Sonntag, 30. April 2023

118. WoMo-Fahrt "Wochenlang in der Toskana war von uns no kana"


vom 2. bis 30. April 2023
Innsbruck-Verona-Montecatini Terme-Pisa-Siena-Lago di Trasimeno-Florenz-Innsbruck
1.504 km und Vespa 764 km
Sonntag, 2. April 2023
Wir starten in unsere WoMo Saison 2023 exakt um 9 Uhr 21, denn um diese Uhrzeit sind wir aus unserer WoMo Garage gefahren. In Wirklichkeit hat diese Reise natürlich schon viele Tage vorher begonnen, weil das Umrüsten unserer Schnecke vom Winterschlaf in die Aktivphase immer einiges an Vorbereitungen bedarf. Aber jetzt ist alles eingeräumt, jedes einzelne Ding ist an seinem Platz, das Womo ist vollgetankt, der Kühlschrank kühlt, Bargeld ist ausreichend mit an Bord und wir tragen beide Sonnenbrillen 😊. Es kann also losgehen. Zuerst bleiben wir nach knapp einem Kilometer Fahrtstrecke noch bei „unserer“ Tankstelle in der Andechsstraße stehen und schütten unserem Nasenbären einen knappen Liter Motoröl in den Leib. 



Das kann am Weg über den Brenner nicht schaden und keine dreiviertel Stunde später haben wir den Alpenpass bereits hinter uns. Der Verkehr ist einem Sonntagvormittag angemessen, LKW dürfen heute keine fahren, also spielt sich nichts Nennenswertes ab. Wir kommen bestens voran, bleiben auf der einen oder anderen „Area Servizio“ kurz stehen und kommen unserer Tagesetappe Verona mit guten 80 Kilometern in der Stunde näher. Ziemlich genau um 13 Uhr 30 erreichen wir schließlich unser Ziel und mit uns kommt auch ein heftiges Gewitter am Campingplatz „Camping Village Verona“ an. 
Es blitzt und donnert, dass es direkt eine Art hat und wir können erst gut eine Dreiviertelstunde (!) nach unserer Ankunft überhaupt den Strom anschließen. Wurscht. Den Nachmittag verbringen wir mit Ruhen, natürlich machen wir einen Pasch und später bereiten wir uns mit den mitgebrachten Fleischlaibchen noch eine fulminante Jause zu. Wir sind also perfekt und wunschgemäß in unsere 118. WoMo Reise gestartet. Passt.

Montag, 3. April 2023
Wir sind noch nicht vollständig im Urlaubs-Modus, deswegen sind wir schon beide um 6 Uhr munter. Draußen hat es erfrischende 4 Grad, herinnen ist die Temperatur mit 12,1 Grad zumindest nicht unmittelbar lebensgefährdend. Recht schnell hat es allerdings über 20 Grad im Häuschen, wir nutzen die Zeit bis zur Aufheizung mit einer kleinen Nachruhung. Danach bringt uns heißer Kaffee auf die richtige Betriebstemperatur und nach einem nicht weniger heißen Match am Paschring machen wir uns zu einer Ausfahrt mit der Vespa bereit. Da ist es gerade Mittag geworden und den 15 Grad Außentemperatur trotzen wir mit effektiver Funktionskleidung. Also langen Unterhosen, Anoraks usw. So kommen wir ohne Frostbeulen in die Innenstadt von Verona und wenig überraschend parken wir unseren Roller direkt vor dem Stadttor ein. 
Von unserem Abstellplatz werden es wahrscheinlich keine 300 Meter bis zur Arena von Verona sein, die wir beide heute zum ersten Mal mit eigenen Augen sehen. Eh schön, eh alt. Aber – na ja, auf Bildern scheint die antike Freilufttarena irgendwie größer und mächtiger zu sein, aber so was täuscht halt manchmal. Das Taj Mahal hätten wir uns auch etwas großartiger vorgestellt. Nach der Außenbesichtigung der Arena haben wir dann noch eine ganze Zeitlang den berühmten Balkon von Romeo und Julia gesucht, er ist uns natürlich nicht ausgekommen. Irgendwie ist dieser legendäre Balkon eine der größten Sehenswürdigkeiten-Schwindeleien der Weltgeschichte. Denn zu Zeiten von Romeo und Julia hat es noch gar keine Balkone gegeben, das hat sich der Herr Shakespeare einfach so ausgedacht. Nichtsdestotrotz drängten sich dutzende zahlungswillige Touristen in einen Hinterhof hinein, um des Balkons ansichtig zu werden. Wir zählten nicht dazu und wir haben der Statue der Julia auch nicht ihren eh schon blankpolierten Busen abgegriffen, wie das praktisch alle Besucher hier tun und was offenbar Glück bringen soll. Oder so. 
Wurscht, jeder wie er will, wir hatten jetzt Hunger. Ein im Vorbeigehen erspähtes Touristen-Menü um schlanke 48 Euro vermochte uns nicht zu locken, dafür tippte Ilse die beiden Worte „Kebap“ und „Verona“ in die Google Suchmaschine. Zack, 0,4 Sekunden später wurde uns ein Kebap-Laden direkt an der Arena von Verona angezeigt – und schau, schau, wir befanden uns selber direkt an der Arena. Passt. Drei Minuten später enterten wir dann schon den verheißungsvollen Tempel der niederschwelligen Fastfood-Versuchung und es begrüßte uns beim Eintritt fetziger Hindi-Pop. Doppeltreffer! Nach zehn Sekunden hatten wir die fünf ausgeschilderten Angebote des Ladens erfasst und keine 10 Sekunden später säbelte der brave Wallah schon am Fleischzylinder. Gernot gönnte sich die Variante „Big one“, mit Pommes, Zwiebel, Saucen, Majo und Ketchup – Ilse wurde mit der „Small one“ Portion ebenso (mehr als nur!) satt. Bei beiden „Menüs“ war ein Cola inklusive und insgesamt haben wir gerademal 15 Euro bezahlt. Gernot hat dann mit seinen paar Brocken Hindi noch alle anwesenden Gäste und den Chef glücklich gemacht und sehr zufrieden und proppenvoll verließen wir das Mini-Restaurant. Ach ja, beim Spaziergang durch Verona hat unsere Sammlung von roten Vespas ordentlich Zuwachs bekommen, insgesamt durften vier Stück mit uns mitkommen. Geplättet von den vielen Sehenswürdigkeiten und auch ein wenig vom indischen Kebap sind wir schließlich zur Vespa zurückgeschlurft und haben uns auf den Heimweg zum Campingplatz gemacht. Dort sind war dann nahezu ungebremst in ein mitteltiefes Fresskoma gefallen, wir sind uns aber einig, dass es da weit Schlimmeres gibt. Später hat dann noch ein Camper aus der Ukraine für Staunen gesorgt, der mit einem riesigen Iveco-Mobil angekommen ist. Sein Gefährt war wahrscheinlich 7 Meter lang, 4 Meter hoch und 15 Tonnen schwer. Man gönnt sich ja sonst nichts. Mit dem Ding kannst du getrost rund um die Welt fahren, 40 Liter pro 100 Kilometer wird man allerdings einrechnen müssen …













Dienstag, 4. April 2023
Es hat in der Nacht geregnet und es regnet auch noch in der Früh. Eigentlich müssen wir um den Regen noch froh sein, denn es könnte ohne Weiteres auch schneien. Es hat nämlich tatsächlich nur 0 Grad (!) draußen, herinnen sind es gerade mal 10. Wurscht, nach einer halben Stunde Heizung auf Vollgas hat Gernot in seinem Alkovenbett bereits das Gefühl, in einer Sauna zu liegen. Herrlich. Der Frühstückskaffee bringt uns dann endgültig zurück ins Leben und nach den üblichen Vorbereitungshandlungen brechen wir um 10 Uhr 30 auf zu neuen Ufern. 
Diese Ufer liegen für uns heute schon in der Toskana, wir steuern den Ort Montecatini Terme an. Den Weg dorthin nehmen wir der Einfachheit halber über die Autostrada, das kostet uns zwar 19,40 Euro an Maut, dafür haben wir die 282,6 Kilometer in 4 Stunden und 20 Minuten abgespult. Mit Pausen, wohlgemerkt. Der von uns anvisierte Campingplatz „Belisto“ liegt etwas oberhalb von Montecatini Terme und der Ort nennt sich dementsprechend Montecatini Alto. Wir werden dort herzlich empfangen, die Chefin ist erfreulicherweise aus Bozen. Sie spricht zwar nicht wirklich deutsch, aber dafür perfekt tirolerisch 😊. So können wir uns fließend mit ihr unterhalten und es macht ihr unübersehbar große Freude, mal wieder in ihrem Dialekt reden zu können. Sehr super! Wir dürfen uns frei einen Platz wählen, der Oster-Urlaubs-Wahnsinn steht erst bevor, es ist noch fast alles leer. Mit den letzten verbliebenen Fleisch-Laibchen machen wir uns später noch eine feine Jause, natürlich paschen wir noch eine Runde und lassen uns dann noch vom heftigen Wind in den Schlaf schaukeln. Schön ist es hier, der Platz und überhaupt die ganze Gegend machen einen wirklich sehr guten Eindruck auf uns – wir freuen uns schon sehr auf die kommenden Tage.

Mittwoch, 5. April 2023
Schon um 7 Uhr 30 stehen wir auf, trinken wunderbaren Kaffee aus unserem neu angeschafften Filter-Automaten und erfreuen uns der Singvögel. Hatten wir gestern in Verona in der Früh kein einziges müdes Grad gemessen, so sind es heute schon derer 5,1. Auch keine Temperatur, bei der man locker flockig in Shorts duschen geht, aber 5 Grad sind nicht nichts. Die Sonne scheint brav vor sich hin, der Wind weht kräftig und wir harren bis Mittag aus. Dann hat es endlich die „magischen“ 15 Grad erreicht und wir wagen eine erste Ausfahrt mit unserer Vespa. Ach ja, wir haben uns heute einen Luxus geleistet und ein privates Badehäuschen angemietet. Mit Klo und Dusche, als erste Optimierung haben wir gleich unseren elektrischen Ofen hineingestellt. Jetzt hat es dort innerhalb von Minuten die totale Wohlfühltemperatur und wir finden, die 5 Euro Miete pro Tag sind wir uns wert. Unser erster Trip mit der Vespa führt uns rüber in den Ort Montecatini Alto und dort „stolpern“ wir bei der Passage des Ortsfriedhofes in eine laufende Beerdigung. Die Zeremonie an sich ist es aber nicht, die unsere Neugier geweckt hat, sondern der Leichenwagen, der vor dem Eingang parkt. Dabei handelt es sich nämlich um einen hellblauen Maserati (!), Ilse hat später gegoogelt, dass diese „Karre der letzten Ausfahrt“ einen 8-Zylinder 4,2 Liter Motor mit 400 PS hat und die Kleinigkeit von 641.000 Euro (!!) kostet. Wenn schon ein Abgang, dann mit Stil 😊
In der Altstadt von Montecatini Alto haben wir bei unserer Spazierrunde einen netten Vespa-Magneten gekauft. Hier reiht sich ein Gasthaus ans andere, alle haben einen Gastgarten, bei Hochbetrieb muss es da ja so richtig abgehen. Stichwort südländische Lebensfreude. Noch ist allerdings gar nichts los und obwohl es ziemlich genau Mittag ist, sind sämtliche Tische vor und in den Lokalen unbesetzt. Wir schlendern zur Vespa zurück und über einen netten Umweg fahren wir nach Montecatini Terme hinunter. 
Nach einer kleinen Runde durch den Ort finden wir einen „Conad“, diese Supermarktkette kennen wir schon seit vielen Italien-Besuchen. Wir kaufen ein paar Sachen ein, darunter so unverzichtbare italienische Grundnahrungsmittel wie Salami, Parmesan, Erdbeeren, Oliven oder die köstlichen, kleinen Tomätchen. Weil Gernot heute Abend kochen wird, besorgen wir uns noch Carpaccio-Fleisch, Zwiebel, Speck, Champignons, frische Nudeln und Panna. Mit der Beute geht’s zurück zum Campingplatz, unsere erste Runde hier war immerhin 26 Kilometer lang. Wegen des Fahrverbotes bis 15 Uhr müssen wir unsere Vespa draußen vor dem Tor abstellen. Wurscht, wir ruhen ein wenig und gönnen uns dann eine gute Jause, bevor wir zu unserem Roller hinausgehen. Unsere zweite Ausfahrt beginnen wir in Richtung Abetone, es geht über viele Kilometer nur bergauf, aber nie ist es so steil, dass sich unser Moped zu sehr plagen muss. Die Landschaft ist traumhaft schön, immer wieder öffnet sich ein Blick auf die weit unter uns liegende Ebene. Es ist zwar einigermaßen frisch, aber wir sind gut eingepackt, lange Unterhosen inklusive. Wir kommen in den Ort Marliana und ab da halten wir uns in Richtung Pescia. 
Über eine schön ausgebaute Straße fahren wir dann in Richtung Montecatini zurück, als Ilse Gernot in einen schmalen Weg einbiegen lässt. „Ich habe so ein Gefühl, wir müssen irgendwie da runterfahren.“ Nun, Fahrverbotsschild sahen wir keines und mit einer Vespa kann man sich schon mal auch auf schmale Pfade begeben. Noch dazu, wenn Ilse „so ein Gefühl“ hat. Der Weg, übrigens nannte er sich „Via Amerigo Vespucci“, war nicht wirklich eine Straße, in seiner Mitte wucherte das Gras und immer wieder passierten wir Spaziergänger mit ihren Hunden. Beschwert hat sich über uns übrigens niemand, einer roten Vespa schimpft in Italien kaum mal wer nach …😊. Das Sträßchen wurde dann immer schmaler und in Gernot sind bereits leichte Bedenken aufgekommen, ob uns dieser Weg denn wirklich an unser Ziel führen würde. Doch dann tauchte aus dem Nichts das Verkehrsschild „Stop in 150 m“ auf und wir kamen wieder auf eine der Hauptstraßen hier. Weitere Orientierung war dann gar nicht mehr nötig, denn direkt vor uns stand das Hinweisschild „Camping Belisto 500 Meter“. Na, geiler geht’s ja jetzt wirklich nimmer. Da hat unser lebendes Navigationsgerät Ilse mal wieder gezeigt, was sie draufhat. Dementsprechend haben wir uns keine 5 Minuten später vor unserem WoMo eingeparkt, diese zweite Ausfahrt am heutigen Tag war übrigens 32 Kilometer lang – wir steigern uns also 😊Nach einer obligaten Erholungsphase hat sich Gernot dann an die Zubereitung des Abendessens gemacht.       
Viel war da ja nicht dabei – Zwiebel und Speck anrösten, das klein geschnittene Fleisch und die Champignons dazugeben, mit Suppe aufgießen und einköcheln lassen. Würzen, Panna hineingießen, fertig. Derweil sind die frischen Tagliatelle auch schon al dente, die brauchen ja nur 2 bis 4 Minuten. Dazu haben wir zwei Salate gemacht, einen „Insalata Verde“ für Ilse, Gernot hat sich in seinen grünen Salat noch Oliven, Tomaten und Schafskäse hineingegeben. Einfache Küche, einfach nur herrlich! Wie immer, wenn wir uns im WoMo eine Nudelpfanne zubereiten, sind wir beim Servieren sicher, dass wir diese riesige Menge niemals aufessen können. Und wie immer ist auch heute kein Krümelchen übriggeblieben
😊. Ilse hat dann noch einen Patz in ihrem Magen gefunden und als Nachspeise gezuckerte Erdbeeren nachgelegt. Gernot hatte nur noch Raum für einen Schoko-Pudding, der geht quasi immer. Ein rundum gelungenes WoMo-Essen, diese Kombination aus Carpaccio-Fleisch, Panna und Nudeln wird uns nicht so schnell langweilig. Natürlich haben wir uns zum Abschluss des Tages noch einen Pasch ausgespielt. Morgen fahren wir wieder aus, das Wetter sollte den Voraussagen nach passen.
Donnerstag, 6. April 2023
Um nicht unnotwendigerweise den Begriff „arschkalt“ verwenden zu müssen – es war so richtig kalt heute Nacht. Tatsächlich sind wir haarscharf an der Null-Grad-Grenze vorbeigeschrammt, mit Jogginghose und Socken (!) hat es sich aber ganz passabel aushalten lassen. Um unser privates Badehäuschen sind wir heute besonders froh, weil wir es mit unserem Stromofen mollig warm aufheizen können. Apropos Strom, der hat sich am Morgen gleich mal am ganzen Platz verabschiedet, wir bemerkten das, als Ilse unsere nigelnagelneue Kaffeemaschine aktivieren wollte. Wurscht, hat sie halt am Gasherd das Wasser zum Kochen gebracht. Es hat aber dann eh nicht lange gedauert, bis die Stromversorgung wieder gelaufen ist, schließlich werden gleich einige Camper Meldung gemacht haben. Den Vormitttag haben wir im WoMo verbracht, es ist einfach zu frisch für eine Ausfahrt. Aber um 12 Uhr 30 ist es uns dann warm genug und wir starten unsere Vespa. Wir fahren in die Stadt hinunter, die wird ca. 5 Kilometer entfernt sein. Als erstes müssen wir bei unserer roten Prinzessin ein bisschen Treibstoff nachgießen und tatsächlich finden wir eine Tankstelle mit Tankwart. Eine Rarität in Italien. Danach schauen wir noch einmal beim „Conad“ vorbei, ein bisserl was braucht man immer. Wir halten uns dann an die Schilder in Richtung Pistoia, die Stadt gilt als Gärtnerei-Hauptstadt der Toskana. Weit haben wir es nicht, es werden 10 Kilometer sein. Die ganze Fahrt über werden wir von ungeduldigen Autofahrern gehetzt, fast schon so, als wäre ein Kopfgeld auf uns ausgelobt worden. Immer wieder faszinierend, wie viele Hohlköpfe in Italien hinter einem Lenkrad sitzen. Wir werden im dichten Kolonnenverkehr permanent von hinten bedrängt, obwohl wir dasselbe Tempo wie die Kolonne fahren. So können wir z.B. keinem Kanaldeckel und keinem Schlagloch ausweichen, weil wir fast immer einen dieser Vollidioten neben uns (!) haben. Dieses kranke Verhalten kann man nur als italienische Massenpsychose bezeichnen und eines scheint auch klar: Vor Radarmessungen fürchtet sich in Italien niemand, 50 Prozent Überschreitung des Tempolimits sind vollkommen üblich – wer in einer Ortschaft mit den erlaubten 50 km/h fährt, wird tatsächlich zornig angehupt und bei erster Gelegenheit überholt.
Themenwechsel:
In Pistoia angekommen folgen wir den Hinweisschildern ins „Centro“ und parken schließlich direkt am Hauptplatz. Viel gibt die Altstadt von Pistoia nicht her, es stehen einige ältere Kirchen und Gebäude herum, ihr heutiges Aussehen haben sie zumeist im 19. Jahrhundert bekommen. Da ist ja in Innsbruck jeder der noch verbliebenen Kuhställe doppelt so alt. Wir gehen eine ausgiebige Runde, dann ist uns wieder nach Fahrspaß und wir knattern mit der Vespa weiter. Dieses ziellose Herumfahren ist unbeschreiblich lässig, immer mal wieder biegen wir von der Hauptstraße ab und lassen uns in irgendeinen Ort oder in eine Landschaft hineintreiben. So kommen wir unter anderem in den kleinen Ort Serravalle-Pistioise. Der hat eine wirklich alte Burg anzubieten, die schon seit dem 13. Jahrhundert hier steht. Natürlich ist das Gebäude nur mehr in Fragmenten erhalten geblieben, aber die einstige Größe und die wuchtige Dominanz des Gemäuers lassen sich noch gut erahnen. 
Dazu passt gut die Frage eines Schülers: „Warum haben die im Mittelalter eigentlich so viele Ruinen gebaut?“ Tja, warum wohl. Vielleicht um den vielen Vögeln eine Heimat zu geben, die heute durch die zahlreichen Fensterlöcher und Schießscharten der Burg ein- und ausfliegen? Wir setzten uns im Park vor der Burg auf eine Bank und sind die ganze Zeit über die einzigen Touristen weit und breit. Erst als wir nach einer Viertelstunde aufbrechen, kommt eine Familie in den Park. Das ist der Vorteil der Vorsaison, im Hochsommer ist hier sicher bedeutend mehr los. Unsere Vespa haben wir übrigens direkt bei der Burg abgestellt, auch das spielt sich im Sommer wahrscheinlich nicht mehr. 
Unser weiterer Heimweg führt uns dann nach Nievole und dieser Ort ist uns durch seinen Fischteich in Erinnerung geblieben. Denn der eher kleine Fischteich muss die Angler offenbar magisch anziehen, anders sind die unzähligen Stühle rund um den See nicht zu erklären. Jedem Fischer werden hier höchstens zwei Meter Abstand zu seinem Nachbarn zugestanden, da wird es wohl des Öfteren zu „Verwicklungen“ kommen. Heute war Ruhetag, aber vielleicht kommen wir noch einmal in die Gegend, wenn Betrieb ist. Das müssen wir uns anschauen
😊. Von Nievole haben wir es dann nicht mehr weit bis zum Campingplatz und als erste Handlung nach unserer Ankunft stellen wir Stühle und Tisch vors WoMo. Heute können wir endlich im Freien eine Jause genießen, bislang war es einfach noch zu frisch dafür. Wir wollen aber nicht darüber klagen, immerhin ist es noch nicht einmal Mitte April. Die heutige Tour war übrigens knapp über 40 Kilometer lang, eine weitere Steigerung also. Viel haben wir dann an diesem Tag nicht mehr unternommen, eine ganze Zeitlang haben wir überlegt, ob wir ins platzeigene Restaurant auf eine Pizza gehen sollen. Schließlich hat aber dann doch die Bequemlichkeit gesiegt und wir haben uns lieber noch einmal mit der Salami, dem Parmesan und den anderen Köstlichkeiten satt gegessen. Essen gehen können wir ja morgen. Oder übermorgen. Oder so …
Freitag, 7. April 2023
Beim ersten Blick auf das Thermometer sehen wir 1 Grad. Zumindest plus 😊. Herinnen haben wir eh über 10 Grad, wir lassen unsere Heizung auf Höchststufe laufen und bald einmal frühstücken wir bei über 20 Grad – wie fast immer im T-Shirt. Ilse ist immer noch voller Freude über unsere neue Kaffeemaschine, denn sie nimmt ihr einiges an Früharbeit ab.
Und ganz so ohne ist das Aufgießen des Kaffees mit kochendem Wasser auch nicht, denn frage nicht, wenn einmal der Plastikfilter von der Kanne rutschen würde. Der Kaffeesatz ist wahrscheinlich über 80 Grad heiß, das will man sich ja gar nicht weiterdenken. Jedenfalls blubbert jetzt dezent der Automat vor sich hin und Ilse kann derweil duschen gehen oder was auch immer ...  
Das Wetter zeigt sich mal wieder von seiner schönsten Seite, allerdings hat es auch um 9 Uhr 30 erst lasche 11 Grad draußen. Heute ist Karfreitag und Ilse nutzt das schöne Wetter für einen Osterputz. Scherz beiseite, die brave Ilse säubert „nur“ unsere Fenster, jetzt haben wir wieder eine ungetrübte Aussicht. Wir geben dem Wetter einen Pasch lang Zeit sich zu erwärmen und um 11 Uhr 15 fahren wir dann vom Campingplatz ab, die Mindesttemperatur von 15 Grad war jetzt erreicht. Wir knattern erneut ohne Plan los, Ilse hat sich halt ein paar Ortsnamen in der Nähe gemerkt, notfalls hülfe uns dann eh Google-Maps. Wir biegen nach dem Campingplatz spontan rechts ab, noch im Ort wieder nach rechts in Richtung Westen.
Die Straßen sind kurvenreich und schmal, ideal für unsere wendige Vespa. Es geht durch eine ziemlich unberührte Landschaft, nur ganz vereinzelt kommen wir an typisch toskanischen Häusern vorbei. Nach lässiger Fahrt erreichen wir den Ort Pescia und ab jetzt geht es immer nur aufwärts. Wir folgen den Hinweisschildern zu den „10 Burgen“, das sind kleine und ganz kleine Dörfer, die wie Vogelnester an den Berghängen kleben. Unglaublich toll und faszinierend. Einer der größeren dieser Orte ist Vellano, beim Anblick des Dorfes bleibt einem echt die Luft weg. Wir fahren relativ lange auf Vellano zu und müssen immer mal wieder stehenbleiben, um diesen Anblick aus allen Winkeln und Entfernungen zu genießen. Wie es wohl ist, dort zu leben? Ilse meinte scherzhaft, die werden ihre Einkaufslisten immer ganz genau überprüfen, bevor sie wieder in ihr hochgelegenes Bergnest heimfahren 😊.
Von Vellano aus geht es dann wieder abwärts und nach vielen Kilometern auf winzigen Straßen kommen wir nach Macchino, wie sich der kleine Ort nennt. Wir tuckern langsam an den paar Häusern vorbei und biegen dann in Richtung Massa e Cozzile ab. Direkt nach der Abzweigung sieht Ilse im Vorbeifahren ein eigenartiges Schild und meint: „Das schaut ja aus wie eine Bombe!?“ 
Tatsächlich ist auf dem großen Schild eine Atombombe abgebildet, mit dem Hinweis, dass dieser Ort hier eine „Nuklearwaffenfreie Zone“ ist. Haben wir auch noch nicht gesehen, also wurde es auf Bild festgehalten 😊. Wir setzen unseren superlässigen Trip fort, beinahe die ganze Fahrt über sind wir völlig alleine unterwegs. Immer wieder mal bleiben wir stehen und genießen die Aussicht. Wir sind ja schon mehr als 500 Meter ü.d.M. und dementsprechend weit reicht unser Blick. Ein Traum, wir können uns nur schwer sattsehen. Irgendwann kommen wir dann an der Abzweigung nach Malocchio vorbei und ab da kennt Ilse den Weg zurück nach Pescia. Wir fahren von dort gleich weiter nach Montecatini Terme und verfügen uns dort in den großen COOP-Markt. Mit einer gut gefüllten Tasche voller italienischer Köstlichkeiten fahren wir dann zum Campingplatz in Montecatini Alto zurück und genießen eine Super-Jause vor unserem WoMo. Das Wetter, und vor allem die Temperaturen, lassen uns vorerst noch im Freien sitzen, später werden wir ins Innere unseres Häuschens vertrieben. 
Wir machen einen feinen Pasch, später fängt es dann an zu regnen. Wurscht. Irgendwann im Laufe des frühen Abends einigen wir uns dann auf die Erkenntnis, dass man mit einer italienischen Jause nicht zwangsweise über den Tag kommen muss, so köstlich sie auch gewesen sein mag.
Also gehen wir ins platzeigene Restaurant essen. Die Speisekarte gibt einiges her, der Pizzaiola werkt in einer offenen Küche und winkt uns durch zwei Glasfenster freundlich-fröhlich zu. Das passt! Ilse kommt mal wieder nicht an den „Scaloppino al Vino Bianci con Pattate fritte“ vorbei und beschreibt ihr Gericht als unfassbar gut. Gernot ist mit seiner Pizza „Quattro Stazione“ auch sehr zufrieden, alle vier Bahnhöfe haben den Erwartungen entsprochen … 😊. Dazu haben wir Bier und Campari Orange konsumiert, insgesamt eine runde Sache für 39 Euro. Da gehen wir wahrscheinlich noch einmal hin, mal sehen. Kaum zurück im kuscheligen WoMo beginnt es dann zu regnen und es sollte die ganze Nacht über nicht mehr aufhören.

