernot hegte ohnehin
schon die Befürchtung, sämtliche Schnitzel werden hier paniert. Und danach
kommt die Sauce drüber. Also tatsächlich „Wiener Schnitzel mit Tunke“, der
Albtraum jedes Österreichers. Und natürlich auch jeder Österreicherin, denn
Ilse war ebenso enttäuscht. Wurscht, wir haben dann beide das „Wiener
Schnitzel“ genommen, garantiert ohne Tunke und wie versprochen in Butterschmalz
herausgebacken. Ohne Übertreibung, so ein gutes Schnitzel haben wir lange nicht
mehr auf dem Teller gehabt, es war de facto perfekt, nur mit dem legendären
„Würz-Ei“ (die gequirlten Eier werden gesalzen und gepfeffert) hätte der
Koch/die Köchin noch eins draufsetzen können. Aber das sind Spitzfindigkeiten.
Übrigens, so teuer war der Abend dann gar nicht, denn wir haben mit den 43 Euro
eh weniger bezahlt, als erwartet. Das passt schon.
Nach einem ausgiebigen Spaziergang sind wir beide noch ganz fein duschen
gegangen und bei einem lässigen Pasch im Freien haben wir es dann dunkel werden
lassen. Die Ruhe am Platz ist geradezu himmlisch, außer den zahlreichen Vögeln
und ab und zu einem herzlichen Kinder-Lachen ist kein störender Lärm zu hören.
Ziemlich sicher werden wir diesen Campingplatz in Zukunft noch einmal anfahren,
denn es gefällt uns ausgesprochen gut hier. Und die Gegend rund um Montabaur
gibt sehr viel her, die schreit geradezu nach ausgedehnten Vespa-Touren. Es ist
immer gut zu wissen, dass wir fast überall lässige Campingplätze in der
Hinterhand haben. So gerne wir unbekannte Plätze ansteuern, so fein ist es
manchmal, auch in schon vertrauten Gewässern zu schippern.
Morgen geht’s dann endgültig nach Haßfurt, unseren Platz dort haben bereits
reserviert. Besser gesagt, unsere Plätze. Denn die erste Nacht müssen wir mit
einem „Ersatz-Platz“ Vorlieb nehmen, erst übermorgen dürfen wir dann direkt an
den Main vorrücken. Wir sind aber eh froh, dass wir überhaupt einen Platz
gekriegt haben, denn bei den „Naturfreunden Haßfurt“ ist fast immer alles
ausgebucht. Doch für die Zimmermanns hat sich der Herr Klaus extra ins Zeug
gelegt, er wird halt auch den Tiroler Speck nicht vergessen haben, den wir ihm
letztes Jahr mitbrachten. Jaja, mit Speck fängt man Kläuse … 😊.
Samstag, 8. Juli 2023
Nach einer wunderbar ruhigen Nacht sind wir nach dem Aufwachen beide noch
liegengeblieben und haben dem vielstimmigen Chor der Singvögel gelauscht. Das
sind auch die einzigen Geräusche hier am Morgen, nur hin und wieder hört man
einen Camper abfahren. Einfach nur herrlich. So wundert es nicht, dass es fast
schon halb zehn ist, als wir endgültig aufstehen. Und das an einem Fahrtag.
Spielt natürlich gar keine Rolle, wir haben überhaupt keinen Stress. Auch wenn
die heutige Etappe mit ihren fast 300 Kilometern eine eher längere ist, sind es
trotzdem nur 300 Kilometer. Nahezu alles über die Autobahn, da werden wir trotz
Pausen keine 5 Stunden brauchen. Ilse kocht heute wieder die große Portion
Kaffee und nach dem Frühstück fahren wir um 10 Uhr 29 vom Campingplatz
„Eisenbachtal“ ab. Hier kommen wir sicher noch einmal her und dann nicht nur
für eine Nacht.
Die Fahrt nach Haßfurt ist dann völlig unproblematisch verlaufen und was wir
vorher gar nicht wussten, wegen der beginnenden Urlauberreisewelle hat es heute
auf vielen Autobahnen ein LKW-Fahrverbot gegeben. Die ganze Fahrt über haben
wir keine 10 Brummis gesehen, da geht’s natürlich gleich für alle lockerer
dahin. In Haßfurt angekommen, haben wir wie immer die Vespa außerhalb des
Platzes abgeladen und sind dann auf unseren Stellplatz gefahren, die Nummer
wussten wir ja schon. Gleich ist dann der Herr Klaus zu uns gekommen, wir
dürfen übrigens nicht mehr „Herr Klaus“ zu ihm sagen. „Klaus genügt, haha!“
Überhaupt lacht er viel, der Klaus und er ist ein darüber hinaus ein sehr
tüchtiger Platzwart. Ilse füllt dann rasch die Anmeldung aus, das Formular
bringt uns Klaus bis ans WoMo-Fenster. Morgen ist Sonntag, also gibt es den
Brötchen-Service. Leider nur am Wochenende, denn als absolutes
Alleinstellungsmerkmal unter allen Campingplätzen wird hier von Klaus jede
Bestellung jedem Camper am nächsten Morgen direkt ans Wohnmobil, an den
Wohnwagen oder ans Zelt geliefert. Das gibt’s sonst nirgendwo. Wir bestellen
natürlich auch vor und als Ilse fragt, wie denn die Semmeln hier genannt
werden, da meint Klaus: „Ach, das sind bei uns die Normalen.“ Gut, dann ein
Croissant und zwei Normale. Passt. Wir sind gut bei den „Naturfreunden Haßfurt“
angekommen. Weil unser Platz nur wenig Schatten spendet, übersiedeln wir mit
Tisch und Stühlen ans Main-Ufer und matchen uns am Pasch-Teller. Dazu das eine
oder andere eisgekühlte Getränk. Herrlich. Sehr schnell stellt sich wieder das
unvergleichliche Camper-Feeling ein. Wir haben uns noch gar nicht bei der
Verwandtschaft gemeldet, das holen wir morgen nach. Eigentlich wollten wir
abends in „Meehäusle“ essen gehen, aber es ist wegen einer Privat-Veranstaltung
unzugänglich. Wurscht, wir geben uns mit einer feinen Jause zufrieden, Brot,
Schinken und Parmesan haben wir ja noch. Morgen startet das Besuchsprogramm in
Haßfurt und wir freuen uns auf jeden einzelnen von Gernots Verwandten. Mit der
Vespa wollen wir auch ausfahren, das Wetter meint dazu nur: „Von mir aus gerne.“
Wir stehen bei wunderbarem Wetter auf und freuen uns über den neuen Tag.
