Sonntag, 3. August 2008

B WoMo-Fahrt Sommer 2008 (Leihmobil)

Unsere zweite Reise mit einem Leihwohnmobil
vom 3. August bis  25. August 2008 und 3465km


Sonntag, 3. August 2008 - Abfahrt

Geplant war die Abholung des Wohnmobils am Sonntag um 16 Uhr. In Telfs. Aber natürlich ist die „Abfahrt“ schon einige Zeit vorbereitet worden. Wieder haben wir Unmengen an Lebensmitteln, Bier und sonstigen Getränken eingekauft. Und wieder hat die liebe Ilse alles perfekt vorbereitet. Systematisch hat sie (haben wir) eine „to-do-Liste“ abgearbeitet, so dass wir ziemlich sicher nichts vergessen haben. (Gleich mal stellt sich heraus, die Teelichter sind daheim geblieben – aber das geht ja echt noch…) Kurz vor der Fahrt nach Telfs richten wir dann noch unser Gewand her – etwas weniger als beim letzten Mal, aber immer noch ein ordentlicher Berg. Die Lebensmittel sind bereits zum größten Teil im Schuppen vor dem Haus in Igls gebunkert, jetzt müssen wir nur noch unser WoMo abholen, alles einladen und los geht’s…
Die Übergabe in Telfs geht dann recht schnell – wir haben doch tatsächlich wieder das gleiche Häuschen wie im Vorjahr. Kaum gealtert unser Schneckchen, alles wie gehabt. Dass der Eiskasten nicht funktioniert kennen wir auch schon – der Wallah schaltet ihn aber dann gleich ein.
Dann parken wir Ilses Fiesta in der Tiefgarage in der Speckbacherstraße und fahren nach Igls rauf. Es folgt eine gute Stunde WoMo einräumen – zumindest das Meiste ist dann schon auf seinem Platz. Ein paar Mal müssen wir noch in den dritten Stock schnaufen, um die letzten Sachen runter zu zerren. Danach noch ein ausgiebiges Vollbad und ab nach Mühlau – Sigrid leiht uns wieder ihr Fahrrad. Dort werden wir schon erwartet, Erich pumpt noch in jeden Reifen genug Luft und dann kann`s richtig losgehen. Sigrid hat uns quasi als Wegzehrung noch Fleischlaibchen und einen Gugelhupf mitgegeben – sehr köstlich!
Unser erstes Ziel ist heute Riezlern im Kleinwalsertal – es hat sich so ergeben, dass Gernot dort heute noch ein Casino testen soll. Also geht es zuerst nach Reutte, dann durchs Lechtal raus nach Deutschland und dann wieder zurück nach Vorarlberg ins Kleinwalsertal.
Teilweise eine ziemlich abenteuerliche Strecke mit einem ziemlich anspruchvollen und sehr kurvenreichen Passsträßchen. Kurz vor Mitternacht sind wir dann in Riezlern angekommen – das Casino finden wir auf Anhieb, einen Parkplatz in unmittelbarer Nähe. Der gefällt zwar Ilse nicht, weil sie den Platz für eine Bushaltestelle hält. Aber erstens stehen schon andere Autos da und zweitens befindet sich der Platz hinter einer Haltestelle. Also kein Problem.
Wir ziehen uns um – besser gesagt: wir verkleiden uns für den Casinobesuch. Ilse im dezenten, durchaus Abendtauglichen Sommerkleid – Gernot im Anzug. Wir spulen den Besuch (schon der vierte für uns diese Woche) recht rasch ab – und während Ilse ihre Eintrittsgebühr zurückgewinnt (+ 2 Euro Gewinn), verliert Gernot nicht nur seine fünf Eintritts-Fünfer, sondern am Automaten weitere 15 Euro. Tja – bleiben unterm Strich neben der gewonnen Erfahrung, immerhin 42 Euro. Und je ein Glaserl Sekt bitteschön!
Wir sind danach die paar Schritte zu unserem Häuschen gegangen und bald einmal später sind wir schon auf dem Hochbett gelegen.

Montag, 4. August 2008 - von Riezlern bis Trier an der Mosel 

Schon kurz nach sechs Uhr ist Ilse hellwach gewesen – überhaupt hat die Arme eine unruhige Nacht gehabt, schlaflos durch den Gedanken, wir könnten schamlos und verbotenerweise in einer Bushaltestelle mitten am Hauptplatz parken. Und dann hat sich doch tatsächlich herausgestellt, dass wir mitten im Ort völlig schamlos und brettelbreit in einer Bushaltestelle gecampt haben. So was aber auch! Jetzt aber schnell weg – Alarmstart – Richtung Talschluss. Den erreichten wir dann schon nach wenigen Kilometern und stellten unseren Wagen am letzten Parkplatz des Kleinwalsertales ab.
Ilse kochte uns herrlichen Kaffee – dazu genossen wir Sigrids Gugelhupf und dann – weil wir definitiv österreichischen Internetanschluss hatten - tippte Gernot noch schnell den gestrigen Casino-Test in den Laptop ein. Und – gestärkt durch das gute Frühstück, machten wir uns dann auf Richtung Norden – einfach mal rauf, sozusagen.
Unser Weg hat uns zuerst nach Ulm und dann weiter über Stuttgart und Pforzheim nach Karlsruhe geführt. Ab dort hat dann Ilse das Steuer übernommen und via Landau und Pirmasens sind wir dann gegen Abend in Trier gelandet. Den ersten Tankstopp haben wir auch schon erledigt – nur unglaubliche 9,1 Liter/100 km hat unser Häuschen geschluckt – noch weniger als im Vorjahr. Und das bei Tempo 90 – 100 km/h. Brav.
In Trier haben wir uns dann von einem Hinweisschild auf einen Abstellplatz für Wohnmobile leiten lassen dewar aber erstens unansehnlich und zweitens stromlos. Keine sanitären Einrichtungen – gar nichts – nur parken. Gleich daneben haben wir dann aber einen halbwegs richtigen Abstellplatz gefunden – zwar auch ohne sanitäre Einrichtungen (außer einer Müllinsel), aber wenigstens mit Stromanschluss. Per Automat mit Münzeinwurf. Später ist dann noch jemand gekommen und hat pro Tag 6 Euro Parkgebühr kassiert.
Müde von der Fahrt haben wir dann erst mal ein bisserl gerastet, bis Ilse uns ein leckeres Abendessen kochte. Röstkartoffel mit Zwiebel und Eiern, dazu die Fleischlaibchen von Sigrid – erstklassig.
Später sind wir dann die paar hundert Meter zum anderen Platz rübergeschlendert, schauen, wie das mit der Entsorgung der Toilette funktioniert. Alles paletti – danach sind wir dann noch zu McDonalds – sozusagen ein „Geschäft erledigen“. Konsumiert haben wir aber nichts – das wäre ja nach unserem Abendessen geradezu einem kulinarischen Schwerverbrechen gleichgekommen.
Im WoMo haben wir dann einen Pasch gemacht – wir haben ja sogar den großen Paschring eingepackt. Zwischendurch hat sich dann ein Tiroler vorgestellt, der einen „Club der Wohnmobilfreunde“ gegründet hat. Mit glänzenden Augen erzählte er uns von einem bevorstehenden Treffen irgendwo an der Mosel, wo dutzende Wohnmobile zusammengekommen werden, um gemeinsam die Freuden des Campens zu genießen. Für uns klingt das Ganze dann doch etwas weniger verlockend, hört sich eher wie eine gefährliche Drohung an. Der Jenbacher spürt natürlich unsere sinkende Begeisterung und als wir ihm noch so nebenbei mitteilen, dass unser WoMo nur geliehen ist, dreht er uns Parias ohnehin bald den Rücken. Und wir können in Ruhe weiterpaschen.
So vergeht ein feiner Tag, der uns immerhin bis nach Trier herauf gebracht hat.

Dienstag, 5. August 2008 - von Trier bis Amsterdam

Nach dem Aufwachen hat uns Ilse wie immer erst einmal Kaffee gekocht, dazu gab`s Sigrids Gugelhupf. Das Wetter zeigt sich nur leicht bewölkt – könnte ein schöner Tag werden. Noch vor der Weiterfahrt sind wir zum anderen Abstellplatz rüber und haben Abwasser abgelassen und die Toilette entsorgt.
Und dann rauf auf die Autobahn. Das dauerte noch ein bisschen, denn aus Trier raus geht’s erst mal über einen Berg rüber – dann Schnellstraße und dann Autobahn. Wir sind unschlüssig, ob wir ans Meer oder gleich nach Amsterdam fahren sollen. Also fahren wir einfach drauf los.
Wir kommen nach Belgien – ab jetzt sind die Straßen- und Hinweisschilder in französischer Sprache gehalten, also für uns nur mehr zu erahnen. Immerhin kommen wir in Spa-Franchorchamps vorbei, bekannt durch den Formel 1 Grand Prix.
Dann kommen wir nach Holland und halten uns erst Mal Richtung Eindhoven. Dort verlassen wir die Autobahn und fahren in die Stadt rein. Am Bahnhof lassen wir unser Häuschen stehen und gehen in Richtung Fußgängerzone. Wir schlendern ein wenig rum, finden aber nichts, was unser Kaufinteresse wecken könnte. Und irgendwann am Nachmittag entscheiden wir uns dann, doch heute noch nach Amsterdam zu fahren, das Wetter lädt so gar nicht zu einem Strandbesuch ein.
Also rauf nach Amsterdam. Bei der Einfahrt in die Stadt verfahren wir uns sogar noch kurz, aber Ilse kann sich dann – unglaublich eigentlich – an die Nummer jener Autobahnabfahrt erinnern, die uns zum Campingplatz Vliegenbos bringen wird. Und tatsächlich – bei Nr. 117 fahren wir ab – sehen sofort das erste Hinweistafel zum Campingplatz und brauchen den weiteren Schildern nur mehr zu folgen. Bald ist uns auch die Gegend vertraut und schon stehen wir vor dem Eingang.
Leider können wir nicht so ohne weiteres einchecken – alles belegt, vielleicht ist morgen was frei. Ich bekomme noch einen Amsterdam-Campingführer in die Hand gedrückt und „Auf Wiedersehen“. Ilse wollte sich aber mit diesen schlechten Nachrichten nicht so „mir nix – dir nix“ abfinden und hat ruck-zuck zumindest erreicht, dass wir nicht wegfahren müssen, sondern im Gelände herinnen parken können. Und einen lässigen Parkplatz haben wir auch sofort im Auge gehabt, also alles klar, wir bleiben! Wenn auch ohne Strom – aber einen Tag geht das locker.

Gleich nach dem Parken haben wir dann die Bikes vom Fahrradständer geholt und sind Richtung Stadt losgefahren. Zuerst natürlich zur Fähre rüber – im Hafen ist ein unglaublich riesiges Kreuzfahrtsschiff gelegen. Wahnsinn! Wie eine Stadt im Wasser. Und während wir auf die Fähre gewartet haben, ist es auch noch losgefahren, ein echt lässiger Anblick!
Mit der Fähre sind wir dann zum Bahnhof rüber – inzwischen hat es leicht zu regnen begonnen. Wir haben beschlossen, heute mal zur Abwechslung essen zu gehen und wir landen schließlich beim Chinesen. Die Räder ketten wir unterdessen an einer Brücke ans Geländer.
Das Essen (Ilse knusprige Ente, knuspriges Rindfleisch für Gernot) ist sehr gut – für Gernots großes Bier zahlen wir schlanke 4.80 Euro. Insgesamt war das Essen aber sein Geld wert und satt gehen wir noch in einen Souvenirladen. Wir kaufen Schneekugeln – und amüsieren uns über den teils unglaublichen Kitsch.
Danach schwingen wir uns auf unsere Bikes und radeln im leichten Regen zur Anlegestelle der Fähre zurück. Dann noch die drei, vier Kilometer bis zu unserem Häuschen und damit ab ins Trockene. Richtig eingeweicht hat es uns allerdings nicht.
Nach einem gemütlichen Pasch sind wir dann auf unser Hochbett gekrochen – Gernot hat sich dann am Laptop noch den ersten Teil von „Das Parfüm“ geschaut – Ilse ist ziemlich bald weggebrochen. Fernsehen am Notebook geht übrigens nicht – weil Gernot klugerweise die Installations-CD daheim liegen hat lassen. Tja…

Mittwoch, 6. August 2008 - Amsterdam    
Die ganze Nacht hat es geregnet – gegen Morgen sogar ziemlich heftig. Uns kann`s  ja wurscht sein, aber die Camper in den Zelten können einem derbarmen. Wie immer gibt es als erstes frischen Kaffee, Gernot geht warme Croissants holen. Und noch bevor wir überhaupt zum Frühstücken kommen, hat uns Ilse schon unseren Abstellplatz gecheckt. Mit Strom natürlich.






