Montag, 15. Juni 2020

100. WoMo-Fahrt "Am Walchsee fragen wir uns verwundert: Ist das wirklich schon WoMo Reise 100?“

Am Walchsee fragen wir uns verwundert: „Ist das wirklich schon WoMo Reise 100?“
11. Juni bis 14. Juni 2020
Innsbruck-Walchsee-Innsbruck  191km


Das wird jetzt also unsere 100. Reise mit dem Wohnmobil. Wobei man über das Wort „Reise“ eventuell diskutieren könnte, denn manche Fahrt ist „nur“ nach Oberbayern gegangen und bei einigen anderen sind wir überhaupt in Tirol geblieben. Aber - jede dieser Fahrten war etwas Besonderes, jeder noch so kleine Ausflug hat uns große Freude gemacht. Noch nie haben wir unser WoMo daheim abgestellt und gesagt „Also diese Reise hätten wir uns sparen können.“ Noch nie! Das ist wirklich schön. Wir haben mit unserem Schneckchen mittlerweile längst die Welt umrundet, waren in den meisten Ländern Europas unterwegs, auch mal vier Wochen am Stück. Seit wir im Juli 2007 zum ersten Mal am Steuer eines (Leih)-Wohnmobil gesessen sind, haben wir uns zu richtigen Campern entwickelt. Es ist zu unserem liebsten Hobby geworden und es gibt für ein Paar wohl nichts besseres, als der gleichen Leidenschaft nachgehen zu können. So werden wir auch zukünftig auf den Campingplätzen Europas zu finden sein oder uns auf den schönsten Stellplätzen einparken. Wenn das keine lässigen Aussichten sind. Aber jetzt geht erst mal unsere 100. WoMo Reise los.
Donnerstag, 11. Juni 2020 
Die ganze Nacht lang hat es in Strömen geregnet, auch gestern war das Wetter so schlecht, dass wir nicht einmal unsere Vespa aufladen konnten. Wurscht, machen wir das halt heute vor der Abfahrt. Die meisten Dinge wie Lebensmittel, Getränke, Note-Books etc. haben wir schon gestern ins WoMo geladen, heute brauchen wir nur mehr unser Gewand einräumen. Um 10 Uhr haben wir mit Nadja und Christian ausgemacht, also fahren wir so gegen 8 Uhr 30 in unsere WoMo-Garage - Ilse mit dem PKW, Gernot mit der Vespa. Weil heute Feiertag ist können wir hemmungslos alle Parkplätze für unsere Vespa-Auflade-Aktion nutzen, natürlich völlig unabhängig vom Wetter. Aber das passt eh halbwegs, zumindest regnet es nicht. Unser Roller lässt sich dann widerstandslos auf seinen Träger hieven und ist keine 10 Minuten später fahrfertig vertäut. Danach noch schnell die Kennzeichentafeln ummontieren und weg sind wir. Zuerst fahren wir zu einer Tankstelle, vor allem, weil wir noch Milch kaufen müssen. Bei der Gelegenheit tanken wir gleich voll, unser Häuschen hat uns mal wieder mit einem 10-Liter-Verbrauch je 100 Kilometer durch die Gegend kutschiert - brav. Dann holen wir Nadja und Christian ab. Sie haben ziemlich viel Gepäck für drei Tage campen, man könnte die beiden durchaus mit Auswanderern verwechseln 😊 Passt natürlich, wir haben einiges an Stauraum im WoMo, ihre zwei Kisten Bier haben wir schon gestern eingeladen. Unser Ziel für das kommende verlängerte Wochenende ist der Walchsee, scharf an der Grenze zu Bayern gelegen und an die 100 Kilometer weit entfernt. Nach dem tagelangen Schlechtwetter ist es fast unglaublich, dass es morgen und übermorgen wolkenlos sein soll, mit Temperaturen bis weit über 25 Grad. Heute ist es noch ein wenig trüb, die Sonne zeigt sich nur ganz selten. Aber Hauptsache ist, vorerst kein Regen! Wir haben den „Camping Seespitz“ am Walchsee ja schon vor ein paar Tagen „ausspioniert“ und sind gemeinsam mit Nadja drei in Frage kommende Campingplätze abgefahren. Wir werden ja an die 15 Personen sein, da wollen wir lieber nichts dem Zufall überlassen. 
Hier am „Seespitz“ steht uns eine ausreichend große Fläche zur Verfügung, wo sich die vier WoMos und die Zelte lässig zusammenstellen können. Passt perfekt. Ziemlich genau um 11 Uhr 30 kommen wir am Campingplatz an und weil Ilse bisweilen sehr penibel ihr Notizbuch mit Daten füttert, können wir an dieser Stelle festhalten, dass wir bereit um 11 Uhr 54 in unseren Stühlen vor unserem WoMo gesessen sind. Da war schon das Bett umgebaut, die Vespa abgeladen und der Strom angesteckt. Nadja und Christian haben den Aufbau ihres Zeltes noch verschoben, der regendurchtränkte Boden darf ruhig noch ein wenig auftrocknen. Lange bleiben wir dann nicht sitzen, sondern gehen zum platzeigenen Restaurant hinauf. Auf der Terrasse nehmen wir Platz und werden sofort von einer sehr freundlichen Kellnerin bedient. Daran, dass sie einen Mundschutz tragen muss, werden wir uns nie gewöhnen und müssen es auch hoffentlich nicht. Auch beim Betreten der Rezeption ist der Mundschutz Pflicht und auch die Angestellten arbeiten hinter Plexiglasscheiben und mit Plastikvisier vor dem Gesicht. Scheiß Virus. Aber so wie es ausschaut, wird die Maskenpflicht ab nächster Woche eh sehr gelockert werden, die stark gesunkene Zahl der Infizierten lässt das zu. Gut so, denn einkaufen mit Maske ist uns extrem unsympathisch und wir hetzen nur so durch die Regale, um möglichst schnell wieder aus einem Geschäft draußen zu sein. Genug gejammert, widmen wir uns lieber wieder den positiven Dingen des Lebens - also zum Beispiel dem Essen im Campingplatz-Restaurant.