Kurz nach 8 Uhr bringt uns Klaus dann die Brötchen an unser WoMo-Fenster und
wünscht uns einen Guten Morgen. Sehr lässig. Heute feiern wir unseren 12.
Hochzeitstag und wir halten unsere Heirat immer noch für die beste Idee, die
wir je hatten. Mehr braucht man nicht hinzufügen.
Schon während des Frühstücks sehen wir, dass die Camper, deren Platz wir
heute übernehmen, bereits hochmotiviert mit ihrer Aufbruchs-Routine beschäftigt
sind. Die machen das gut und effizient, bald werden sie weg sein. Tatsächlich
rollt der Fahrer schon eine Viertelstunde später das Stromkabel zusammen, fast
immer der finale Schlusspunkt vor einer Abreise. Apropos Stromkabel, die
„Naturfreunde Haßfurt“ sind bis jetzt auf dieser Reise der achte Campingplatz, auf dem wir nächtigen und
noch kein einziges Mal haben wir unsere Kabeltrommel einsetzen müssen. Immer
hat unser 10 Meter langes „Ersatz-Kabel“ ausgereicht, so knapp sind wir immer
an den Stromkästen dran gestanden. Oft sind sie 20 und mehr Meter weit weg,
aber diesmal waren uns die Stromkabel-Götter gnädig 😊.
Der Camper-Van vor uns hatte dann seinen Platz kaum verlassen, da stellten
wir unseren braven Nasenbären schon an seine Stelle. Wahrscheinlich wird sich
unsere Schnecke über die extrem kurze Fahrt gewundert haben, aber jetzt darf
sie eh wieder ein paar Tage ruhen. Schnell war der Strom angesteckt, natürlich
reichte auch hier wieder unser kurzes Kabel. Wir sind dann gleich mit unseren
neuen Nachbarn ins Gespräch gekommen, einem älteren Ehepaar aus Deutschland.
Die Frau hat uns zuerst für Italiener gehalten, wegen dem „I“ auf unserer
Autonummer. Passiert uns eh nicht zum ersten Mal. Aber diese Dame dürfte –
vorsichtig formuliert – leicht lernresistent sein, denn ihr Gatte machte sie
mit einem verzweifelten „Aber ich habe dir doch gestern schon gesagt, die
kommen aus Österreich. Das I steht für Innsbruck in Tirol“ auf ihren Lapsus
aufmerksam. Sie steckte das locker mit „Ach Tirol. Ja, das kennen wir von
unseren Urlauben in Stumm im Zillertal“ weg, Geographie zählt mit Sicherheit
nicht zu ihren Stärken …
Danach hat es uns dann aber nicht mehr lange am Campingplatz gehalten, das
Wetter ist einfach zu schön. Also weckten wir unsere Vespa auf und sie zeigte
sich sehr erfreut, dass sie endlich wieder Asphalt unter den Rädern spürte. Wir
fahren ohne Ziel los, gleich an der erstbesten Tankstelle gießen wir unserem
Moped ein paar Liter Kraftstoff in den Bauch. Und ab geht’s in Richtung
Königsberg in Bayern, auch weil sich das Hinweisschild dort direkt neben der
Tankstelle befindet. Die Fahrt war alleine schon das halbe Vergnügen, es sind
kaum andere Fahrzeuge unterwegs und wir können mit 50, 60 km/h dahinrollen. In
Königsberg angekommen folgen wir dann den Hinweisschildern zum Schlossberg und
– ungelogen – erst wie wir am Parkplatz angekommen sind, realisierten wir, dass
wir schon letztes Jahr hier herauf gefahren sind. Das passiert uns ganz selten,
denn Ilse kann sich sonst an jede geographische Kleinigkeit erinnern. Wurscht,
wir haben im erneut menschenleeren Park genau auf derselben Bank Platz
genommen, ein paar Schlucke getrunken und den Vögeln zugehört. Eingekehrt sind
wir auch heuer nicht und nach einer feinen halben Stunde lockte uns wieder die
Straße. Wir sind dann ohne genauen Plan weitergefahren, Ilse schaute halt
gefühlsmäßig, dass wir irgendwie eine Runde zusammenbringen. Eigentlich unnötig
hinzuzufügen, dass es genauso gekommen ist. Zuerst sind wir in den Ort
Hohnhausen gekommen, nach dessen Durchfahrt lockte uns ein Schild nach Dörflis,
bald einmal darauf fanden wir uns in Eben wieder. Die ganze Fahrt führte uns
über kleine Landstraßen und noch kleinere Verbindungswege, aber wir waren stets
nur auf Asphalt unterwegs, Offroad spielt es nur im Notfall. Die Natur in den
Haßbergen ist wunderschön, wir sind viel in Wäldern unterwegs und biegen immer
wieder mal einfach so ab. So sind wir schließlich nach Ebelsbach gekommen und
danach gings flott weiter.