Wir kriegen den standesgemäßen Platz Nummer „1“, parken um und decken uns dann den Tisch, um im Freien zu frühstücken. Aber das Wetter sieht Freiluft-Picknicks offenbar nicht ganz so gerne heute, denn es schüttet bald wie aus Kübeln und das die nächsten paar Stunden lang. Also Zeit zum Lesen und Nichtstun.
Später essen wir dann eines unserer Schnellgerichte und Gernot legt sich ein bisserl hin. Inzwischen hat es dann doch aufgehört zum regnen und Ilse – heute ungleich unternehmungslustiger als Gernot, will ihn noch zu einer Fahrt in die Stadt überreden. Der ist heute aber zu faul dafür, also radelt sie alleine los.
Ilse kommt dann zwei Stunden später zurück – sie ist ein bisserl rumgefahren und hat Gernot außerdem sein Obsession Parfüm mitgebracht. Und einen lässigen Schlüsselanhänger hat er auch noch abgekriegt und Postkarten samt Briefmarken obendrauf.
Später machen wir dann noch unseren täglichen Pasch – danach schauen wir „Das Parfüm“ fertig. Es wird wohl nach Mitternacht gewesen sein, als wir unsere Häupter in die Kissen gebettet haben. Zack und weg…

Donnerstag, 7. August, 2008 - Amsterdam

Wieder hat es die ganze Nacht über geregnet – auch am Vormittag weint der Himmel über Amsterdam. Ein erstes „Schönwetterfenster“ nutzen wir aus, um mit unseren Bikes zwei Straßen weiter zu einem Internet-Shop zu fahren. Verbindung klappt 1a – schnell unsere E-Mails gecheckt und schon war das Ganze erledigt. Und mit 50 Cent eine wohlfeile Angelegenheit. Danach zurück ins Häuschen, mal wieder einen Pasch klopfen. Das Wetter mag heute so gar nicht schön werden – am späten Nachmittag wagen wir es dann aber doch, noch mal rüber in die Innenstadt zu fahren. Wieder zuerst mit der Fähre – und wieder liegt ein unfassbar riesiges Kreuzfahrtschiff im Hafen. Und es legt gerade ab. Und weil unsere – im Vergleich zum Luxusliner – winzige Fähre ebenfalls zur Überfahrt ablegt, kommt es in der Kanalmitte zu einem unvergesslichen Zusammentreffen. Nur wenige Meter kreuzen wir am gut 30 Meter hohen und 150 Meter langen Riesenschiff vorbei – so manchem unserer MitfahrerInnen war dabei sichtlich nicht ganz wohl. Wir haben es jedenfalls genossen und eifrig Fotos und Videos gemacht.
Im Red-Light-District, wie die Fußgängerzone Amsterdams wegen der zahlreichen Prostituierten genannt wird, haben wir dann bei der Waage unsere Räder geparkt und sind ein wenig rumgelatscht. Es herrscht ziemlicher Betrieb in den teils sehr engen Gassen – wahre Touristenströme schieben sich an den Schaufenstern mit den käuflichen Fräuleins vorbei – oftmals richtiggehend organisiertes Hurenschauen durch Fremdenführer. Uns taugt das weniger, also gehen wir bald einmal zu unseren Bikes zurück. Immer wieder ein leicht erhebendes Gefühl, wenn unsere Drahtesel noch am selben Platz stehen – es werden ja nirgendwo sonst auf der Welt so viele Räder gestohlen, wie hier in Amsterdam.
Unsere Rückfahrt und das Übersetzen mit der Fähre gestalten sich dann mangels Luxuskreuzfahrtschiffen etwas weniger spektakulär und gerade noch trocken kommen wir eine halbe Stunde später beim Vliegenbos an.
Natürlich machen wir dann noch einen Pasch und es wird wohl, wie jeden Tag, so gegen Mitternacht gewesen sein, als wir auf unser Hochbett raufgekraxelt sind.

Freitag 8. August 2008 - von Amsterdam bis Harlingen

Auch die heutige Nacht war nicht trocken – für die Camper in den zahlreichen Zelten hier muss das Wetter ja zermürbend sein…
Uns ist`s  jedenfalls ziemlich wurscht – wir trinken wie immer erst mal köstlichen Praxmarer Kaffee – Gernot geht wie jeden Tag frische Brötchen holen. Knusprige Croissants zum Frühstück, das hat schon was…
Danach richten wir in aller Ruhe unser WoMo reisefertig her, montieren die Bikes auf den Heckträger, schließen den Strom ab und fahren zur Ent- bzw. Versorgungsstation. Dort lassen wir unser Schmutzwasser ab und tanken frisches Wasser nach. Dann fehlt nur noch die Abmeldung an der Rezeption und schon geht’s los Richtung Norden. Zuerst tanken wir – wieder haben wir deutlich unter 10 Liter verbraucht – dann rauf auf die Autobahn und erst Mal Richtung Alkmaar.
Wir wollen nach Den Helder – dort gibt es einen sechzehneckigen Leuchtturm zu bewundern, also nichts wie hin. Wir kommen problemlos voran, es hat auch aufgehört zu regnen. Dafür ist der Wind so heftig, dass unser Häuschen bei vollem Gegenwind gerade mal einen scharfen 80er schafft, bei normalen Bedingungen liegt die Höchstgeschwindigkeit bei über 120 km/h.
Aber – wir haben es ja nicht eilig und natürlich kommen wir bestens in Den Helder an. Dort fahren wir gleich mal Richtung Meer, um den Leuchtturm auszumachen. Um ein Haar wäre Gernot dann noch, ebenso hoch motiviert wie unbeabsichtigt, auf eine riesige Fähre aufgefahren – gerade noch rechtzeitig haben wir aber zum Glück den allerletzten Notausweg aus den Zufahrtsspuren gefunden. Das wäre ja eine Peinlichkeit der Sonderklasse gewesen, wenn wir uns plötzlich an Bord der Fähre nach Texel wiedergefunden hätten!
So haben wir erst mal gemütlich Kaffeepause gemacht und uns auf der Dammkrone die Haare um den Kopf wehen lassen. Der Blick aufs aufgewühlte Meer ist einmalig – einen Leuchtturm, noch dazu einen mit 16 Ecken, sehen wir aber nicht. Dafür kommen im Viertelstundenrhythmus riesige Fähren an, die jeweils unzählige Autos, LKW`s und Wohnwagengespanne ausspucken. Die Rampen der Zu- und Abfahrten sind dauernd mit Autos verstopft.Wir beschließen dann weiterzufahren, unser Ziel heute heißt Harlingen. Wir werden den Campingplatz ansteuern, bei dem wir schon im Vorjahr waren.

Zwischen Den Helder und unserem heutigen Etappenziel Harlingen liegt noch ein riesiger Damm, 30 km lang und sechsspurig ausgebaut. Ein eindrucksvolles Zeugnis technischer Machbarkeit. Hier heraußen ist der Wind derartig stark, dass Gernot während der ganzen Überfahrt das Lenkrad fest in den Händen halten muss, denn der orkanartige Seitenwind versetzt unser WoMo immer wieder ganz ordentlich.
Aber natürlich kommen wir bestens rüber und nach wenigen Kilometern sind wir dann schon in Harlingen eingetroffen.
  Hier hat sich einiges verändert – die Schnellstraße ist inzwischen eröffnet und die ehemalige Bundesstraße, an der „unser“ Campingplatz liegt, ist zum beschaulichen Nebensträßchen degradiert worden.
Wir finden dank unseres Navigationscomputers namens Ilse trotzdem hin und checken ein. Als Dank für unseren zweiten Besuch kriegen wir eine nette Kaffeetasse geschenkt und kaum haben wir unser WoMo geparkt, werden wir auch schon von einer aufgeregt schnatternden Entenschar begrüßt, die hier in Harlingen tagtäglich in voller Truppenstärke über den gesamten Platz watschelt. Wir kennen das ja schon aus dem Vorjahr und haben dementsprechend extra einiges an hartem Brot „angespart“, das wir jetzt Stück für Stück in nimmersatte Entenhälse werfen… 
  Kaum haben wir dann unser Wohnmobil mit Strom versorgt und alles für den Aufenthalt hergerichtet, sind wir auch schon auf den Rädern gesessen und Richtung Stadt gefahren. Über den Damm – voll im Gegenwind.
In der Stadt haben wir einen Aldi-Markt entdeckt und sind gleich reingegangen. Wir haben Salat, Nudeln, Eier, Sahne und Schinken gekauft, am Abend wird Gernot Spaghetti Carbonara kochen. Mit der Beute sind wir dann zurück zum Campingplatz geradelt – diesmal mit Rückenwind, der so heftig war, dass wir den höchsten Gang ohne jede Anstrengung voll treten konnten!




Im WoMo hat sich Gernot dann über das Eingekaufte hergemacht und später haben wir das Ergebnis zu uns genommen. Ist gut geworden – aber die Augen waren mal wieder größer als der Magen, fertig aufgegessen haben wir nicht. Und den Enten scheint nicht viel an einer Carbonara zu liegen – die bevorzugen eindeutig Brot und wenn möglich süßes Brioche noch dazu…
Nach dem obligaten Gute-Nacht-Pasch haben wir uns dann zu Bett begeben. Draußen geht heftigster Wind, unser Häuschen wird durchgebeutelt, als befänden wir uns auf hoher See. Na dann: Ahoi!



Samstag, 9. August 2008 - Harlingen  

Nach dem gemütlichem Aufstehen und dem Kaffee samt frischen Brötchen haben wir gleich einmal festgestellt: das Wetter meint es auch heute nicht all zu gut mit uns.
Gleich beim Frühstückholen haben wir einen Deutschen kennengelernt – gut 1,95 Meter groß, fast ebenso breit - Typ Hooligan. Hat uns erzählt, dass er gerade aus Amsterdam kommt, wegen einer Gerichtsverhandlung. Man hat ihm nämlich dort auf einem Campingplatz – ausgerechnet am Vliegenbos!!! – das WoMo aufgebrochen. Am helllichten Tag, Schaden über 3.000 Euro. Den Täter hat man erwischt, deshalb die Verhandlung. Nach dem Termin gestern in Amsterdam wollte sich der Deutsche dann noch einen Sat-Recorder kaufen, als Ersatz für den gestohlenen. Als er damit aus dem Geschäft rauskommt, steht gerade ein Typ mit einem Bolzenschneider beim Fahrrad des Deutschen. Der hat ihn dann gleich niedergerissen und bis zum Eintreffen der Polizei festgehalten. Scheint ja ein besonderer Glückspilz zu sein – aber da sieht man wieder, dass wir bislang immer Glück hatten mit den Bikes, unser Fahrradschloss würde wohl mühelos durchgezwickt werden können…
Den halben Tag haben wir dann mit Paschen verbracht. Immer lustig ist, dass zwischendurch stets einige Enten vor unserem WoMo warten. Denn dass es hier Futter gibt, hat sich natürlich längst herumgeschnattert.
Am späten Nachmittag öffnet sich dann ein Schönwetterfensterchen und sofort brausen wir mit den Rädern los. Zuerst scharf gegen den Wind, dann rauf auf den Damm und mit vollem Rückenwind Richtung Harlingen-Zentrum. Dort stellen wir die Räder ab und bummeln ein wenig rum. Wir gehen dann in einen Haushaltswarenladen und finden dort, neben vier hübschen Eierbechern in Pastellfarben, eine sehr praktische Wäscheaufhänge-Vorrichtung fürs WoMo. Und Teelichter finden wir auch. Dann zurück mit unseren Einkäufen zum WoMo und nach dem Abendessen haben wir dann noch einen feschen Pasch geklopft. Es ist immer noch sehr windig und ab und zu regnet es auch, in der Nacht sogar teilweise heftig.