Das war ausgezeichnet bis hervorragend, die Bedienung exzellent, eine runde Sache. Christian hat sich das Zanderfilet kommen lassen, Gernot das Tagesgericht Schweinebraten mit Knödel, Ilse und Nadja haben Toasts gegessen. Übrigens sind wir von Nadja und Christian aufs Essen eingeladen worden, sehr nett! Pünktlich zum zweiten Bier hat dann endlich auch die Sonne ein paar Strahlen auf den Platz geworfen, manchmal scheint das Leben wie ein Wunschkonzert zu sein …  Eher ungewohnt ist, dass am Campingplatz fast ausschließlich Tiroler Camper anzutreffen sind, nur vereinzelt sehen wir andere Österreicher und noch vereinzelter Camper aus Deutschland. Das wird sich jetzt aber ganz rasch wieder ändern, denn ab nächster Woche gehen fast überall in Europa die Grenzen wieder auf. Nach und nach trudeln dann unsere Freunde ein, zuerst Babsi und Christian mit ihren drei Hunden, danach Evi und kurz darauf Mirijam und Simon mit ihren zwei Kindern plus der besten Freundin der Tochter.  
Jetzt stehen schon zwei VW-Busse neben unserem WoMo, morgen komplettiert dann Michael mit seinem neuen „Malibu“ unsere Wagenburg. Zwischendurch sind die Kinder schon zum ersten Mal zum See hinuntergelaufen, obwohl der bei weitem keine 20 Grad „warm“ ist. Doch das stört die Kleinen nicht, sie haben ihren Spaß im Wasser und trotzen halt dessen Kälte, solange es auszuhalten ist. Wie es dann angefangen hat zuzuziehen sind sie eh wieder schnell am Platz zurück gewesen und statt Schwimmen mit den Hunden spazieren gegangen. Es beginnt dann leicht zu tröpfeln, also fahren alle ihre Markisen aus bzw. spannen Regenplanen und Sonnensegel. So haben wir jede Menge Platz, um uns stets im Trockenen zu bewegen. Dieser Campingaufenthalt steht für sieben Personen auch im Zeichen eines „Pasch-Turniers“, also klappern ab Mitte Nachmittag allerorten die Würfel. Insgesamt müssen alle SpielerInnen sechs Partien absolvieren, jede einzelne davon dauert (ohne Pause) an die eineinhalb Stunden … „Arbeit“ genug also. 
A propos Arbeit - für eine solche sorgt dann auch die liebe Evi, wenn auch für keinen von uns, sondern für einen Mitarbeiter des ÖAMTC. Sie hat es nämlich tatsächlich geschafft, beide (!!) Autoschlüssel im Fahrzeug einzusperren bzw. hat ihr die eigenwillige Selbstabschließe-Technik ihres Autos dabei geholfen. Dabei hat Evi extra immer einen Ersatzschlüssel mit, denn aussperren kann man sich schließlich bald einmal. Aber der lag, wie gesagt, auch im Auto, so wie das Handy und die Geldtasche. Der Pannendienst hat dann Evis Auto schnell aufgesperrt, natürlich werden wir hier nicht ins Detail gehen, wie er das gemacht hat. Obwohl das durchaus erstaunlich funktioniert …  Das Abendessen lassen wir, die wir schon zu Mittag gegessen haben, ausfallen bzw. geben wir uns mit einer kleinen Jause zufrieden. Inzwischen sind alle Zelte aufgebaut, unser Lager steht komplett da und sieht richtig gut aus. Jetzt fehlt nur noch Stefan, der ist aber ein halber Alleinerziehender von zwei Kindern, das kann sich also noch hinziehen …  Den weiteren Abend verbringen dann die Pascher mit ihren Spielen, es wird gelacht, gescherzt und getrunken, wir haben wirklich eine lässige Zeit. Irgendwann treibt uns dann die auf unter 15 Grad gesunkene Temperatur ins Innere unserer Behausungen und es ist wohl schon weit nach Mitternacht gewesen sein, bis für diesen Tag der letzte Würfel gerollt und das letzte Bier ausgetrunken worden ist.
Freitag, 12. Juni 2020 
Die Nacht war relativ kurz und sie war relativ frisch. Schon unmittelbar nach dem Aufstehen wissen wir, dass das heute ein wunderbarer Tag werden wird. Keine Wolke ist zu sehen und in der direkten Sonne wird es schon ab 10 Uhr zu warm. Ein Traum! Überall wird Kaffee gekocht, es duftet sozusagen aus allen Richtungen, es werden Müslis angerührt und Obst aufgeschnitten. Wir geben uns wie immer mit Kaffee zufrieden, heute haben wir nicht einmal einen Nussstrudel oder einen Marmorkuchen mit. Später werden wir dann eh eine Runde mit der Vespa fahren und dann können wir ja beim Spar in der Nähe ein wenig einkaufen, Brot brauchen wir eh auch noch. Schon am Vormittag geben sich die TeilnehmerInnen des Pasch-Turniers wieder ihrer Leidenschaft hin und es wird gelacht, gejubelt, geflucht und gehadert - einfach nur lässig! 
Die drei Kinder kriegen immer wieder einen Hund von Barbara überantwortet und dürfen mit ihnen über den Platz tollen oder auch eine Runde außerhalb des Campingareals spazieren gehen. Der mittelgroße Rüde Otto und die kleine Hupi (Hoopy?) sind absolut kinderfreundlich, nur die schüchterne und stets verängstigte Issi bleibt viel lieber am Platz. Zwischendurch springen die nicht Wasserscheuen in den eiskalten Walchsee, Gernot geht erst gar nicht zum Seeufer runter und auch Ilse verzichtet auf zu enge Bekanntschaft mit dem klaren Gewässer. Ihr hat schon die „Zehenprobe“ gereicht … Wir starten dann unseren Roller und fahren zum Spar rüber und kaufen dort kurzerhand den Korb mit den knusperfrischen Baguettes leer, es gilt schließlich 14 Personen (wenn Steve noch kommt, dann 15) mir Brot zu versorgen. Dazu nehmen wir uns noch ein paar Mini-Marmorkuchen und schon sind wir wieder zurück am Platz. Aber nicht lange, denn die kurze Ausfahrt mit der Vespa hat uns Lust auf mehr gemacht. Nach dem Verlassen des Campingplatzes biegen wir auf der Landesstraße einfach nach rechts ab und lassen uns durch die wunderschöne Landschaft treiben. 
Wir kennen uns „hier herunten“ nicht wirklich gut aus, zwar sind wir beide schon in der Gegend gewesen, aber wir waren viel öfter in Neu-Delhi, als in Durchholzen, Sebi oder Kössen. Wir lassen uns den Fahrtwind in die Gesichter wehen und genießen jeden Meter unseres Ausfluges. Irgendwann biegen wir spontan nach rechts ab und finden uns auf einer kleinen Straße wieder, die dann immer schmäler wird. Kein Problem, sollte ein Fahrverbotsschild auftauchen, drehen wir halt um. Aber es ist keines zu sehen, dafür befinden wir uns unvermittelt mitten auf einem Golfplatz. Naja, nicht wirklich AUF dem Golfplatz, sondern schon noch auf einem asphaltierten Sträßchen, aber rund um uns werden hochmotiviert die Bälle geschlagen. „Zum Glück haben wir Helme auf!“, scherzt Gernot und dann schauen wir, dass wir da schnell wieder wegkommen. Das Mini-Wald-Wiesen-Sträßchen bringt uns dann nach Kössen und von dort finden wir zurück zur Landesstraße. Nach ein paar Kilometern kommen wir dann zur Abzweigung zum „Camping Seemühle“, den haben wir bei unser „Erkundigungs-Mission“ auch besucht. Heute lassen wir den Platz sozusagen rechts liegen und fahren an ihm vorbei. Bald bekommen wir wieder den Walchsee in den Blick und schon von Weitem sehen wir dann den „Terrassen-Campingplatz“, den wir ebenfalls ins Auge gefasst hatten. Dort wollten wir eine ganze halbe Terrasse anmieten, die wäre vor allem für die Kinder (und für die Eltern natürlich) nicht schlecht gewesen, weil man vom Platz aus den Schwimmbereich im Auge hat. Aber die Besitzerin wollte keine Reservierung für 15 Personen und vier Wohnmobile plus Zelte annehmen (!??). Jetzt freuen wir uns innerlich diebisch, dass de facto alle drei übereinander liegenden Terrassen (mit jeweils 6 Standplätzen) leer sind - lediglich drei Plätze sind besetzt. Manchmal scheinen die Campingplatzbetreiber ihres eigenen Geldes Feind zu sein, denn auch auf der Terrasse des Restaurants war nur eine einzige Person zu sehen, die einen Kaffee getrunken hat. Na, da wären wir aber die trinkfesteren Gäste gewesen. Wir vollenden dann unsere Runde um den Walchsee und cruisen zum Platz zurück. Jetzt mal kurz die Beine ausstrecken, dann widmen wir uns wieder unseren Lieblingsbeschäftigungen - Schmäh führen und Paschen. 
Michael ist inzwischen auch eingetroffen, er ist diesmal alleine unterwegs. Sonst ist natürlich immer seine Lebensgefährtin mit dabei, denn seit der „Much“ seinen Malibu-Bus hat, sind sie zu leidenschaftlichen Campern geworden und Michael nutzt sein WoMo manchmal sogar für auswärtige Dienstreisen. Er schläft halt lieber im eigenen Bett, als in einem seelenlosen Hotel zu übernachten. Ist für jeden Camper leicht nachzuvollziehen …  Später kommt dann auch noch Günther an, er ist der Mann von Evi und er ist zu Fuß (!!) von Kufstein hergekommen. Aber nicht entlang der Bundestraße etwa, sondern über Berge des „Zahmen Kaisergebirges“ und durchs Kaisertal! Wer den Günther kennt, den wundert das nicht, denn er ist Berg- und vor allem Wanderführer und würde ohne Coronakrise wohl irgendwo auf der Welt mit seinen Kunden unterwegs sein. Heute war er unterwegs zu uns und wir freuen uns sehr über seinen Besuch. Gernot, Evi und Günther kennen sich schon seit fast 40 Jahren und es ist einfach wunderbar zu hören, wenn Evi und Günther von den Kindern als Oma und Opa angesprochen werden. Jaja, so schnell vergeht die Zeit …  