Bald tauchte das erste Hinweisschild nach Haßfurt
auf und weil der Weg ab jetzt über die Bundesstraße führte, flog uns unser
Campingplatz bei einem 90er nur so entgegen. Schnell noch Zeil am Main
passiert, zwei drei Kreisverkehre durchfahren und schon bogen wir in Richtung
„Naturfreunde“ ab. Insgesamt war das zwar eine eher kleine, dafür aber eine
sehr feine Ausfahrt. Wird nicht die letzte hier gewesen sein, die Haßberge sind
wirklich sehenswert und wir freuen uns schon, von den Verwandten hier gute
Tipps für Touren zu erfragen. Die erste Handlung nach unserer Rückkehr am
Campingplatz war unsere „offizielle“ Anmeldung bei der lieben Mischpoke. Onkel
Rudi und Tante Ilse haben ein WhatsApp gekriegt, Katja haben wir kurz
angerufen, sie bratet am Baggersee in der Sonne. Tante Heidi wird auch
telefonisch von unserer Ankunft informiert und sie lädt uns natürlich sofort
ein. Nach unserem leichten Zögern meint sie: „Ach was, ich komm zu euch raus.“
Und keine zehn Minuten später ist sie dann schon mit ihrem roten Flitzer
vorgefahren. Nach der herzlichen Begrüßung haben wir uns dann gleich auf die
Terrasse vom Gasthaus „Meehäusle“ verfügt und sehr, sehr gut gegessen. Tante
Heidi ist ja so etwas wie eine lebende Institution in Haßfurt, praktisch jeder
kennt sie und auch sie kennt nahezu jedermann und jederfrau. So sagt sie zum
Beispiel zum jungen Kellner: „Dein Gesicht kenn ich, wie heißt denn deine
Mutter?“ Und als der Bursche antwortet meint Heidi zufrieden: „Wusste ich es
doch, du bist deinem Vater wie aus dem Gesicht geschnitten.“ Danach musste der
Junge noch Rede und Antwort stehen, warum er nicht Arzt geworden wäre. Denn das
hätte er Heidi schon als kleiner Bub als Berufswunsch genannt. Jaja, die Tante
Heidi. Wegen ihres Bestattungsunternehmens wird sie übrigens seit Jahrzehnten
in Haßfurt und Umgebung nur die „Leichen-Heidi“ genannt, aber das stört sie
nicht. „Bin ich ja schließlich auch“, lacht sie lieber darüber. Und immerhin
inspiriert das Gernot zum eher fragwürdigen Gag: „Ich habe noch zwei Radler im
Kühlschrank.“ Heidi Z., Bestatterin. Was haben wir gelacht …
Wie gesagt, das Essen hat ausgesprochen gut geschmeckt, Gernot und Heidi
haben das „Hühnergeschnetzelte mit Reis“ genommen, Ilse delektierte sich am
„Wiener Schnitzel mit Pommes“. Die Preisgestaltung im „Meehäus“ ist absolut
human, obwohl das Geschnetzelte mit einem großen, gemischten Salat gereicht
wurde, kostete es nur 10 Euro 90, Tante Heidis Seniorenportion war gar noch
einmal um zwei Euro billiger. Es geht also offenbar auch so, ohne die
sogenannte „Gierflation“ unserer heimischen Wirte. Übrigens ist es Ilse
gelungen, Tante Heidi beim Bezahlen auszutricksen. Denn natürlich wollte sie
uns einladen und hatte das auch schon beim Kellner deponiert. Aber wie
gesagt, Ilse war einen Tick schneller, auch wenn das Personal besorgt meinte,
das würde Tante Heidi gar nicht gefallen. Sie hat es dann aber tapfer
hingenommen 😊. Heidi musste dann bald
einmal aufbrechen, denn auch mit ihren 77 Jahren ist sie immer noch ins
Tagesgeschäft eingebunden. Wir sind dann von der Gasthaus-Terrasse ans
Main-Ufer übersiedelt und haben einen Pasch angefangen. Übrigens bedient sich
Gernot heute am Campingplatzkühlschrank, den Klaus sehr gewissenhaft mit
verschiedenen Biersorten aufgefüllt hat. Diesem Angebot an bayrischen Bieren
kann man(n) natürlich nicht widerstehen und muss das zum Glück auch nicht. Pro
Pulle werden 2,50 Euro fällig und weil uns eh das Bier im WoMo auszugehen
droht, ist das ein willkommenes Angebot.
Zu unserer Überraschung kommt dann
plötzlich Onkel Rudi zu uns, das freut uns sehr. Er wolle nur kurz Hallo sagen,
aber als gestandener Bayer bzw. Unterfranke hat er natürlich sogleich ein
Bierchen mit uns gezischt. Es geht allen gut, das ist schon mal das Wichtigste
und bald einmal werden sie sogar mit ihrem großen Wohnmobil ausfahren. Nach Bad
Füssing in Oberbayern, na immerhin 😊. Onkel Rudi muss dann
wieder los und mittlerweile steht unser „Besuchsplan“ in groben Zügen fest:
Montag zu Mittag bei Tante Heidi, am Abend Treffen mit Katja. Dienstag abends
mit Heidi „Zum Türken“ und am Donnerstag zu Mittag nach Obertheres zu Tante
Ilse und Onkel Rudi. Dazwischen sicher noch einmal „Zum Türken“, genauer
Zeitpunkt ist aber noch offen. Ehrlich gesagt, wir freuen uns sehr über jeden
einzelnen Termin, wir sind hier überall so herzlich willkommen, dass man sich
nur freuen kann.
Später machen wir dann unseren Pasch fertig und schauen natürlich immer
wieder zu den Lastschiffen und Hotelschiffen rüber, die direkt an uns
vorbeischippern. Von der „Amadeus Brilliant“ aus Passau, unterwegs von Köln
nach Mainz, hat Ilse übrigens die Rohdaten notiert: 110 Meter lang, 11,4 Meter
breit, Platz für 150 Passagiere. Für uns wäre das eher nix, aber wenn dann eine
Flusskreuzfahrt, auf ein Mittelmeer-Kreuzfahrtschiff kriegen uns keine 10
Elefanten …
Montag, 10. Juli 2023
Bis nach Mitternacht war es noch so richtig warm, danach ist die Temperatur
erfreulicherweise so stark zurückgegangen, dass wir uns sogar zudecken mussten.