Sonntag, 10. August 2008 - Harlingen

Unser Aufenthalt in Harlingen geht zu Ende – morgen reisen wir weiter. Das Wetter ist wieder wechselhaft, von der Sonne sind wir bislang wirklich nicht sehr verwöhnt worden. Aber in unserem Schneckenhäuschen können wir es uns auch bei Schlechtwetter gemütlich machen. Nach gutem Frühstück haben wir halt wieder gepascht – zwischendurch gelesen und am späten Nachmittag sind wir dann auf den Damm rauf und Richtung Gasthaus rübergewandert. Am Weg dorthin hat sich eine Schwalbe eine Zeit lang mit uns gespielt und eindrucksvoll ihre Flugkünste vorgezeigt. Sie ist dabei derart knapp an uns vorbeigeflogen, dass wir es richtig surren gehört haben.
Im Gasthaus haben wir uns dann trotz des starken Windes auf die Terrasse gesetzt, erstens weil das hier alle so machen und zweitens haben wir eh unsere warmen Jacken mitgehabt. Einige Skytesurfer zeigen uns waghalsige Sprünge und Manöver – später kriegen wir dann noch was herrliches, wenn auch Unaussprechliches, zum Essen servieren. Ilse etwas Indisches mit Hühnchen, Gernot etwas Fleischiges mit Champignonsauce. Wie gesagt, herrlich!
Danach schlendern wir gemütlich den einen Kilometer zum Campingplatz zurück. Den Abend verbringen wir mit Lesen und Gernot schreibt ein bisserl was. Ach ja – Internet haben wir uns auch gecheckt – geht hier über Wireless LAN. Zuerst hat es mit der Installation nicht geklappt, weil wir am Notebook noch unser A1-Modem konfiguriert hatten. Aber Ilse hat sich an der Rezeption alles erklären und einstellen lassen und nun können wir im Häuschen herinnen surfen und mailen. Viel hat sich nicht getan, aber wir haben zumindest unsere „Pflicht-Mails“ verfasst und uns über die Ergebnisse der Peking-Olympiade schlau gemacht. Und wieder wird es so gegen Mitternacht gewesen sein, als wir unsere müden Häupter im äußerst gemütlichen Alkoven niedergelegt haben.

Montag, 11. August 2008 - von Harlingen bis Bensersiel

Schon kurz nach acht sind wir wach und Ilse macht erst mal Kaffee. Gernot holt zum letzten Mal Harlinger Brotjes und nach dem Frühstück machen wir unser Häuschen reisefertig. Geht alles sehr schnell – fast könnte man sagen, jeder Handgriff sitzt auf Anhieb. Die Räder hinten rauf, die Faltstühle und den Tisch zusammenklappen (für unseren Campingtisch hat Ilse einen genialen Platz hinter der Dusche gefunden), dann noch den Strom abschließen, alles verräumen, den Rucksack mit dem Notebook anschnallen und fertig. Zwar bleibt fast immer noch irgendwo ein Schrank, eine Schublade oder ein Kästchen offen, passiert ist aber noch nichts deswegen.
Wir winken noch schnell in Richtung Rezeption, öffnen den Schranken mit unserem Magnetkärtchen und dann geht’s los.
Als erstes fahren wir rüber in die Stadt Harlingen, wir wollen für Sigrid auch einen Wäscheaufhänger besorgen und für ihre Nachbarin gleich noch einen. Wir stellen also unser WoMo ab und machen uns zu Fuß auf den Weg in das Geschäft, wo wir schon am Samstag waren. Da wir nicht gerade sehr raffiniert geparkt haben, machen wir einen weiteren, ausgiebigen Ausflug durch die Harlinger Innenstadt. Wir wundern uns erst noch über den eher mäßigen  Personen- und Überhauptverkehr und wie wir dann beim uns bekannten Haushaltswarenladen  ankommen, wissen wir Bescheid über die bescheidene Kundenfrequenz: man öffnet in Harlingen am Montag die Geschäfte erst nachmittags! Das gilt für praktisch alle Läden – die Nahversorger und Trafikanten mal ausgenommen. Also wandern wir unverrichteter Dinge wieder zu unserem WoMo zurück und dann geht’s endgültig Richtung Piefkenesien.
Von Harlingen aus fahren wir gleich auf die Autobahn und dort Richtung Groningen. Das Wetter ist trocken, der Wind ist aber nach wie vor sehr heftig. Unterwegs machen wir ein kleines Päuschen und kurz nach Mittag treffen wir in Groningen ein. Hier machen wir auf einem normalen Autoabstellplatz irgendwo mitten in der City eine Kaffeepause.
Nach diesem kurzen Abstecher geht unser Trip weiter – schon nach kurzer Fahrt sind wir wieder in Deutschland. Als erstes sind wir von der Autobahn in Emden abgefahren – quasi das Herz Ostfrieslands. Und die Geburtsstadt von Otto. DEM Otto.
Wir parken mitten im Zentrum. Ilse kennt sich doch tatsächlich auch in Emden aus –  aber sie hat ja auch zehn Jahre lang hier in der Gegend ein Haus gehabt. Wir gehen nur ein paar Meter und dann stehen wir schon vor dem „Dat Otto Hus“. Wir gehen kurz rein – finden aber nur den üblichen Ramsch, T-Shirts, CD`s, Nippes, etc. Eine Schneekugel mit einem Ottifanten hätten wir wohl gekauft, aber so was scheint es leider nicht zu geben. Also machen wir nur einen kurzen Rundgang durch den Shop, draußen schießen wir noch ein paar Fotos. Gleich in der Nähe sticht uns dann eine ganz besondere Skulptur ins Auge – die Emdener haben einer ihrer Reinemacherfrauen ein Denkmal gesetzt – sehr naturalistisch und in Bronze. Wohl ein einmaliges Kunstwerk!

Wir sind dann noch eine ganze Weile durch die Fußgängerzone von Emden geschlendert – haben bei den Büchern gestöbert und schließlich auch was gekauft. Ausgerechnet in Ottos Geburtsstadt hat sich Gernot ein Buch eines weiteren großen deutschen Komödianten zugelegt – „Hundskrüppel“ von Gerhard Polt.
Nach unserem Kurzbesuch in Emden sind wir dann wieder aus dem netten Städtchen raus und rauf auf die Schnellstraße – das nächste Ziel bereits im Auge: wir werden uns in Suurhusen das Wahrzeichen des Ortes anschauen – den schiefsten Turm der Welt!

Das haben die Suurhusener von den Machern des „Guiness Buch der Weltrekorde“ eben erst offiziell bestätigt gekriegt. Kein Vergleich mit dem viel berühmteren Turm in Pisa – denn vom Boden bis zur Spitze neigt sich der Kirchturm in Suurhusen um unglaubliche 2 Meter 45! Wie wir so davor stehen, können wir uns nicht satt sehen an dieser Kuriosität. Aber – wie auch beim viel berühmteren Turm von Pisa, ist es auch hier nahezu unmöglich, die gesamte beeindruckende Schiefheit des Turmes im Bild festzuhalten. Aber ein bisserl sieht man es doch…  

Von Suurhusen aus ist es nicht weit nach Aurich, wo Ilse seinerzeit das Haus gehabt hat. Also machen wir einen Abstecher dort hin, schauen, wie sich alles verändert hat. Ilse findet ihr ehemaliges Zuhause in einem traurigen Zustand vor: der Garten verwildert, zwischen den Terrassenfliesen wuchert das Gras, das Haus scheint – wenn überhaupt – nur als gelegentlicher Nebenwohnsitz genutzt zu werden. Davon zeugt auch ein übervoller Briefkasten mit teils uralten Zeitungen. Kein schöner Anblick für Ilse – hat sie doch jahrelang alles verdiente Geld in den Bau und Erhalt dieses Hauses gesteckt. Trotzdem war es wohl richtig, hier mal wieder vorbei zu kommen…
Mittlerweile ist es später Nachmittag geworden und wir suchen uns einen Abstellplatz für die Nacht. Hier in der Gegend um Aurich kennt sich Ilse natürlich ganz besonders gut aus, also fahren wir direkt an die Ostsee, genauer nach Esens-Bensersiel und ganz genau an den Campingplatz Bensersiel. Der ist so groß wie eine mittlere Kleinstadt und mit Wohnwagen, Wohnmobilen und Zelten aller Arten und Bauweisen offenbar voll belegt. Nun – nicht ganz so voll – wir kriegen ein Plätzchen für die Nacht.
Dass wir wieder in Deutschland sind, merken wir spätestens an der überaus umfangreichen Campingplatzordnung. Nach einem kurzen Durchlesen dieses Paragraphenwerkes sind wir erst Mal froh, dass man zumindest ungestraft ein- und ausatmen darf und das man sein Wohnmobil zwischendurch offenbar auch mal kurz verlassen kann. Zumindest das ist nicht ausdrücklich verboten…
Die Dimension des Campingplatzes hier lässt sich auch an Hand der Tatsache erahnen, dass es hier nicht nur einfach Nummern für die einzelnen Abstellplätze gibt, sondern eine richtige Adresse. Wir hatten Drosselweg 20 zugeteilt bekommen – ein Platz direkt am Meer. Wenn sich das sich jetzt vielleicht romantisch anhört, mag das für die Südsee gelten, für die Ostsee gilt das weniger. Der Strand selbst ist in etwa so attraktiv wie Rimini im Dezember, statt sanften Wellen und weißem Strand bietet man den Touristen hier grauschwarzen Sand an. Und etwas, was man hier zwar verschämt Watt nennt, was aber überall sonst auf der Welt als „grauslicher Gatsch“ bekannt ist. Für uns Landratten natürlich furchtbar! Und überall spielen Kinder und haben eine Mordsgaudi! Man will ja nicht zu kritisch sein, aber das wäre uns echt zu gammelig. Vom Geruch erst gar nicht zu reden! Ilse meint zwar, der üble Gestank komme von frisch gedüngten Feldern, aber eigentlich passt er perfekt zum ganzen Ambiente. Nun ja – wir bleiben ja eh nur eine Nacht. Wenigstens haben wir durch die zahlreichen Strandbesucher so was wie ein Privatkino, aber auch das wird auf Dauer langweilig.
Ein eigenes Kapitel sind die Möwen hier – unser WoMo wird für die großen Vögel schnell ein bevorzugter Ausguck in unmittelbarer Strandnähe. Immer wieder hören wir die schweren Brocken auf unserem Dach landen. Ilse macht sogar Fotos davon.
Den Abend verbringen wir wie immer mit Paschen und Lesen – auch in dieser eher unwirtlichen Gegend haben wir eine feine Zeit zusammen.