Wie dann allerorts die Mägen zu knurren beginnen, werfen Mirijam und Michael ihre Gasgriller an, Babsi und Christian entfachen derweil ein offenes Feuer in einer Art Grillschale. Auf allen verfügbaren Tischen türmen sich die Köstlichkeiten - Fleisch, Würsteln, sämtliche denkbare Beilagen, Saucen, Salate, Kräuterbutter (Nadja und Christian haben gut ein dreiviertel Kilo davon zubereitet) und und und. Wir hätten mit unseren Lebensmitteln auch eine ganze Kaserne glücklich machen können …  
Einer der Höhepunkte des Gelages waren sicher die drei gigantischen T-Bone Steaks, die Gernot besorgt hat. Jedes davon im so genanntem dry-aged Verfahren vier Wochen lang gereift und jedes davon über 800 (!!!) Gramm schwer. Wir haben eines der Dinger dann am Grill von Michael auf jeder Seite vier Minuten angebraten und danach 15 Minuten rasten lassen. Ein unglaublicher Hochgenuss und obwohl wir vorerst nur ein Steak gegrillt haben, hat es für vier Personen gereicht. Übrigens - nur Gernot hat seine Portion gesalzen und gepfeffert, alle anderen haben das Fleisch ungewürzt gegessen. Was eigentlich eh schon alles über dessen Geschmack aussagt. Aber wir wollen all die anderen Köstlichkeiten nicht vergessen, die fantastischen Berner-Würsteln etwa oder den Kartoffelsalat, die unglaublich gute, selbstgemachte Mayonnaise, die gebratenen Champignons - es lässt sich hier gar nicht alles aufzählen. Ein Traum von einer Grillage, ein Gaumenjubel der Sonderklasse, man hat sich schon sehr zusammenreißen müssen, um sich nicht vollständig zu überfressen. Herrlich! 