Kurz vor 5 Uhr hat es dann unvermittelt zu regnen begonnen, zum Glück ist Ilse
davon sofort wachgeworden und konnte noch schnell unsere Campingstühle
„retten“. Die sind aus Stoff und denen würde der Regen nicht besonders guttun.
Noch besser war natürlich das sofortige Schließen aller unserer Dachluken, das
sind immerhin vier Stück. Denn Wasser von außen im WoMo mögen wir gar nicht.
Nach ihrem Noteinsatz durfte Ilse wieder weiterschlafen und wie wir gegen 9 Uhr
frühstücken, können wir das schon wieder unter freiem Himmel tun, auf
staubtrockenen Stühlen. Danke Ilse!
Wir verbringen einen feinen Vormittag am Campingplatz, das Wetter ist
herrlich. Um 11 Uhr 30 sind wir bei Tante Heidi zum Mittagessen eingeladen und
um 11 Uhr 28 parken wir vor ihrem Geschäft in Haßfurt ein.
Tante Heidi weiß
natürlich, dass wir stets pünktlich sind, deshalb steht das Essen bereits am
Tisch. Es gibt überbackene Schinkennudeln mit Salat, echte Hausmannskost vom
Feinsten. Onkel Heinz ist auch da und wir haben eine gute Zeit zusammen. Wir
fühlen uns wirklich herzlich willkommen hier und natürlich werden wir diese
Verwandtschafts-Bande nie mehr abreißen lassen. Heute bleiben wir aber gar
nicht überlange sitzen, denn das wunderbare Wetter lässt uns Vespistis nur
schwer in einer Stube hocken. Und sei sie auch noch so gemütlich. Also
verabschieden wir uns nach zwei kurzweiligen Stunden, morgen sehen wir uns eh
„Beim Türken“ wieder. Wir fahren vollkommen ziellos von Haßfurt weg und nach
ein paar Kilometern biegen wir von der hektischen Bundesstraße in Richtung Zeil
am Main ab. Jetzt sind wir wieder auf den so geliebten kleinen und ganz kleinen
Straßen unterwegs. In Zeil am Main fahren wir dann zur Wallfahrtskirche „Zeiler
Käppele“ hinauf. Zwar waren wir erst im vergangenen Jahr mit Onkel Rudi hier
heroben, aber der Platz ist allemal einen zweiten Besuch wert. Wir parken
direkt neben einer Sitzgruppe mit Tisch und spazieren um die schöne, alte
Kirche herum. Und wir genießen die wunderbare Aussicht, das „Zeiler Käppele“
liegt ja doch schon zwei-, dreihundert Meter erhöht. Nach einiger Zeit sind wir
dann zuerst nach Hohnhausen gecruist und von dort in Richtung Königsberg in
Bayern. Heute fahren wir aber nicht zur Burg hinauf, sondern in die Stadt
hinein. Mitten am Hauptplatz stellen wir ab, direkt neben der großen Kirche.
Wie stehen vor dem Denkmal eines der größten Berühmtheiten von Königsberg, dem
Astronomen und Mathematiker Regiomontanus. Der hat im 15. Jahrhundert schon mit
14 Jahren Mathematik studiert und vor allem in Astronomie, Geometrie und
Algebra neue Maßstäbe gesetzt. Regiomontanus war so etwas wie ein
Universalgelehrter und an vielen Königshäusern gerne gesehener Gast. Er ist
allerdings kaum 40 Jahre alt geworden, also das mit der Lebenserwartung im 21.
Jahrhundert ist schon eine feine Sache …
Wir statten auch der großen Kirche
einen Besuch ab, danach rasten wir noch kurz auf einer Bank, bevor wir uns
wieder auf unseren Roller schwingen. Schön langsam werden wir unsere heutige
Runde beenden, zuvor müssen wir aber noch bei ALDI ein paar Sachen besorgen.
Anschließend zurück zum Campingplatz, die heutige Ausfahrt führte uns immerhin
61 Kilometer weit durch die schöne Landschaft der Haßberge. Doch jetzt war
erstmal relaxen angesagt und wir haben es uns am Main-Ufer bequem gemacht.
Dafür haben wir auch unsere superfeinen Liegestühle ausgepackt, mit den weichen
Auflagen aufgepeppt und sogar Kopfpölster ans Ufer gebracht. So lässt es sich
natürlich gut aushalten, Ilse ist gleich einmal schön weggeschlummert. So haben
wir es entspannt Abend werden lassen, um 19 Uhr haben wir mit Katja in einem
Haßfurter Biergarten ausgemacht. Davor noch schnell eine ausgiebige Dusche –
apropos Dusche: Hier bei den „Naturfreunden Haßfurt“ gibt es ja die
Besonderheit, dass für Männlein und Weiblein je zwei Duschen zur Verfügung
stehen. So weit, so gut. Allerdings befinden sich beide Duschen in einem Raum
nebeneinander, nicht getrennt durch einen Duschvorhang oder so. Das ist echt
speziell. Und tatsächlich hat Ilse heute eine Mit-Duscherin in der Kabine
gehabt. Natürlich kein Problem, keiner von uns ist prüde, trotzdem ist das eher
außergewöhnlich. Und wie Ilse dann beim Smalltalk erwähnte, dass sie schon in
der Pension sei, da erkundigte sich die Dame nach ihrem Alter. Die Frau
kommentierte das „64“ mit einem überraschenden: „Sie sehen aber viel jünger
aus.“ Ein Kompliment von einer nackten Dame kriegt Ilse auch nicht jeden Tag … 😊.