Dienstag, 12. August 2008 - von Bensersiel bis Hamburg

Die Nacht war wie üblich stürmisch und regnerisch. Das kann uns natürlich völlig egal sein – trotzdem hätten wir jetzt langsam schon auch mal Lust auf etwas mehr Sonne.
Wir frühstücken gemütlich und stellen dann unser Häuschen durch Auf- und Wegräumen sozusagen auf „Weiterfahrmodus“. Wir tanken frisches Wasser und lassen das alte ab. Die chemische Toilette wird auch entsorgt, dann müssen wir nur noch die Rechnung bezahlen. Ilse macht das und kurz später kommt sie ziemlich angefressen zum WoMo zurück – die Tussi von der Rezeption hat sie blöd angemacht wegen der österreichischen Kreditkarte. „So was nehmen wir hier nicht.“ Eigentlich eine bodenlose Frechheit, aber natürlich bestätigt solch ein Verhalten sämtliche Vorbehalte den „arroganten Piefkes“ gegenüber. Da ist die Überheblichkeit mit Händen zu greifen. Also müssen wir bar zahlen und erst als wir schon losgefahren sind, wundert sich Gernot über den doch unverschämt hohen Preis. Da bemerken wir erst, dass uns die obergescheite Tante nicht nur einen, sondern gleich zwei Tage Aufenthalt verrechnet hat. Vermutlich der Einfachheit und des damit verbundenen besseren Umsatzes wegen. Also Reklamation, Ilse kriegt unser zu viel bezahltes Geld zurück – selbstredend ohne irgendeine Entschuldigung.  Auch Wurscht – weg von da – Camping Bensersiel, du siehst uns nie wieder!
Wir fahren also weiter – unseren ersten Halt machen wir gegen Mittag in Wilhelmshaven. Wir parken unser Häuschen hinter dem Bahnhof und machen eine ausgedehnte Kaffeepause – quasi ein zweites Frühstück. Danach geht die Fahrt weiter Richtung Bremerhaven – und als wir dort ankommen, beschließen wir, gleich bis nach Hamburg durchzufahren.
Vorher müssen wir aber noch etwas erledigen, denn wir sind auf spektakuläre Art und Weise unsere gläserne Kaffeekanne losgeworden. Ilse, die zwischendurch mal wieder das Steuer übernommen hat, ist ziemlich rasant in eine Autobahnabfahrt eingebogen und musste unser WoMo in der Folge entsprechend stark abbremsen. Und das in gerade dem Moment, als Gernot die Kaffeekanne aus dem Waschbecken herausgenommen und  daneben abgestellt hatte. Tja, das sollte man während der Fahrt besser nie tun. Jedenfalls hat unser hübsches Kaffee-Kännchen durch Ilses Bremsmanöver in Idealkombination mit dem physikalischen Gesetz der Trägheit unglaublich schnell Flügel gekriegt und ist mit einem lauten Knall in tausende Scherben zerplatzt. Nachdem Scherben im Wohnmobil selten bis nie Glück bringen, haben wir sie gleich Mal entsorgt und den Boden einigermaßen blank gefegt. Kein großes Malheur. Allein das Problem der nun fehlenden Kanne ist geblieben. Also haben wir unterwegs Ausschau nach einem geeigneten Laden gehalten – vorerst aber nur einen Aldi gefunden. Dort kauften wir ein paar Sachen, Ostfriesentee für Ilse und ein paar Naschereien. Auch ein „1 Euro Laden“ nebenan hatte kein Kännchen anzubieten. Kurz vor Stade sind wir dann noch einmal von der Schnellstraße abgefahren und in einem auf Restposten aller Art spezialisiertem Geschäft haben wir denn passenden Ersatz gefunden. Es ist zwar kein Glaskännchen geworden, dafür genießen wir unseren Kaffee jetzt aus einer formschönen Plastikthermoskanne, in elegantem nachtblau gehalten. Den passenden Filteraufsatz haben wir auch gleich gekauft und eine dunkle Lesebrille für Gernot – sehr lässig, jetzt kann ihn beim Schmökern im Freien die Sonne nicht mehr blenden. Erschreckend für ihn ist aber, dass er schon wieder eine Dioptrie mehr zum Lesen braucht – er legt also nicht nur beim Körpergewicht zu. Gernot meint, er entwickle sich sehtechnisch offenbar nun tatsächlich vom Maulwurf in Richtung Grottenolm. Doch jetzt kann er zumindest auch im Freien bequem lesen…
So gegen 19 Uhr kommen wir dann in Hamburg an und suchen vorerst vergeblich nach einem Abstellplatz für unser Häuschen. Kein Hinweisschild zu einem Campingplatz auszumachen. Zudem finden wir unsere Hamburg-Karte gerade nicht, jetzt könnten wir die sehr gut brauchen. Ilse kann sich dann aber doch an die Adresse eines Campingplatzes erinnern, den sie im Internet aufgestöbert hat. Und die dazugehörige Autobahnabfahrt hat sie auch noch im Kopf. Immer wieder erstaunlich, diese Fähigkeit von Ilse, sie hat wirklich das viel zitierte fotografische Gedächtnis. Und so ist es für uns natürlich ein Leichtes, den Campingplatz sofort zu finden. Leider ist er ausgebucht – wir können den Platz lediglich zum Umkehren benutzen und müssen uns dann wieder vertschüssen. Blöd – denn jetzt sind wir schon ziemlich müde von der ganzen Fahrerei – ein Platz muss her. Also fahren wir ganz in den Norden von Hamburg rauf, im ADAC-Campingführer ist dort ein Platz vermerkt. Wir finden ihn auf Anhieb – schaut gut aus, die Leute an der Rezeption sind nett und freundlich. Der Besitzer der Anlage bittet uns noch, auf die Auffahrtshilfen zu verzichten, der Boden wäre durch tagelangen Regen sehr tief und wir könnten festsitzen. Wir lachen nur, denn wir haben diese gelben Plastikklötze noch nie verwendet, obwohl wir welche mithaben. Wir amüsieren uns manchmal sogar über Camper, die buchstäblich mit der Wasserwaage hantieren, um ihr Gefährt möglichst waagrecht zu platzieren. Uns ist das wurscht – wir fahren auf gutes Gefühl auf einen Platz rein – meistens passt’s  eh gleich beim ersten Mal, ganz selten müssen wir reversieren.
Also wieder das übliche Prozedere: Strom anschließen, Musikanlage zusammenbauen und den Tisch frei machen. Alles nur eine Frage von ein paar Minuten und bald ist unser WoMo auf Campingmodus umgestellt.
  Nach dem Essen machen wir noch einen gemütlichen Pasch und legen uns dann auf unser Hochbett. Wir werden eventuell noch einen zweiten Tag hier anhängen, denn morgen ist ja das „Zappa meet’s Bach“ in der St. Katharinenkirche. Fragt sich nur, wie wir den ganzen Weg quer durch Hamburg nehmen sollen. Mal sehen – Ilse hat jedenfalls bereits mit Isabella telefoniert, der jungen Innsbruckerin, die sie von der Sigrid her kennt. Isabella ist selber zu Besuch hier, sie und ihr Hamburger Freund Finn werden uns morgen Abend zum Konzert begleiten.

Mittwoch, 13. August 2008 - Hamburg

Und wieder mal hat es in der Nacht geregnet – Wasser von oben ist uns zu einem treuen Begleiter geworden. Jetzt am Morgen ist es aber trocken, sogar die Sonne blinzelt ab und zu durch die Wolken. Gernot geht Brötchen kaufen – die gibt’s direkt an der Rezeption. Nach dem Kaffee gehen wir ausgiebig duschen – Gernot schabt sich mal wieder die Bartstoppeln aus dem Gesicht.
Wir haben gestern schon ausführlich den Stadtplan und das öffentliche Verkehrsnetz Hamburgs studiert und sind zu dem Schluss gekommen: es ist ein verdammt weiter Weg von hier nach da! Fahrrad ist von vornherein ausgeschlossen – wir sind nicht Tour-de-France erprobt. Mit den Öffis ginge es zwar mit Bus und U-Bahn plus U-Bahn hin, aber wie spätabends wieder zurück? O.K. – wir werden von hier also  abfahren und uns einen Platz im Stadtinneren – möglichst nahe an der St. Katharinenkirche suchen.
Gegen halb Zwölf verlassen wir den Campingplatz, aber nur, um wenige Meter außerhalb auf einen IKEA Kundenparkplatz einzubiegen. Hier wollen wir eine längere Pause machen, um dann gegen Abend Richtung Zentrum aufzubrechen.
Wir paschen, machen uns zwischendurch einen feinen Jäusler und um 17 Uhr fahren wir ab. Direkt rein ins Zentrum – gestern haben wir doch noch den Stadtplan von Hamburg gefunden, also finden wir uns bestens zurecht. Und Ilse kennt sich natürlich auch hier aus – sie scheint echt schon überall in Deutschland gewesen zu sein.
Das Hafengelände, die Landungsbrücken, die Zufahrt zum Elbtunnel und die Speicherstadt sind uns vom letzten Jahr her bekannt und gut vertraut. Wir finden die Kirche auf Anhieb und suchen uns in unmittelbarer Nähe davon erst Mal einen Stellplatz für unser WoMo. Zwei Straßen hinter der Kirche werden wir fündig. Wir kaufen einen Parkschein und machen uns auf, den Aufführungsort des heutigen Zappa Konzertes ein wenig näher anzuschauen. Die Kirche ist riesengroß und wird gerade renoviert. An der Orgel hat der junge Johann Sebastian Bach spielen gelernt und für die Wiederinstandsetzung dieser Orgel dient das Konzert heute als Benefizveranstaltung. Wir hören die Musiker bei ihrem Soundcheck – klingt ja schon Mal nicht schlecht…
Später machen wir dann im Häuschen noch einen Pasch und kurz vor 19 Uhr ziehen wir uns um. Ein bisserl Respekt vor dem Aufführungsort darf man ruhig zeigen, deshalb zieht sich Gernot ein Sakko an – natürlich mit einem geilen Zappa-Button am Revers.
So wandern wir zwei Hübschen dann rüber zur Kirche. Ilse telefoniert noch Mal mit Isabella – wir sollen bitte doch noch eine Karte an der Abendkassa besorgen. Wir stellen uns also in die ziemlich lange Warteschlange, werden aber sehr schnell wieder aus ihr befreit, weil ein Mann eine Karte anzubieten hat. Gekauft – wenige Minuten später treffen wir dann bereits Isabella und ihren Hamburger Freund Finn. Scheint ein nettes Pärchen zu sein und dass sie sich spontan auf ein Zappa-Konzert einlassen, das hat schon mal was…
Wir suchen uns also Plätze – schon bald ist klar, der heutige Abend wird ausverkauft sein. Und das, obwohl zahlreiche, zusätzliche Sitzreihen aufgestellt worden sind. Rechts neben der Bühne lassen wir vier uns dann nebeneinander nieder, üben uns im Small Talk und warten auf den Beginn des Konzertes. Wir treffen noch Thomas Dippel und seine Anne. Sie begrüßen uns herzlich – wir sehen uns dann ja ohnehin auf der Zappanale. Dann geht’s los.
Die acht Musiker von „Bogus-Pump“ zeigen in den folgenden zwei Stunden, dass jeder einzelne von ihnen sein Handwerk bestens versteht. Sie zeigen aber auch, dass es ein sehr ambitioniertes Unternehmen ist, sich den Kompositionen Zappas zu widmen. An deren Kompliziertheit haben sich schon ganz andere Musiker die Zähne ausgebissen. Und nur zu acht sind die klassischen Werke Zappas ohnehin kaum aufführbar. Trotzdem wehte immer wieder Mal der Geist des Meisters durch den Raum und dass die Musiker ausnahmslos virtuos agierten, gab dem Abend dann noch eine ganz besondere Note. Und zwischendurch dröhnten Bach-Fugen durch die Kirche, mächtig intoniert auf der berühmten Orgel von einer jungen Organistin.
Schon wie wir im Programm gelesen haben, welche Stücke von Zappa sich das Orchester zur Aufführung ausgesucht hat, haben wir uns gedacht: das wird sich in zwei Stunden schwer ausgehen. Und genau so war es auch: Zur Pause waren gerade mal vier Stücke gespielt – statt der geplanten acht. Die Reden vorher werden es nicht ausgemacht haben – die waren kurz gehalten, die von der jungen Pastorin war sogar außerordentlich ansprechend.
Wir haben uns erst Mal was zum Trinken besorgt – später hat Gernot dann noch den Napoleon Murphy Brock begrüßt und kurz mit ihm gequatscht. Im zweiten Teil des Abends ist NMB dann auf die Bühne gegangen und hat als special-guest zwei supergeile Zappanummern gesungen. Ilse hat mit der Digitalkamera alles gefilmt, auch wenn sie sich dadurch eine steife Schulter eingehandelt hat. Der Auftritt von Napoleon war für uns eindeutig der Höhepunkt des Abends. Aber auch allen anderen Musikern gilt unsere Hochachtung – dass die dargebrachte Musik manchmal doch wenig mit den ursprünglichen Kompositionen zu tun hatte, liegt fast schon in der Natur der Sache. Frank Zappa selbst hat ja oft gesagt: „Einmal im Leben möchte ich meine Musik genau so aufgeführt hören, wie ich sie geschrieben habe.“ In der St. Katharinenkirche hätte er heute Abend wohl denselben Stoßseufzer getan…
Aber wie gesagt – trotzdem haben wir den riesigen Raum beeindruckt verlassen, auch Isabella und Finn hat es offensichtlich gut gefallen. Wir wären mit den beiden gern noch irgendwo was trinken gegangen, aber vor allem Finn war ziemlich erledigt und muss morgen wieder sehr früh raus. Also verabschiedeten wir die beiden und gingen zu unserem WoMo zurück. Hier an diesem Platz werden wir aber nicht über Nacht bleiben – wild campieren ist ja o.k. – aber im Hamburger Hafenviertel in einer dunklen Seitengasse? Nein! Also fahren wir aus der Stadt raus – Richtung Rostock rauf wird wohl irgendwo eine Autobahnraststätte sein.
Und genau so ist es gekommen: etwa 30 km außerhalb von Hamburg parken wir uns auf einem schön beleuchteten Parkplatz ein, mehrere andere Wohnmobile verleihen uns zusätzlich Sicherheit. Und als dann gleich nebenan ein glatzköpfiger Neonazi in Tarnuniform sein mit Deutschlandfahnen bestücktes Wohnmobil parkt und seinen riesigen Kampfund Gassi führt, fühlen wir uns überhaupt so sicher wie in Abrahams Schoß...
Die geplante Nachtjause bei „Burgerking“ fällt aus, da der Laden gerade geschlossen wird, als wir eintreten. Unseren Cholesterinspiegel wird’s freuen, uns ist’s wurscht. Wir klettern dann bald auf unser Hochbettchen und pennen gleich darauf ein…