Mit einer kollektiven Kraftanstrengung werden dann die Spuren des Festmahls beseitigt, das dauert wohl keine halbe Stunde lang. Dann ist alles Geschirr gewaschen, alle Tische wieder abgeräumt und geputzt - also kann weiter gepascht werden. Und vor allem wird gequatscht und gelacht, erzählt und philosophiert, Bier und Wein getrunken - ein Abend ganz nach unserem Geschmack. Wobei Abend - Dank Ilses Aufzeichnungen wissen wir, dass bei uns im WoMo das letzte Licht um 1 Uhr 38 gelöscht worden ist …
Samstag, 13. Juni 2020 
Trotz des gestrigen Feier-Marathons sind alle schon um 8 Uhr munter und gemeinsam räumen wir die Flaschen, Dosen und Sonstiges zusammen. Dann blubbern wieder überall die Kaffeemaschinen und Unmengen des köstlichen Getränkes werden in die noch müden Körper überführt. Michael macht ein Rührei mit Speck für alle - gut 15 Eier hat er dafür verwendet. So erwachen auch die letzten Lebensgeister und der Tag kann beginnen. Es ist wieder traumhaft schön, keine Wolke ist am blauen Himmel zu sehen. Zwar ist die Nacht - hauptsächlich für die Zelter natürlich - wieder ziemlich frisch gewesen, aber eine Minute in der Sonne genügt, um sich so richtig schön aufzuwärmen. Nach dem wunderbaren Frühstück wird dann wieder gepascht - meistens so im Rhythmus: eineinhalb Stunden spielen, zwei Stunden Pause mit Quatschen und Blödeln. Zwischendurch geht Ilse mit Gernot eine ordentliche Runde über den Platz - es sind tatsächlich fast nur Tiroler Camper hier. Das ist wirklich einzigartig und das wird es (hoffentlich!) so nie wieder geben in Tirol. Ab der kommenden Woche dürfen ja auch die Deutschen und vor allem die Holländer wieder reisen - diese beiden Länder machen in der Regel den Großteil der Gäste auf den Campingplätzen in Europa aus. Wie es dann früher Nachmittag wird, kombinieren wir Mittag- und Abendessen, der Einfachheit halber. Evi hat eine fulminante Gulaschsuppe vorbereitet, bei der sie dankenswerterweise nicht mit Chili gespart hat. Das dadurch entstehende Gaumen-Feuerchen lässt sich aber schnell mit einem kalten Bier löschen, Weißbrot tut’s zur Not auch. Die Tische biegen schon wieder vor lauter Köstlichkeiten, Salate, veganes Tomaten-Sugo, Humus, gebratene Zucchini, Honigmelonen, alles da. Und dann knipst Simon seinen Gasgriller an und ein weiteres der gigantischen T-Bone-Steaks wird aufgelegt. Das reicht erneut für gleich mehrere Esser - 800 Gramm kann wohl kein „normaler“ Mensch alleine wegfuttern … Spät aber doch ist dann Stefan angekommen - er will unbedingt noch ins Pasch-Turnier einsteigen, schließlich ist er der Titelverteidiger. Trotz unserer Bedenken („Bei sieben ausständigen Partien würde dein letztes Spiel um ca. 7 Uhr 30 morgens anfangen“) klopft Steve einen Pasch nach dem anderen, er will es also wirklich wissen. 
Gegen 17 Uhr bricht dann Günther auf, er wird mit Bus und Zug heimfahren, das Autofahren ist nicht so seins, wenn es sich einrichten lässt, bevorzugt er die öffentlichen Verkehrsmittel. Evi wird zwar auch heute abreisen, aber erst später am Abend. Und wenn irgendwer ihr Auto startet 😊 Denn leider war über Nacht eine der Fahrzeugtüren nicht richtig geschlossen und die dadurch eingeschaltete Innenbeleuchtung hat die eh schon altersschwache Batterie endgültig leer gesaugt. Wir haben aber zum Glück ein Starterkabel mit, später wird Evi dann von Steve Starthilfe kriegen. Der weitere Verlauf des letzten Abends ist dann geprägt vom süßen Nichtstun - außer Steve haben alle ihre Spiele absolviert. Der Wetterdienst warnt dann vor schweren Gewittern mit Starkregen und nur ein paar Minuten später geht’s dann schon los. Zwar trotzen noch ein paar Mutige dem Wetterunbill unter ihren scheinbar dichten Markisen und Planen, aber spätestens als der Sturm den Regen quer über den Platz jagt, flüchten alle ins Innere ihrer Häuschen und Zelte. So auch wir. Aber nicht für lange, denn ein heftiger Windstoß zerrt derartig an unserer Plane, dass wir sie dringend abbauen müssen. Gewitterregen hin oder her. Die Rettungsaktion gelingt und schon kurz danach sitzen wir wieder im Trockenen. 
Viel haben wir zwei dann heute nicht mehr unternommen, einen kühlen Drink noch und sicher schon vor Mitternacht sind wir schlafen gegangen. Da haben immer noch die Paschwürfel geklappert, Stefan wollte nicht und nicht aufgeben. Chapeau!

Sonntag, 14. Juni 2020 
Gernot ist schon um 6 Uhr topfit, kein Wunder, sind wir doch zeitig schlafen gegangen. Und er hat sich gestern beim Biertrinken zurückgehalten. Am Donnerstag hat er noch unzählige „Hülsen“ vernichtet, am Freitag hat man die Anzahl der getrunkenen Bier schon grob schätzen können und gestern waren es überhaupt nur noch vier oder sechs. Man wird halt ganz einfach älter, mehrmals hintereinander richtig „Gas geben“ spielt es nicht mehr. Und das ist auch gut so! Draußen herrscht früh am Morgen ein derartiger Nebel, dass man keine 50 Meter weit sehen kann. Wurscht, wir kennen den Weg zum Waschhaus eh auswendig. Es hat praktisch die ganze Nacht lang durchgeregnet, Nadja hat überhaupt in ihrem Mantel (!!) geschlafen. Ilse macht gleich mal eine zweite Kanne Kaffee, denn niemand hat Lust, die vor Regenwasser triefenden Gas-Kochplatten zu verwenden. Danach herrscht allerorten Aufbruchstimmung. Wir nutzen eine Regenpause und laden die Vespa auf, das ist immer die Hauptarbeit. Der Rest geht uns - vor allem Ilse - wirklich leicht von der Hand. Man könnte jetzt flachsig sagen „Haben wir schon hundertmal gemacht“ - aber heute stimmt das punktgenau: Wir machen das heute zum genau 100. Mal. Also brauchen wir gerade mal eine halbe Stunde, um unser WoMo wieder in den Fahrtmodus umzurüsten. Stefan hat es übrigens leider nicht geschafft, seine Spiele aufzuholen und musste irgendwann mitten in der Nacht w.o. geben, er trägt es aber mit Fassung. 
Gewonnen hat das Turnier der „Bö“, so der Spitzname von Christian, unserem Schwiegersohn in spe. Nur einen Hauch vor Babsi, den dritten Platz hat sich Evi erwürfelt. Die Siegerehrung wird mit der gebotenen Würde und Ernsthaftigkeit durchgeführt und die Gewinner durften sich über sehr schöne Preise freuen. Leider fehlen diesmal die legendären Bilder mit dem Sieges-Pokal und dem so kleidsamen Sieges-Krönchen. Beides hat Steve daheim liegen lassen, tja, irgendwas vergisst man immer …  Dann folgte ein Hug-Marathon der Sonderklasse, social-distancing hin oder her. Wir waren dann - nach Simon, Mirijam und den drei Kindern - die ersten, die den Platz verlassen haben, aber zu dem Zeitpunkt waren auch alle anderen schon zum Aufbruch bereit, Nadja und Christian sind übrigens mit Michael heimgefahren. Die knapp 100 Kilometer bis Innsbruck führen zu drei Viertel über die Autobahn und ohne LKW ist das natürlich eine reine Routinefahrt. So geht unsere 100. WoMo Reise zu Ende und sie war einer runden Jubiläumsfahrt wirklich würdig. In Innsbruck angekommen stellen wir unser Schneckchen wieder auf seinen wunderbaren Platz, die Vespa laden wir gar nicht erst ab. Wir würden am kommenden Wochenende gerne an den Kesselberg fahren, so es die Corona-Regeln und das Wetter zulassen. Ilse hat am Sonntag Geburtstag und es wäre wirklich schön, wenn wir den gemeinsam mit Luis und Gitti am Kochelsee feiern könnten. Wir werden sehen.