Samstag, 8. April 2023
Manchmal erleben wir beim Campen an einem einzigen Tag derart viel, dass wir seitenlang darüber schreiben könnten. Das wird heute definitiv anders sein, denn über einen klassischen „Schlunz-Tag“ lässt sich naturgemäß nur wenig berichten. Es regnet zwar nicht ununterbrochen, aber uns ist sofort klar, dass wir heute keine Ausfahrt wagen werden. Also geben wir uns hemmungslos unserem Lieblingsspiel hin, machen uns eine Kaffee-Kuchen-Jause und delektieren uns später erneut an unseren italienischen Spezialitäten wie Salami, Parmesan, Oliven, Prosciutto und so weiter. Alles in Allem war das heute ein idealer Tag um unsere Batterien mal wieder neu zu laden, wir sind schließlich beide keine 60 mehr … 😊
Ostersonntag, 10. April 2023
Wir sind beide nicht religiös, deshalb hat der Ostersonntag keine besondere Bedeutung für uns. Aber traditionellerweise geht es nicht ohne Ostereier, wir haben gestern noch ein halbes Dutzend Eier vorgekocht. Mangels Ostereier-Färbefarben (irgendwas vergisst man immer!!) zeichnet Gernot mit einem Filzstift Gesichter auf die Schalen und auch wenn sich über den künstlerischen Wert dieser Malereien trefflich streiten ließe, jetzt sind die Ostereier zumindest nicht mehr ganz nackig. Wir schicken Ostergrüße an unsere Lieben und genießen das ausgiebige Osterfrühstück. Das Wetter weiß heute offenbar nicht so recht, was es will. Es zieht hin und her, manchmal scheint die Sonne, dann tröpfelt es wieder unvermutet. Also werden wir auch heute keine Ausfahrt machen können, auch wenn Ilse schon einige lockende Routen ausbaldowert hätte. Wurscht, die laufen uns nicht weg. So paschen wir halt den halben Tag lang, ruhen uns fein aus und später bereiten wir uns eines unserer Lieblings-Camper-Essen zu: „Tortelloni mit heißer Butter und Parmesan“. Dazu gibt es zwei Salate, Gernot kriegt zum Eisberg-Salat noch Tomaten, Oliven und Schafskäse dazu. Einfach nur ein Traum, in wenigen Minuten zubereitet. Ach ja, bislang sind wir jeden Abend mit Socken (!) schlafen gegangen, heute bleiben sie zum ersten Mal ausgezogen. Der Frühsommer naht also mit großen Schritten … 😊.
Montag, 10. April 2023
Um 8 Uhr 30 messen wir heute eine Außentemperatur von 13 Grad, so „heiß“ war es in der Früh noch nie, seit wir von Innsbruck losgefahren sind. Natürlich geben wir dem Wetter die Zeit noch wärmer zu werden, aber ziemlich genau zu Mittag starten wir unser Spaßmobil. Als erstes wird unser Roller in Montecatini Terme randvoll aufgetankt, danach geht unsere heutige Tour los. Bald einmal passieren wir den Ort Pieve a Nievole und heute ist am Fischteich ordentlich was los. Dutzende der Stühle sind besetzt, es wird geangelt, was die Schnur hält. Lange schauen wir uns das, auf uns ziemlich grotesk wirkende, „Massen-Kampffischen“ aber nicht an, zu sehr lockt die Landstraße. Wir kommen durch Nievole und von dort nach Nonna Tina, ein Ort wirkt noch verschlafener als der andere, Menschen sehen wir fast gar keine. Viele der wunderschönen toskanischen Villen und Palazzi werden wohl nur Teilzeitwohnsitze sein, das kennen wir als Tiroler nur zu gut … 
Wir schrauben uns dann eine ganz kleine Straße hoch, durchfahren unzählige Kehren und Haarnadeln, ehe wir in Casore del Monte ankommen. Wieder sehen wir bei unserer Durchfahrt keine Menschenseele und wir parken uns direkt neben der großen Kirche ein. Sie ist dem Heiligen Franz von Assisi geweiht und Ilse bezeichnete sie später als „die dunkelste Kirche ever“. Nur mit Hilfe ihrer extrem lichtstarken Handy-Kamera haben sich Gemälde, Statuen und andere sakrale Gegenstände überhaupt sehen lassen. Sightseeing mal anders … Wir bleiben dann eine ganze Zeit lang an diesem Ort, wandern ein wenig im angrenzenden Park herum und genießen die absolute Ruhe hier. 

Wir haben dann schon fast ein schlechtes Gewissen, als wir den elektrischen Anlasser unseres Rollers betätigen und damit die mystische Ruhe dieses heiligen Ortes stören. Aber ohne Knatter-Motor leider kein Vespa-Spaß, so ist das Leben. Unser nächstes Ziel auf Ilses handgeschriebenen Spickzettel ist ein Ort namens Feminamorta, was wir mit „Tote Frau“ übersetzen. Vielleicht checken wir das später auf Google, warum das kleine Dorf so heißt.
Übrigens, spätestens hier ist auf einmal Schluss mit „keiner Menschenseele“. Überall sehen wir in den Gärten der Häuser Menschenansammlungen, vermutlich Großfamilien. Da wird in Mengen gegrillt, die jedem Texaner eine aufrichtige Anerkennung abringen würde. Und beim nächsten Haus schon die nächste Groß-Grillerei. Auch in und sogar vor den wenigen Gasthäusern ballen sich die Leute. Trotzdem sind kaum Fahrzeuge unterwegs – wahrscheinlich deswegen, weil alle gleichzeitig beim Essen sind 😊Von Feminamorte geht’s dann weiter in die mittelalterliche Stadt Serra Pistoiese, die liegt schon auf 800 Meter über dem Meer und gibt wirklich was her. Unglaublich, dass sich die Menschen vor gut 1.000 Jahren ausgerechnet hier heroben angesiedelt haben. 
Und wie haben sie das ganze Baumaterial hier hochgebracht? Ohne Fahrzeuge und auf Trampelpfaden. Einfach unvorstellbar das Ganze. Wir fahren natürlich bis zur alten Kirche hoch, die auch noch als Halb-Ruine stolz über dem Ort thront. Dann machen wir den „kleinen“ Fehler, dass wir einen anderen Retourweg nehmen wollen und an der alten Stadtmauer vorbeifahren, einfach mal in Richtung hinunter. Zuerst war der Weg noch schön asphaltiert, aber bald schon ging er formlos in einen Schotterweg über. Danach wurde es immer rustikaler, die Steine wurden immer größer und das Gras auf der Fahrspur wuchs immer höher. Keiner Frage, jeder normale Mensch und Vespa-Fahrer hätte spätestens jetzt umgedreht. Aber wer würde je behaupten, dass wir normal sind? Also fuhren wir unbeirrt weiter, wir haben ja unsere Vespa auch schon als durchaus Offroad-tauglich erlebt und Gernot war sich irgendwie ziemlich sicher, „dass wir eigentlich bald einmal unten sein sollten“. Wobei keiner von uns wusste, was „unten“ auf uns warten würde. Der kleine Waldweg wurde dann recht unvermittelt zum echten Dschungelpfad, denn plötzlich sahen wir vor uns eine Schlammpfütze, eigentlich waren es gleich einige, auf mehrere Hundert Meter verteilt. „Jetzt drehen wir auch nicht mehr um“, trotzte Gernot noch halbherzig dem Drecks-Wahnsinn und bugsierte unseren braven Roller dann durch den Morast. Es rutschte abwechselnd der Vorder- und der Hinterreifen weg, unser Moped schlingerte manchmal wirklich bedenklich, aber wir kamen heil durch alle Pfützen. Mit „wir“ ist Gernot alleine gemeint, denn Ilse ist vorsichtshalber vor dieser Tour-de-Gatsch abgestiegen und hat lieber gefilmt und fotografiert. Der Weg ist dann, unserer ungebrochen optimistischen Ansicht nach, tatsächlich besser geworden, zumindest schlammtechnisch gesehen. Doch dann, mittlerweile waren wir wohl seit mehr als drei Kilometern auf Abwegen, versperrte uns vor einer Rechtskurve ein gewaltiger Erdrutsch endgültig die Weiterfahrt. Hier wären weder Indianer Jones, noch Rambo, ja nicht einmal Cuck Norris durchgekommen. Zu Fuß vielleicht, aber nie und nimmer mit einem 125er Motorroller. Also mussten wir tatsächlich umkehren – das bedeutete, noch einmal durch die Schlamm-Hölle. Machen wir es kurz – durch ein wundersames Zusammenspiel aus partieller Körperbeherrschung, wahnsinnig viel Glück und letztlich nur aus einer Laune der Natur heraus, ist Gernot auch bei der zweiten Durchfahrt der „Dschungel-Prüfung“ nicht gestürzt und unser Roller ist heil geblieben. 
Danke liebes Karma! Das war es aber dann vorerst mit Experimenten auf unbefestigten Wegen, wir müssen unser Glück wirklich nicht unnötig herausfordern. Wir haben dann übrigens trotzdem einen alternativer Retourweg gefunden und sind schließlich über Goraiolo, Alteto und Marliana wieder nach Montecatini Alto zurückgekommen. Während der Fahrt sind uns immer wieder die Augen und das Herz über gegangen, vor lauter schönen Bildern, die sich vor und neben uns aufgetan haben. Was für eine begnadete Gegend hier! 
In Montecatini Alto haben wir uns dann gar nicht mal ausgeschnauft, sondern sind gleich nach Montecantini Terme runter gedüst zum Einkaufen. Ein bisserl was brauchen wir auch heute, aber der „Conad“ Markt war geschlossen. Okay, das verwundert uns als Österreicher jetzt nicht besonders, denn kein Lebensmittelgeschäft hat daheim am Ostersonntag geöffnet. Aber in Italien läuft das anders und man kann fast überall auch am Sonntag einkaufen. Heute halt nicht, wurscht, wir müssen deshalb nicht darben. Am Weg zurück zum Campingplatz sind wir dann bei der Talstation der „Funicolare-Standseilbahn“ vorbeigekommen. Die Trasse der 1898 eröffneten Bahn haben wir schon mehrmals gesehen, heute also auch die Talstation. Natürlich wissen wir sofort, dass wir die Bahn nicht benutzen werden, das wäre auch eher witzlos, weil wir ja eh in Montecatini Alto „wohnen“. Denn dorthin fährt das altertümlich anmutende Bähnchen, das ausschaut wie die Innsbrucker Hungerburgbahn in den 1950er Jahren. Wir machen uns aber den Spaß und fahren gleichzeitig mit der Bahn los, wir geben ihr sogar zwei, drei Minuten Vorsprung. 
Dann glühen wir die knapp fünf Kilometer zur Bergstation hinauf und kommen dort lange vor dem scheppernden Bähnchen an. Aber die Fahrt war auch noch aus einem anderen Grund nicht umsonst, denn Ilse kaufte einer netten und unaufdringlichen Standlerin einen wunderschönen Kochlöffel aus Olivenholz an. Der wird uns daheim noch lange an diesen schönen Ort erinnern. Danach sind wir schnurstracks zum Campingplatz zurückgedüst, insgesamt war unsere heutige Rundfahrt 78 Kilometer lang, das ist auf diesen steilen, engen, kurvenreichen (und heute sogar teils unbefestigten 😊) Sträßchen nicht so ganz ohne. 
Darum sind wir auch ein wenig geplättet und ruhen uns erstmal ein bisschen aus. Später gehen wir dann wieder ins platzeigene Restaurant essen, heute gibt es eine „Pizza Margerita“ für Ilse, Gernot lässt sich, experimentierfreudig wie er manchmal sein kann, auf das Abenteuer einer ihm unbekannten „Calzone Bomba“ ein. Zwar hat sie nicht eingeschlagen wie versprochen, aber die eine oder andere Geschmacksexplosion hat sie dann doch hergegeben, vor allem wegen der hyperscharfen Salami. Beide Gerichte waren also wieder hervorragend, über die Qualitäten der Kellnerin wollen wir gnädig den Schleier des Nichterwähnens breiten. Sonst müssten wir zu sehr ätzen. Bezahlt haben wir dann wieder bei der Chefin an der Bar, erneut war sie sichtlich hocherfreut, in ihrem Bozner Dialekt mit uns „frei Schnauze“ quatschen zu können. Deutsch kann sie ja leider nicht
😊. Sie war dann sogar so erfreut, dass sie uns zwei doppelte Limoncello ausgab, die prall gefüllten Gläser durften wir mitnehmen. Damit prosteten wir uns dann in unserem Schneckchen herzlich zu und freuten uns, dass wir wieder einmal einen so unbeschreiblich schönen Tag miteinander erleben durften.