Selbstredend sind wir dann überpünktlich beim Biergarten „Zur
Benediktiner-Quelle" eingetroffen, Katja war trotzdem schon da. Leider hat
sie sich vor kurzer Zeit von ihrem Partner Rainer getrennt, wir sagen deshalb
leider, weil wir Rainer schon sehr in unser Herz geschlossen haben. Wurscht,
geht uns natürlich nix an, aber halt trotzdem schade, wir hätten garantiert
wieder unseren Spaß miteinander gehabt. Den hatten wir an diesem Abend dann
aber auch ohne Rainer, denn wir haben uns wirklich sehr gut unterhalten. Katja
ist eine liebenswerte Frau und wir freuen uns über jedes Treffen. Dazu wird es
übrigens eh bald schon in Innsbruck kommen, denn Katja wird im Zuge ihrer
Italien-Reise bei uns übernachten. Den Abend verbrachten wir dann mit unendlich
viel Quatschen und Lachen, das Essen war auch gut, Gernots Currywurst sogar
hervorragend. Dazu gab es reichlich Bier und Wein, für Gernot alkoholfrei, wir
sind ja mit der Vespa unterwegs. Natürlich endete unser Beisammensein viel zu
früh, aber Katja muss morgen wieder ganz früh raus. Also sind wir gegen 21 Uhr
30 zum Campingplatz zurückgefahren, gerade noch mit dem allerletzten
Tageslicht. In Nord-Holland wäre es jetzt noch eine Stunde lang hell, aber das
nur nebenbei. Man kann halt nicht immer alles haben … 😊. Weil es heute gar so
fein ist, sitzen wir dann noch bis Mitternacht vor unserem Häuschen, natürlich
gut mit Fluid eingeölt, auf dass die Stechmücken fernbleiben. Das tun sie zum
Glück auch, zu Dutzenden sehen wir sie angewidert abdrehen, wenn sie Witterung
von uns kriegen. Das Innere unseres Wohnmobils haben wir soundso insektenfrei
halten können, denn schon bevor wir zum Abendessen ausgefahren sind, hat Ilse
sämtliche Fliegengitter vor die Fenster gezogen und gleich drei
Vandal-Insektenfallen aufgestellt. Dazu noch unsere neueste Verteidigungswaffe,
das ultraviolett leuchtende Lämpchen mit der Strom-Falle. Jeden Morgen darf
Gernot mit einem Zahnstocher die gegrillten Moskitos vom Metall-Gitter der
Falle kratzen, manchmal mehr als ein Dutzend.
Ach ja, kurz vor dem Schlafengehen ist uns noch aufgefallen, dass wir heute
keinen einzigen Pasch gemacht haben, sonst sind es meistens zwei Spiele
täglich. Das ist ein gutes Zeichen, wie dicht hier in Haßfurt unser Programm
ist. Und schön langsam spüren wir auch, dass wir seit ein paar Tagen keinen
Mittags- bzw. Nachmittagsschlaf gehalten haben. Diese eineinhalb Stunden Ruhe
untertags gehen uns ab, der Mensch ist nun einmal ein Gewohnheitstier. Und ohne
große Prophezeiungen zu tätigen – auch in den kommenden Tagen werden wir nur wenig
zur Ruhe kommen, schon gar nicht am hellichten Tag. Aber das ist auch gut so,
wie fühlen uns trotzdem sehr wohl hier.
Dienstag, 11. Juli 2023
Wie wir am Morgen aus den Fenstern schauen wissen wir schon, dass wir heute
wieder eine Tour mit der Vespa machen werden. Der Tag fängt also schon mal gut
an. Nach dem Guten-Morgen-Kaffee halten wir uns gar nicht mehr lange am Platz
auf und schwingen uns auf den Roller. Unser erster Weg führt uns zur
Tankstelle, dann fahren wir ziemlich ohne Plan los. Ziemlich ohne Plan deshalb,
weil Ilse gestern bei der Internet-Recherche immerhin herausgefunden hat, dass
es in der Gegend ein Alpaka-Bauernhof gibt. Zumindest das wollen wir uns
anschauen. Ohne das Navi einzuschalten glühen wir zuerst nach Obertheres rüber,
die Alpakas werden uns schon nicht auskommen. Wir kennen uns eh schon ein wenig
aus hier, also wissen wir, dass die Ortschaft Knetzgau auf unserem Weg liegt.
Auf eine nähere Besichtigung von Knetzgau verzichten wir und bleiben auf der
Umfahrungsstraße. Bei einer Wallfahrtskirche legen wir die erste Pause ein und
rasten uns eine Viertelstunde lang aus.
Nächstes Ziel ist die Stadt Eltmann, ganz in der Nähe sollte sich das
Gestüt befinden. Wir durchqueren das nicht unhübsche Städtchen und halten die
Augen nach Alpakas offen. Nachdem die Tiere aber nicht und nicht in unserem
Blickfeld auftauchen, bleiben wir bei einer Bushaltestelle stehen. So, jetzt
muss uns Google-Maps weiterhelfen. Ilse gibt unseren Standort und die Adresse
des Alpaka-Gestüts ein, da meldet uns das Navi: „Ihr Ziel befindet sich nach 20
Metern auf der rechten Seite.“ Volltreffer! Wobei, auch am richtigen Ort
angekommen, war kein einziges niedliches Haarbüschel eines Alpakas zu sehen.