Montag, 8. Juni 2020

Alle Jahre wieder - die TÜV-Prüfung 2020


Alle Jahre wieder - die TÜV-Prüfung 2020
Montag, 8. Juni 2020
Wer, wie wir, ein über 30 Jahre altes Wohnmobil fährt, fiebert einem Termin besonders entgegen - der alljährlichen TÜV-Überprüfung, auf österreichisch auch „das Pickerl“ genannt. Normalerweise kriegen wir bei unserer Werkstatt des Vertrauens einen Termin binnen weniger Tage, Corona-bedingt mussten wir heuer gleich mehrere Wochen darauf warten. Aber heute war es soweit. Wir haben gleich die erste Terminmöglichkeit des Tages gewählt, um 8 Uhr bei der Firma Fuchs in Itter. Wir sind schon kurz nach 6 Uhr 30 daheim aufgebrochen und die wenigen Meter zu unserer neuen WoMo-Garage gefahren. Dort schnell die Kennzeichen gewechselt und ein paar Minuten später waren wir schon auf der Autobahn. Beim Zubringer unserer Anschlussstelle Innsbruck-Ost dann ein frühmorgendlicher Schock - ein Kleinwagen hattes sich überschlagen und lag am Dach im Gebüsch. Die Polizei war schon vor Ort, dem relaxten Verhalten und der entspannten Minen der Beamten nach dürfte aber nicht viel dabei passiert sein … Sonderlich weit haben wir es ja nicht, aber knapp über 80 Kilometer werden es doch ein. Wir sind dann mit den unzähligen LKW im Verkehr mitgeschwommen, nur ab und zu haben wir eine Kolonne überholt, wenn sie unter 80 km/h langsam war. So sind wir überpünktlich in Itter angekommen und parkten unseren Nasenbären vor der Werkstatt. Chefmechaniker Karli war schon vor Ort - fleißig, fleißig. Wir haben uns dann in den Empfangsbereich der Firma begeben, es ist im Freien tatsächlich zu kalt (!) und es regnet in Strömen. Und bei der Überprüfung zuschauen wollen wir nicht, das würde zu sehr an unseren eh schon so gespannten Nerven zerren. 
Also lesen wir in Ruhe Zeitung und nach einer guten halben Stunde geht Gernot wieder in die Werkstatt zurück. Die Bremsflüssigkeit sollte getauscht werden - klar, bitte sofort erledigen. Und ein Viertelliter Motoröl fehlt auch. Aber - das war es schon! Keinerlei Mangel irgendwo, wir kriegen das „Pickerl“ ohne Hauch einer Reparaturauflage. Das ist schon sehr lässig, unser WoMo dankt uns offensichtlich unsere Fürsorge. O.k., unsere Schnecke verliert ein bisschen Öl, vielleicht sogar ein bisschen viel. Es tröstet natürlich, dass das bei einem Motor in diesem Alter und mit dieser Laufleistung (215.000 km) eigentlich normal ist, trotzdem empfiehlt uns die Werkstätte, dass wir den Ölverlust im Auge behalten sollen. Gegebenenfalls müsste dann die Dichtung der Ölwanne erneuert werden, auch andere Maßnahmen könnte man noch überlegen. Mal schauen - jedenfalls wird ab jetzt jedes Mal beim Tanken der Ölstand kontrolliert. Sollte man sowieso immer machen, wir haben das aber ein wenig vernachlässigt - einmal hat sogar die Öl-Warnlampe aufgeleuchtet, DAS sollte überhaupt nie passieren … Wir hatten dann noch einen „kleinen“ Zusatzauftrag zu vergeben, denn Gernot hat den linken Außenspiegel kaputt gemacht. Also, er ist nirgends dagegen gefahren oder so, aber beim Probe-parken in unserer neuen Garage wollte Gernot den Spiegel einklappen und hat dabei einen Metall-Splint abgerissen. Ab 40 km/h hat der Spiegel dann im Fahrtwind geweht wie ein Fähnchen, so geht’s natürlich nicht. Zuerst hat unser stets hilfsbereite Nachbar Meixner versucht, den Spiegel zu reparieren - nach einer Stunde Arbeit und gleich mehreren abgebrochenen Spezialbohrern hat er uns eine professionelle Notlösung fabriziert, mit der Gernot zumindest ein bisschen was gesehen hat. Übrigens, Herr Meixner wird Ende des Monats 92 Jahre alt und hat für die teils filigranen Arbeiten nicht einmal seine Brille gebraucht. Chapeau! Doch zurück in die Werkstatt. Karli und sein kongenialer Mitarbeiter Markus haben dann versucht, den abgebrochenen Splint aus seinem Gehäuse zu bohren. Keine Chance, auch in Itter zerbrachen die Bohrer reihenweise an dem Ministift. Das muss schon ein ganz besonderes Metall sein - wir wissen es nicht, denn der Splint hat nicht nachgegeben. Also haben Karli und Markus den Spiegel an einer anderen Stelle durchbohrt und einen tauglichen Splint reingehämmert. Jetzt bleibt der Spiegel fix in seiner Position - sehr gute Arbeit! Das wars dann schon, übrigens sind ihnen ausgerechnet heute die Prüfplaketten ausgegangen, wir kriegen also das „Pickerl“ mitsamt der Rechnung per Post geschickt. Völlig wurscht natürlich, das „alte“ Pickerl ist ja noch drei Monate lang gültig. Mit einem wirklich guten Gefühl sind wir dann wieder heimgefahren, im Bewusstsein, ein vollkommen intaktes und absolut verkehrstaugliches WoMo zu haben. Und jetzt auf zu neuen Reisen!

Dienstag, 2. Juni 2020

99. WoMo-Fahrt "Ancampen im Zillertal"

vom 29. Mai bis 1. Juni 2020
von Innsbruck-Zillertal-Innsbruck - 129km


Freitag, 29. Mai 2020
Es ist Ende Mai und wir sind bis dato kein einziges (!!) Mal mit unserem WoMo ausgefahren. Unglaublich, so spät haben wir in den vergangenen zehn Jahren noch nie eine WoMo-Saison begonnen. Verdammtes Virus! Aber immerhin ist der totale Lock-Down (vorerst) zu Ende und mit heutigem Tag dürfen auch die Campingplätze wieder öffnen. Endlich. Normalerweise beginnen wir jede Saison mit dem Ancampen am Kochelsee bei unseren Freunden Luis und Gitti. Das ist heuer leider nicht möglich, als Österreicher dürfen wir erst ab 15. Juni wieder nach Bayern einreisen - und vor allem ohne 14-tägige Quarantäne auch wieder ausreisen. Krude Zeit! Also haben wir uns nach einer Alternative umsehen müssen und sind gleich in Tirol geblieben. Ilse hat uns einen lässigen Campingplatz im Zillertal, genauer in Zell am Ziller, ausgesucht. O.k., warum nicht auch mal im Zillertal campen. Immerhin werden wir so schnell nie wieder auf einen Tiroler Campingplatz fahren, ohne dort ausländische Gäste zu treffen. Mal schauen wie das ist, ganz „unter sich Österreichern“ zu sein … Das Wohnmobil haben wir schon gestern aus seiner neuen Garage geholt und die Vespa ist auch schon aufgeladen. Getränke und ein paar „Notessen“ haben wir ebenfalls schon gestern eingeladen, fehlt nur noch die Kleidung und die Notebooks. Es kann also losgehen. Wir fahren kurz vor 9 Uhr ab, als erstes müssen wir nach Hall fahren, eine unserer Gasflaschen ist leer. No problem natürlich, keine Viertelstunde später verlassen wir schon das Gelände der „Flaga“ mit dem Flüssiggasnachschub und verfügen uns auf die A12 Inntalautobahn. Weit haben wir es heute ja nicht, es sind gerade mal 60 Kilometer bis Zell am Ziller, zu Luis und Gitti ist es sogar noch ein Stückchen weiter. Und auch der Kochelsee liegt für uns quasi vor der Tür … 
 