Dienstag, 11. April 2023
Dunkle Wolken am Morgen und immer wieder Regenschauer – das Wetter signalisiert uns schon beim Aufstehen: Heute nix Ausfahrt! Das macht uns wenig bis gar nichts aus, es tun uns eh unsere Fahrgestelle weh. Vor allem die unteren Bereiche. Also ist dezente Rekonvaleszenz angesagt und wir liegen beide so viel als möglich herum. Zum Essen stehen wir natürlich auf und widmen uns dabei der totalen Resteverwertung. Wir haben sogar noch Kaminwurzen von daheim im Kühlschrank, die letzte Salami und die letzten Ostereier vernichten wir auch. Natürlich inklusive denen aus Schokolade. Vom Mittagsschlaf taumeln wir dann fast bruchlos in ein Nachmittagsschläfchen über, aber schließlich lässt uns ein unvermuteter Energieanfall zumindest die Vespa aufladen. Das war gut, ja das war sogar sehr gut. Denn kurz nach dem Vertäuen unseres Mopeds öffnete der Himmel seine Schleusen und es regnete den ganzen Abend und die ganze Nacht lang durch. Aber es wurde zumindest nicht mehr empfindlich kalt, die Temperaturen sind im zweistelligen Bereich verblieben. Passt. Morgen geht’s weiter – wir freuen uns wie immer schon sehr drauf.
Mittwoch, 12. April 2023
Beim Aufstehen regnet es stark und der Nebel ist so dicht, dass die Sicht kaum zum benachbarten Wohnmobil reicht. Schaut nach einem idealen Reisetag aus. Wir trinken ganz gemütlich Kaffee, es gibt keinen Abfahrtsstress, wenn wir weg sind, sind wir weg. Wir räumen dann in Ruhe unser privates Bad aus, Ilse verstaut im WoMo alles auf seinen Platz und dann fahren wir ab. Da war es Punkt 10 Uhr. Als erstes fahren wir ein letztes Mal die vielen Kurven und Kehren nach Montecatini Terme hinunter und füllen im COOP-Markt unsere Vorräte auf. Anschließend sind wir die heutige Tagesetappe angegangen, sie wird gerademal 60 Kilometer lang sein. 
Wir verzichten bewusst auf die Autobahn und schlängeln uns die Bundesstraße entlang bis zu unserem anvisierten Campingplatz „Lago de Tamerici“ – also den „See der Tamerisken“. Von den Tamerisken werden wir dann gleich eindrucksvoll begrüßt, denn sie sind gerade in der Vollblüte und geben millionenfach ihre Flugsamen ab. Es schneit buchstäblich und die Wiesen sind von einem weißen Flaum überzogen. Wir lassen uns aber nicht davon abschrecken, denn das haben wir uns schon von den Rezessionen des Campingplatzes nicht lassen. Denn dort wird von der – immerhin 7 Kilometer langen – Zufahrtsstraße gewarnt, die in einem „fürchterlichen Zustand“ sei. Nun, schön ist sie nicht und die Zahl der Schlaglöcher geht auf den 7 Kilometern wahrscheinlich sogar in den vierstelligen Bereich, aber sooo schlimm war es dann auch wieder nicht. Wir sind zumindest schadlos durchgekommen und stehen jetzt im dichten Schneefall bei 18 Grad 😊. Wir werden ausnehmend freundlich begrüßt und dürfen uns trotz unserer ACSI-Karte den Platz frei auswählen.
Wir finden einen perfekten Standort (Platz 21) direkt am Waschhaus und sogar mit Blick auf den See. Das Spektakel mit den Tamerisken-Flugsamen hat sich dann bald einmal normalisiert und schließlich hörte es ganz auf. Gut, dass wir geblieben sind, es ist nämlich wirklich schön hier. Wir haben einen netten Nachbarn aus dem oberösterreichischen Freistatt, der uns erzählt, dass er bei seinem letzten Besuch ewig lange für die Zufahrt gebraucht hat. An den Wochenenden würden hier hunderte Italiener picknicken und grillen, er ist mit seinem Wohnwagen-Gespann nicht durch die vielen Autos durchgekommen. Für uns schwer vorstellbar, denn wir sind keinem einzigen Auto begegnet und die großen Wiesen neben dem Campingplatz sind menschenleer. Mal schauen. Wir richten unser WoMo für den Aufenthalt her, laden unser Moped ab, mit dem wir heute aber nicht mehr ausfahren werden. Stattdessen widmet sich Gernot endlich mal unserem Blog, da gilt es einiges nachzuholen. Später betätigt sich Gernot dann wieder als Koch und bereitet uns aus Zwiebeln Schinken, Panna und frischen Nudeln ein schmackhaftes Abendessen zu. 
Nach einem Frühabendpasch gehen wir eine Runde über den Platz. Das Restaurant werden wir uns eventuell morgen genauer anschauen, typisch für Italien öffnet es erst um 19 Uhr. Heute genießen wir statt Pizza und Pasta einen wunderschönen Sonnenuntergang und erfreuen uns am vielstimmigen Chor der Singvögel. Auf einer kleinen Insel im See tummeln sich Hühner, natürlich ein Hahn, Gänse, Möwen, Enten, Truthähne und so weiter, in scheinbar friedlich Koexistenz. Aber es genügt schon ein einziger Lockruf von Ilse und auf der Insel bricht ein veritables Sing-, Kreisch- und Schnatter-Chaos aus. Das amüsiert uns köstlich, auch wenn es vielleicht ein bisschen gemein war. Wir gönnen uns zum Abschluss des Tages dann noch kalte Drinks und machen natürlich noch einen Pasch. Morgen fahren wir mit der Vespa aus, die Vorfreude darauf ist riesig.
Donnerstag, 13. April 2023
Wir haben eine sehr feine Nacht gehabt, die Ruhe hier ist herrlich. Uns stört auch nicht, dass uns untertags oft bewiesen wird, dass wir in der Nähe der Einflugschleuse des Flughafens von Pisa residieren. Wir sind der Meinung, wer auch nur einmal geflogen ist, der darf sich über Fluglärm nicht mehr beschweren – und wir sind ziemlich oft irgendwohin geflogen. Und außerdem herrscht eh ein Nachtflugverbot, also für ruhigen Schlaf ist ohnehin gesorgt. Die Temperatur ist beim Aufstehen schon recht angenehm, trotzdem warten wir noch mit einer Ausfahrt. Gernot hämmert ein wenig unseren Blog in Form und Ilse gönnt unseren Kasten- und Schranktüren eine Extraportion Holzpflegemittel. Jetzt glänzt alles wieder schön und es riecht wie in einem Möbelhaus 😊Kurz vor Mittag starten wir dann los, es ist sonnig, es wird nicht regnen und es geht ein böiger Wind. Unser Ziel ist die Stadt Livorno, die wird von unserem Campingplatz aus 17, 18 Kilometer weit entfernt sein. Ein größerer Katzensprung, zumal der ganze Weg über eine Bundesstraße führt. Es dauert dann aber doch ein paar Minuten länger als geglaubt, weil der Gegenwind teilweise so heftig war, dass unser Moped grad und grad einen 80er schaffte. Sonst geht sie knappe 100 km/h. Wurscht, wir haben es ja nicht eilig und nehmen an keinem Rennen teil. Anders die italienischen AutofahrerInnen, aber das hatten wir schon … In Livorno angekommen finden wir problemlos ins Zentrum und parken uns halblegal ein. Das heißt, eigentlich stehen wir voll illegal, aber weil schon ein anderer Roller in diesem Halteverbot parkt, ist das für uns halblegal. Wir spazieren ein bisschen herum und sind uns schnell einig, dass wir mit Livorno nicht richtig warm werden. Irgendwie wirkt alles recht un-italienisch. Die meisten der Bauten könnten überall stehen, irgendein Flair spüren wir nicht. Oder es ist uns halt verborgen geblieben – gibt’s ja auch manchmal. 
Wir vergrößern dann unsere Spazierrunde und kommen an einer Kirche vorbei. Es ist eine der orthodoxen Gemeinde und es wird gerade ein Gottesdienst abgehalten. Der Priester liest aus einem Buch vor, aber er spricht den Text nicht, sondern singt ihn. Und er kann das echt gut. Klingt wirklich schön und wir bleiben eine ganze Zeitlang mucksmäuschenstill ganz hinten stehen, ehe wir uns wieder in die laute und atonale Umwelt von Livorno begeben. Wir schlendern zum Roller zurück, eine tiefschwarze Wolke am Horizont hat unseren Entschluss verfestigt, möglichst rasch aus Livorno abzufahren. Das ist dann Ruck-zuck gegangen, einmal ein Kreisverkehr, zwei-, dreimal rechts abgebogen und schon waren wir wieder am Weg zurück zum Campingplatz. Insgesamt sind wir 42 Kilometer unterwegs gewesen und wir bereuen die Fahrt nach Livorno keineswegs. Aber es ist für uns halt einer jener Orte, den wir nicht unbedingt ein zweites Mal besuchen müssen. 
Wir ruhen uns ein wenig aus, machen dann einen Pasch und gegen 18 Uhr 45 schreiten wir zum Abendessen ins platzeigene Restaurant. Oder vielleicht gehört es gar nicht dazu? Wurscht. Wir sind so ziemlich die ersten Gäste und werden von einem außerordentlich tüchtigen Kellner bedient. Der junge Mann scheint wie geschaffen fürs Gastgewerbe, er ist flink, aufmerksam und so gastfreundlich, dass er sogar Englisch spricht, ohne es zu können. So fragt er Ilse bei ihrer Weinbestellung ganz höflich: „Red or wine?“ Herrlich. Aber wir meinen das keineswegs abwertend oder so, genauso eine Bedienung würden wir gerne jedes Mal genießen dürfen. Apropos genießen – wir haben uns beide einen Burger kommen lassen, Gernot mit Cheese. Ilse hat sich zum Trinken formlos den roten Hauswein bestellt – gekommen ist ein halber Liter. Gernots Bier war mit 0,66 Liter Inhalt auch Extra-large und wir sind uns trotzdem sicher, dass wir wohl kaum mehr wo derart billige Getränke kriegen. Kostete doch der halbe Liter Wein nur 3 (!!) Euro und das übergroße Peroni-Bier 4 Euro. Passt. Alles in allem war der Abend eine runde Sache und es ist gut möglich, dass wir noch einmal hier einkehren werden. Allein schon wegen dem Kellner … Viele Haxen haben wir der Welt an diesem Tag dann nicht mehr ausgerissen, mit dem Verdauen der Burger waren wir eh schon ausgelastet genug. Höchstens ein paar kalte Drinks noch … 😊
Freitag, 14. April 2023
Wir lassen den Tag ganz gemütlich angehen. Nach dem Frühstück lassen wir die Außentemperatur noch nach oben klettern und gegen 12 Uhr 30 ist es uns dann warm genug für die Fahrt nach Pisa. Darauf freuen wir uns wirklich, obwohl wir schon öfter da waren. Aber diese Stadt ist etwas ganz Besonderes, keine Frage. Es sind wahrscheinlich keine 15 Kilometer bis ins Stadtzentrum und Ilse kennt sich schnell einmal aus. Ohne den geringsten Umweg fahren wir so nah an das historische Zentrum heran, dass wir den Schiefen Turm bereits sehen können.
Nur eine Querstraße vom Campanile entfernt parken wir unser Moped legal ein und sofort wissen wir, dass wir bei unserem letzten Besuch an exakt derselben Stelle gestanden sind. Ist aber auch der nächstmögliche Parkplatz, um zum Turm zu kommen
😊Was uns sofort auffällt, es sind höchstens noch ein Viertel der Verkaufsstände vorhanden, wenn überhaupt. Die haben das dort radikal ausgedünnt. Jetzt gibt es kaum mehr 10 Stände, die natürlich alle denselben Touristen-Scheiß verkaufen. Soll nicht so negativ klingen, wir haben ja selber einiges von diesem Touristen-Scheiß bei uns daheim im Regal stehen 😊. Heute kaufen wir den Standlern nichts ab und wir kehren auch in keines der unzähligen Restaurants ein. Dafür finden wir in einem „echten“ Geschäft eine rote Blech-Vespa, die an der Seite doch tatsächlich Skier (!!) montiert hat. Die darf als absolutes Kuriosum natürlich mitkommen. Der Höhepunkt unserer Sightseeing-Tour ist natürlich der Schiefe Turm. Wie immer verrenken sich in seiner Nähe die Menschen zu grotesken Figuren, damit es auf den Fotos so aussieht, als würden sie den Turm stützen. Gäääähn! Dass den Leuten das nicht zu blöd ist, es machen ja die ganze Zeit über dutzende „Lustige“ exakt dasselbe. Tja, jeder wie er meint. Aber ob so ein Bild ein viraler Hit auf Instagram wird? Tangiert uns persönlich maximal peripher, wir freuen uns stattdessen, dass der Schiefe Turm immer noch steht und wir werden das nie fassen können. Der ist wirklich schiefer als schief, viel mehr neigen sollte er sich nicht mehr. Tut er auch nicht, dafür haben die besten Fachleute und hunderte Millionen Euro gesorgt. Angeblich bleibt er jetzt „bis in alle Ewigkeit“ stehen.
Na, das schauen wir uns an …
😊Irgendwann hatten wir genug Schiefer Turm gesehen, sind genug Menschen ausgewichen und haben genug Schritte gemacht. Also zurück mit uns zur Vespa, die brav auf uns gewartet hat. Gut, weglaufen hätte sie uns eh nicht können, weil wir sie mit unserer drei Kilo schweren Kette an einen Fahrradständer angebunden haben 😊. Den Weg zurück zum Campingplatz weiß Ilse natürlich bereits auswendig, schließlich sind wir diesen Weg auch hergekommen. Nicht ganz, einmal biegt Gernot nicht rechts ab und aus Versehen über eine Brücke drüber, aber Ilse hat sofort einen Alternativweg gewusst und nach zwei, drei Abbiegern und Kreisverkehren waren wir wieder voll auf Kurs. Unterwegs haben wir bei einem großen COOP-Markt Halt gemacht. Die Riesendinger sind für uns ein Segen, denn sie haben alles und noch viel mehr. So zum Beispiel eine warme Theke mit Grillhühnern, Lasagne, Bulletten oder Bratkartoffeln (!). Heute wird Gernot aber lieber selber kochen, also landen Tortelloni, Panna, getrocknete Steinpilze, Speck, Schalotten-Zwiebel, Salat und Parmesan im Einkaufstäschchen. 
Dazu noch ein Fläschchen Wein für Ilse und schon waren wir damit unterwegs zum Campingplatz. Der Besuch von Pisa hat uns jetzt körperlich nicht gerade geplättet, aber immerhin so müde gemacht, dass gegen ein gepflegtes Nachmittagsschläfchen wenig Argumente zu finden waren. Danach haben uns irgendwie Kraft und Lust aufs Kochen gefehlt, also gaben wir uns mit einer umfangreichen italienischen Jause zufrieden. So viel Bescheidenheit muss uns auch erst mal wer nachmachen. Den Tag haben wir, wie meistens beim Campen, mit einem Pasch und Kaltgetränken ausklingen lassen, ehe wir uns niedergelegt haben. Die Wetterprognose für morgen ist nicht sehr vielversprechend, die Regenwahrscheinlichkeit pendelt zwischen 60 und 80 Prozent hin und her. Sieht ganz nach einem Schlunztag aus. Auch schön.
Samstag, 15. April 2023
Die ganze Nacht über hat es ordentlich geschüttet und auch am Vormittag klart es nur ganz allmählich auf. Aber bedeutend wärmer wird es leider nicht. Das wird, wie gestern schon erwartet, heute nichts mit einer Ausfahrt. Aber morgen soll das Wetter wieder weit schöner sein, also beschließen wir, dass wir noch einen Tag Aufenthalt hier anhängen werden. Passt ja sonst alles. Den Vormittag verbringen wir mit einem Pasch, die wenigen Sonnenfenster nutzen wir, um ein bisschen spazieren zu gehen. Nach einer ausgiebigen Siesta am Nachmittag macht sich dann Gernot ans Kochen. Zum Einweichen der Steinpilze bräuchte er jetzt warmes Wasser, er ist aber zu bequem, dafür die 25 Meter bis zum Waschhaus zu gehen. Also wird eine Tasse Wasser in unsere neue Filtermaschine gekippt und das Ding fungiert uns quasi als Wasserkocher 😊
Das Essen selbst war dann schnell zubereitet und die Kombination Tortelloni in Speck-Steinpilz-Rahmsauce hat wunderbar gemundet. Dazu der von Ilse zubereitete Salat, ein Traum-Menü. Übrigens ist Gernot während des Essens plötzlich brennend heiß klar geworden: „Jössas, ich habe das Essen ja überhaupt nicht gewürzt!“ Tatsächlich sind alle, von Ilse liebevoll beim Gasherd drapierten, Gewürze unberührt geblieben – das Salz, der Pfeffer, der Knoblauch und die Sojasauce. Aber ganz ehrlich gesagt – abgegangen sind sie uns nicht. Immerhin hat keiner von uns nachgewürzt . Eh irgendwie kein Wunder, denn der Speck, das Tomatenmark und die „Tortelloni con Carne“ sind ja alleine schon ordentliche Geschmacksträger. Jedenfalls war das Essen wieder sehr gut und es ist für uns zurzeit unvorstellbar, dass uns diese Art der Camper-Küche je langweilig werden wird. Die brave Ilse hat dann als erste Verdauungsmaßnahme wie immer das Geschirr abgespült und schon eine Viertelstunde nach unserem letzten Bissen erinnerte in der Küche nichts mehr an blubbernde Pfannen, kochende Töpfe oder schmutziges Essgeschirr. Immer wieder bewundernswert, wie (scheinbar!!) locker Ilse die Ordnung in unserem WoMo aufrechterhält. Das soll jetzt um Himmels Willen nicht sarkastisch klingen, aber es ist nun mal wirklich so, dass Ilse nicht andauernd mit einem Putzfetzen herumrennt oder irgendetwas auf- oder wegräumt. Aber sie ist der Meinung, was zu tun ist, ist zu tun und was getan ist, muss nicht mehr getan werden. Kurz gefasst ist Ilse eine Hausfrau, die perfekter nicht mehr sein kann. Das darf hier ruhig einmal vermerkt werden, vor allem deshalb, weil das nicht selbstverständlich ist. Gernot hat immerhin den Müll weggetragen … Das war heute mal wieder so ein Tag, wie wir ihn bei Campen immer wieder gerne haben. Nichts Großartiges unternehmen, dafür viel Quatschen, noch mehr Lachen, gepflegtes Ausruhen und ein supergutes Essen mit kühlen Getränken. Morgen werden wir übrigens wieder deutlich aktiver sein – laut Wetterprognose können wir mit einer Ausfahrt rechnen. Einen Plan haben wir bereits …
Sonntag, 16. April 2023
Grundsätzlich schlafen wir im Wohnmobil immer gut, aber hier am Camping „Lago le Tamerici“ ist es besonders fein. Auch, weil es nachts so wunderbar ruhig ist. Ist natürlich auch ein wenig Glückssache, denn man könnte ja einen Kläffer neben sich haben … Wie starten fein in diesen Tag, gönnen uns einen Kuchen zum Kaffee und freuen uns, dass das Wetter schön ist. Und es soll auch schön bleiben, deshalb haben wir unseren Aufenthalt hier um einen Tag verlängert. Die 11 Grad Frühtemperatur lässt uns eine Ausfahrt noch ein wenig verschieben, aber gegen 11 Uhr 30 düsen wir los. Es gibt verschiedene Möglichkeiten, um vom Campingplatz zu den Hauptstraßen zu kommen. Egal in welcher Richtung man unterwegs ist, sind einige Kilometer zu absolvieren und das auf ziemlich schlechten Straßen. Mit der Vespa geht’s natürlich locker, wir können den allermeisten Schlaglöchern und anderen Bodenunebenheiten gut ausweichen. Unser heutiges Ziel ist Marina di Pisa, das ist nicht weit von Pisa entfernt und liegt am Meer. Wir waren schon einmal hier campen und darum wissen wir auch, dass es am Hafen eine schöne Anlage zum Spazieren oder Relaxen gibt. Nach gut 25 Kilometern Fahrt parken wir uns am Hafengelände ein, direkt neben einer roten Vespa. Das passt gut, sie werden sich einiges zu erzählen haben 😊. Wir schauen ein paar Fischern zu, die ihre Angeln gekonnt auswerfen. Es ist wirklich sehr lässig hier, einerseits das Meer und die gute Luft, während der Horizont von Hügeln und Bergen begrenzt wird. Es weht uns eine ziemlich steife Brise um die Ohren, deshalb bleiben wir nur ein Viertelstündchen am Hafen und fahren dann in den Ort hinein. Gleich am Anfang lockt uns ein großer Markt und wir parken unser Moped direkt daneben ein. Es sind zahlreiche Stände aufgebaut und viele davon haben antikes, bzw. pseudo-antikes Zeug im Angebot. Es wird aber natürlich auch jede Menge Kleidung feilgeboten und einige Minuten lang wühlen wir uns durch ein paar sehr gut sortierte Platten-Kisten. Leider kein Zappa dabei. An einem großen Stand hätte Gernot jede Menge nutzvolles Anglerzubehör kaufen können, aber sämtliche Ruten, Rollen, Köder und Schwimmer sind in Marina di Pisa verblieben. Obwohl, in Italien ist es so, dass sich Gernot eine Angelausrüstung kaufen hätte können, um damit dann die paar Meter zum Meeresufer hinunter und sofort hätte er legal fischen dürfen. Fürs Meer braucht es nämlich keinerlei Genehmigungen, jeder darf sein Glück probieren. Wahrscheinlich wird man bei Stränden mit Badebetrieb nicht überall seine Haken auswerfen dürfen, aber das ist eh klar … Wir sind selbstverständlich den ganzen Markt abgegangen, gekauft haben wir nichts, auch wenn uns ein wunderbares Vespa-Modell angelacht hat. Aber sie war leider nicht ganz rot und wäre als einzige orange Vespa ein Fremdkörper in unserer Sammlung gewesen. 
Wir fahren dann weiter dem Meer entlang, hier kennen wir uns immer noch gut aus und bald einmal kommen wir am Camping „Internazionale“ vorbei, wo wir seinerzeit gecampt haben. Irgendwie kommt uns vor, dass es vor einigen Jahren noch mehr Campingplätze gegeben hat, heute befindet der „Internazionale“ jedenfalls ziemlich allein auf weiter Flur. Nach ein paar Kilometern lässiger Fahrt kommen wir nach Tirrenia und dort sticht uns sofort ein „richtiger“ italienischer Wochenmarkt ins Auge. Wir stellen ab und einer der ersten Stände verkauft Hot-Dogs. Sie kosten je 6 Euro, wir haben eh ein kleines Hüngerchen, also: „Due Hot Dog, prego.“ Die Verkäuferin, vermutlich nicht gerade die hellste Kerze auf der Torte, meint daraufhin: „Ma dodici Euro“ – also: „Aber das macht 12 Euro.“ Ja und? Wir verstehen das Problem nicht, sie will auch nicht die 12 Euro im Voraus oder so. Jedenfalls „warnt“ sie uns offenbar mehrmals vor den Preisen und obwohl wir trotzdem mehrmals unser Okay geben und die zwei Hot Dogs insgesamt vier- oder fünfmal vergeblich bestellen, geben wir schließlich auf. Die beiden Würstchen im Brot dürfen hierbleiben und wir spazieren weiter über den Markt. Und dabei kommen wir dann bei einem richtigen Grillwagen vorbei und mit dem Meister klappt auch die Kommunikation hervorragend. Keine drei Minuten später haben wir schon zwei wirklich große Hendln erstanden, mit jeweils 10 Euro waren sie auch überhaupt nicht teuer. Auch wenn der Preis mit 9 Euro je Huhn angeschrieben war – wahrscheinlich eine Art „Touristen-Überling“. Ist uns bei dem günstigen Preis aber echt wurscht. Mit der buchstäblich heißen Beute im Heckköfferchen sind wir dann gleich in Richtung Campingplatz aufgebrochen und nach einem kleinen Umweg durch den Hafen von Livorno, sind wir am „Lago le Tamerici“ angekommen. 
Keine fünf Minuten später sind wir dann schon im Freien am Tisch gesessen und haben uns über die Hendln hergemacht. Ein Traum. Natürlich werden wir jetzt nicht beide Flattermänner komplett aufessen, sondern uns große Teile davon für morgen aufbehalten. Ilse hat dann das übriggebliebene Hühnerfleisch von den Knöchelchen gelöst das gibt wieder eine wunderbare Nudelpfanne, das wissen wir heute schon. 
Das Wetter lässt uns mit seinen über 20 Grad problemlos im Freien sitzen und wir verbringen eine relaxte Zeit vor unserem WoMo. Oft sind wir bei dieser Reise ja noch nicht gemütlich unter freiem Himmel gesessen, es ist immer eine Spur zu frisch dazu. Spontan beschließen wir dann die Vespa aufzuladen, morgen geht es wieder weiter. Heute rollt unser Moped ganz locker auf seinen Platz, eh super, denn genau heute haben wir gleich mehrere Zuschauer. Und da wäre bockiges Verhalten unserer Vespa natürlich doppelt peinlich gewesen. Wir sind dann bis nach 18 Uhr vor dem WoMo gesessen, zwischendurch hat Ilse unseren Aufenthalt hier bezahlt. Die Rechnung für die fünf Nächte macht 101 Euro aus, die Angestellte reduziert den Preis lachend auf 100. „Skonto from house.“ Ilse protestierte nicht 😊. Nach und nach verräumen wir dann die Stühle und den Tisch, damit sind schon die meisten Aufbruchshandlungen erledigt. Ein Abendessen lassen wir heute übrigens ausfallen, das Hendl hat uns ausreichend satt gemacht. Höchstens ein paar Süßigkeiten führen wir uns noch zu, damit unseren Verdauungssystemen nicht völlig langweilig wird …
Montag, 17. April 2023
Auch unsere letzte Nacht am „Lago le Tamerici“ war wunderbar, wir haben bis nach 8 Uhr geschlafen. Nach Kaffee und Kuchen ist dann das WoMo endgültig in den Fahrbetrieb umgestellt worden, gegen 9 Uhr 40 haben wir noch ein herzhaftes „Ciao tutti“ ins Rezeptions-Kabäuschen gerufen und weg waren wir. Als erstes greifen wir gezielt einen „Conad“ Großmarkt an, der dankenswerterweise am Weg liegt. Unsere Lebensmittelvorräte bedürfen einer kräftigen Aufstockung und darüber hinaus „entdeckt“ Gernot endlich Ilses Lieblings-Senf, nach dem wir schon viele Supermärkte in Italien abgegrast haben. Heute finden wir endlich den begehrten „Senape con Miele“ von Heinz, also „Senf mit Honig“. Der Einfachheit halber kaufen wir gleich alle vorrätigen Tuben, insgesamt drei 😊Nach dem Einkauf sind wir auf die Schnellstraße Firenze-Siena aufgefahren, die zwar in jeder Richtung zweispurig verläuft, aber nicht mautpflichtig ist. Soll uns auch recht sein. Die ganze Strecke ist knapp über 170 Kilometer lang und wir kommen gut voran. 
Die letzten Kilometer geht es dann recht steil einen Hügel hinauf und kurz vor dem Ziel tanken wir. Beinahe 100 Euro rinnen in Form von Diesel in unsere Schnecke, die sich mit etwas über 10 Liter Verbrauch ein bisschen durstiger als üblich gezeigt hat. Aber das passt schon. Von der Tankstelle ist es dann nur mehr ein Katzensprung zu unserem anvisierten Campingplatz und nach einer spektakulären und wirklich engen Dorfdurchfahrt durch Casciano di Murlo treffen wir um ca. 13 Uhr 30 am „Le Soline“ ein. Das Einchecken verläuft problemlos, wir können uns frei einen Platz wählen.
Der altehrwürdige Patrone des Platzes scheint ein wenig desinteressiert an allem zu sein, aber immerhin erklärt er Ilse, dass sich der ACSI-Tarif um einen 5-Euro-Aufschlag auf den Strompreis erhöhen wird. Auch schon wurscht. Wir tuckern die extrem steile Einfahrt des Platzes hinunter und stellen uns schließlich auf einer der Etagen auf. Wir parkieren neben einem Camper-Paar aus Holland, ihre Boxerhündin Bo beäugt uns neugierig und mag uns ganz offensichtlich auf Anhieb. 
Wir stehen unweit des Waschhauses und das bietet dann wirklich eine positive Überraschung. Wenn es am Campingplatz „Lago le Tamerici“ etwas zu bemängeln gab, dann war das der Sanitärbereich. Zwar war er immer sauber gereinigt, aber die Klokabinen waren einfach zu klein – sogar die nicht gerade riesenhaft gewachsene Ilse musste schräg sitzend am Topf Platz nehmen. Bei Gernots Körpergröße war das natürlich noch einmal beengender. Und – auch nicht gerade unwichtig – es war viel zu wenig warmes Wasser verfügbar, die haben für den ganzen Platz nur zwei haushaltsübliche Boiler gehabt, da können sich nicht 20, 30 Leute duschen. Aber hier am „Le Soline“ ist das ganz anders – es stehen gleich drei in sich geschlossene Wasch-Kabinen zur Auswahl, mit Toilette, Waschbecken und Dusche mit offenbar endlos heißem Wasser. Zwar ist nur der Zugang zum „Damen-Bereich“ geöffnet, aber das stört uns natürlich nicht. Wird wegen der Vorsaison sein und auch die wunderbaren Kabinen sind wahrscheinlich nur jetzt für alle frei zugänglich. Denn ein eigenes „Bagno“ kostet hier 15 (!!) Euro am Tag und das werden wohl diese drei Kabinen sein. Wie auch immer, wir genießen den Luxus und lassen lange das heiße Wasser auf unsere Körper rinnen. Herrlich. Nicht ganz so herrlich zeigt sich hingegen das Wetter, es ist trüb und es geht ein heftiger Wind. Der ist immerhin so stark, dass wir die Vespa zur Vorsicht gar nicht erst abladen. Nach einem erholsamen Nachmittagsschläfchen kocht Gernot dann das Abendessen.
Dafür muss er nur Zwiebel schneiden und anrösten, das klein geschnittene Huhn von gestern dazugeben, mit Weißwein ablöschen und nach dem Einreduzieren mit Panna vollenden. Dazu frische Nudeln und ein grüner Salat, einfach wieder ein Traum. Natürlich machen wir nachher noch einen Pasch und freuen uns, dass wir hier gut angekommen sind. Und, dass wir auch geblieben sind. Denn Ilse waren der ganze Platz, das arrogante Gehabe des Chefs und die steile Zufahrt anfangs nicht sympathisch. Aber zum Glück haben wir uns mal ausnahmsweise nicht vom Bauchgefühl leiten lassen und finden den „Le Soline“ mittlerweile durchaus annehmbar. Mit diesem Gedanken lassen wir uns schließlich vom heftigen Wind in den Schlaf wiegen. Hier ist es ja noch ruhiger als am „Lago le Tamerici“ – nicht einmal die brave Bo macht einen Mucks. 
Apropos Ruhe. Damit war es irgendwann am heutigen Nachmittag plötzlich schlagartig vorbei, denn zwei Kampfjets tauchten aus dem Nichts auf. Aus einem leisen Grollen wurde urgewaltig ein irrsinniger Lärm und die beiden Flieger donnerten über unsere Köpfe hinweg. Immerhin so knapp, dass wir die Jets gut erkennen konnten. Und gleich darauf noch einmal das Ganze, diesmal sogar mit einer spektakulären Schraube eines der Piloten. Natürlich haben wir sofort gescherzt, dass Ilse der Grund für diesen „Scheinangriff“ auf den Campingplatz war. Wir haben uns ja am „Lago le Tamerici“ in der Einflugschneise von Pisa befunden, aber es sind uns auch einige riesige Militärmaschinen aufgefallen. Es gibt hier nämlich das sogenannte „Camp Darb“, einen der größten Stützpunkte der US-Armee in Europa, wie sich Ilse gleich am Handy klugmachte. Und eben dieses Googeln hat die Geheimdienste auf uns aufmerksam gemacht, so unser Running Gag am Abend. Naja, ein SWAT-Kommando werden uns die Amis ja nicht gleich schicken – obwohl, was weiß man schon …
Dienstag, 18. April 2023
Wir sind zum Glück nicht von vermummten Kampfeinheiten eines SWAT-Kommandos aus dem Schlaf gerissen worden und konnten so wunderbar durchpennen bis nach 8 Uhr. Das Wetter ist prächtig und schon am Vormittag fahren wir mit der Vespa aus. Zwar nicht besonders weit, wir müssen vorerst nur in den Ort rüber. Denn in Casciano di Murlo gibt es einen kleinen „Alimentari“ und wir brauchen ein paar Sachen. Das für heutige Verhältnisse winzige Geschäft könnte italienischer nicht sein, der (Junior?)-Chef übrigens auch nicht. Der lockenköpfige Mittvierziger tänzelt, mit Händen und Füßen parlierend, zwischen seinen KundInnen hindurch, packt mal hier mit an, räumt mal dort was ein, hat für jeden und jeden ein nettes Wort und auch deshalb stets ein Lächeln im Gesicht. Und er ist offensichtlich Fußballfan, denn über der Fleisch- und Wursttheke hängen zahlreiche Fußballdressen, teils schwer gebraucht, teils mit Autogrammen. Der Laden mag zwar klein sein, hat aber dennoch das Notwendigste auf Lager. So hat man in den 1960er Jahren auch eingekauft und es ist erstaunlich und erfreulich gleichzeitig, dass sich doch sehr viele dieser kleinen „Alimentari“ gehalten haben. Wir sehen sie bei der Durchfahrt nahezu jeden Dorfes, bei uns hingegen sind die „Tante-Emma-Läden“ bzw. die „Greißler“ fast völlig verschwunden. Wir kaufen dem Francesco-Totti-Doppelgänger die Zutaten für eine Carbonara ab, außerdem kann Gernot dem Bier-Angebot des Tages nicht widerstehen. Aber auch wenn „Heineken“ mit keinem einzigen deutschen – vielleicht sogar mit keinem österreichischen – Bier mithalten kann, für 1,18 Euro je 0,66 Liter landen sechs Flaschen im Einkaufskorb. Nach dem „Alimentari“ ist die Tankstelle des Ortes unser nächstes Ziel, sie ist gerade mal ein paar hundert Meter entfernt. Wir füllen den Tank unserer Vespa auf und freuen uns, dass wir mal wieder direkt bei einem Mitarbeiter bezahlen können. Danach bringen wir unsere Einkäufe zum WoMo, es wäre nämlich ziemlich witzlos, Schinken und Panna bei Sonnenschein in der Gegend herumzufahren. Kaum sind die Lebensmittel im Kühlschrank, starten wir schon zu einer Vespa-Runde. Wir sollten damit auch nicht zu lange warten, denn am Himmel tauchen immer mehr dichte Wolken auf. 
Als ersten Zwischenstopp fahren wir nach „Bagni die Petriolo Terme“, dort gibt es einen natürlichen Ausfluss von warmem Wasser – eine Thermalquelle also. Der Weg dorthin ist wieder unglaublich lässig, hier in den Hügel und Bergen der Toskana gibt es wahrscheinlich keinen Meter ebener Straße. Es geht die ganze Zeit auf und ab, manchmal betragen Steigungen bis 20 Prozent. Kurve folgt auf Kurve und wenn es mal etwas höher hinaufgeht, dann folgt eine Kehre der nächsten. Einfach nur herrlich, noch dazu sind wir meistens völlig alleine unterwegs. Wir kommen dann zu den warmen Quellen, schon bei der Anfahrt sehen wir links und rechts der Straße einige Wohnmobile stehen. Am Ort des Geschehens ist dann ziemlich was los, das Thermalwasser fließt über zahlreiche Etagen zu Tal, überall gibt es kleine Einbuchtungen, in denen die Leute in der warmen Quelle baden. Sie tragen Bikini oder Shorts und haben offenbar eine gute Zeit. Danach schlurfen sie in Bademänteln und Schlapfen zu ihren Wohnmobilen oder ziehen sich neben ihren PKW wieder an. Für uns beide, da brauchen wir uns nur einen einzigen Blick zuwerfen, wäre das nichts. Zum einen ist es mit ca. 18 Grad doch einigermaßen frisch zum Baden im Freien, zum anderen liegt ein penetranter Geruch von faulen Eiern in der Luft. Das wird Schwefel sein. Tapfer bleiben wir trotzdem ein paar Minuten lang stehen und schauen den Menschen beim Baden im Stinkewasser zu. Dann fahren wir weiter und schon zwei, drei Kurven später weht uns wieder ein frisches Lüftchen um die Nasen. Ab jetzt ist unsere Fahrt sozusagen ziellos, irgendwie sollten wir halt eine Runde zusammenbringen. So kommen wir unter anderem nach Santo und Fontazzi. Zwischendurch sind wir einfach mal in eine ganz kleine Straße eingebogen, die führte uns zu einem „Agri-Tourismo“, also zu einem Bauernhof, der etwas zu verkaufen hat oder der Übernachtungsmöglichkeiten anbietet. Aus der Ferne erkennen wir eh einen Wohnwagen, viel mehr weckt aber eine ganze Rotte von kleinen Schweinen unser Interesse, es werden mehr als zehn sein. Sie wuseln nahe der Straße herum und obwohl sie unglaublich niedlich sind bleibt uns nicht verborgen, dass die Schweinchen genau die richtige Größe für ein Spanferkel hätten. 
Scherz! Aber die mächtige Muttersau dürfte unsere Gedanken gelesen haben, denn plötzlich hat sie einen kräftigen Grunzer ausgestoßen und die kleinen Ringelschwänzchen sind sofort von uns weggerannt und haben sich in eine Mulde geduckt. Sehr süß, wir haben die schweinische Familie dann aber bald wieder alleine gelassen. Und wieder einmal ist uns bei diesem kleinen Zwischenstopp klar geworden, dass es genau diese Momente sind, die unser Leben so wunderschön machen. Dass wir uns einfach die Zeit nehmen können, eine Schweinefamilie zu beobachten. Dass wir einem Schmetterling beim Blütenbesuch zuschauen und uns über jede dicke Hummel freuen können. Oder dass wir uns auf eine Bank an irgendeinen Waldrand setzen, um den Vögeln beim Singen zuzuhören und einfach so in eine Landschaft hineinzuschauen. Ohne Zeitstress, ohne Termine, ohne jegliche Rechtfertigung. Das sind für uns die Bausteine, aus denen unser Lebensglück gefertigt ist. Mehr brauchen wir nicht und mehr streben wir auch nicht an. Diese Zufriedenheit ist – neben unserer Gesundheit natürlich – für uns das Wichtigste.
Nach dem feinen Break bei der Familie Schweinchen Dick haben wir unsere nette Runde weitergedreht und Dank Ilses Talent fürs Navigieren ist es dann auch eine richtige Runde geworden. Denn von Fontazzi sind wir dann bis in die Ebene runtergedüst, dort hat sich Ilse natürlich sofort an den weiteren Weg zum Campingplatz erinnern können. Weil wir mit dem Wohnmobil auch über diese Straße nach Casciano gefahren sind. Und so haben wir die lässige Steigung hinauf in den Ort nun auch mit der Vespa genießen dürfen. Wunderbar, es reiht sich eine Doppelkurve an die nächste und wir können unser rotes Pferdchen mal wieder so richtig laufen lassen. Bei der Ortsdurchfahrt von Casciano hat es dann tatsächlich begonnen zu tröpfeln, was für eine Punktlandung, denn zum Campingplatz ist es nicht einmal mehr einen Kilometer weit. Und so sind wir völlig trockenen Fußes beim WoMo eingelangt, nur auf den Visieren unserer Helme waren ein paar Regenspritzer zu erkennen. Wenn man genau hingeschaut hat … Die Vespa-Ausfahrt war 44 Kilometer lang und heute werden keine weiteren mehr dazukommen. Denn das Wetter ist uns zu unsicher, wir wollen nach Möglichkeit nicht eingeweicht werden. Also verbringen wir einen relaxten Nachmittag in unserem Häuschen, schlafen eine Runde und freuen uns des Lebens. Das Kochen der „Carbonara“ verschieben wir auf morgen, wir haben eh noch so viele Köstlichkeiten im Kühlschrank. Also gibt es abends wieder eine fulminante kalte Platte, mit Salami, Parmesan, Tomaten, Oliven, Schafskäse und weißem Brot. Die Wetterprognose für morgen verspricht uns einen regenfreien Tag, den werden wir natürlich ausnutzen. Denn schließlich hat Ilse diesen Platz nicht zufällig ausgewählt, sondern weil er in schön erreichbarer Nähe zur Stadt Siena liegt. Und die schauen wir uns morgen an.