Donnerstag, 14. August 2008 - von irgendwo um Hamburg herum nach Bad Doberan

Mitten in der Nacht hat mich Ilse aus dem Schlaf gerissen, als sie aus der geöffneten Tür gerufen hat: „Verrollt’s euch, aber Dalli! Fußballspielen könnt’s wo anders!“ Haben doch tatsächlich ein paar Burschen um drei in der Früh oder so ein kleines Match gespielt, unser Häuschen sollte wohl eines der Tore sein. Aber nicht mit Ilse! Schnell war wieder alles friedlich und ruhig wie auf einer Autobahnraststätte und wir konnten weiterpennen.
Gleich in der Früh ist Gernot opferbereit die paar Meter rüber in die Raststätte und hat uns zwei Croissants besorgt. Für schlanke 3,50 Euro. Dafür hat er gleich noch den Porzellanteller mitgehen lassen – wohl das Mindeste.
Nach dem Kaffee haben wir uns dann wieder auf den Weg gemacht – zuerst mussten wir noch einen geeigneten Parkplatz mit WC aufsuchen, um den Inhalt unseres privaten Töpfchens loszuwerden. Übrigens ohne schlechtes Gewissen – das Biozeugs im Klo ist, wie der Name schon sagt Biozeugs und dementsprechend Bio. Bio ist griechisch und bedeutet Leben. Und Leben kann nie was Schlechtes sein. Aber Campingklos firmieren auch unter der Bezeichnung „Chemische Toilette“ und das klingt verdächtig genug, um die Dinger lieber halbheimlich auszuleeren. Beim zweiten Angriff gelingt das Unternehmen und wir fahren nach Bad Doberan weiter. Dort müssen wir noch unseren Abwassertank entleeren – wir erledigen das elegant neben der Straße über einem Gully, ebenfalls ohne das Gefühl, groß Umweltfrevel begangen zu haben.
Und dann sind wir wieder in Bad Doberan – in der Stadt der Zappanale. Wir – das heißt natürlich Ilse – kennen uns schon aus hier und finden die Galopprennbahn auf Anhieb. Sogar eine veritable Abkürzung hat sich Ilse aus dem Vorjahr noch gemerkt und schon stehen wir vor dem Haupteingang.
Mit den Leuten vom Sicherheitsdienst brauchen wir keine halbe Minute quatschen und schon stehen wir wieder am privilegierten „Press and Stuff only“ Parkplatz. Wir richten uns ein und merken natürlich sofort, dass es heuer offenbar keinen Stromverteilerkasten hier gibt. Das Problem löst sich aber insofern rasch, als uns ein Mitarbeiter unserer Nachbarn (wieder die Betreiber der Dusch- und Toilettencontainer) sofort anbietet, in seiner Kabeltrommel einzustöpseln, er hole sich den Strom von der Containeranlage. Super! Gesagt getan und schon ist unser WoMo wieder elektrifiziert.
Wir machen dann einen ersten Rundgang über das Gelände – obwohl das Festival erst morgen beginnt, sind die Campingplätze schon gut gefüllt, überall wird gerade aufgebaut. Und natürlich ist aus jeder Richtung Zappamusik zu hören.
Wir schlendern rum und finden dann unter anderem DEN Edelcamper schlechthin: der Typ hat sein winziges Zeltchen direkt neben seinem Fahrzeug aufgebaut und dieses Fahrzeug ist ein Racing-grüner Jaguar E-Type aus den 1960er Jahren, noch dazu in allerbestem Zustand. Wie gesagt, wenn schon im Zelt campen, dann mit Stil.
 Im WoMo zurück machen wir uns zuerst was zu Essen und dann einen Pasch. Dabei verpasst Ilse Gernot die größte Niederlage aller bisherigen Zeiten  - sie knöpft ihm mehr als 50 (natürlich fiktive) Euro ab.
Ilse fährt dann mit dem Rad nach Bad Doberan, mal schauen, was sich E-Mail-mäßig getan hat. Gernot bringt derweil das Tagebuch auf den aktuellen Stand. Ilse kommt dann nach eineinhalb Stunden und sie hat unter anderem Rinder-Filet gekauft – herrlich – da freuen wir uns jetzt schon drauf…
Später gehen wir dann zum ersten Mal aufs Festgelände und dort gleich ins Pressebüro. Wir stellen uns vor, die Mitarbeiterin sucht unsere Namen auf der Liste der Akkreditierten und mit einem überraschten „Ohhh!“ findet sie uns dann auch. Sie händigt uns Presse-Akkreditierungen zum Umhängen und rosarote VIP-Armbänder für den Backstagebereich aus – was ihr „Ohhh!“ genau zu bedeuten hatte, verrät sie uns aber nicht. Wir freuen uns jedenfalls über die bevorzugte Behandlung, die wir zweifellos Thomas und Anne zu verdanken haben.
Anschließend besuchen wir den ersten Verkaufsstand von Zappa-Platten und Zappa-CDs, wo die edle Ware bereits ausgelegt ist. Unglaublich immer wieder, wie viele verschiedene Zappaplatten es gibt. Man könnte hier wohl für 5.000 Euro Platten und CDs kaufen – Dutzende Alben haben wir noch nicht mal irgendwo je gesehen! Gernot bleibt aber am Boden – was soll’s? Das riesige Angebot zeigt, dass es immer Platten geben wird, die er noch nicht in seiner Sammlung hat – und das ist auch gut so. Er gönnt sich dann aber doch etwas und für vergleichsweise günstige 20 Euro kauft er sich eine Doppel CD mit Live Aufnahmen aus den frühen Siebzigerjahren aus Basel und sonst wo, dementsprechend heißt das Teil auch „Basel and elsewhere“. Stellt sich dann nachher als sehr geiles Stück heraus – und mit zwei mal deutlich über 70 Minuten Spieldauer auch eine ordentliche Menge Zappa-Musik für’s Geld.
Später wandern wir noch Mal quer über alle Campingplätze und machen ein paar Fotos von den Autokennzeichen der Besucher. Wir haben schon vorher bemerkt, dass sich viele Deutsche die Buchstabenkombinationen „FZ“ gesichert haben – schon im Vorjahr ist uns ja der Typ aus Dresden mit dem Kennzeichen „DD-FZ 2112“ besonders aufgefallen – Zappas Initialen und sein Geburtsdatum. Wir machen ein gutes Dutzend Bilder, vielleicht machen wir eine Collage draus…
Im Häuschen machen wir dann noch einen Spätabendpasch und nach Mitternacht ziehen wir uns in den Alkoven zurück. Draußen geht sehr heftiger Wind und die Temperaturen sind unangenehm tief. Zumindest regnet es nicht….

Freitag, 15. August 2008 - in Bad Doberan auf der Zappanale

Es hat diese Nacht definitiv nicht geregnet! Das muss hier vermerkt werden. Aber es war ziemlich kühl bis saukalt. Draußen wohlgemerkt, unser kuscheliges Häuschen hält uns jeglichen Wetterunbill vom Hals.
Nach einem feinem Frühstück fährt Ilse mit dem Fahrrad runter nach Bad Doberan – da war sie ja gestern schon, heute muss sie noch etwas mailen und ein paar Einkäufe macht sie auch gleich. Gernot legt sich derweil noch einmal hin.
Ilse kommt dann wieder und hat neben Postkarten und Zutaten für die Karottensuppe auch noch eine lustige Sparbüchse mitgebracht – ein ostfriesisches Pferd, wie sie meint. Für Gernot schaut das Ding eher aus wie eine Art Schmunzelmonster – auf jeden Fall wird unser Münzgeld in Zukunft in drei unterschiedliche Sparbüchsen wandern.
Wir gehen dann nach einem Jäusler wieder rüber aufs Festgelände – die Zappanale hat in der Zwischenzeit angefangen. Wir wandern ein bisschen rum und essen dann noch was Indisches (Ilse wählt Pakoras – bedauerlicherweise kennt sie inzwischen das Original, also ist sie nicht sehr begeistert…).
Dann kaufen wir bei einem Zappa-Fanartikel-Verkaufsstand ein paar Postkarten und Abziehbilder und kurz darauf leistet sich Gernot eine geile Picture-Disc – Frank Zappa am Klo sitzend – für wohlfeile 20 Euro. Eine so genannte Limited Edition –  die Nummer 264 von insgesamt 300. Superlässig.
Im Arf-Society-Zelt treffen wir Irma, den weiblichen Part von Sissy & Franz, die wir letztes Jahr hier kennengelernt haben. Wir quatschen ein bisschen, kriegen die ganzen Infos über den Streit mit Zappas Witwe Gail serviert und ein geiles Zappanale Feuerzeug obendrein gratis dazu. Im Zelt werden auch Zappa T-Shirts verkauft und wir langen ordentlich zu. Und für die drei Leibchen zahlen wir dann insgesamt 25 Euro – wahrlich keine Abzocke, würden wir mal meinen. Das Zappanale Programm leisten wir uns auch noch – da ist neben vielem anderen auch ein ausführliches Portrait von Danny Walley drin, das kann Gernot für sein geplantes Interview natürlich bestens brauchen…
So, schnell die Schätze rüber ins WoMo getragen und dann ab in den Backstagebereich, wo wir Thomas und Anne treffen. Anne ist leicht anschlagen, wir besuchen sie dann später in ihrem Wohnwagen, der keine 20 Meter von uns geparkt ist. Wir holen dann noch unsere Mitbringsel (Speck, Marillenlikör und das Wackerman-Bild) und quatschen dann lang mit Anne. Danny Walley und Napoleon Murphy Brock haben wir übrigens auch schon ausgemacht.
Danach gehen wir wieder vor die Bühne und schauen dem Treiben zu. Die Stimmung ist wie immer großartig, die vielen Zappafreaks in ihren oft sehr ausgefallenen Outfits wiegen sich im Takt der Musik und alle haben eine feine Zeit…
Später in unserem Häuschen machen wir dann noch ein fesches Klöpfchen und legen uns dann nieder. Das Wetter hat heute gehalten – zwar geht ein starker Wind und es ist nicht allzu warm, aber trocken und somit herrschen ideale Open Air Bedingungen.