Wir fahren gemütlich ins Zillertal hinein, es herrscht kein nennenswerter Verkehr. Im bei Urlaubern berühmt-berüchtigten Brettfall-Tunnel - wo normalerweise vor einem Pfingstwochenende mit Blockabfertigung und kilometerlangen Staus zu rechnen ist - haben wir nicht ein Fahrzeug vor uns. So kommen wir natürlich bestens voran und schon kurz nach 10 Uhr trudeln wir in Zell am Ziller ein. Eine Baustelle genau bei der Zufahrt zum Campingplatz lässt uns zwei hübsche Ehrenrunden um das weitläufige Gelände drehen, aber dann fahren wir beim „Campingdorf Hofer“ vor. An der Rezeption - die wir doch bei der Einfahrt zuerst glatt übersehen haben - ist niemand anzutreffen. Doch nach zwei Minuten kommt ein Mann auf einem Traktor angefahren - Guntram, der Chef hier. Er springt von seinem Gefährt und begrüßt uns mit einem breiten Grinsen: „Griaß enk - ihr seid‘s die Ersten!“ Das freut uns sehr und Guntram freut sich auch. Noch vor der Anmeldung sind wir schon auf ein Bier und ein Schnapserl eingeladen, schön ist es hier im Zillertal. 
Unseren Platz können wir frei wählen und stellen uns ganz in die Nähe des Waschhauses. Der ganze Campingplatz ist sehr gepflegt, die sanitären Anlagen tipp-topp, es stehen allerorts Desinfektionsmittelspender zur Verfügung und es gibt sogar einen Swimmingpool. Sehr lässig. Um 17 Uhr öffnet auch das Campingplatz-Restaurant zum ersten Mal nach der Corona-Krise - wir sagen uns selbstverständlich an. Wir laden dann unseren roten Flitzer vom Träger, richten uns ein wenig auf den Aufenthalt ein und machen dann - wie könnte es anders sein - einen ersten Pasch. Danach meldeten sich langsam unsere leeren Mägen und protestierten heftig gegen die Möglichkeit, bis 17 Uhr leer zu bleiben. Also sattelten wir unser rotes Pferdchen und sind ins Dorfzentrum von Zell am Ziller geritten. Das ist zwar nur einen schwachen Kilometer weit entfernt, aber selbst so kurze Wege lassen sich von Gernot leider nicht mehr bewältigen. Vor allem müsste er ja zurück auch wieder. Wurscht, so ist es jetzt halt … Im Dorfkern haben wir uns dann formlos in einen BILLA verfügt und gönnten uns dicke Scheiben vom heißem Käse-Fleischkäse. Ernährungstechnisch ist so ein Essen eventuell unvernünftig, für das Belohnungszentrum und den Magen jedoch ein Hochgenuss. Dazu noch ein gutes Schwarzbrot, Senf und schon waren wir wieder am Rückweg. Für eine längere Ausfahrt ist es uns etwas zu frisch, das Thermometer hat den Sprung über die 20-Grad-Marke noch nicht geschafft.
Im WoMo haben wir dann den Fleischkäse gejausnet und es war wirklich einer der besten aller Zeiten. Jaja, Hunger ist und bleibt der beste Koch. Nach dem kulinarischen Feuerwerk hat uns dann ein kleines Fress-Koma überwältigt und uns bis knapp nach 16 Uhr 30 in die Pölster gezwungen - da gibt es aber weit Schlimmeres … Weil wir gerne überpünktlich sind, haben wir dann um 16:59:58 das Restaurant betreten, natürlich mit Gesichtsmasken vor Mund und Nase. Guntram ist dann gleich an unseren Tisch gekommen und hat uns an sein Versprechen erinnert: „Die erste Runde geht auf mich!“ Sehr nett. Überhaupt sind die Betreiber Silvia und Guntram Hofer ausgesprochen sympathisch. Natürlich hat sie der Lockdown brutal erwischt, viele Wochen lang ohne Einkünfte und vor allem ohne zu wissen, wie das alles weitergeht, das ist echt gnadenlos für das Geschäft. Aber den Humor und den Optimismus haben sie nicht verloren, Guntram hat gleich einmal alle Vorteile der Corona-Krise aufgezählt. So hätten sie als Familie viel mehr Zeit füreinander gehabt, oft gemeinsam gegrillt, wie schon seit Jahren nicht mehr, usw. Die Hofers sind ein gutes Beispiel dafür, dass man sich viel mehr aufs Positive im Leben konzentrieren sollte, als über Zustände zu lamentieren, die man eh nicht beeinflussen kann. Doch zurück zum Abendessen. Die Speisekarte steht als QR-Code am Tisch und sie enthält - für einen Campingplatz - eine ziemliche Überraschung. Es sind nämlich gleich eine ganze Reihe von mexikanischen Gerichten angeführt. Das haben wir noch nie wo gesehen. Also bestellt sich Gernot gleich einmal „Los Tacos Mexicanos“, Enchiladas oder Cacahuetes hätte es auch gegeben. Von den mexikanischen Vorspeisen ganz zu schweigen. Die drei Tacos, die keine 20 Minuten (!!) nach der Bestellung an den Tisch gekommen sind, waren wirklich sehr gut und vor allem reichlich. Phantastisch. Auch Ilse zeigte keine Scheu vor mexikanischem Essen und hat sich die „Lomo en Cacahuetes“ bestellt - das sind Schweinelendchen in Erdnuss-Chili-Sauce. Auch ihr hat es wunderbar geschmeckt, der Ausflug in die mexikanische Kulinarik war ein sehr lustvoller. So eine Speisekarte aufzulegen muss man sich auf einem Tiroler Campingplatz erst einmal trauen! Chapeau Familie Hofer. 
Nach dem Essen ist Guntram dann noch an unseren Tisch gekommen - natürlich im gebührenden Abstand und mit Plastikvisier vor dem Gesicht. Er hat total nett aus seinem Leben erzählt, der Mann ist wirklich erfrischend authentisch. Sieht man nicht alle Tage und wir halten immer die Augen nach dieser selten gewordenen Spezies offen. Gernot hat Guntram dann noch ein Exemplar von „Einer Million Kilometer durch Innsbruck“ geschenkt, er hat schon eine ganze Reihe Bücher von seinen Gästen. Da passt das von Gernot ja super dazu. Nach ein paar weitern Anekdoten und ein paar weiteren Drinks sind wir dann ordentlich angeheitert (vor allem Gernot) zum WoMo zurückgeschlurft. Trotzdem haben wir noch einen Gute-Nacht-Pasch gemacht, ehe wir uns zu ersten Nacht in unserem Schneckchen niederlegten. Wie haben wir das vermisst …!
Samstag, 30. Mai 2020  
Die erste Nacht nach so langer Zeit in unserem WoMo war wunderbar, aber sie war auch ziemlich frisch. Draußen hat es in der Früh keine 5 Grad, herinnen gerade einmal 11 Grad. Unsere Decken haben die Kälte aber zum Glück nicht an uns rangelassen und die Heizung hat dann schnell für angenehme 21 Grad gesorgt. Nach einem guten Kaffee-Frühstück haben wir den Tag gemütlich angegangen und uns einen Pasch ausgespielt. So mögen wir das. Wie es dann so warm wurde, dass an eine Ausfahrt mit der Vespa zu denken war, sind wir ins Dorfzentrum gecruist. Eine gute Bekannte von uns hat Geburtstag, also haben wir ihr in einer „Paperia“ eine nette Glückwunschkarte gekauft. Wenn man sie öffnet, dann leuchten mehrere Luftballons im Rhythmus des Liedes „Happy“ auf. Hübsch. Wir sind dann eine Runde spazieren gegangen, bei einer Konditorei lachten uns gutaussehende Erdbeerschnitten durch die Auslage an. Fein, die gönnen wir uns. Vorerst sind wir aber noch zur Kirche rüber gegangen, der Friedhof von Zell am Ziller ist übrigens wirklich sehenswert. Wir haben noch nie derart viele schmiedeeiserne Grabkreuze gesehen wie hier. Und in die meisten der kunstvollen Kreuze sind Symbole eingearbeitet, die an den/die Verstorbene(n) erinnern. Einzigartig. Wie wir so über den Friedhof gehen, setzt unvermittelt das Mittagsläuten ein und die Glocken der Kirche lassen unsere Ohren klingeln. Wir fühlen uns wie weiland Quasimodo und entfernen uns unauffällig. Jetzt ist Kaffee mit Törtchen angesagt. In der Konditorei wundern wir uns zuerst über die verschwundenen Köstlichkeiten und noch mehr wundern wir uns über die freundliche Ansage der Verkäuferin: „Tut uns leid, aber wir schließen am Samstag um 12 Uhr 30.“ Das sind - ähm - eher ziemlich eigenartige Öffnungszeiten für eine Konditorei im Herzen eines Tourismusortes. Aber so ist es, jeder ist seines Glückes Schmied und sie werden es schon nicht so notwendig haben hier … Einen Kaffee wollten wir aber trotzdem trinken und weil es das Wetter zugelassen hat, sind wir die paar Kilometer nach Mayrhofen rübergeblattet, etwa 10 werden es sein. Die sind bei einem feschen 80er schnell erledigt und wir sind direkt in die Dorfmitte hineingefahren. Los ist hier rein gar nix, man könnte die Gehsteige hochklappen und es würde niemanden stören … Ach ja, gestern kurz vor dem Einschlafen dachte Gernot einen Moment lang, dass dies heute seine erste Nacht im Zillertal werden wird. Doch dann ist ihm eingefallen, dass er als 15-jähriger eine Kochlehre in Mayrhofen begonnen hat und drei Monate lang im Personalhaus des „Hotel Berghof“ (wo dann Jahre später die „Piefke-Saga“ gedreht worden ist) geschlafen hat. Übrigens - auch wenn das vielleicht nicht hierher passt - nach den drei Monaten „Probezeit“ ist Gernot kommentarlos entlassen worden, so wie einige andere Lehrlinge im 1. Lehrjahr auch. Ausgenutzt als billige Küchenhilfen, mit 12-Stunden-Tagen und 7-Tage Wochen. Die haben ganz einfach zehn Lehrlinge zu Beginn der Hochsaison angestellt und im Herbst nur zwei weiterbeschäftigt. Der Rest durfte heimfahren und der Familie erklären, warum er als Koch ungeeignet ist ... Wurscht, das ist über 40 Jahre her und grämt Gernot längst nicht mehr. Aber er muss doch manchmal dran denken, vor allem wenn die Gastronomie oder Hotellerie mal wieder „händeringend“ nach Personal suchen … 