Dafür standen wir eher fassungslos vor einem kleinen Hofladen, der diverse
Alpaka-Produkte im Angebot hatte. Und der geschlossen war. Nirgendwo ein
Hinweis auf das Alpaka-Gestüt – auch wenn der Weg hierher nicht weit und sehr
schön war, umsonst ist er trotzdem gewesen. Gut, haben wir das mit den Alpakas
auch erledigt, also weiter. Von Eltmann aus lockt uns ein Hinweisschild auf
eine „Höhenstraße“, die nehmen wir dann gleich in Angriff. Vorher muss sich
Gernot noch mit einem aggressiven Autofahrer herumstreiten. Der hat uns bei der
Stadteinfahrt völlig sinnlos überholt, mit einem 80er bei erlaubten 50. Gernot
hat ihn gar nicht kommen sehen, der Dümmling hat auf einer Sperrfläche überholt
und ist uns dann sehr gefährlich reingeschnitten. Dass ihn Gernot deshalb
anhupte und ihm den „Scheibenwischer“ zeigte, hat der vielleicht 30-jährige
dann nicht hinnehmen können. Gleich mehrmals hat er mit seinem Auto eine
Vollbremsung hingelegt und ist aus dem Auto gesprungen, Gernot hat halt immer
vorbeigelenkt und ist dem Audi-Deppen wieder davongefahren. Bereits weit
außerhalb von Eltmann hat uns der aggressive Typ dann an einer Baustellen-Ampel
wieder mal eingeholt und ist sofort wutentbrannt auf uns zugelaufen. Gernot ist
nicht mal vom Moped abgestiegen und hat dem über und über tätowierten Typen
gleich die Meinung gegeigt „Du unverschämter Lümmel, dir gehört augenblicklich
der Führerschein abgenommen. Du bist eine Gefahr für andere, du Psychopath.“
Sofort ist der Mann zurückgezuckt, wir haben sogleich gesehen, dass er nur ein
Maulheld war und nicht den Mut hatte, noch näher zu kommen. Wahrscheinlich war
ihm Gernot zu groß, zu breit und zu selbstsicher, also hat der Primitivling
noch ein wenig geschimpft und wie die Ampel grün geworden ist, haben wir ihn
einfach stehen lassen. Kurz darauf hat er uns dann – dumm wie er war – extrem
riskant und mit gut 130 km/h überholt, auf einer schmalen Landesstraße. Trottel
gibt’s … Aber natürlich kann uns so etwas nicht die Laune verderben, keine fünf
Minuten später haben wir den Idioten schon wieder vergessen. Zugegeben, hätte
es zufällig im nächsten Ort eine Polizeidienststelle gegeben, wir hätten den
Audi-Fahrer angezeigt. Zum Schutz anderer Verkehrseilnehmer. Und wir hätten
einen schlagenden Beweis für die Aggressivität des Mannes mit dabeigehabt, denn
Ilse hat die Szene an der Ampel mitgefilmt. Aber – keine Polizei, keine
Anzeige. Und wie gesagt, kurz darauf haben wir den Typen eh vergessen …
Stattdessen haben wir uns an der schönen Landschaft erfreut, sind durch
viele kleine Dörfer gekommen und waren meistens ganz alleine auf den Straßen
unterwegs. Bei ein paar Weihern in der Nähe von Oberaurach rasteten wir kurz,
danach ließen wir uns von den Hinweisschildern in Richtung Knetzgau
zurückführen. Von dort haben wir dann einen anderen Weg nach Haßfurt genommen
und nach 83 Kilometern beendeten wir vor unserem WoMo die lässige Vespa-Tour.
Jetzt erstmal ein bisschen chillen, später werden wir dann von Tante Heidi
abgeholt und „zum Türken“ chauffiert. Wir spielen uns einen Pasch aus und
richten uns anschließend für die Abholung um 17 Uhr her. Zu unserer
Überraschung kommt aber um 16 Uhr 58 nicht Tante Heidi daher, sondern Onkel
Heinz. Der fährt mit seinen 83 Jahren eigentlich nicht mehr gerne selber mit
dem Auto und er hätte das auch heute nicht tun sollen. Denn wir wollten gerade
in den roten Flitzer von Tante Heidi einsteigen, als ein holländischer Camper
händeringend auf uns zugelaufen kam: „Sie haben einen Schaden am Auto gemacht!“
Tatsächlich sah Gernot eine Gummileiste vom Frontspoiler herunterhängen. Der
Spoiler selbst hat einige tiefer Kratzer abbekommen und wie wir dann den Grund
für den Schaden sahen, glaubten wir es gar nicht mehr: Onkel Heinz wusste ja
nicht genau, wo wir stehen, also ist er über den Platz gefahren und hat ein
Wohnmobil mit Innsbrucker Kennzeichen gesucht. Und dabei hat er schlicht die
riesige, gemauerte Feuerstelle übersehen, die man nun wirklich nicht übersehen
kann. Und er ist komplett durchgefahren. Aber Heinz hat halt nur Augen für uns
gehabt, also sei es ihm nachgesehen 😊. Die herunterhängende
Gummilippe konnte Gernot dann rasch reparieren, für die tiefen Kratzer hatte er
aber leider weder Spachtelmasse noch Schleifpapier und schon gar keinen
Autolack in Wagenfarbe einstecken. Shit, irgendwas vergisst man immer …
Da auf dem einen Kilometer Straße bis „zum Türken“ keine weiteren
ungesicherten Feuerstellen im Weg stehen, sind wir schließlich gut dort
angekommen. Tante Heidi war schon da und in den nächsten Stunden haben wir gut
gegessen, gut getrunken und sehr viel Spaß gehabt. Wie uns Tante Heidi dann
gegen 20 Uhr zurück zum Campingplatz gebracht hat, ist sich Gernot ziemlich
beschwipst vorgekommen. Oder um es in seinen Worten zu sagen: „Mei, Ich hab
heut so einen Fetzen, dabei waren es nur drei Bier.“ Am nächsten Tag haben wir
dann übrigens erfahren – es waren allein „beim Türken“ fünf Bier, davor gönnte
sich Gernot zwei Bier beim Paschen. Ehrlich gesagt, nach sieben Bier darf man
sich schon „ziemlich beschwipst“ fühlen bzw. „einen Fetzen haben“. Alles andere
wäre ja geradezu alarmierend 😊.