Mittwoch, 19. April 2023
Wir erwachen recht früh und bei wolkenlosem Himmel. Das wird unser letzter Tag auf diesem Campingplatz sein und es steht der Besuch der Stadt Siena an. Zuerst müssen wir noch kurz zum „Alimentari“, für die Carbonara am Abend brauchen wir noch Speck. Der Einkauf ist rasch erledigt und wir machen uns schon am Vormittag auf nach Siena. Google zeigt uns den Weg bis direkt ins Zentrum an, es sind knapp 25 Kilometer bis dorthin. Die Fahrt durch die hügelige Landschaft ist unbeschreiblich schön, wir werden von typisch klischeehaften Toskana-Bildern in den Bann gezogen. 
Manchmal folgen gleich mehrere S-Kurven aufeinander, es geht wie in einer Achterbahn stets auf und ab, mit unserer agilen Vespa fühlen wir uns hier wie die Queen und der King of the road. Genauso haben wir uns das vorgestellt und natürlich auch gewünscht. Bald einmal sehen wir die Silhouette von Siena am Horizont auftauchen und mit jedem gefahrenen Kilometer werden die Häuser, Kirchen und Türme größer. Wir müssen ganz einfach immer wieder stehenbleiben und Fotos machen. Am Stadtrand von Siena angekommen, folgen wir den Schildern in Richtung Zentrum und weil wir als Vespisti so ziemlich überall fahren dürfen, parken wir unseren Roller ca. 20 Meter neben dem mächtigen Dom von Siena ein.
Parkplatz gibt es hier zwar keinen, aber wir stellen uns einfach direkt vor den Eingang eines kleinen Geschäftes, dessen völlig verstaubte Tür- und Auslagenfenster eindeutig zeigen, dass es aufgelassen ist und wir hier niemanden im Weg sind. Das Wetter ist für einen Stadtspaziergang ideal und es sind auch keine Menschenmassen unterwegs, denen man andauernd ausweichen müsste. Bei 40 Grad August-Hitze und abertausenden Touristen schaut das sicher ganz anders aus. So können wir auch ohne Probleme direkt in der Sonne gehen, obwohl wir ziemlich warm angezogen sind. Natürlich zieht es uns magisch in Richtung der „Piazza del Campo“, dem großen Stadtplatz von Siena. Der ist vor allem durch das „Palio“ bekannt, das ist eines der härtesten und gefährlichsten Pferderennen der Welt. Es wird meist dreimal jährlich ausgetragen und es treten ausschließlich Mannschaften aus den verschiedenen Stadtteilen Sienas teil. Diese Stadtteile tragen Namen wie Giraffe, Stachelschwein Raupe oder Schildkröte und zu unserer Freude heißt eines der Teams „Schneckchen“. Die haben beim „Palio“ auch schon oft gewonnen. 
Wenn man über den großen Platz flaniert, vermag man sich kaum vorzustellen, dass hier Pferde in einer irrsinnigen Geschwindigkeit rundherum galoppieren. Abseits des „Palio“ ist die Rennbahn fast völlig von Tischen und Stühlen der unzähligen Restaurants zugestellt oder es stehen Souvenir-Stände im Geläuf. Während eines „Palio“ steht Siena still, es sind zehntausende Zuschauer in der Mitte des Platzes versammelt und von den Balkonen der alten Bürgerhäuser kann man sich das Rennen auch von oben anschauen. Allerdings für bescheidene 1.000 Euro pro Nase. 
Wir haben uns Videos des „Palio“ im Internet angeschaut, das ist wirklich der absolute Wahnsinn für Pferde und Reiter. Wir umrunden natürlich den ganzen Platz, bleiben immer wieder einmal staunend stehen und bewundern die historischen Gebäude. In den „Ristoranti“ ist schon einiges los, aber obwohl es Mittag ist, kehren wir nirgends ein. Es ist uns einfach nicht danach, nicht einmal ein schneller Cafe vermag uns zu locken. Stattdessen kaufen wir uns einen weiteren Vespa-Magneten und ein hübsches Bild von Siena. Danach spazieren wir gemütlich zur Vespa zurück und bleiben vor dem Wegfahren noch lange auf den schön warmen Steinstufen des Doms sitzen und beobachten einfach so das Alltagsgeschehen. Siena ist ein wirklich wunderbarer Ort und wir genießen jede Minute in dieser Stadt. Kein Wunder, dass Siena längst zum UNESCO-Weltkulturerbe ernannt ist. Unsere Vespa hat erwartungsgemäß brav auf uns gewartet und zeigt sich hocherfreut, als wir endlich wieder den Anlasser drücken. Sie kann es kaum erwarten, mit ihren beiden Reitern durch die wunderbare Landschaft zu galoppieren. Die toskanischen Straßen sind quasi der natürliche Lebensraum einer Vespa, schließlich wird sie auch im toskanischen Pontedera gebaut. Wo sie auch erfunden worden ist. Obwohl wir unserem Moped auch mal kräftig die Sporen geben könnten, cruisen wir lieber mit einem 50er oder 60er dahin. 
Einfach deshalb, weil es so viel Schönes zu schauen gibt. Nach jeder engen Doppel-S-Kurve kann sich plötzlich wieder das Sichtfeld öffnen und man sieht kilometerweit in die Landschaft hinein. Wir müssen auch bei der Rückfahrt gleich mehrmals stehenbleiben und die Aussicht bewundern. Und das, obwohl wir denselben Weg nehmen wie bei der Herfahrt. Es ist schlicht und ergreifend wunderschön hier. Nach insgesamt 61 Kilometern äußerst freudvoller Fahrt sind wir dann wieder beim Campingplatz angekommen und sind erst Mal ein wenig geplättet von den vielen Eindrücken. Jetzt brauchen wir eine Rastpause und die verbringen wir im Häuschen. Wir haben seit unserer Ankunft hier noch nicht einmal den Tisch und die Stühle aufgestellt, dafür war uns das Wetter meistens zu unsicher. Auch aktuell schaut es nicht gut aus, also bleiben unsere „Camping-Möbel“ in ihren Schutzhüllen. Stattdessen drängt Ilse auf möglichst baldiges Aufladen der Vespa. Nicht nur deshalb, weil bereits Getanes nicht noch einmal getan werden muss, sondern weil tiefschwarze Wolken aufgezogen sind. Und Aufladen im strömenden Regen ist relativ unlustig. Also zack zack, rauf mit dem Moped auf seinen Träger, Ilse übernimmt wie immer gekonnt die Anbindung und zum Abschluss kriegt unser Roller noch seinen Regenschutz verpasst. 
Das dauert wahrscheinlich keine zehn Minuten lang und heute hat Ilse wieder einmal das perfekte Gespür fürs Wetter gehabt. Denn kaum waren wir mit dem Auflegen der Vespa fertig, da öffnete der Himmel seine Schleusen und hat ein heftiges Gewitter über den Platz niedergehen lassen. Kann uns jetzt völlig wurscht sein, wir machen bei Blitz und Donner einen Pasch und später bereitet uns Ilse eine fantastische „Carbonara“ zu. Was für ein Genuss, viel besser lässt sich dieses Gericht nicht kochen. Überhaupt sind wir bei dieser Reise fast nie auswärts essen gewesen und das gar nicht mal aus finanziellen Gründen.
Es schmeckt uns momentan unser Selbstgekochtes derart gut, dass wir auf einen Restaurantbesuch gerne verzichten. Passt schon so, wie es ist, so ist es. Das nächste Mal, bei der nächsten Reise, gehen wir dann wieder öfter essen, wenn uns danach sein sollte. 
Den letzten Tag hier am Campingplatz „La Soline“ in Casciano di Murlo verbringen wir gemütlich im WoMo, wir lassen die bisherige Reise ausführlich Revue passieren, gönnen uns eiskalte Drinks und nehmen nebenbei zufrieden zur Kenntnis, dass der FC Bayern in der Champions-League gegen Manchester City ausgeschieden ist. Das magere 1:1 war zu wenig, die Citizens sind mit dem Gesamtcore von 4:1 locker über die „Sterne des Südens“ drübergefahren …😊.