Samstag, 16. August 2008 - in Bad Doberan auf der Zappanale

Und wieder hat es in der Nacht nicht geregnet – fein! Es kühlt aber jeden Abend ordentlich ab und deshalb hat sich Gernot eine schmerzhafte Verkühlung in, um und unter der linken Schulter eingeholt. Er kann kaum den Kopf bewegen, das ganze Obergestell tut ihm weh. Ilse verpasst ihm aber gleich mal eine ordentliche Abreibung - mit einer Salbe. Danach legt er sich wieder aufs Bett und lässt das Zeug erst mal wirken. Ilse geht derweil zu Anne rüber um ein wenig zu quatschen.
Später gehen wir dann gemeinsam aufs Gelände, Gernot stellt sich extra immer in die Sonne, um seine lädierte Schulter warm zu halten. Lange halten wir es diesmal aber nicht aus – auch weil uns die momentan gespielte Musik nicht gerade vom Hocker reißt.
Im WoMo legt sich Gernot dann noch mal nieder – Ilse lädt derweil Fotos in den PC. Dem folgt ein obligates Päschchen. Danach bereitet uns Ilse ein fulminantes Abendessen – Filets kurz angebraten mit einmaliger Sauce und Weißbrot dazu. Einfach köstlich!
Gestärkt gehen wir dann noch mal rüber und schauen wieder den Musikern zu. Zappas Musik in allen möglichen Variationen wird geboten – sehr oft spielen die Bands sogar einzelne Gitarrensoli des Meisters exakt nach. Einfach immer wieder lässig zu hören und ziemlich einzigartig natürlich. Denn live gespielte Zappa-Musik gibt es bekanntlich nicht alle Tage zu genießen…
Später im Häuschen wollen wir uns dann noch einen Spätabendpasch ausspielen, aber auf halber Strecke macht Gernot doch tatsächlich schlapp. Er ist einfach erschöpft, er hat den ganzen Tag ziemliche Schmerzen gehabt und wir sind auch einiges herumgelaufen. Also legt er sich ins Bett und Ilse kommt noch mal mit ihrer Zaubersalbe. Auch diesmal bekommt Gernot eine ordentliche Ladung in die Schulter rein massiert. Aber leichtsinnigerweise macht Ilse das mit bloßen Fingern (statt wenigstens mit einem Taschentuch!) und kriegt das Zeug später irgendwie ins Auge!! Und das ist in der Folge dann arg beleidigt gewesen und gelaufen wie ein Wasserhahn. Arme Ilse. Auch Gernot ist in der Nacht plötzlich wach geworden, weil die Salbe in seiner Schulter ein veritables Feuerchen entfacht hat, ihm ist richtiggehend der Schweiß ausgebrochen. Aber – das Ganze hat auch sein Gutes: die Schmerzen in der Schulter sind bereits am nächsten Morgen verschwunden und Ilses Auge tränt auch nicht mehr…


Sonntag, 17. August 2008 - in Bad Doberan auf der Zappanale

Und wieder hat es NICHT geregnet – das Wetterglück hat sich offenbar auf unsere Seite geschlagen. Wie üblich beginnen wir unseren Tag mit einem gemütlichen Kaffee. Dann gehen wir duschen – wir haben es ja nur knapp zehn Meter weit. Gernot hat Glück – heißes Wasser ohne Ende, herrlich. Bei den Damen und damit bei Ilse schaut das nicht ganz so gut aus – sie muss sich leider mit allerhöchstens lauwarmem Wasser begnügen.
Aber Hauptsache sauber – und so gehen wir zwei dann auch gegen Mittag zum Backstagebereich rüber. Mal schauen, ob die Musiker schon da sind. Wir treffen dann aber nur einen furchtbar verkaterten Thomas und eine darüber sehr belustigte Anne. Thomas hat bis 6 Uhr früh ordentlich „gelumpt“ und schaut in etwa so aus, als hätten drei Leute in seinem Gesicht übernachtet. An ein Interview ist so nicht zu denken und er verschiebt es um eine Stunde. Wir quatschen dann mit Anne, später gehen wir wieder „unter die Leute“ und pendeln bis zum Nachmittag zwischen WoMo und Bühne hin und her. Von Danny Walley ist noch nichts zu sehen, dafür gelingt dann Gernot zumindest das Interview mit Thomas.
Wir gehen danach wieder ins Häuschen und machen noch einen Pasch. Danach schauen wir wieder Backstage rüber und sofort kommt uns Danny Walley entgegen, der bei Zappa jahrelang Gitarre gespielt hat. Gernot begrüßt ihn, fragt, ob er kurz Zeit hat und macht dann sofort ein superlässiges Interview mit ihm. Danny Walley ist voll locker und ganz entspannt, redefreudig und ohne jede Starallüren. Als Gernot den Musiker im Gespräch darauf anspricht, dass er mit seiner Gitarre auf insgesamt 13 Frank Zappa LP`s  verewigt ist, grinst er und sagt: „Wow – how good for me!“ Der ist echt ein cooler Typ.
Nach dem Interview signiert er Gernot noch alle mitgebrachten Zappa-Platten, auch das Foto der FZ-Straße in Berlin unterschreibt er. Dann stellt er sich noch für ein Foto mit Gernot in Positur, legt den Arm um seine Schulter und meint: „Let us make a best-friend-foto“!“ Einfach lässig. Unmittelbar darauf treffen wir noch den Napoleon Murphy Brock und Gernot lässt sich auch von ihm die „Bongo Fury“ LP unterschreiben, wo NMB und Danny gemeinsam mit Zappa spielen. Napoleon ist wie immer die Nettigkeit in Person und als er dann plötzlich Ilse sieht, stutzt er – grinst sie mit seinem 100.000-Dollar-Lächeln an und sagt: „Hi - I know you from last year!“ Und er umarmt und küsst Ilse – gut, bei Napoleon kann man das schon mal durchgehen lassen…
Wir bringen dann die Devotionalien zurück ins WoMo und gehen danach zu Anne in den Backstagebereich. Wir plaudern und quatschen – irgendwann hören wir dann, dass Napoleon auf der Bühne ist – ab 20:00 Uhr beginnt ja das Abschlussspektakel der Zappanale – mit allen Stars auf der Bühne. Das Dargebotene ist schlicht eine Sensation, wir freuen uns jetzt schon sehr auf die Aufzeichnung, denn die Zappanale-Leute schneiden zum Glück jeden Ton mit.

Später treffen wir dann wieder die Dippels, Gernot geht noch mal schnell ein paar Würstchen holen. Inzwischen ist Anne dabei, alle ihre Bier- und sonstigen Getränkebons zu verschenken. Aus schierer Höflichkeit nimmt Gernot das Angebot auf reichlich Freibier an und hat dann gleich einmal einen ordentlichen Rausch picken. Nicht zuletzt deshalb verfügen wir uns noch vor Mitternacht zurück in unser Häuschen.
Ein aufregender Tag und eine aufregende Zappanale sind zu Ende – für uns war das wieder ein tolles Erlebnis – Zappas Musik rund um die Uhr, hautnah dran an den Musikern und das ganze noch gesteigert durch das geile Privileg der Akkreditierung. In diesen Tagen sind uns Anne und Thomas zu Freunden geworden, wir haben sie nach Innsbruck eingeladen und sie werden auch ganz sicher kommen.
Im WoMo ist Gernot dann gleich mal ins Hochbettchen gekrabbelt, Ilse hat noch Fotos ins Notebook geladen und bearbeitet. Gernot soll dann angeblich noch schneller eingeschlafen sein, als ein Lämmchen mit dem Schweif wedelt…

Montag, 18. August 2008 - von Bad Doberan nach Berlin-Schmökwitz

Dass wir die letzten Tage so gutes Wetter hatten, ist laut Anne auf Anne zurückzuführen. Seit sie bei der Zappanale mit dabei ist, sei immer schönes Wetter gewesen. Nun – die Zappanale ist vorbei und deshalb hat es auch in der Nacht ein wenig geregnet.
Wir stehen erst mal gemütlich auf – Ilse kocht uns Kaffee. Dann gehen wir uns säubern und stellen anschließend nach und nach das WoMo auf Fahrtbetrieb um. Geht wie immer reibungslos – zum Schluss werden noch die Fahrräder hinten raufgezurrt.
Nachdem das Gröbste erledigt ist, gehen wir zu den Dippels in den Wohnwagen. Sie sind ebenfalls schon auf den Beinen und beim Zusammenräumen. Thomas muss dann noch mal kurz weg fürs französische Fernsehen, als er zurückkommt schenkt er uns noch einen Sticker „Stopp Gail“ und zwei Doppel CDs von den beiden letzten Zappanalen. Super! Danach allseitige Umarmung und wir lassen uns noch mal das Versprechen geben, dass uns Anne und Thomas in Innsbruck besuchen kommen. Thomas hat übrigens denselben Geburtstag wie Nadja – und er und Anne haben sich via Internet kennengelernt. Lustige Parallelen allemal.
Und dann beginnt das große Aufbrechen. Schnell noch den Strom abgeschlossen – Ilse entsorgt noch unsere gesammelten Stoffwechselprodukte und dann geht’s ab.
Sehr weit kommen wir aber vorerst nicht – Gernot war ja tatsächlich noch nie in der Stadt Bad Doberan drinnen. Im Gegensatz zu Ilse, sie kennt sich natürlich wieder einmal bestens aus, weiß wo der ARF-Club ist, kennt das Kampp-Theater ebenso wie Post und sämtliche Einkaufsmöglichkeiten. Und natürlich das Wichtigste – den Standort des Frank-Zappa-Denkmals.
Wir gehen quer durch die Innenstadt dort hin und reiben dann der Bronzebüste des Meisters die Nase, denn das soll Glück bringen. Und wenn man sich die blankpolierte Nase Frank Zappas anschaut, dann glauben verdammt viele Leute daran…