In der Nacht ist dann erneut ein heftiger Sturm aufgekommen und es hat
wieder stark geregnet. Und wieder war es Ilse, die zum Glück rechtzeitig
wachgeworden ist und die Dachluken schließen konnte. Gernot hat mal wieder
alles verpennt, aber das ist nichts Neues. Normalerweise wird er nicht einmal
bei schweren Gewittern wach, da braucht er auch nicht vorher ein paar Bier
getrunken haben.
Für morgen haben wir noch keine Pläne, einziger Fixpunkt ist der neuerliche
Besuch „beim Türken“. Aber garantiert ohne fünf Bier 😊.
Wir sind heute mal ausnahmsweise länger liegengeblieben und erst nach 9 Uhr
aufgestanden. Nach dem Kaffee ist Gernot mit dem Roller zum ALDI gefahren, wir
brauchen ein paar Sachen. Die Besorgungen sind rasch erledigt und das werden
heute auch die einzigen vier Kilometer Vespa-Fahrt gewesen sein, unsere
Principessa Rossa darf auch mal wieder ruhen. Wir verziehen uns aus der Sonne
und richten uns am Mainufer einen Platz her, denn unser WoMo steht erst ab dem
frühen Nachmittag im Schatten. Natürlich machen wir einen Pasch, plötzlich
meint Ilse: „Das ist doch der Onkel Rudi!“ Tatsächlich, völlig unvermutet steht
Rudi an unserem WoMo. Sein Besuch hier gilt aber ausnahmsweise nicht uns, denn
er ist mit seiner Wandergruppe unterwegs. Eigentlich hätten sie in einem
anderen Gasthaus reserviert gehabt, das ist aber überraschend geschlossen. Also
ist die ganze fidele Gruppe, immerhin 17 Mann hoch, kurzerhand ins „Meehäusle“
ausgewichen. Netter Zufall.
Später kocht Ilse einen zweiten Kaffee und wir machen uns mit den
ALDI-Topfengolatschen eine feine Jause. Dann überkommt uns die Müdigkeit und
wir legen uns ein bisserl nieder. Mithilfe unseres Ventilators können wir das
ohne Weiteres auf unseren Betten im Häuschen machen – da schläft es sich
allemal bequemer als auf unseren Sonnenliegen.
Nach dem Nachmittagsschläfchen haben wir gerade noch Zeit uns zu duschen
und „das schöne Gewand“ anzuziehen, da fährt um 16 Uhr 59 schon Tante Heidi auf
den Parkplatz zufahren. Den „Unfall“ von gestern hat ihr Heinz schon
gebeichtet, die Stelle wo es passiert ist, will sie sich gar nicht anschauen.
Und obwohl der rote Kia ihr ganzer Stolz ist („Von meinem eigenen Geld
gekauft!“), hat sie die Geschichte abgehakt, denn: „Ich will den Heinz doch
nicht beschämen.“ Ist das nicht süß? Kein Wunder, dass die beiden nach über 50
Jahren Ehe immer noch glücklich miteinander sind …
„Beim Türken“ haben wir erneut ausgezeichnet gegessen, heute genossen wir
beide eine Pizza. Die übrigens ganz schön scharf dahergekommen ist, aber wir
sind Indien-erprobt, also ist es uns hierzulande ohnehin nie zu scharf.
Chili-Pulver halt, wahrscheinlich auch, um den Bierverbrauch anzukurbeln 😊. Bei Gernot hat diese
Taktik heute nicht gefruchtet, denn er gab sich mit drei Bier zufrieden.
Natürlich ist es auch heute wieder ein freudvoller und lustiger Abend geworden
und anschließend hat uns Heidi zum Campingplatz zurückgebracht. Sogar unter ein
wenig Zeitdruck, denn: „Um 20 Uhr kommt die Sendung mit der Daniela
Katzenberger, die schau ich mir immer an.“ Darüber müssen wir beide schmunzeln,
denn wir hätten nicht gedacht, dass Heidi zur Zielgruppe der Katzenberger-Fans
gehört. Aber natürlich fügen wir uns und trinken rasch unsere Gläser leer,
nicht, dass Heidi was versäumt … 😊
Wir sind heute noch sehr lange vor unserem WoMo gesessen und haben die
bisherige Reise ein wenig Revue passieren lassen. Eigentlich wollten wir nach
Haßfurt noch irgendwo hinfahren, aber inzwischen sind wir sicher, dass wir am
Freitag die Heimreise nach Innsbruck antreten werden. In Holland und in immer
mehr deutschen Bundesländern beginnen nach und nach die Sommerferien in den
Schulen, dementsprechend wird es auch auf den Campingplätzen rundgehen. Ganz
davon abgesehen, dass wir mit unserer ACSI-Karte außerhalb der Hauptreisezeit
überall nur den halben Preis (wenn überhaupt!) bezahlen. Dazu kommt das bereits
prall gefüllte „Schmutzwäsche-Kastl“, ein Grund mehr für eine baldige Rückkehr.
Passt!
Donnerstag, 13. Juli 2023
Heute ist unser letzter volle Tag in Haßfurt und wir werden von der Sonne
geweckt. Erst nach 9 Uhr stehen wir auf und nach dem Kaffee vergammeln wir den
Vormittag vor unserem Häuschen. Es wird heute eventuell nicht ganz so heiß
werden wie in den vergangenen Tagen. Soll uns auch recht sein. Gegen 12 Uhr
brechen wir dann mit der Vespa auf, zuerst geht’s nach Haßfurt rüber zum
Geldautomaten. Den finden wir nach einem kleinen Umweg, anschließend glühen wir
die knapp 6 Kilometer nach Obertheres rüber, wo wir um 12 Uhr 30 bei Onkel Rudi
und Tante Ilse zum Essen eingeladen sind. Wie üblich sind wir überpünktlich und
wie wir um 12 Uhr 26 beim Haus ankommen, wartet Rudi bereits auf uns – auch er
weiß längst Bescheid über unsere Pünktlichkeit. Nach der herzlichen Begrüßung
werden wir bruchlos zum Esstisch geführt und in der Folge wunderbar mit
Fleisch-Laibchen, Salzkartoffeln, Rahmgemüse und Salat abgefüttert. Wunderbare
Hausmannskost, das liegt genau auf unserer Welle. Dazu Bier direkt aus
Obertheres, eine wirklich runde Sache. Nach dem Essen haben wir uns dann auf
eine der Terrassen gesetzt, einen Kaffee getrunken und gequatscht und
gequatscht. Kurz ist auch Katja vorbeigekommen, sie wohnt ja im Haus nebenan.