Zurück ins wie ausgestorben daliegende Mayrhofen. Wir sind mit der Vespa gleich zweimal in aller Ruhe durch die Hauptstraße gegondelt, nahezu im Schritttempo - Sightseeing vom Roller aus. Dabei sind uns keine zehn Personen und keine fünf Autos begegnet. Normalerweise wäre jetzt Hochsaison und tausende Menschen würden hier ihren Sommer- bzw. Pfingsturlaub verbringen. Jetzt sind fast alle Hotels und Gastgewerbebetriebe geschlossen und wir halten vergeblich nach einem Käffchen Ausschau. Später hat uns Guntram dann gesagt, dass schon der eine oder andere Betrieb geöffnet hat, aber da muss man schon Einheimischer sein, um genau zu wissen, welche das sind. Wurscht - Kaffee und Kuchen sind ja nicht wirklich überlebenswichtig. Dafür finden wir eine weit mehr als überlebensgroße Skulptur einer Bulldogge und fotografieren uns mit dem Riesenhund. 

Also sind wir wenigstens nicht ganz umsonst hergefahren 😊 Nach einer letzten Rundfahrt durch das verschlafene Mayrhofen sind wir dann über lustvolle kleine Straßen zuerst nach Ramsau und danach zurück nach Zell am Ziller gefahren. Sehr lässig. Im WoMo haben wir dann für kurze Zeit gerastet, aber das schöne Wetter hat uns nicht lange herumsitzen lassen. Wir sehen vom Campingplatz direkt zu einer Kirche hinauf, die sich am Weg nach Gerlos befinden müsste. Da wollen wir hin und setzen den Plan sofort in die Tat um. Das Kirchlein nennt sich „Maria Rast“ und befindet sich direkt neben der Gerlosstraße. Mit der Vespa können wir bis zur Kirche hinfahren, für Autos steht maximal ein Parkplatz zur Verfügung. 
 
„Maria Rast“ hat eine bewegte Geschichte, die auf Tafeln sehr gut erklärt wird. Anfang des 20. Jahrhunderts ist durch einen Felssturz einer der Kirchtürme ins Tal gedonnert und irgendwann muss eines der imposanten Kirchenfenster zerstört worden sein. Denn das Ersatzfenster wurde in einem völlig anderen Design gestaltet, was dem Gesamteindruck aber nicht schadet, sondern ihn eher interessanter macht. Wir haben eine ganze Zeitlang bei der Kirche verbracht und den wunderbaren Ausblick über Zell und weite Teile des Zillertals genossen. Am Campingplatz haben wir uns dann auf ein feines Nachmittagsschläfchen hingelegt, so lässt sich die Zeit bis zum Abendessen bestens überbrücken. Punkt 17 Uhr sind wir dann wieder ins Restaurant gegangen und haben uns abermals kulinarisch verwöhnen lassen. Heute Österreich statt Mexico - Ilse hat das Wienerschnitzel gegessen und Gernot das „Wilderer Pfand’l“ mit Reh- und Hirschmedaillons. Mit einem Wort für beide Essen: Ausgezeichnet. Schon wieder! 