Es kommt dann gleich noch lautstark Molli vorbeigeschnauft, die dampfbetriebene Lokalbahn von Bad Doberan, mit ihren zehn schnuckeligen Waggons. Wir haben Molli ja jetzt die ganzen Tage über immer wieder gehört, denn sie fährt auch zum Festivalgelände raus und macht sich dort immer mit ihren lustigen Pfeifsignalen bemerkbar. Wir schießen noch ein paar Fotos und machen uns dann auf den Weg in Richtung der deutschen Bundeshauptstadt Berlin.
Wir fahren erst Mal gar nicht auf die Autobahn, sondern gondeln über die Bundesstraße bis Warnemünde bei Rostock. Dort steuern wir einen großen Parkplatz an und weil dort an einem Stand`l Backfisch etc. angeboten wird, bleiben wir gleich zum Mittagessen stehen. Ilse bestellt mutig eine Fischfrikadelle – das Dargebrachte ist ein durch den Wolf gedrehtes Lachsfilet und außerdem kalt wie eine Hundeschnauze. Also isst Ilse nur das dazu gehörende Brötchen, Gernots Backfisch samt Kartoffelsalat war dagegen durchaus genießbar. Als Verdauungsspaziergang sind wir danach zum Ostseestrand rüber, dazu mussten wir lediglich die Bundesstraße queren. Na ja – viel hat er nicht hergegeben, wenn Traumwetter ist, schaut das aber natürlich ganz sicher anders aus.
Und weiter geht die Fahrt. Von Rostock aus nehmen wir dann die Autobahn – dabei haben wir auch einen gebührenpflichtigen (wozu man hier plötzlich mitten auf der Autobahn 4 Euro zahlen muss, ist uns ziemlich schleierhaft) 790 Meter langen Tunnel passiert. Und beim Bezahlen der Maut wäre uns dann beinahe ein sehr peinliches Missgeschick unterlaufen: Gernot hat schlicht und einfach die Höhenkontrolle übersehen und wollte gerade zum Zahlschalter vorfahren, als ihn eine junge Frau händeringend gewarnt hat. Zum Glück hat sie und ein Kollege an diesem Tag hier Gratiszeitungen zu verteilen gehabt und nur aus diesem Grund ist sie hier auf der Straße gestanden. Sonst hätten wir mit unserem 3,40 Meter hohen Häuschen sehr alt ausgeschaut, bei einer Durchfahrtshöhe von 2,80 Meter!! Den Plastikcontainer am Dach wären wir in jedem Fall losgeworden. Mindestens. Nicht auszudenken – echt Glück gehabt. Hat es sich ja doch rentiert, Zappas Nase zu reiben…J
Also geht’s mit einem nach wie vor unversehrten WoMo weiter nach Berlin. Irgendwann meldet sich dann die Tankuhr und wir fahren von der Autobahn ab und folgen dem Schild „Autohof“. Dort hoffen wir neben dem Tanken auch Wasser aufnehmen zu können, wir sitzen nämlich bald auf dem Trockenen. Nach fünf Tagen ohne Frischwasser ist das auch kein Wunder.
Das Schild führt uns schließlich nach Müritz. Der dortige Autohof wird ausschließlich von einem Damenteam geführt, einem außerordentlich netten noch dazu. Wir tanken (wieder liegt der Verbrauch nur ganz knapp über 9 Liter!!) und füllen dann den Wassertank. Dauert ganz schön lange und zeigt uns, dass es allerhöchste Zeit geworden ist. Ilse fragt dann noch, ob wir eventuell irgendwo unser Abwasser entsorgen könnten. Die Antwort: „Ach, das machen sie einfach dort drüben in der Waschbox oder wenn sie wollen, lassen sie das Wasser einfach hinter dem Haus in der Wiese ab!“ Wir haben natürlich die umweltverträgliche Version gewählt und sind in der Waschbox über den Kanal gefahren. Ach ja – eine kleine Episode an dieser Tankstelle ist es noch wert, festgehalten zu werden: Wie wir angekommen sind, wurde gerade ein Maybach betankt, wohl DIE Luxuslimousine schlechthin. Ein wunderschönes Fahrzeug. Das Kuriose daran: im Fond saß ein älteres Paar, beide jenseits der Siebzig. Der Chauffeur war ein Hüne von einem Mann, Mitte Vierzig, ein durchtrainiertes Muskelpaket und das Schärfste: er war barfuß unterwegs! Schon ein lässiger Anblick, wie der Typ nach dem Bezahlen auf bloßen Füßen zum Maybach geschlendert ist und diesen dann ohne jedes hörbare Motorgeräusch aus der Tankstelle gefahren hat…
Unser Wegfahren gestaltete sich dann nicht ganz so lautlos – und mit unserem Diesel nagelten wir dann wieder Berlin entgegen. Nach ein paar Kilometern auf der Autobahn haben wir dann das Steuer gewechselt – natürlich während der Fahrt, „zwengs der action“! Zwar hat sich Gernot bei dem Manöver ordentlich den Schädel angedonnert, wurde dann aber insofern dafür entschädigt, dass er, gemütlich hinten sitzend, ein kühles Bierchen trinken konnte, während die Landschaften Mecklenburg-Vorpommerns an uns vorbeizogen.
Wir haben heute noch folgenden Plan. Wenn wir in Berlin sind, fahren wir zur Frank-Zappa-Straße, die ist eh so abgelegen, da finden wir leicht einen Abstellplatz für unser WoMo. Und wenn es dann ganz dunkel und alles still ist, werden wir unseren Angriff auf eines der Frank-Zappa-Straßenschilder starten.
Es ist dann ganz anders gekommen. In Berlin haben wir wieder das Steuerruder gewechselt, Ilse kann ja nicht fahren und navigieren gleichzeitig. Gernot ist Berlin natürlich total fremd – dafür kennt er sich in Delhi ausJ. Allerdings hat diesmal auch Ilse leichte Orientierungsprobleme, denn so wie heute ist sie auch noch nie in die Stadt hinein gefahren. Wir können uns auch nicht mehr richtig an die Straßennamen erinnern, also versuchen wir es auf gutes Glück. Und dieses Glück ist uns hold, als wir die Bezirksgrenze „Marzahn“ lesen. DAS Schild kennen wir – hier ist irgendwo die Zappastraße! Trotzdem finden wir uns nicht richtig zurecht, also steuern wir eine Tankstelle an und kaufen uns einen Stadtplan. Und siehe da: wir waren eigentlich schon ganz in der Nähe, in der richtigen Straße, lediglich die Richtung war falsch. Und keine fünf Minuten später parken wir unser Häuschen in der Frank-Zappa-Straße. Die Straße liegt wie ausgestorben da, keine Menschenseele ist zu sehen, noch dazu haben wir sofort eines der Schilder ins Auge gefasst. Ilse winkt Gernot so heran, dass die Leiter am Heck unseres WoMos genau unter dem Schild steht. Sofort kraxlet Gernot die Leiter rauf, Ilse reicht ihm den Seitenschneider, ein letzter prüfender Blick und schnipp schnapp sind die beiden Stahlbänder durchgeschnitten, die das Straßenschild in seinem Metallrahmen am Laternenpfahl festhalten.


Das Schild stürzt sofort ab, schlägt Gernot noch den Seitenschneider aus der Hand und landet krachend im Gebüsch. Das Ding ist viel größer, als wir es in Erinnerung hatten, der Rahmen ist aus massivem Metall und alles zusammen wiegt locker seine 10 kg!! Gernot springt von der Leiter – Ilse klaubt das Schild aus den Stauden und schleppt es zum Auto. Schnell schmeißen wir das Ding rein – starten und dann nichts wie weg. Wir sind total aufgeregt. In Berlin am helllichten Tag ein riesiges Straßenschild zu klauen, ist ja für uns unabgebrühte Nullkriminelle ein starkes Stück. Für uns gehört das sicherlich auf die Liste der zehn am meisten verbotenen Sachen, die wir bisher gemacht haben J Aber jetzt haben wir das begehrte Objekt und es wird bis ans Ende aller Tage in unserem Besitz bleiben und uns immer an diese Aktion erinnern…
Mit dem geklauten Frank-Zappa-Schild im WoMo und klopfenden Herzen in der Brust sind wir dann Richtung Campingplatz gefahren.

Es stehen in Berlin und Umgebung mehrere zur Auswahl. Über einen kleinen Abstecher zum Müggelsee treffen wir dann so gegen 19 Uhr auf unserem Abstellplatz für die heutige Nacht ein.

Der Campingplatz befindet sich in Berlin-Schmökwitz und wir finden zwischen den zahlreichen Bäumen ein feines Plätzchen für unser WoMo. Strom kommt dann auch gleich und wir machen es uns gemütlich.
Aber bald schon treibt uns der Hunger Richtung Restaurant – zum Kochen hat keiner von uns große Lust heute. Das Restaurant versprüht dann aber eine derart heftige Dosis Ostdeutschland anno 1970, dass wir uns schnell entscheiden, nicht hier zu essen. Also montieren wir unsere Räder vom Heckständer und nach einem Tipp der Frau an der Rezeption fahren wir die höchstens zwei Kilometer nach Wernersdorf rüber. Aus den höchstens zwei werden dann vorerst gute vier Kilometer, dann sind wir wieder zurück beim Campingplatz, denn in der Linde in Wernersdorf herrscht Ruhetag. Also noch mal gut drei Kilometer in die andere Richtung, dort finden wir dann einen Chinesen. Das Restaurant erweist sich als gute Wahl, nicht nur weil der uns bedienende chinesische Kellner ein Unikum darstellt. Ilse findet, er geht wie Charlie Chaplin, seine Bewegungen sind einfach nur lustig. Das Essen ist ausgezeichnet. Ilse bestellt Ente in Orangensauce und ist begeistert, Gernot nimmt ein Dreierlei aus Huhn, Rind und Ente, danach sind wir ebenso satt, wie sehr zufrieden.
Nach dem opulenten Mahl sind wir in völliger Dunkelheit, dafür ohne jedes Licht zum Campingplatz zurückgeradelt. Zuerst in unserem üblichen Vollgastempo, aber nachdem Gernot die erste S-Kurve am Radweg übersehen hat und nur aus einer reinen Laune der Natur nicht gestürzt ist, haben wir es dann um einiges gemütlicher angehen lassen. Und so sind wir wieder einmal gut angekommen – rein ins Häuschen und nach einem Gute-Nacht-Schlummertrunk haben wir uns dann in unseren Alkoven zurückgezogen. Morgen wollen wir in die Stadt rein – wir freuen uns schon auf Gold-Else, die schwangere Auster, die Waschmaschine, auf die Puppen und, und, und…

Dienstag, 19. August 2008 - in Berlin

Ein wenig hat es in der Nacht geregnet, beim Aufstehen blinzelt aber schon wieder die Sonne hervor, es verspricht ein schöner Tag zu werden. Wir starten in den Tag mit dem üblichen Kaffee, danach räumen wir unser Häuschen zusammen. Wir werden zwar noch einen Tag hier in Berlin bleiben – den Campingplatz aber wechseln.
Nach dem Bezahlen der moderaten Rechnung sind wir dann in Richtung Stadt gefahren. Bis zum Alexanderplatz sind es gut 25 km – dank Ilses Navigationsfähigkeiten finden wir ohne Probleme hin.

Als erstes steuern wir den Fernsehturm an. Eigentlich wollten wir letztes Jahr schon rauf, aber da sind so viele Leute angestanden, als wäre hier noch DDR und es gäbe Bananen und Ananas gratis. Nun – heute stehen dort so viele Leute an, als wäre hier noch DDR und es gäbe vergoldete Bananen und vergoldete Ananas gratis. Absolut nichts für uns, zum Glück haben wir uns vorher nicht noch extra einen Parkplatz gesucht!