Sie bleibt aber nur kurz, am Abend kommt sie uns eh noch am Campingplatz
besuchen. So sitzen wir da und verbringen einen sehr feinen Nachmittag. Bis
dann das Telefon läutet. Tante Heidi möchte gerne wissen, wann wir denn nun
endlich zu Kaffee und Kuchen kommen würden … 😊. Klingt zwar irgendwie
nach „Einladungs-Stress“, aber das täuscht. Wir sind ja eh äußerst empfänglich
dafür und genießen es natürlich, dass jeder und jede Verwandte möglichst viel
Zeit mit uns verbringen möchte. Dafür sind wir wirklich dankbar und wir fühlen
uns sehr willkommen und wertgeschätzt hier im schönen Unterfranken.
Selbstverständlich sagen wir Tante Heidi unser baldiges Kommen zu und
verabschieden uns gleichzeitig von Rudi und Ilse. Jetzt aber nix wir rauf auf
den Roller und im Kampfmodus nach Haßfurt rüber. Dort eingetroffen stehen
Kaffee und Gebäck schon am Tisch und wir greifen trotz voller Mägen zu.
Später
führt uns Onkel Heinz auf die große, überdachte Balkon-Terrasse hinauf und
zeigt uns die neueste Attraktion von Haßfurt: In der Gabel eines
Handy-Sendemasten hat sich ein Storchen-Paar angesiedelt. Eine der großen Vögel
steht gerade aufrecht im Nest und bietet uns ein nettes Fotomotiv. Schön ist
das. Wir bleiben noch eine ganze Zeit lang bei Heidi und Heinz sitzen, auch ein
Angestellter hat sich inzwischen zu uns gesellt. Heidi und Heinz haben seit
jeher ein beinahe schon familiäres Verhältnis zu ihren MitarbeiterInnen, so
werden alle täglich von Heidi bekocht. Momentan kämpfen gerade ein paar
Angestellte mit ihrem Gewicht, also gibt es seit einiger Zeit vermehrt gesunde
Salate und so Zeug. Kein Wunder, dass ihre Mitarbeiter im Regelfall bis zur
Pension im Unternehmen verbleiben. Irgendwann müssen wir dann aufbrechen, aber
nicht ohne vorher noch von Heidi beschenkt zu werden. Wir kriegen ein ordentliches
Stück Schinken, ein paar Dosen-Limonaden, Marmelade, ein paar Nuss-Schnecken
und vor allem den köstlichen Essig (nach einem Rezept „vom Türken“) mit auf die
Heimreise. Nach vielen Umarmungen und noch mehr guten Wünschen sind wir dann
zum Wohnmobil zurückgefahren und haben uns als Erstes zwecks Verdauung in
unsere Campingstühle fallen lassen. Aber die Rast dauerte nicht allzu lang,
denn natürlich bereiten wir nebenbei unsere morgige Abfahrt vor. Also legen wir
gleich mal die Vespa auf, das klappt wieder völlig reibungslos. Dann haben wir
noch Zeit uns zu duschen und schon biegt Katja auf den Parkplatz ein. Wir
machen es uns vor dem WoMo bequem und erzählen aus unseren Leben. Katja wird
nächsten Monat mit ihrem Camper-Van zu einer längeren Italien-Tour aufbrechen,
natürlich kommt sie bei der Fahrt über den Brenner nicht an Innsbruck vorbei.
Und an uns schon gar nicht. Also wird sie, wie bereits erwähnt, bei uns
übernachten, ob in ihrem Camper oder auf unserer Couch werden wir noch sehen.
Leider vergehen die besonders lässigen Stunden auch immer besonders schnell
und gegen 22 Uhr musste Katja dann aufbrechen, sie hat morgen einen ganz
normalen Arbeitstag, der bei ihr um 7 Uhr beginnt. Bei ihr müssen wir uns wie
gesagt nicht bis nächstes Jahr verabschieden, die Umarmungen fallen aber trotzdem
herzlich aus. Wir haben dann noch einen feinen Abend im Freien verbracht und
werden so gegen Mitternacht in unsere Betten gefallen sein.
Es geht wieder nach Hause, das von hier an die 440 Kilometer weit entfernt
ist. Auch wenn wir mittlerweile kurze Fahrtstrecken bevorzugen, werden wir
unterwegs nirgendwo mehr Halt machen. Nach dem Frühstück räumen wir unser WoMo
zusammen, alles kommt auf seinen Platz und noch vor 9 Uhr kommen wir vom Platz
weg. Wir fahren den ganzen Weg über die Autobahn und wenn es von München bis
zur Abzweigung Inntal-Dreieck nicht ewig langen stockenden Verkehr gegeben
hätte, wären wir in knapp über 5 Stunden daheim gewesen. So haben wir halt
exakt 6 Stunden und 57 Minuten für die 444 Kilometer gebraucht – eh auch nicht
schlecht.
Das war also unsere 121. WoMo Reise, in der wir ziemlich spannende Stunden
erlebten, etwa den Orkan in Hoorn, aber auch viele völlig entspannende Stunden,
in Harlingen, Haßfurt und sonst wo. Nicht zu vergessen die geilen Ausfahrten
mit unserer Vespa und das viele gute Essen. Zusammengefasst war das einmal mehr
eine unserer lässigsten Reisen, bei der wir mit dem WoMo 2.368 Kilometer
unterwegs waren und mit dem Roller immerhin 351.