Donnerstag, 20. April 2023
Wir stehen kurz nach 8 Uhr auf und das Wetter verspricht uns sogleich einen idealen Reisetag – es ist stark bewölkt, aber es regnet nicht. Wir trinken in aller Ruhe unseren Kaffee, richten dann das WoMo für die Fahrt her und um exakt 9 Uhr 53 nehmen wir mit dem noch ein wenig unausgeschlafenen Schneckchen die extrem steile Ausfahrt des Campingplatzes „Le Soline“ in Angriff. Die ist wirklich eine der steilsten aller Zeiten, so ähnlich wie am „La Ca“ am Gardasee. Da brauchen die alten Bullys auch eine Zugmaschine, um vom Platz wegzukommen. So was brauchen wir nicht, im ersten Gang zwingen wir unser Häuschen mit Halbgas vorsichtig die Rampe hoch. Kein Problem, die 82 Pferde im Motor ziehen unser WoMo locker hinauf, im Vorbeifahren an der Rezeption schnell noch ein lautes „Arrivederci“ dagelassen und weg waren wir. 
Die extrem enge Durchfahrt zwischen den Häusern von Casciano di Murlo bewältigen wir problemlos, aber auf der Hauptstraße wird es dann noch enger. Einige Arbeiter stehen neben einem geöffneten Kanal, Gernot fährt so knapp als möglich an den Männern vorbei. Dabei muss er einmal leicht nach links lenken, aber das genügt leider schon, dass er einen der einbetonierten Eisensteher streift, der den Fußweg von der Fahrbahn trennt. Gernot hat schlicht und ergreifend unterschätzt, wie weit unser WoMo hinten ausschwenkt und schon war das Malheur passiert. Zwar hat es sich gar nicht so schlimm angefühlt, aber bei einer Nachschau ein paar Meter weiter sahen wir dann den Schaden. Es hat uns beinahe die Lichtleiste vom Motorradträger abgerissen, aber nur beinahe. Das erst kürzlich vom Meister Robert Batkovski angefertigte Teil ist allerdings massiv verbogen und wird einer Reparatur bedürfen. Nichts Großes und zumindest funktionieren alle Lampen. Das ist das Wichtigste und dass die verbogene Lichtleiste potthässlich ausschaut, stört uns nicht wirklich. Hauptsache, das WoMo selber hat nichts. Wir werden auf unserer heutigen Fahrt keine Autobahnen benützen, der Weg führt uns über Bundesstraßen und kleinere Landstraßen. Diese Straßen sind alle wunderbar angelegt und führen durch eine traumhafte Landschaft, allerdings ist der Zustand dieser Straßen nur als erbärmlich zu bezeichnen. Da gibt es kaum einmal 50 Meter ohne Schlaglöcher, teilweise wird unser armes WoMo schrecklich durchgebeutelt. Zum Glück herrscht sehr wenig Verkehr, so können wir mit einer niedrigen Geschwindigkeit fahren und weichen hunderten Schlaglöchern aus. Schadensbegrenzung quasi. So kommen wir in einem wilden Zick-Zack-Kurs voran und freuen uns, dass die heutige Tagesetappe nicht einmal 100 Kilometer beträgt. 
Wir passieren dann die berühmte Stadt Montepulciano, bleiben aber gar nicht für eine Besichtigung stehen. Denn die „Wein-Metropole“ liegt eh unweit unseres anvisierten Campingplatzes, die 25 Kilometer können wir locker mit der Vespa fahren. Mal schauen. Die letzten Kilometer zum Campingplatz „Badiaccia“ führen dann über eine schöne Bundesstraße und wir können endlich mal schneller als 50 oder 60 fahren. So kommen wir relaxet am „Badiaccia“ an, einchecken dürfen wir hier erst ab 12 Uhr. Wir schauen auf die Uhr, schau an, es ist genau 12:01 – das ist mal wieder eine Punktlandung. Die Anmeldung funktioniert völlig klaglos, wir können uns frei einen Platz auswählen. Wir lassen das WoMo stehen und schauen uns den Campingplatz per pedes an. Er liegt schön am „Lago di Trasimeno“ und natürlich suchen wir uns einen Stellplatz mit Seeblick, sozusagen erste Reihe fußfrei. Der Platz ist höchstens zu 10 Prozent belegt, wir haben also die volle Auswahl. Das wird sich in den nächsten Tagen unter Garantie dramatisch ändern, denn kommenden Dienstag begehen die Italiener einen ihrer höchsten Nationalfeiertage und die Möglichkeit auf ein langes Wochenende wird sich kaum ein Camper entgehen lassen. Aber wie gesagt, noch ist hier nichts los, für die einzige Geräuschkulisse sorgen die vielen Singvögel. Wir sind heute besonders wählerisch, das ist natürlich der großen Auswahl geschuldet. Aber Ilse hat auch ein sehr gutes und geschultes Auge, was die Platzwahl betrifft. 
Möglichst viel Sonne ist natürlich eine der Grundvoraussetzungen, aber auch das Waschhaus sollte in einer bequem erreichbaren Nähe sein. Und Ilse checkt auch die unmittelbare Nachbarschaft. Da fallen dann Sätze wie: „Hier nicht, da stehen drei Wohnwägen von Dauercampern und die kommen am Wochenende wahrscheinlich mit 10 Kindern und vier Hunden.“ Oder: „Keinesfalls hier, schau dir an, was der gerade für einen riesigen Kühlschrank auslädt. Da ist ab morgen die Hölle los.“ Alles sehr gut beobachtet und deshalb stellen wir uns dann zwischen zwei Campern aus dem ehemaligen Ostdeutschland auf. Einer der beiden hat so dämlich geparkt, dass er sich selber den halben Platz weggenommen hat und eigentlich einen der Verbindungswege blockiert. Können die keinen Plan lesen? Später erfahren wir, dass die sich absichtlich so blöd hingestellt haben, denn: „Sonst funktioniert unser Satellitenempfang nicht.“ Na dann, man muss Prioritäten setzen. Also lassen die sich lieber von einem dicken Nasenbären aus Tirol die Sicht auf den wunderschönen See verstellen, als auf „Tatort“ oder „Tagesschau“ zu verzichten. Uns kanns nur recht sein, sie sind ruhige Nachbarn, den ganzen Tag mit ihren Bikes unterwegs und sonst kommen wir eh nicht miteinander ins Gespräch. Jedenfalls freuen wir uns über den perfekten Stellplatz, richten uns sogleich für einen mehrtägigen Aufenthalt ein und sitzen schon 20 Minuten später mit einem kalten Getränk vor unserem Häuschen. Wir sind super angekommen. Nach einer kleinen Verschnaufpause starten wir dann die Vespa, es gilt Einkäufe zu machen. Wir blatteln eigentlich ohne genaues Ziel los, erwischen dabei aber die falsche Richtung. Nach ein paar Kilometern bemerken wir, dass wir in dieser Industriegegend zwar Autos, Fertigbeton oder Benzin kaufen könnten, aber keine Lebensmittel. Also kehren wir um und düsen die Bundesstraße entlang bis zur Stadt Castiglione del Lago, das werden gute 12 Kilometer sein. Natürlich bringen wir die Autofahrer wieder völlig zur Verzweiflung, weil sie von einer Vespa aufgehalten werden, die mit 85 km/h dahinzuckelt. Erlaubt waren übrigens nie mehr als 70 km/h, aber das nur nebenbei. Wir fahren mittlerweile ohnehin meist genau mitten auf unserer Fahrbahn, damit wir nicht trotz Gegenverkehr überholt werden können. Das schmeckt den Rasern so gar nicht, aber das ist uns wurscht. In Castiglione angekommen, sehen wir schon beim ersten Kreisverkehr einen großen LIDL-Markt, fahren aber weiter, weil uns ein COOP oder ein Conad-Laden lieber wäre. Und schon ein paar hundert Meter weiter sehen wir das Hinweisschild zum COOP-Markt und keine zwei Minuten später parken wir schon direkt neben dem Haupteingang. Wir kaufen mächtig ein, für fast 40 Euro kriegt man hier einiges an Lebensmitteln. Wir probieren auch die COOP-Eigenmarke beim Bier, nennt sich „Bionda“ und ist – mit Abstrichen – halbwegs trinkbar. Mit dem Heckköfferchen voller guter Sachen sind wir dann formlos zum Platz zurückgefegt, insgesamt waren wir bei dieser ersten Vespa-Ausfahrt hier 31 Kilometer unterwegs. Vor unserem WoMo sitzen wir dann fein beisammen, machen uns mit Kaffee und Kuchen eine feine Jause und später delektieren wir uns noch an Salami, Parmesan und den anderen italienischen Köstlichkeiten. Das Wetter ist heute so richtig angenehm, wir sitzen lange in der Sonne, erst nach 16 Uhr ziehen wir uns ins Häuschen zurück. Schön ist es hier, schön stehen wir hier, das hat Ilse mal wieder schön ausbaldowert.
Freitag, 21. April 2023
Nach einer wunderbar ruhigen Nacht werden wir von den Singvögeln geweckt und die Sonne strahlt schon in voller Pracht vom Himmel. Das wird ein Traumtag werden, ideal für eine Vespa-Tour, aber noch ist es uns eindeutig zu frisch. Also dehnen wir das Frühstück lustvoll aus, machen einen Pasch und gegen Mittag brechen wir auf. Unser erstes Ziel ist der Ort Ossaia, den erreichen wir schon nach ein paar Kilometern. Wir bleiben aber gar nicht stehen, Ossaia ist nur eine Zwischenetappe. Aber jetzt sind wir zumindest von der Hauptstraße weg und dürfen uns wieder an den kleinen toskanischen Landstraßen erfreuen. Wir fahren in Richtung Cortona und sehen dann die Silhouette der Stadt schon von Weitem. Herrlich! Um zur ersten Sehenswürdigkeit zu kommen, müssen wir einen Berg hinaufglühen, denn dort thront die „Basilika Santa Margaret“. Wir passieren unzählige Touristen, die ins Zentrum von Cortona strömen, bei der großen Kirche sind wir dann aber ziemlich die einzigen Besucher. So können wir uns in aller Ruhe die Basilika anschauen und sind dabei meistens völlig alleine. Im Altarbereich liegt die Heilige Margarete in einem gläsernen Sarg, ihr Körper zeigt auch nach Jahrhunderten keine sichtbaren Spuren von Verwesung. Also, sonderlich frisch sieht sie natürlich nicht mehr aus, aber es dürfte nach den vielen, vielen Jahren eigentlich nur mehr ein Skelett vorhanden sein. Wenn überhaupt. Auch in dieser Kirche hängen einige riesige Gemälde und wir nehmen uns viel Zeit, sie anzuschauen. Schade, dass gerade kein Gottesdienst abgehalten wird, die große Orgel hätten wir sehr gern gehört. 
Anschließend fahren wir zur Burgruine „Girifalco“, die oberhalb der Basilika liegt. Hier sind wir dann überhaupt komplett alleine und genießen lange den unglaublichen Ausblick auf den See und die ganze Umgebung. Die Sonne wärmt schon ganz ordentlich, trotzdem sind wir über unsere Funktions-Kleidung froh, denn bei einem 80er fühlen sich auch 20 Grad recht frisch an. Aber natürlich entledigen wir uns bei jedem Stopp unserer Anoraks und die Vespa wird vorübergehend zum Kleiderständer. Steht ihr auch gut 😊
Mittlerweile ist es weit nach Mittag und es wird Zeit, dass wir etwas zu uns nehmen. Zwar würde es direkt neben der Basilika eine Art „Tea-Stall“ geben, aber die ausgeschriebenen Toasts oder Hotdogs locken uns nicht. Also setzen wir leicht hungrig unsere Fahrt fort, wir werden ja nicht gleich vor lauter Schwäche vom Moped kippen. Ilse hat sich gestern ausführlich mit der Gegend hier beschäftigt, deshalb lässt sie Gernot auf die „Strada dei Cappuccini“ einbiegen. An deren Ende werden wir zwar kein Käffchen serviert kriegen, dafür befindet sich dort ein uraltes Kapuziner-Kloster. Der Weg dorthin führt kurvenreich durch einen Wald, wir kommen gleich an mehreren Parkplätzen vorbei, auch ein Bus-Parkplatz ist dabei. Das Kloster ist ein richtiger Touristen-Magnet, aber in der Vorsaison und speziell heute ist kaum etwas los. Selbstredend fahren wir mit der Vespa bis direkt ans Geschehen und stellen uns neben drei, vier PKW ab. Das Kloster ist spektakulär in die felsige Umgebung hineingebaut und es soll vom Heiligen Franziskus von Assisi persönlich gegründet worden sein. Noch heute leben und beten einige Patres in den alten Gemäuern und man könnte auch an einer Führung durch das Kloster teilnehmen. Das werden wir nicht tun, wir bestaunen die „Heremitage Le Celle“ lieber von außen und das ausgiebig. 
Wie so oft würden wir uns wünschen, dass Mauern Geschichten erzählen könnten … Wie es wohl gewesen sein mag, vor hunderten Jahren hier zu leben? So völlig abgeschottet von der Außenwelt? Alleine schon der Weg hierher muss extrem fordernd gewesen sein. Tja, jeder wie er mag, heute ist so ein Eremitenleben eh kaum mehr wo möglich, in unseren Breiten schon gar nicht. Wir setzen uns dann auf ein kleines Mäuerchen, von dem aus wir das Kloster und die herrliche Umgebung im Blick haben. Gemeinsam mit uns rastet auch eine schöne Eidechse, die sich wenig schüchtern zeigt und kaum einen Meter von Gernot entfernt in der Sonne badet. Sehr süß. Schließlich müssen wir uns von diesem beeindruckenden Ort direkt losreißen, aber inzwischen ist unser Hunger immer öfter bereits hörbar. Wir übertönen das Magenknurren aber rasch mit dem elektrischen Anlasser unsers Mopeds und fahren in Richtung Cortona-City. Übrigens, einem eventuellen Dieb hätten wir unsere Vespa auf einem Präsentierteller serviert: Der Schlüssel steckte, beide Helme samt Handschuhen baumelten von den Rückspiegeln und in Gernots Anorak steckte seine Geldtasche mit etwas Benzingeld sowie der Vespa-Zulassung. Zum Glück waren hier und heute nur ehrliche Leute unterwegs … Von der „Heremitage Le Celle“ bis ins Zentrum von Cortona sind es nur wenige Kilometer, bald einmal tauchen die ersten „Centro“ Schilder auf. Wir folgen dann unauffällig einem Insider, der mit seinem Moped offenbar ebenfalls mitten in die Altstadt hinein möchte. Es ist manchmal wirklich erstaunlich, wie nahe man in Italien zu den Sehenswürdigkeiten hinfahren kann. Und das legal, Fahrverbot-Schilder sieht man wirklich selten. Die würden wir natürlich respektieren, aber auch heute dürfen wir bis ins Herz von Cortona vorfahren und parken direkt vor dem „Teatro Signorelli“. Zwar stehen wir genau im Halteverbot, aber das tun andere auch. Ein bisschen etwas darf man sich mit einer roten Vespa schon erlauben, manchmal sogar ein bisschen mehr. Aber immerhin sind wir nicht so frech, dass wir unseren Roller an der Stange der Halteverbot-Tafel anketten. Sie werden uns auch so nicht abschleppen … Wir spazieren ausgiebig in der schönen Stadt herum, was unseren Hunger aber nicht und nicht kleiner werden lässt. Na, so was! Immer öfter wechseln jetzt unsere Blicke zwischen Sehenswürdigkeiten und den Speisekarten der zahlreichen Restaurants hin und her und schließlich werden wir beim „Cafe Signorelli“ schwach. Es ist ausschließlich mit Einheimischen gefüllt, wir kriegen den letzten Tisch, noch dazu direkt am Fenster. Viel gibt die Speisekarte des kleinen Bistros nicht her, aber immerhin offerieren sie „Tagliatelle al Ragu“ und eine „Lasagne al Forno“. Das passt wunderbar, Gernot ist eh ein Nudel-Liebhaber und Ilse wünscht sich schon länger eine richtig gute Lasagne. Das Essen kommt rasch an den Tisch und so klein das Lokal auch ist, so großartig schmecken die beiden Gerichte. Ilse meint überhaupt, sie hätte niemals zuvor eine bessere Lasagne am Teller gehabt, nicht einmal bei Nadja. Und das will echt was heißen! Gernots Pasta war auch voll in Ordnung, dazu zwei eiskalte Cokes und das Ganze für erträgliche 28 Euro. Das passt! Gut gesättigt machen wir uns dann auf den Weg zurück zu unserer Vespa. Oh je, schon von Weitem sehen wir, dass neben uns parkende Fahrzeuge einen Strafzettel picken haben. Die Politesse ist noch ganz in der Nähe, also schlendern wir vorerst unauffällig an unserem Roller vorbei. Okay, wir haben noch keinen Zettel. Wir haben aber auch keinen Scheibenwischer, hinter den man das Ticket klemmen könnte. Vielleicht ist das der Grund. Jedenfalls warten wir mit der Abfahrt noch ein Weilchen, bis die etwas füllige Polizistin zumindest so weit weg ist, dass sie nicht zu uns herauf sprinten kann. Dann aber nix wie weg. Aus dem engen Gassen-Gewirr der Altstadt von Cortona sind wir bald einmal draußen, danach geht es wieder flott dahin. Den Weg zum Campingplatz finden wir Dank Ilse problemlos, fahren aber gleich weiter bis nach Castiglione. Wir brauchen wieder ein paar Lebensmittel, also greifen wir gezielt den großen COOP-Markt an. Mit den Einkäufen glühen wir danach endgültig die paar Kilometer zum Wohnmobil zurück, insgesamt waren wir heute 58 Kilometer unterwegs. Wir lassen uns in unsere Campingstühle fallen und bleiben bis nach 17 Uhr im Freien sitzen. Mit der Sonne verschwindet dann auch die feine Wärme und wir ziehen uns in unsere Privatgemächer zurück. Was für ein lässiger Tag war das heute wieder und morgen rücken wir erneut mit der Vespa aus. Es gibt noch einiges in der Gegend zu entdecken, wir freuen uns schon sehr drauf.
Samstag, 22. April 2023
Mit dem Wetter haben wir dieser Tage wirklich Glück, denn auch heute strahlt schon am Morgen die Sonne vom Himmel. Wir begrüßen den neuen Tag mit einem guten Kaffee und noch am Vormittag fahren wir nach Castiglione rüber. Heute wollen wir uns die Stadt genauer anschauen, bisher sind wir ja nur zum Einkaufen hierhergekommen. Das Stadtbild wird von einer großen Burg geprägt, die auf einem Hügel hoch über den Häusern liegt. An einem Samstag haben viele Leute die Idee, eine Stadtbesichtigung zu unternehmen, entsprechend groß ist der Andrang. Wir suchen uns als Optimisten natürlich den nächstmöglichen Parkplatz bei der Altstadt und werden erwartungsgemäß fündig. Heute parken wir mal wieder völlig legal – aber auch wenn uns die Polizei nicht beachten wird, die italienischen Autofahrer werden uns hassen. Wir stellen uns nämlich auf den allerletzten freien PKW-Parkplatz – aber immerhin so, dass noch ein zweites Moped oder Motorrad neben uns parken kann. Ach ja, natürlich stehen wir direkt an der Stadtmauer und unmittelbar neben dem Eingang zur Altstadt. 
Was wir so mitkriegen, besteht die Altstadt von Castiglione hauptsächlich aus zwei großen Straßen und einigen kleinen Gässchen. Wir flanieren die eine Hauptstraße entlang, sie führt uns zur großen Burg. Links und rechts der Straße befinden sich ausschließlich Geschäftslokale und Restaurants und wir halten natürlich Ausschau nach einem Vespa-Kühlschrank-Magneten oder so. Selbstredend werden wir fündig und neben einem netten Vespa-Modell kaufen wir uns auch ein schönes Bild der Toskana, das auf eine Fliese gemalt ist. Bei der Burg angekommen, sparen wir uns den Weg hinauf. Nicht nur deshalb, weil er ziemlich steil ist, sondern auch, weil heute gleich mehrere große Schüler-Gruppen unterwegs sind. Eindeutig zu viele Leute, also verzichten wir auf eine genauere Burg-Besichtigung, dann sind es schon mal zwei Leute weniger …😊
Den Weg zurück nehmen wir über die zweite, große Hauptstraße und die präsentiert sich völlig anders. Hier gibt es nämlich fast nur noch Wohnhäuser, keine Restaurants, keine Geschäfte, nichts. Auch super und es ist natürlich weit weniger los. Wir spazieren dann ganz ans Ende der Altstadt, schauen ein bisschen aufs eher kleine Riesenrad und erspähen dann von oben einen Markt. Den müssen wir uns genauer anschauen, also begeben wir uns zu unserer braven Vespa. Der Markt hat dann so wenig hergegeben, dass wir nicht einmal stehen geblieben sind. Stattdessen sind wir an allen Ständen nur mit dem Roller vorbeigetuckert und schließlich zum COOP gefahren. Dort haben wir fürs heutige Abendessen eingekauft und wir wissen jetzt schon, dass es wieder ein fantastisches Mahl werden wird. Das sagen uns alleine schon die Zutaten. Wir beschließen dann, dass wir es für heute mit dem Vespa-Fahren genug sein lassen, auch wenn wir bis jetzt gerade mal 19 Kilometer unterwegs waren. Aber manchmal ist weniger mehr und wir fläzen uns lieber in unsere bequemen Camping-Stühle. Am Platz ist mittlerweile die Hölle los, wir hätten ja bereits gestern schon mit dem großen Ansturm gerechnet. Im Minutentakt kommen jetzt die Camper-Vans, Gespanne und Wohnmobile an und natürlich kommt jeder einzelne auch an uns vorbei. Denn schließlich will jeder in der allerersten Reihe am See stehen, wir eh auch 😊
Aber, wie es halt so oft ist: First come, first serve. Und so müssen alle zu spät gekommenen Camper enttäuscht den Traum von der ersten Reihe abhaken und sich im Innenfeld einen Platz suchen. So lange es da noch einen gibt, denn langsam wird der Platz wirklich voll. Dass wir heute wieder selber kochen, ist auch dem Platzrestaurant hier geschuldet. Denn das kann man nur als erbärmlich bezeichnen. Nicht nur die Location selber – ein Plastikzelt wirkt halt wenig einladend – auch das kulinarische Angebot ist äußerst überschaubar. Und nicht zuletzt hält uns auch das Coperto von je 3 Euro von einem Besuch ab. 3 Euro für was? Für eine Papierserviette? Nein Danke, Copertro nur im Notfall und auf einem Campingplatz kommt das für uns überhaupt nicht in Frage. Wir haben uns am Nachmittag im Freien einen feinen Pasch ausgespielt, bis uns heftiger Pollenflug der (mutmaßlichen) Tamerisken ins Innere des Häuschens verjagt hat. So einen Pollen-Wahnsinn haben wir ja schon am „Lago le Tamerici“ erlebt, auch hier schaut es nach wenigen Minuten überall so aus, als hätte es heftig geschneit. Alles ist von den Pollen überzogen, das freut besonders die Motorradfahrer in ihren Zelten … Uns kanns eh wurscht sein, zwar verirren sich sogar bei halb geschlossenen Fenstern immer wieder ein paar Flugsamen ins WoMo herein, aber das hält sich in Grenzen. Nach einer Viertelstunde ist der Spuk ohnehin wieder vorbei und wir können draußen weiterpaschen. Später macht sich dann Gernot an die Zubereitung des Abendessens und das ist inzwischen schon ein Stamm-Gericht geworden. Also wieder Carpaccio-Fleisch und Zwiebel anrösten, kleingeschnittene Champignons hinzugeben, mit Weißwein ablöschen und einreduzieren lassen. Dann das Panna (heute wieder mit Pilz-Aroma!) dazu, zuletzt die zwei Minuten lang gekochten, frischen Tagliatelle daruntermischen – fertig. Wieder ein absoluter Hochgenuss, der noch dazu derart einfach und schnell zuzubereiten ist. Vor vielen WoMos und Wohnwägen wird gegrillt und es stehen auch mehrere Grill-Stellen zur Verfügung, wo man selber ein Feuerchen machen kann. Das wird auch getan, der extreme Qualm zieht zum Glück nie in unsere Richtung. Das Wetter ist für einen feinen Grillabend ideal, um 20 Uhr 45 messen wir draußen immer noch 15,9 Grad. Da brauchts zum Grillen auch keine Winterjacke mehr … Von der oftmals lautstarken südländischen Lebensfreude kriegen wir an unserem Platz kaum etwas mit, aber bei den Wohn-Wagen-Burgen geht es ordentlich ab. Da hat Ilse mal wieder genau den richtigen Riecher gehabt, obwohl – ab 22 Uhr ist es dann ohnehin schön ruhig geworden am Campingplatz „Baddiaccia“ am Lago di Trasimeno.