Auch Guntram ist wieder an unseren Tisch gekommen - er ist wirklich das Paradebeispiel eines Tiroler Wirtes. Redselig und lustig, echt um seine Gäste bemüht, ohne plumpe Anbiederung. Natürlich hat es auch wieder ein Schnapserl auf Haus gegeben und weil sich Ilse diesbezüglich tapfer verweigert, hat sich Gernot schon wieder aufopfern und beide trinken müssen. Schicksale gibt’s … Sehr zufrieden sind wir nach dem Essen zum WoMo zurück und haben uns vor dem Schlafen-gehen noch ein heißes Duell am Pasch-Ring geliefert. Das war heut mal wieder ein wirklich lässiger Tag, wie wir ihn als Camper so oft erleben. Das ist so lässig …
Sonntag, 31. Mai 2020  Es ist heute Morgen um gut 40 Prozent wärmer als gestern, allerdings tröstet dieser massive Temperaturanstieg auf 7 Grad nur marginal. Er wärmt vor allem nicht. Das erledigt dann die Heizung, die von Ilse schon vor 6 Uhr morgens aktiviert wird. So stehen wir bei nahezu schweißtreibenden 23 Grad auf und setzen uns im T-Shirt an den Frühstückstisch. Wir haben vor, heute mit möglichst wenig Aktivitäten durch den Tag zu chillen, also machen wir als erstes ein Päschchen. Noch vor 11 Uhr kommt Guntram zu uns ans WoMo-Fenster und überreicht Gernot formlos eine Flasche Bier. „Prost auf den schönen Sonntag!“ Natürlich unterbrechen wir unser Spiel und unterhalten uns wieder bestens mit Guntram. Wir erfahren, weit mehr als die verlorenen Einnahmen gehen ihm die Gäste und vor allem die Arbeit ab. „I will um zehne am Abend hundemüde sein, verschwitzt hinter der Bar stehen, mit meinen Gästen herumblödeln, mit dem Gewissen, einen harten Arbeitstag hinter mir zu haben. Dieses Nichtstun macht mich noch ganz narrisch …!“ Wie gesagt, ein Campingplatzbetreiber, wie man ihn sich nur wünschen kann. Als Guntram geht, machen wir zuerst unseren Pasch fertig und fahren dann wieder ins Dorfzentrum hinein. Wir parken die Vespa beim Freizeitzentrum und gönnen uns im dortigen Kaffeehaus einen Espresso für Ilse und einen Cappuccino für Gernot. Letzterer kommt dann als Verlängerter daher, wegen solcher Lappalien beschweren wir uns aber nicht einmal. Wir gehen dann eine - für unsere momentanen Verhältnisse - richtig große Runde spazieren, insgesamt kommen wir heute auf über 4.000 Schritte. Das ist nicht nichts. Im WoMo haben wir uns dann wieder auf unser geliebtes Nachmittagsschläfchen niedergelegt und die Zeit bis zum Abendessen weggeschnarcht. Wenig verwunderlich war das Essen auch heute wieder sehr gut. Gernot hat sich das Wienerschnitzel (mit Pommes statt dem Salat) bringen lassen und Ilse wagte sich über den „Haus-Burger“. Der war dann so riesig, dass er als Ganzes gerade noch ins Maul eines Nilpferdes gepasst hätte. Aber Ilse hat sich dem gigantischen Burger tapfer entgegengestellt und fast zwei Drittel davon gegessen. Den Rest hat Gernot aufgefuttert, ganz so, als hätte ihn sein Schnitzel nicht schon satt genug gemacht. Aber von solch Köstlichkeiten wollen wir möglichst nix zurückgehen lassen, da muss man schon mal ein bisschen völlern. Zum Glück hat uns dann eh Guntram wieder zwei Schnäpse serviert, die Gernot wieder alleine „vernichten“ durfte. Passt! Im WoMo haben wir dann noch eine Kleinigkeit getrunken, dann war das lockende Rufen der Pölster und Bettdecken nicht mehr zu ignorieren. Zack und weg.   
   Montag, 1. Juni 2020   Der Tag begrüßt uns mit wolkenlosem Wetter, die vielen Singvögel am Platz trällern mit voller Inbrunst ihre Lieder - kann man schöner erwachen? Wohl nicht einmal theoretisch … Eigentlich schade, dass wir heute heimfahren, aber so war es geplant, das passt schon. Nach dem Kaffee wollten wir eigentlich als erstes die Vespa aufladen, aber Gernot hat spontan entschieden, sich eine lässige Fahrt mit dem Roller nicht entgehen zu lassen. Bei dem Traumwetter! Weil Guntram gestern auf unsere Frage, wann wir denn den Platz verlassen müssen, nur lachend abgewunken hat, haben wir keinen Stress. Und machen in aller Ruhe einen Vormittags-Pasch. Danach bringen wir das WoMo in seinen Fahr-Modus, das ist längst Routine und dauert mit Bett-Umbauen, Klokassette leeren, Strom abstecken usw. keine Viertelstunde mehr. Wie wir dann gegen 11 Uhr 30 den Platz verlassen, treffen wir weder Guntram noch Silvia an und können uns deshalb leider nicht mehr persönlich verabschieden. Sehr schade und eigentlich wurscht gleichzeitig, denn wir kommen ja sowieso wieder hier her. Das ist gar keine Frage, denn einen so lässigen Platz und vor allem so liebenswerte Betreiber haben wir noch selten kennengelernt. Und wir waren mittlerweile auf weit über 200 Campingplätzen zu Gast … Also an dieser Stelle noch einmal „Pfiat di, Guntram, Servus Silvia, bis neulich!“ Die Fahrt zurück nach Innsbruck ist für uns beide komplett entspannt und problemlos verlaufen. Es hat kein nennenswerter Verkehr geherrscht, das Wetter war ideal, eine reine Genussreise. Ilse ist nach Strass auf die Autobahn gefahren, Gernot mangels Vignette über die Bundesstraße. Was er nie für möglich gehalten hätte: Ilse war um eine Viertelstunde früher daheim. Und das, obwohl sie noch in Zell einen ziemlichen Umweg fahren musste und auf der Autobahn nie schneller als mit 85 km/h unterwegs war. Gernot ist fast immer zwischen 90 und 100 km/h gefahren, aber die vielen Ortsdurchfahrten haben den Schnitt offenbar deutlich nach unten gedrückt. Natürlich ist kaum etwas wurschter als das, aber es hat uns doch gewundert. Schnell war das WoMo dann ausgeräumt und durfte wieder in seiner geräumigen Garage Platz nehmen. Eh nicht für lange. Denn unsere 100. WoMo Reise ist schon fix geplant. Wir werden diese Jubiläumsfahrt mit Nadja, Christian und ca. 15 Freundinnen und Freunden am Walchsee verbringen. Also wieder in Tirol - was wir mitmachen … 😉