Sonntag, 23. April 2023
Schon kurz nach 8 Uhr sind wir munter geworden, da strahlte schon die Sonne vom Himmel. Genau so will man aufwachen. Gemütlich dehnen wir unser Frühstück aus, Gernot geht sich mal wieder seinen Bart aus dem Gesicht schaben, Ilse gönnt sich noch eine kleine Nach-Ruhung. Nach einem Pasch beschließen wir dann zum COOP nach Castiglione rüber zu fahren, denn da das Restaurant hier, wie gesagt, gar nix hergibt, müssen bzw. dürfen wir uns selber versorgen. Bei der Stadteinfahrt von Castiglione sind wir bis jetzt jedes Mal beim großen „LIDL“-Markt vorbeigefahren, heute bleiben wir stehen. Es droht uns nämlich unser Kaffee auszugehen, und unsere Marke „Dallmeier Prodomo“ gibt es in Österreich auch beim LIDL. Der Supermarkt wirkt auf uns aber alles andere als einladend, er erinnert uns an die ersten „Hofer“ Filialen vor 40 Jahren. Viele Waren werden auf ihren Paletten präsentiert, Markenprodukte sind rar und auch bei Obst und Gemüse haben COOP oder Conad das deutlich bessere Angebot. „Unseren“ Kaffee führt LIDL auch nicht, also machen wir nur einen schnellen Rundgang durch das Geschäft und kaufen nichts. Danke, das wars und tschüss. Bei unserem Moped angekommen, wird Ilse dann noch beinahe von einem depperten Autofahrer angefahren, der ohne zu schauen einfach rückwärts auf uns zukommt. Nicht mit Ilse, sie schlägt ihre Tasche gegen das Blech, schreit kurz auf und der vielleicht 25-jährige schaut, nach einer Entschuldigung, dass er möglichst schnell vom Parkplatz wegkommt. Was uns fast sprachlos macht, ein großer Teil des Parkplatzes ist ausschließlich von Wohnmobilen verstellt, es stehen wohl gut 30 Stück nebeneinander aufgereiht. Vielleicht toleriert LIDL das ja, uns geht’s eh nix an. Wir fahren stattdessen zum COOP rüber, da kennen wir uns inzwischen sogar aus. Deshalb fällt uns auf, dass es beim Salat kaum noch eine Auswahl gibt. Ilse fragt dann einen Angestellten, ob die paar Köpfe denn alles an Salat sei, worauf der Mann freundlich antwortet: „Ja, denn wir schließen in einer Minute!“ Ups. Das war aber knapp und natürlich dürfen wir noch unseren Einkauf machen. Schnell sind Salat, Kartoffel und Würstel zusammengeklaubt, natürlich auch noch Milch, Brot, Bier und Wein. Die Lebensmittel bringen wir sogleich ins Wohnmobil, wir ziehen uns aber nicht einmal unsere Anoraks aus, denn unüberhörbar lockt die Straße. Von unserem Stellplatz aus haben wir einen traumhaften Blick auf eine Art Burg, es könnte aber auch ein etwas überdimensioniertes toskanisches Landhaus sein. Das wollen wir uns näher anschauen und fahren vorerst ungefähr in Richtung des Hügels. 
Zuerst kommen wir nach Mercatole, der Ort liegt schön erhöht und wir genießen lange den herrlichen Ausblick auf den See und seine Inseln. Immer wieder sehen wir Hinweisschilder zu archäologischen Ausgrabungen, alle haben einen Bezug zu Hannibal. Der berühmte Heerführer hat sich hier in der Gegend gigantische Schlachten mit dem Römischen Reich geliefert, nachdem er mit seinen Kriegselefanten über die Alpen gezogen ist. Das waren die so genannten Punischen Kriege, die so um das Jahr 217 vor Christus hier stattgefunden haben. Das hat Ilse auf die Schnelle im Internet recherchiert und mit so einem geschichtlichen Hintergrund wird die ganze Gegend für uns natürlich noch interessanter. Trotzdem wollen wir jetzt den Weg zu dieser Burg finden, das kann ja nicht so schwer sein, wir sind ja ganz in der Nähe. Zwei-, drei Mal biegen wir einen ansteigenden Weg in Richtung Burg hoch, aber immer landen wir nur irgendwo im Nirgendwo. Bei Sanguineto finden wir dann definitiv die richtige Zufahrt, allerdings ist der schmale Weg mit einer Kette abgesperrt. Das hält uns natürlich zurück, denn wir respektieren selbstverständlich Privatgründe. Ein paar Bilder machen wir noch, dann fahren wir über lustvolle Umwege zuerst nach Cortona und danach zum Campingplatz zurück. Die kleine Tour war heute 55 Kilometer lang und wohl keine 300 Meter dieser Strecke sind geradeaus verlaufen. Nur Kurven, Doppelkurven, S-Kurven, Haarnadeln und Kehren. Und immer und überall der unbeschreiblich schöne Ausblick auf die Landschaft. Ach ja, Ilse hat herausgefunden, dass sich die Burg in Privatbesitz befindet und sich „Castello di Montegualandro“ nennt. Schön, wissen wir das nun also auch. Nach einer ausgiebigen Rastpause kümmert sich Ilse dann um unser Abendessen. Sie bereitet uns Röstkartoffel zu, macht einen Salat, dazu gibt es Würstchen. Wobei Würstchen – diese verniedlichende Bezeichnung verdienen sich vielleicht Ilses Mini-Frankfurter. Nicht aber das gigantische Schweinsbratwürstel von Gernot, denn das zu einer Spirale zusammengedrehte Ding hat locker seine 400 Gramm.   
Es ist mit einem äußerst kompakten und dichten Brät gefüllt, eigentlich hätten 150 Gramm davon auch satt gemacht. So ist Gernot halt mehr als satt vom Teller aufgestanden, heute hat nicht einmal mehr ein Schoko-Pudding Platz. 
Obwohl der Campingplatz inzwischen rammelvoll ist, versuchen natürlich immer wieder verwegene Glücksritter einen freien Stellplatz zu ergattern. Und selbstverständlich suchen sie zuerst in der „ersten Reihe fußfrei mit Blick auf den See“. So auch ein italienischer Wohnmobilist, der sich dranmachte, hinter uns und neben einem anderen WoMo einzuparken. Auf einem Streifen Grund, der keine 3 Meter breit war. Beim ersten Versuch hat der Depp dann gleich einen Hauptast eines jungen Baumes abgerissen, einen zweiten Versuch hat es dann gar nicht mehr gegeben. Denn Ilse hat dem Mann auch ohne große Italienischkenntnisse klargemacht, dass er hier verschwinden soll. Hätte er sein WoMo wie geplant abgestellt, dann hätte sein Nachbar nicht einmal mehr seine Seiten-Klappen öffnen können. Der hätte sich tatsächlich 20, 30 Zentimeter daneben eingeparkt, natürlich vollständig in der Parzelle des anderen. Aber Ilses höfliches aber bestimmtes Knurren hat genügt und jetzt steht der Clown auf einem Platz, der gar kein Platz ist, mit einer Hälfte seines Fahrzeuges ragt er auf die Straße. Wir machen dann noch einen Verdauungspasch und freuen uns, dass es auch heute lange angenehm warm bleibt, erst gegen 20 Uhr 30 sackt die Temperatur unter die 17-Grad-Grenze.

Montag, 24. April 2023
Leider ist heute das Wetter nur so lala und wir entscheiden uns rasch, dass wir nicht mit der Vespa ausfahren werden. Zu groß ist die Wahrscheinlichkeit, dass es uns einweicht und das kann niemand wollen. Also bleibt das Moped den ganzen Tag über abgedeckt. Zu unserer Überraschung beginnt am Platz dann schon am frühen Vormittag der große Aufbruch, obwohl erst morgen Feiertag ist. Mindestens die Hälfte der Camper reist ab, dementsprechend groß ist der Andrang in den Waschhäusern. Gernot hat es spaßhalber den „Kampf um den letzten Topf“ genannt, ist aber selber durch ein gewagtes und raffiniertes Überholmanöver gerade noch zum Zug gekommen 😊. Vor unserem Waschhaus befindet sich auch die Ablassstelle für das Brauchwasser der Wohnmobile und es ist faszinierend zu beobachten, wie patschert sich manche Camper dabei anstellen. Dazu muss man wissen, dass in Italien die allermeisten WoMos Leihmobile sind und deshalb wissen die Mieter oft gar nicht, auf welcher Seite ihres Gefährtes sich das Ablass-Ventil befindet. Allerdings – steht ein WoMo verkehrt herum, wird dennoch abgelassen. Weils halt allen wurscht ist … Nach einem Pasch widmet sich Gernot dann endlich mal wieder unserem Blog, Ilse sonnt sich derweil im Inneren (!) unseres Häuschens. Jetzt haben wir wieder einen wunderbaren Rundum-Blick und genießen das „Dolce far niente“, das süße Nichtstun. Später machen wir uns noch eine sehr gute kalte Platte mit allen unseren italienischen Spezereien plus Leerdamer. Danach gehen wir eine große Runde über den Platz und haben insgesamt einen feinen Tag. Der zwar ohne besondere Vorkommnisse verläuft, dafür auch ohne Aufregungen. Das heißt, eine kleine Aufregung hat es dann doch noch gegeben, denn beim herzhaften Biss in ein extrem weiches Weißbrot hat sich Gernot einen Zahn abgebrochen. Nicht weiter tragisch, das wird sich reparieren lassen und wenigstens schmerzt es kein bisschen. Morgen werden wir wahrscheinlich wieder aktiver sein, so es das Wetter zulässt. Immerhin ist morgen unser letzter Tag am „Lago di Trasimeno“ und ein bisserl was wollen wir uns schon noch anschauen.

Dienstag, 25. April 2023
Heute begehen die Italiener einen ihrer wichtigsten Feiertage und glaubt man den Medienberichten, so wird das Land in weiten Bereichen buchstäblich stillstehen. Gestern noch haben wir uns in Gedanken wieder über die toskanischen Straßen fahren gesehen, doch beim Aufwachen und dem ersten Blick aus dem Fenster war klar, dass der Regen uns einen Strich durch diese schöne Rechnung gemacht hat. Wir jammern aber nicht drüber – nützt ja eh nix – sondern machen das Beste draus. Also ein feines Genuss-Frühstück, einen feschen Pasch und danach gleich noch einen. Wir haben einen neuen Nachbarn aus dem Allgäu und wir registrieren erstaunt, dass der gute Mann sowohl sein WoMo, als auch seinen Anhänger, mit einer Park-Kralle gesichert hat. Auf einem Campingplatz! Dazu ist er auf seine Böcke aufgefahren und hat danach die Räder zusätzlich mit einem Bremsschuh gesichert. So was haben wir noch nie gesehen, das geht ja schon in Richtung Paranoia. Wir haben damals in Sizilien, wegen der Hitze, untertags alle Fenster sperrangelweit offengelassen, wenn wir mit der Vespa ausgefahren sind. Der muss echt Angst um seinen Besitz haben. Wir verbringen einen weiteren Schlunz-Tag am Platz, als es einmal aufhört zu tröpfeln gehen wir eine schöne Runde spazieren, eine weitere Regenpause nutzen wir, um die Vespa aufzuladen. 
Weil der kluge Mensch bekanntlich vorbaut, haben wir noch sämtliche Zutaten für eine „Carbonara“ im Kühlschrank und am frühen Abend macht sich Ilse an die Zubereitung. Gernot muss nur den Parmesan reiben und wieder einmal genießen wir eines der besten Essen aller Zeiten. Morgen geht’s wieder weiter, wir werden uns in die Nähe von Florenz begeben und uns die Stadt ausgiebig anschauen. Mit diesem schönen Gedanken gehen wir schlafen, der Regen trommelt uns dazu eine kleine Nachtmusik aufs WoMo-Dach …

Mittwoch, 26. April 2023
In der Nacht hat der Regen aufgehört und der Morgen begrüßt uns schon mit Sonnenschein. Nach dem obligaten Kaffee räumen wir das WoMo auf Fahrbetrieb um, gehen duschen und kommen dann noch mit dem Nachbarn ins Gespräch, der seine Fahrzeuge mit Wegfahrsperren gesichert hat. Er mache das nicht wegen schlechter Erfahrungen, sondern aus reiner Routine. Also doch ein Paranoiker … Wir sind dann mit unserer Routine bald einmal fertig gewesen und um Punkt 10 Uhr verlassen wir den schönen Campingplatz „Badaccio“ am Lago di Trasimeno. Den Weg in Richtung Florenz werden wir einfallslos über die Autostrada nehmen, die Auffahrt dazu befindet sich ganz in der Nähe. Die Strecke beträgt nicht einmal 100 Kilometer, 98 um genau zu sein. Wir gondeln gemütlich dahin, trinken unterwegs noch ein Käffchen aus der Thermoskanne und kurz vor Mittag erreichen wir den kleinen Ort Cellai, wo wir uns bereits am Campingplatz „Il Poggetto“ angekündigt haben. Die letzten paar Kilometer führt uns das Navi durch mehrere, kleine Dörfer und die Straße steigt teilweise ordentlich an. Irgendwie kein Wunder, denn „Il Poggetto“ heißt auf Deutsch „Der Hügel“. Dort angekommen wird Ilse kurzerhand in ein elektrisches Golfwagerl verfrachtet und weg ist sie. 
Nach ein paar Minuten wird sie dann wieder zu Gernot zurückgefahren und wir beziehen unseren Platz für die nächsten Tage. Das wird jetzt der letzte „richtige“ Campingplatz auf unserer Toskana-Reise sein, denn bei der Rückfahrt machen wir nur noch einen schnellen Übernachtungsstopp in Verona, das gilt aber für uns nicht als campen. Unser Platz am „Il Poggetto“ ist perfekt, er liegt ganz in der Nähe zum Waschhaus, auch zum Mini-Shop und zum Restaurant sind es nur ein paar Meter. Blitzartig sind wir wieder in den Camping-Modus gewechselt, haben natürlich die Vespa abgeladen und sind dann gleich damit ausgerückt. Als erstes kriegt unser Moped eine Füllung Sprit verpasst und danach schauen wir uns die Gegend hier näher an. Schon nach wenigen Kurven sehen wir von Weitem Florenz am Horizont auftauchen, es sind ja keine 20 Kilometer bis dorthin. In einem winzigen Örtchen lockt uns ein kleiner „Alimentari“ und wir bräuchten ein paar Kleinigkeiten. Nach einem schnellen Rundgang durch den Mini-Laden wissen wir, dass wir was Größeres brauchen, es gibt hier kein Fleisch, keine frischen Nudeln, keine Pilze und nicht einmal Panna zu kaufen. Wir hätten uns Salami und Schinken aufschneiden lassen können, sicher von Top-Qualität, keine Frage. Aber wir brauchen Zutaten zum Kochen, also „Ciao Tutti“ und schon waren wir wieder auf der Straße. 
Bei der Durchfahrt eines anderen Dorfes sehen wir einen Wochenmarkt und bleiben natürlich stehen. Leider ist er bereits am Zusperren, aber trotzdem schreiten wir die Stände ab. Und so kommen wir zu einem Grillwagen, der hat noch Restbestände zu bieten und wir kaufen der netten Donna gleich sämtliche übriggebliebenen Chicken-Wings ab, sicher mehr als ein Kilo. Dazu gebratene Polenta-Scheiben und eine Portion Pommes. Damit werden wir den ersten Hunger stillen können
😊. Übrigens haben wir für die ganze Fuhre nur 11,50 Euro bezahlt. Wir sind dann einfach die traumhafte Straße in Richtung Firenze weitergefahren, irgendwann wird schon ein großer Supermarkt auftauchen, die Leute in der Peripherie müssen ja auch einkaufen. Tja, plötzlich tauchte dann schon ein riesengroßes „FIRENZE“ Schild auf, wir waren also am Stadtrand von Florenz angekommen. Und nur ein paar hundert Meter weiter lässt uns ein riesiger COOP-Markt innerlich aufjubeln, denn hier kriegen wir alles. So ist es natürlich auch gekommen, wir kaufen uns die Zutaten für gleich drei Mahlzeiten, dazu eine ordentlich Menge Bier und zwei Flaschen Wein. Wir haben wohlweislich die große Tasche mit der Regenkleidung aus dem Stauraum unter dem Vespa-Sattel beim WoMo gelassen, so ist genug Platz für den großen Einkauf. Gleich nach dem Shoppen haben wir den Rückweg zum Campingplatz angetreten, eine Stadtbesichtigung von Florenz können wir unseren frischen Lebensmitteln echt nicht antun. Eigentlich ist der Weg überhaupt nicht kompliziert, der COOP-Markt liegt ja direkt an der vierspurigen Hauptstraße und wir müssen nur ein einziges Mal abbiegen. Und genau diese eine Abzweigung verpassen wir – wurscht – wir fahren halt ein paar hundert Meter weiter bis zur ersten Umkehrmöglichkeit. Dort legen wir eine ebenso fesche wie legale Hinterhand-Wende auf den Asphalt und stehen schließlich abbiegebereit als viertes Fahrzeug an der Ampel. Plötzlich hören wir hinter uns die Sirene eines Einsatzfahrzeuges der Carabinieri. Dazu flackert hektisches Blaulicht. Kein Fahrzeug macht Anstalten zur Bildung einer Rettungsgasse und Gernot schreit sogar den PKW-Fahrer vor sich an, ob er denn nicht endlich zur Seite fahren wolle. Schließlich macht wenigstens Gernot Platz, lenkt die Vespa links an den stehenden Fahrzeugen vorbei – genau in dem Moment springt die Ampel auf Grün und Gernot fetzt über die Kreuzung drüber. Plötzlich schreit Ilse in nicht gespielter Panik: „Bleib sofort stehen, die meinen uns!!“ Wie? Was? Warum? Natürlich bremst Gernot sofort ab, da rast schon der Jeep der Carabinieri heran – die meinen tatsächlich uns. Ilse klärt dann Gernot rasch auf, dass einer der Beamten bereits neben unserer Vespa gestanden sei, als Gernot plötzlich fluchtartig losgeglüht sei. 
Fluchtartig! Mehr brauchst nicht mehr. Die beiden Beamten waren unübersehbar verärgert über das Wegfahren und Gernot konnte neben einer Entschuldigung nur die Erklärung stammeln, dass er an einen Notfall dachte und die Straße freimachen wollte. Das harsche „Documenti“ konnten wir dann leider auch nicht befolgen, denn beide Ausweise musste Ilse vorübergehend in der Campingplatz-Rezeption lassen, am Nachmittag würden wir sie zurückkriegen. Zum Glück hatten wir darüber eine Bestätigung und außerdem konnten wir uns eh mit unseren Führerscheinen ausweisen. Gernot hätte notfalls noch seinen Presseausweis und sogar die Tiroler Fischerkarte mit dabei, aber uns war nicht nach einem Späßchen. Die beiden Polizisten überprüften dann unsere Ausweise, das Prozedere dauerte gut und gern eine Viertelstunde lang. Dann bekamen wir unsere Papiere zurück und einer der Beamten wollte wieder wissen, warum wir denn abgehaut sind. Gernot erklärte das Ganze ein weiteres Mal, da grinste der Polizist und sagte auf Englisch: „Ich habe eh gesehen, wie Ihre Frau Ihnen auf den Arm geklopft und ‚Stopp‘ gerufen hat.“ Wir wurden dann noch einmal aufgeklärt, dass man der Polizei nicht davonfahren dürfe (und den Carabinieri schon gar nicht, aber das hat er nicht dazugesagt). Wir waren dann direkt verwundert, dass wir keine Strafe oder so bezahlen mussten. Und warum die uns plötzlich an einer Ampel mit Blaulicht und Folgetonhorn aus dem Verkehr ziehen wollten, kam gar nicht zur Sprache. Wurscht, wir durften letztlich unbehelligt weiterfahren und wie wir im nächsten Dorf in einer 30er-Beschränkung von einem BMW-Fahrer mit einem 70er zur Seite gedrängt wurden, freuten wir uns, dass die Polizei in Italien so aufmerksam den Verkehr im Auge hat … 
Wir sind dann gut am Campingplatz angekommen und haben uns als erstes natürlich über die immer noch warmen Hühnerflügel, den Polenta und die Pommes hergemacht. Herrlich, derartigen Versuchungen aus einem Grillwagen können wir selten widerstehen und müssen das zum Glück auch nicht. Mit unseren beiden Nachbarn am Platz haben wir es gut getroffen, links von uns stehen Spanier, die Frau erklärt uns gleich, dass sie auch eine Vespa-Fahrerin ist. Und mit dem Deutschen neben uns kommen wir überhaupt in ein längeres Gespräch. Er ist mit seiner Frau und seinem Dackel Felix in einem großen Carthago-Mobil unterwegs, in der Heckgarage führt er einen ausgewachsenen Peugeot-Roller mit. Er erzählt, dass sein vor vier Jahren gekauftes WoMo heute um 50.000 Euro mehr kosten würde, der Corona-bedingte Campingboom hätte die Preise derart explodieren lassen. Aber wie wir ist er der Meinung, dass dieser Boom seinen Höhepunkt bereits überschritten hat, denn der Gebrauchtwagenmarkt wird aktuell von Wohnmobilen geradezu geflutet. Und wie er dann ein wenig von seinem Carthago spricht fällt der wunderbare Satz: „Die Klimaanlage haben wir nur für Felix gekauft, wir selber bräuchten gar keine. Aber wenn er mal alleine im WoMo bleiben muss, dann soll er es fein haben.“ Sehr brav! Übrigens deutet der Mann dann irgendwann auf unsere Vespa und meint: „Sie wollen aber nicht mit dem Roller nach Florenz hineinfahren, oder?“ Klar, natürlich, was sonst? Er warnt uns eindringlich vor dem irrsinnigen Verkehr in der Stadt, so etwas habe er kaum noch wo erlebt. Und von den Touristenmassen waren sie ebenfalls geschockt, man werde buchstäblich von der Menge an den Sehenswürdigkeiten vorbeigeschoben. Nun, das kennen wir von Venedig, aber da versuchen wir immer über „Schleichwege“ dem Touri-Strom auszukommen, mal schauen wie das in Florenz wird. Wir unterhalten uns dann noch eine ganze Weile lang, das warme Wetter lässt uns heute bis nach 18 Uh im Freien sitzen. Danach spielen wir uns im WoMo noch eine Partie am Paschring aus, ehe wir unsere müden Häupter den weichen Pölstern überantworten. Am Platz wird es dann bald einmal so ruhig, dass es beinahe schon unheimlich ist …
Donnerstag, 27. April 2023
Es ist erfrischend kühl in der Früh, draußen hat es gerademal 5 Grad, die 11 Grad herinnen verjagen wir blitzartig mit unserer Heizung und den Kaffee genießen wir bereits bei 22 Grad. Heute steht die Besichtigung von Florenz an, aber natürlich warten wir noch auf etwas mehr Wärme. Das geht dann relativ schnell und noch vor 11 Uhr fahren wir bei knapp über 20 Grad los. Den Weg in die Stadt kennen wir bereits und ab dem großen COOP am Stadtrand folgen wir den Schildern in Richtung „Centro“. Ilse hat sich gestern noch ausführlich damit beschäftigt, wie wir möglichst nahe an die Altstadt rankommen – am besten sollten wir den Fluss Arno überqueren und dann links davon weiterfahren. Das war wieder einmal goldrichtig, denn bald schon sehen wir die weltberühmte „Ponte Veccio“ vor uns in der Sonne liegen. Jetzt überqueren wir den Arno erneut und schon einige hundert Meter vor der Brücke halten wir nach einem Parkplatz Ausschau. Wir haben heute gar nicht den Ehrgeiz, direkt bei der „Ponte Veccio“ zu parken und wie wir aus dem Augenwinkel einen vollkommen legalen Parkplatz erspähen, stellen wir 200 Meter vor der Brücke ab. Also von einem irrsinnigen Verkehr, wie uns unser Nachbar gestern vorgewarnt hat, haben wir nichts bemerkt – es herrscht höchstens der ganz normale italienische Verkehrs-Wahnsinn, aber den hast du in Bozen, Pisa oder Verona auch. Womit der gute allerdings recht hatte sind die Menschenmassen. Bis zur berühmten Brücke geht es ja eh so halbwegs, aber dann wird es vor lauter Touristen buchstäblich finster. Die Besichtigung der „Ponte Veccio“ verschieben wir vorerst, auch weil wir sie vor lauter Menschen fast nicht sehen. Also begeben wir uns zu den berühmten Museen in den Uffizien, die wir uns nur von außen anschauen – die langen Warteschlangen an den Eingängen schrecken uns ab. Wir wandern ausgiebig in der Altstadt umher, suchen vorerst vergeblich die Statue des David und werden dann wieder der „Ponte Veccio“ ansichtig.
Es ist jetzt kurz nach Mittag, viele Touristen laben sich erwartungsgemäß in den hunderten Ristoranti, Pizzerien oder Trattorias und so können wir eine Begehung der Brücke wagen. Das historische Bauwerk ist links und rechts von Geschäften gesäumt und ohne eine einzige Ausnahme wird hier nur Schmuck angeboten. Das ist auch irgendwie langweilig, noch dazu sind de facto nirgendwo Preise angeschrieben, wahrscheinlich zur Vorsicht. Natürlich kaufen wir nichts, aber wie man hört, ist das hier ein sehr beliebter Ort, wo sich Liebespaare ihre Eheringe auswählen. Danke, aber die haben wir schon längst. Nach der Überquerung der Brücke haben wir quasi am Stand umgedreht und sind nach einer erneuten Begehung der „Ponte Veccio“ weiter in die Altstadt von Florenz vorgedrungen. Hier wird man buchstäblich an jeder Ecke von kulturhistorisch wertvollen Häusern, Palazzos oder Kirchen erschlagen, man könnte Stunden hier verbringen und doch nur drei, vier Gassen weiterkommen. 
Schließlich finden wir endlich die Kopie der Statue von David, die Michelangelo übrigens als 19-jähriger (!!) geschaffen hat. Gleich daneben befindet sich der berühmte „Brunnen des Poseidon“ mit seinen beeindruckenden Figuren. Irgendwann ragt dann die Kuppel des Domes über die Häuserdächer und weist uns so den Weg. Der riesige Dom wurde ursprünglich gar nicht als Kirche erbaut, die Stadtväter wollten im 15. Jahrhundert einfach das größte Gebäude weit und breit errichten. Als Dom geweiht wurde es erst viel später. Jaja, den Größten zu haben, das hat die Männer die ganze Weltgeschichte über angetrieben und es ist heutzutage nicht viel anders …
😊. Auch beim Dom sind bei jedem Eingang lange Warteschlangen zu sehen, wir schauen uns lieber nach Vespa-Modellen um. Tatsächlich hätten wir uns bei einem Straßenmaler ein handgemaltes Bild einer roten Vespa kaufen können, wegen seinem Preis von 65 Euro haben wir es aber hängen lassen. Stattdessen haben wir uns ein nettes, gerahmtes Bild von Florenz gekauft, unsere Schafzimmer-Galerie daheim hat also weiteren Zuwachs bekommen. Trotz der irrsinnigen Auswahl an Ristoranti kehren wir nirgendwo ein, es ist uns grad weder nach Essen noch nach einem Cappuccino. Also schlendern wir zur Vespa zurück, insgesamt kommen wir bei der Besichtigung der Altstadt von Florenz auf über 6.500 Schritte, das ist nicht nichts. 
Wir starten unser Moped, den Heimweg werden wir problemlos finden und – zack – sind wir schon in einem Kreisverkehr falsch abgebogen. Wurscht, kommt eh gleich noch einer, da fahren wir dann wieder zurück. Aber plötzlich beginnt die Straße recht steil anzusteigen, es folgen zwei Kehren und das macht uns immerhin so neugierig, dass wir nicht umkehren. Mal schauen, wo dieser Weg hinführt. Und schon nach wenigen hundert Meter führt uns dieser Weg zu einer riesigen Aussichtsterrasse, den „Piazzola Michelangelo“, eine Statue des Meisters steht auch da. Wir bleiben natürlich stehen und sind völlig überrascht vom unglaublich schönen Ausblick auf die ganze Stadt. Wir haben die „Ponte Veccio“ und die Altstadt direkt unter uns liegen, sehen von hier aus noch einmal genauer die riesige Dimension des Doms und Ilse kann wunderbare Bilder machen. Im Sommer ist hier heroben sicher die Hölle los, heute sind nur ein paar Schulklassen unterwegs und wir können in aller Ruhe herumflanieren. Bei einem Getränke-Stand kaufen wir uns ein Cola, nehmen auf einer der vielen Bänke Platz und schauen lange in die schöne Stadt hinunter. 
Was für ein privilegierter Aussichtspunkt ist das hier und was für ein Glück haben wir gehabt, dass wir uns verfahren haben. Aber Gernot hat ja schon vor ein paar Tagen gemeint: „Es gibt hier für uns keinen Verfahrer, es gibt keine Umwege. Nur andere Wege, die uns immer irgendwo hinführen, wo wir sonst nie hingekommen wären.“ Und genauso ist das heute wieder gekommen … 
Wir können uns letztlich nur schwer von der „Piazzola Michelangelo“ losreißen, aber es gelingt uns dann doch und wir fahren zum Campingplatz zurück. Vorher kaufen wir uns beim großen COOP-Markt noch ein paar Kleinigkeiten, diesmal haben wir gleich so geparkt, dass wir nicht wieder gegen eine Einbahn fahren müssen. Selbstredend finden wir heute die richtige Abzweigung von der Hauptstraße ohne Probleme und folglich auch ohne Carabiniere-Einsatz – Danke, aber einmal genügt. Und auch wenn es vielleicht langweilig wird, aber ein Beispiel von der Verrücktheit der italienischen Autofahrer wollen wir auch noch loswerden. In einer Ortschaft hat Gernot brav auf die erlaubten 40 km/h reduziert, eine furchtbare Provokation. Sofort setzte ein Fiat Panda zum Überholen an, am Steuer eine Frau. Gernot hat sich dann den Spaß gemacht und ebenfalls beschleunigt, da kommt kein Panda an uns vorbei. Trotzdem hat sie es weiter probiert und wir sind nebeneinander auf eine Kuppe zugefahren. Mit über 70 km/h und mitten im Ortsgebiet bei erlaubten 40. Erst 20 Meter vor der Kuppe hat die Panda-Fahrerin dann eine Vollbremsung hinlegen und sich hinter uns einreihen müssen. Ist das nicht irrsinnig? Aber die Fahrerin hat sich wahrscheinlich im Nachhinein nur darüber geärgert, dass eh kein Gegenverkehr gekommen wäre … Übrigens ist sie auch danach nicht an uns vorbeigekommen und schon einen Kilometer nach dem Irrsinns-Manöver nach links abgebogen. Das Leben von sich und anderen derart zu riskieren – für nichts und wieder nichts. Bleibt uns unbegreiflich. 
Am Campingplatz haben wir erst mal gehörig die Beine ausgestreckt und uns von der Stadtbesichtigung erholt. Unsere Nachbarn mit dem Carthago sind leider schon abgefahren, wir hätte ihnen gerne von unseren Erfahrungen mit dem Stadtverkehr von Florenz erzählt. 
Das Wetter bleibt heute den ganzen Tag über wunderschön und später macht sich Gernot an die Zubereitung unseres Abendessens. Heute gibt es wieder die Kombination Carpaccio-Fleisch, Pilzrahmsauce und frische Nudeln. Wie gesagt, das könnten wir auch mehrmals hintereinander essen und deswegen tun wir das auch 😊. Den weiteren Abend verbrachten wir mit viel Quatschen und Lachen, natürlich haben wir uns auch noch ein Pasch-Duell geliefert.
Freitag, 28. April 2023
Hatte es gestern in der Früh nur läppische 5 Grad, so ist es heute überraschend warm. Das lässt uns schon bald nach dem Frühstückskaffee aufbrechen und wie wir kurz nach 10 Uhr unsere Vespa anlassen, hat es tatsächlich schon über 20 Grad. Echt erstaunlich. Unser erstes Ziel ist die Stadt Incisa, wo heute der wöchentliche Markt stattfindet. Die kilometerlange Fahrt dorthin ist wieder einmal das reinste Vergnügen, es geht bergauf und bergab, durch kleine und kleinste Dörfer hindurch und alles eingebettet in eine schon beinahe kitschig schöne toskanische Landschaft. In Incisa finden wir den Markt auf Anhieb, allerdings ist das mal ausnahmsweise keine logistische Meisterleistung, denn er liegt direkt an der Hauptstraße 😊. Wir parken neben dem ersten Stand ein und spazieren die Stände entlang. Ilse wird dann bei einem Anbieter für Haushaltswaren fündig und wir kaufen uns eine praktische Anti-Rutsch-Matte fürs Waschbecken und eine Packung mittelgroßer Müllsäcke. Dafür legen wir wohlfeile 2,50 Euro ab und das war es dann schon mit den Einkäufen. Trotzdem schlendern wir den ganzen Markt entlang, einen Grillwagen gibt es nicht, wir haben aber eh noch genug Lebensmittel im Kühlschrank. Dafür sehen wir, am Ende des Marktes angekommen, von Weitem ein Geschäft mit der Aufschrift „Maccelleria“ – eine Metzgerei also. Da müssen wir hin, denn wir brauchen unbedingt eine „Cinghiale-Salami“, also die vom Wildschwein. Davon hat nämlich unser WoMo-Fachmann Hans von „Web-Camping“ geschwärmt und wir wollen ihn damit überraschen. Die Metzgerei hat viel zu bieten, aber der Patrone bedauert, keine Wildschwein-Salami im Angebot zu haben. Aber er gibt uns den Tipp, es doch in Figline zu probieren. Die Stadt sei 6 oder 7 Kilometer entfernt und in der dortigen Metzgerei würden wir das Gewünschte bekommen. „Grazie mille!“ und schon waren wir am Weg nach Figline. Bald einmal sahen wir dann die kleine Stadt am Horizont auftauchen und fuhren erstmal eine Runde durch die engen Gassen, immer in Richtung „Centro“, denn dort sollte sich die gesuchte Macceleria befinden. Diese erste Runde ist erfolglos geblieben, doch beim zweiten Versuch sehen wir plötzlich ein Hinweisschild zum gesuchten Geschäft. Weil wir aber vor einer Einbahn stehen, parken wir die Vespa und machen uns zu Fuß auf den Weg. Die Metzgerei finden wir dann nach wenigen hundert Metern auf Anhieb, aber auch hier wird unsere Frage nach einer „Cinghiale“ nur mit bedauerndem Kopfschütteln beantwortet. Wurscht, die Salami kriegen wir schon noch. Der Weg hierher war weit, aber er war schön und schon gar nicht umsonst.
Denn die Metzgerei befindet sich am Hauptplatz von Figline und der ist wirklich schön. An einem der Platzenden befindet sich eine Kirche, wir treten ein und bleiben eine Weile in der angenehmen Ruhe sitzen. Dann flanieren wir über den Platz und bewundern die alten Häuser, von denen viele eine begrünte Terrasse im ersten Stock aufweisen. Ein schöner Ort ist das hier und es ist ein schöner Zufall, dass wir hierher gefunden haben. Denn ohne unserer Suche nach einer Wildschwein-Salami wären wir mit Sicherheit nicht nach Figline gekommen. So geht’s manchmal. Heute gehen wir mal nicht achtlos an allen Cafeterias vorbei und bei einem altehrwürdigen Kaffeehaus nehmen wir in einem Laubengang Platz. Ilse kriegt einen Espresso, Gernot nimmt den Cappuccino und dazu gönnen wir uns zwei kleine, im dop
pelten Wortsinn süße Dolci. 
Das für Ilse kommt mit Erdbeeren daher, Gernots Brandteigkrapferl badet in reichlich Bacardi-Rum. Wunderbar! Wie wir dann im Lokal bezahlen sind wir ganz verwundert, denn alles zusammen hat nur 4,50 Euro gekostet … Was für ein lässiger Break war das, die „Pasticceria Saida“ in Figline werden wir in guter Erinnerung behalten. Wie wir dann wieder aus der kleinen Stadt herausfahren, sehen wir einen COOP-Markt und parken uns ein. Tatsächlich finden wir nach ein wenig Herumsuchen die begehrte „Cinghiale“ Salami, noch dazu zu einem günstigen Preis. Und weil wir schon dabei sind, kaufen wir als weitere Mitbringsel eine weitere Stange Salami (diesmal vom „normalen“ Schwein) und eine fesche Flasche Chianti. Danach geht es dann endgültig zum Camping „La Poggetto“ zurück und wir lassen uns gleich fein in unsere Stühle fallen. Insgesamt sind wir heute 30 Kilometer weit herumgekommen, eine weitere Ausfahrt wird leider von drohenden Regenwolken verhindert. Wurscht, dann war es das halt, wir sind eh recht viel unterwegs gewesen. Also machen wir einen Pasch im Freien, bis uns das Wetter wieder einmal ins Häuschen hineinschickt. 
Ilse bereitet uns dann eine fulminante „Tagliatelle-Carbonara“ zu, so gut muss man sie erst im Ristorante kriegen. Chapeau! Zum Zwecke der Verdauung sind wir dann noch eine Runde spazieren gegangen und haben vor dem Campingplatz erstaunliche Fotos und Selfies mit Ilses Handykamera gemacht. Unfassbar, wie dieses Ding in beinahe völliger Dunkelheit und ohne Blitz funktioniert. Sowohl die Bilder der näheren Umgebung als auch unsere Selfies sind vollkommen brauchbar, auch wenn Ilse nur auf gut Glück fotografiert hat, denn die Motive waren mangels Licht kaum auszumachen. Eine Kamera mit dieser Leistung wäre noch vor 20 Jahren völlig unvorstellbar gewesen, über eine derartige Lichtstärke verfügten weder Leica noch Hasselblad. Mit ein paar kalten Drinks lassen wir den schönen Tag ausklingen, mal schauen, ob wir morgen noch einmal eine Runde mit der Vespa drehen können. Der Wetterbericht sagt eher nicht, aber mal schauen …
Samstag, 29. April 2023
Unser letzter Tag am „Il Poggetto“ und gleichzeitig unser letzter voller Tag in der Toskana. Leider hat die Wettervorhersage recht behalten und wir sehen beim ersten Blick aus dem Fenster, dass wir sämtliche Vespa-Pläne ad acta legen können. Passt, machen wir halt wieder einmal einen Faulenzertag. Weil es jederzeit regnen könnte, laden wir zur Vorsicht die Vespa auf ihren Träger – wenige Minuten später beginnt es zu tröpfeln. Wir machen einen Pasch, legen uns ein wenig nieder und später bezahlt Ilse unseren Aufenthalt hier. Dabei kommt es fast zu einem kleinen Eklat, denn plötzlich finden sich pro Tag 3 Euro Zusatzkosten auf der Rechnung – für unsere Vespa! Also das ist ja wirklich die Höhe. Neben uns haben Camper hier schon ihr E-Mobil aufgeladen, selbstredend hängen überall die E-Bikes am Strom und wir sollen für unser Moped bezahlen, das niemanden einen Platz wegnimmt und keinerlei Extrakosten verursacht? Wir mussten bislang auf keinem der mehr als 200 Campingplätzen für die Vespa bezahlen und werden das auch hier nicht tun. Es geht uns dabei nicht ums Geld, sondern ums Prinzip – abzocken lassen wir uns nur sehr ungern. Aber Ilse muss dann gar nicht mal wirklich auf den Tisch hauen, schon die empörte Reaktion auf diese „Sondergebühr“ und ein simples „No!“ haben genügt und wir mussten nichts extra bezahlen. Aber probiert haben sie es, diese Hundlinge … 😊.  Am Abend prallen dann bei uns Hunger und keine Lust aufs Kochen aufeinander, aber wir haben ja zum Glück 30 Meter neben uns eine vollwertige Pizzeria stehen. Die stets opferbereite Ilse macht sich dann bei strömenden Regen auf und Gernot muss zuschauen, wie sie mit vielen anderen Hungrigen in der Pizzeria verschwindet. Das wird sich hinziehen, die arme Ilse wird ja ewig warten müssen. 
Denkste, nach kaum einer Viertelstunde war sie schon wieder im WoMo, mit dabei eine „Margerita“ und eine „Quattro Stagioni“. Beide Pizen waren ausgesprochen gut und knusprig, es ist kein einziges Krümelchen übriggeblieben. Und sie haben zusammen nur 16,50 Euro gekostet. Im Restaurant hätten wir mit Coperto und Getränken locker das Doppelte abgelegt. Nach dem Essen haben wir uns satt in unsere Sitzpölstern zurückgelehnt und das Fresskoma wirken lassen. Der Tisch war noch mit den leeren Pizza-Kartons voll belegt, also hat Ilse kurzerhand das Fenster geöffnet und beide Schachteln aus dem Fenster geschmissen. Einfach so und als wäre es das Selbstverständlichste auf der Welt 😊
Wir mussten beide über diese Einlage von Ilse lachen, etwas später haben wir noch unseren anderen Müll dazu geschmissen. Aber natürlich eh nur für ein freches Foto, danach haben wir selbstredend alles in die jeweiligen Müllcontainer verbracht. Wir machen danach noch einen allerletzten Pasch in der Toskana, morgen geht’s zurück in Richtung Heimat. Auch schön.

Sonntag, 30. April 2023
Gernot ist schon kurz vor 6 Uhr munter und beim ersten Blick aus dem Fenster traut er seinen Augen nicht. Es hat sich gestern spätabends doch tatsächlich ein PKW auf unseren Platz eingeparkt. Und zwar so knapp neben unser WoMo, dass wir weder Tisch noch Stühle aufstellen hätten können. Das haben wir noch nie zuvor erlebt, eine derartige Unverschämtheit wäre in Deutschland oder Holland völlig undenkbar. Aber in der „Nazione Io“, im extrem egoistischen Italien, kommt so was halt vor. Ekelhaft. Als erste Reaktion wollten wir dem dreisten Falschparker eine Lektion erteilen und seinen Scheiß-PKW mit Rasierschaum dekorieren. Dafür hätten wir glatt eine ganze Dose zur Verfügung gestellt. Gernot schwört, hätten wir – so wie der Paranoia-Camper am Lago di Trasimeno – eine Park-Kralle mit an Bord, der dumme Frech-Parker würde beim Wegfahren schön schauen. Wir hätten das ca. 60 Euro teure Stück glatt geopfert. Aber letztlich ist auch der Rasierschaum im Bad verblieben, sowohl die menschenverachtende Rücksichtslosigkeit, als auch die himmelschreiende Dummheit der italienischen Autofahrer kratzen uns längst nicht mehr. Außerdem fahren wir heute eh heim. Übrigens werden wir in einem Zug nach Innsbruck durchfahren, die knapp 540 Kilometer lange Fahrt traut sich Gernot durchaus zu, wir werden also nicht in Verona übernachten. Sollte es wider Erwarten doch zu anstrengend werden, können wir immer irgendwo zufahren, sei es bei einem Rasthaus, einem Stell- oder Campingplatz. 

Weil wir schon so früh wach waren und uns heute das Abreiseprogramm besonders flott von der Hand gegangen ist, verlassen wir um 7 Uhr 11 den schönen „Il Poggetto“ in Cellai. In den Hügeln rundherum hängt überall der Morgennebel und wir tanken noch vor Ort voll. 
Jetzt sollte der Sprit bis nach Hause reichen und wir fahren nach einigen Kilometern auf die Autostrada auf, die wir erst wieder in Innsbruck verlassen werden. Über eine stundenlange Fahrt über die Autobahn ist wenig zu brichten. Wir sind vollkommen locker mit dem Verkehr mitgeschwommen, dass heute LKW-Fahrverbot herrscht, ist natürlich ein Segen. Natürlich bleiben wir immer wieder einmal stehen, vertreten uns die Beine, trinken Kaffee aus der Thermoskanne und gehen in dem einen oder anderen „Autogrill“ ein wenig spazieren. Schließlich finden wir als Mitbringsel noch die gesuchten Knusperbrotstangen namens „Cressini“, wir kaufen die Sorte mit Rosmarin und Olivenöl. Und eine Großpackung mit Vanille gefüllter Croissants nehmen wir auch noch mit, die acht Stück reichen uns vollkommen als Wegzehrung bis Innsbruck. Den ganzen Weg über haben wir zwar stark bewölktes, aber trockenes Wetter, insgesamt wird unser WoMo von kaum mehr als 30 Regentropfen getroffen. Angesichts des vielen Blütenstaubes auf unserem Häuschen wäre uns der eine oder andere Regenguss durchaus recht gewesen. Aber man kann halt nicht alles haben 😊
Bei der Mautstation in Sterzing haben wir dann drei Fahrzeuge vor uns, bei der Mautstation am Schönberg gar nur zwei. So lässt es sich entspannt reisen und um exakt 14 Uhr 35 beenden wir bei unserer WoMo-Garage unsere wunderbare Toskana-Rundfahrt. Die hat insgesamt vier Wochen lang gedauert, eine der allerlängsten WoMo Reisen überhaupt, nur bei unserer Sizilien-Tour waren wir damals noch einen Tag länger unterwegs. Im Ganzen sind wir 1.504 Kilometer mit dem WoMo gefahren und immerhin 764 Kilometer mit der Vespa. Und wie üblich war es wieder eine der lässigsten Reisen überhaupt und es ist wirklich ein Privileg, dass wir das über nahezu jede unserer Fahrten sagen können. So darf es gern weiter gehen und so wird es auch weitergehen. Schon am kommenden Wochenende, aber dazu nächstens mehr …