Wir fahren also weiter durch die Stadt und landen schließlich bei der Siegessäule – im Volksmud eher respektlos „Gold-Else“ genannt. Wir finden einen derart unverschämten Parkplatz direkt davor, dass wir stehenbleiben. Zuerst schauen wir uns das martialische Denkmal von Bismarck an. Unglaublich schwülstige Kunst – brachialdeutsch könnte man wohl auch dazu sagen…

Wir entscheiden uns dann spontan, die 285 Stufen zur Aussichtsplattform des Siegesdenkmals in Angriff zu nehmen. Stellt sich dann als ziemlich anstrengend heraus, die enge Wendeltreppe will und will kein Ende nehmen. Der Ausblick über Berlin entschädigt dann aber wie erwartet für die Mühe und Ilse erklärt wie eine Fremdenführerin die markantesten Bauwerke der Stadt. Wir schießen viele Fotos, natürlich auch von unserem Häuschen, das unten brav auf uns wartet. Lange muss es aber eh nicht darben, denn nach dem weit weniger anstrengenden Abstieg von der „Gold-Else“ fahren wir weiter Richtung Kurfürstendamm. Zwei Straßen vom Ku’damm entfernt finden wir dann nach einigem Suchen einen geeigneten Parkplatz und machen uns zu Fuß auf den Weg in die Westberliner Innenstadt.
Bei einem Markt finden wir eine sehr praktische und auch sehr günstige Geldtasche für Gernot, sie ist etwas kleiner als die jetzt verwendete, wird ihm also nicht mehr so leicht aus der Hose rutschen können…
Vor der Gedächtniskirche werden wir von einem SAT1-Fernsehteam interviewt. Wie es uns denn so gefalle in Berlin, ob uns die vielen Penner stören würden, usw. Gernot antwortet für seinen Teil, wir würden uns sehr sicher fühlen hier und Berlin gefalle uns – Ilse hat dank ihrer 10 Jahre Berlinerfahrung ohnehin ein Freispiel und kennt noch die Situation vor dem Mauerfall. Ziemlich ausgefallen für Gernot, bei einem Interview zur Abwechslung mal auf der anderen Seite des Mikrophons zu stehen.
Weil sich der Hunger meldet, steuern wir einen Würstelstand an. Ilse nimmt Currywurst mit Pommes – Gernot gönnt sich eine klassische Bulette mit Senf und Brot. Wir essen direkt neben der Gedächtnis-kirche auf den Stufen, danach flanieren wir weiter. In einem Musicstore finden wir dann noch einmal zwei Zappasachen: eine DVD für schlanke 8 Euro („A Token of his Extremes…) und das weltberühmte Kloposter. Direkt nebenan befindet sich ein Bücherladen und wir schmökern lange herum, kaufen aber letztlich nichts. Und wieder ein Geschäft weiter finden wir einen Taschenladen – hier schlagen wir richtig zu. Zwei Taschen für Nadja, je eine für Ilse und Sigrid. Und das alles zu sensationellen Preisen! Fein, haben wir also jetzt unsere Mitbringsel zusammen.
Wir flanieren noch ein Weilchen rum und gehen dann zum WoMo zurück. Noch ein kleines Rästchen gemacht – Ilse ist kurz zu einer Wäscherei gegangen. Wir haben nämlich einen Wassereintritt in unserer Duschtasse gehabt, vermutlich ein Überlauf beim Wassertanken. Und ausgerechnet hier waren unsere Handtücher gelagert. Die sind nun waschelnass und drohen gelangweilt vor sich hinzuschimmeln. Mit dem Waschsalon wird aber nichts – ist nur eine Art chemische Reinigung. Müssen wir uns für unsere Handtücher was anderes einfallen lassen.
Inzwischen ist der Strom angeschlossen und wir hören uns die Mitschnitte von der Zappanale aus dem Wir starten dann das Häuschen und fahren an den südwestlichen Stadtrand von Berlin. Nach ein bisschen herumsuchen finden wir dann gleich zwei Campingplätze und entscheiden uns mal nicht für den erstbesten, sondern für den zweiten. Eine gute Wahl, wie sich schnell herausstellt. Für die heutige Nacht sind wir in Berlin-Gatow gelandet. Man weist uns ein nettes Plätzchen zu und Ilse erkundigt sich gleich nach einer Waschmaschine. Ist vorhanden – mehr noch: es gibt auch einen Trockner. Und unsere eigentlich schon entsorgungswürdigen Handtücher duften schon bald darauf wieder herrlich frisch.Vorjahr an. Klasse! Nebenan ist eine Camperfamilie angekommen, die ihren Aufenthalt offenbar generalstabsmäßig durchgeplant hat. Unglaublich, welche Unmengen an Campingutensilien in ihrem Kleinbus Platz gefunden haben. Sogar eine X-large Gartengarnitur (da es sich bei Vaddern um einen Tischler handelt, ist sie standesgemäß in Massivholz gehalten) zerrten sie aus dem Fahrzeug. Dann wird für die drei Kinder ein gewaltiges Vorzelt aufgebaut und weiter werden ununterbrochen Schachteln und Kisten aus dem Camper geholt. Zuletzt noch Unmengen von teils riesigen Stofftieren für die Kinderchens. Aber – wir haben erst gestern eine Familie gesehen, die sogar mit Topfpflanzen, einem Metallfahrradständer und der Hauskatze im Wohnwagen campiert hat. Und in einem Prospekt für Campingfreunde haben wir als Sonderangebot des Monats transportable Gartenhecken(!!) gefunden… Uns wundert also nichts mehr. Auch nicht das mitgebrachte, ausladend große Körbchen für den Familienhund.
Ein warmes Abendessen lassen wir heute ausfallen – wir jausnen was und gehen heute bald einmal schlafen. Nicht ohne vorher noch einen Pasch geklopft zu haben.

Mittwoch, 20. August 2008 - von Berlin-Gatow nach Kelbra in Sachsen-Anhalt

Aufgestanden wie immer gleich einmal nach dem Aufwachen. Ilse macht Kaffee, Gernot geht derweil duschen. Nach dem Frühstück räumen wir (eigentlich Ilse) unser Häuschen auf, schließen den Strom ab, bezahlen und machen uns auf den Weg.
Tagesziel ist der schiefe Kirchturm von Bad Frankenhausen, tief drinnen im Ex-Ossi-Land. Zuerst mal raus aus Berlin und Richtung Leipzig. Noch vor Mittag fahren wir vom Highway wieder ab – das Schild „Schloss Sanscoussi“ lockt uns. Nach eindrucksvoller Fahrt durch schier endlose Alleen kommen wir beim Schloss an – sagen wir: bei dem, was wir für das Schloss halten. Das Häuschen wird strategisch bestens geparkt und wir suchen uns durch den weitläufigen Park einen Weg zum Hauptgebäude. Dort merken wir dann, dass das nicht das Schloss sein kann – ist es auch nicht, wie Ilse in Erfahrung bringt. „Nur“ das Gästehaus irgendeines Kaiser/König irgendwas – sorry, wir haben`s nicht behalten. Fast noch sehenswerter als das Gebäude aus der Renaissance war eine Frau aus der Jetztzeit. Die dickste Frau, die wir je in unserem Leben gesehen haben, sie wird gut und gern ihre 300 kg auf die Waage bringen. Also irgendwie auch eine Art Sehenswürdigkeit.
Der Weg zum echten Schloss war uns dann doch zu mühsam, also sind wir zum WoMo zurück und weiter Richtung Tagesziel gefahren. Das gestaltete sich dann nicht ganz so einfach – unser Kartenmaterial war den aktuellen Baufortschritten weit voraus – wir suchten geraume Zeit nach einer Autobahn, die zwar im Plan schön eingezeichnet war, sich aber in der Realität sehr unschön unfertig zeigte. Und darüber hinaus kreisten wir in einer Gegend, die nicht zum unnotwendigem Verweilen einlud. Außer man findet Kühltürme von gleich zwei Atomkraftwerken und allenthalben Schilder mit der Aufschrift: „Bei Rotlicht stehen bleiben und Motor ausschalten – Explosionsgefahr“ sexy. Aber wer tut das schon? Wir auch nicht, also auf Bundes- und Landesstraßen weiter Richtung Bad Frankenhausen.
Was hier auffällt: man sieht überall noch die unglaublich riesigen Felder mit Monokultur aus der Kolchosenzeit. Mehrere Kilometer lang und ebenso breit. Die Traktoren wirbeln derart viel Staub auf, dass es ab und an zu regelrechten Sichtbehinderungen kommt. Trotzdem taucht dann schließlich doch noch Bad Frankenhausen am Horizont auf – und obwohl es Ilse vorerst nicht glauben mag, erkennt Gernot schon aus 8 km Entfernung den schiefen Kirchturm.
Wir suchen uns dann einen Parkplatz ganz in der Nähe dieser kuriosen Sehenswürdigkeit (nach der dicken Frau schon die zweite heute) und können uns in der Folge nicht satt sehen. Der Kirchturm ist tatsächlich schiefer als schief, dass er noch nicht umgefallen ist, hat er erstens einer reinen Laune der Schwerkraft und andererseits dem Können der Baumeister zu verdanken. Denn die kämpfen schon seit Jahrhunderten darum, dass dieser Turm stehen bleibt. Auch auf den Fotos ist die unglaubliche Neigung des Kirchturmes von Bad Frankenhausen gut zu erkennen, mit eigenen Augen betrachtet wirkt das Ganze noch skurriler.
Wir schaffen es dann doch noch, uns von dem Anblick zu trennen und fahren weiter Richtung Stellplatz für heute. Ilse hat ein Örtchen ausgemacht, das Kelbra heißt und sich jenseits des Kyffhäusers befindet. Kyffhäuser ist der Name eines Hügels, den man hierzulande in völliger Verkennung der Tatsachen „Berg“ nennt. Also nehmen wir die 200 Höhenmeter in Angriff, dahinter wartet unser Nachtlager, ein Campingplatz direkt an einem Stausee gelegen. Wir finden den Platz auf Anhieb. Die ganze Anlage strahlt den unwiderstehlichen Reiz „DDR im Jahre 1965“ aus. Die Duschhäuschen sind unverändert geblieben, seit sich hier Egon Krenz als Steppke nach dem Sandkasten spielen gebraust hat. Auch der Restaurantbereich ist  unverändert und ohne jegliches Renovierungsbemühen aus der Hochblüte des Arbeiter- und Bauernstaates herüber gerettet worden. Fast wie im Museum. Die Preise von damals hat man der Einfachheit halber nicht übernommen – es gilt der gerade noch zulässige Höchsttarif.
Aber – passt schon – wir suchen uns ein nettes Plätzchen, stöpseln uns den Strom an und gehen dann bald einmal essen. In der Abendsonne lassen wir uns nieder – die Speisekarte ist zwar recht bescheiden, offeriert aber Ofenleber. No risk, no fun –  wir bestellen uns Leber – das Dargebrachte ist erstklassig, wirklich sehr gut. Noch ein weiteres Bierchen und dann ziehen wir uns in unser Schneckenhäuschen zurück. Ein kleines Päschchen noch, dann betten wir unsere Häupter. Morgen geht es hunderte Kilometer in die „richtige“ Richtung – Richtung Süden, Richtung heim…


Donnerstag, 21. August 2008 - von Kelbra nach Lichtenfels

Recht früh sind wir heute auf den Beinen – wir haben einigen Weg zu machen. Zuerst das tägliche Ritual – Ilse kocht Kaffee, Gernot geht Brötchen holen. Dafür nimmt er das Fahrrad (!!), kauft im Laden das noch warme Gebäck und radelt danach wieder die 137 Meter zurück zum WoMo.
Nach ausgiebigem Frühstück machen wir unser Fahrzeug reisefertig, die Räder hinten raufgeschnallt, Strom abhängen usw., das übliche Procedere. Dann lassen wir wieder mal unser Abwasser ab und tanken frisches Wasser nach. Schnell noch zahlen und ab Richtung Kyffhäuser.
Auf dessen höchstem Punkt steht das Kyffhäuser-Denkmal. Klingt wie eine Pilgerstätte für Marihuanaraucher, hat damit aber natürlich rein gar nichts zu tun. Die Kyffhäuser waren irgendwann mal die Obermacker in dieser Region und haben sich ein protziges Denkmal erbauen lassen.
Wir parken unser Häuschen in der Nähe des Denkmals und lassen uns vom Schild „Original Thüringer Bratwurst“ zu einem zweiten Frühstück verführen. Übrigens wäre auch „Thüringer Bratwurst“ erhältlich gewesen, der Unterschied zur „Originalen“ liege in erster Linie in deren Frische, wie die Verkäuferin arglos versicherte.


Der weitere Bedienungsvorgang ist dann wie ein nostalgischer Nachhall aus DDR-Zeiten: wir bestellen – hellhörig geworden – natürlich „Original Thüringer Bratwurst“. Zwei Mal, mit Senf und bitte im Brötchen. Die resche Dame kassiert und deutet unmissverständlich mit dem Kopf in Richtung Grill, der knapp 90 cm von ihr entfernt ist und wo ein bis dahin beschäftigungsloser Grillmeister sofort zwei Würstchen auflegt. Und sie fügt resolut hinzu: „Hier anstellen!“ Das Zauberwort der DDR! Anstellen! Heraufgedräut aus fast vergessener Zeit – Anstellen hat immer geheißen: Es gibt wo was! Das vermissen die Leute wohl jetzt. Denn jetzt gibt’s nicht mehr „wo was“, sondern überall immer alles.
Das Würstchen war übrigens sehr in Ordnung, der Weg zum Denkmal selbst war uns dann aber zu weit, tote Steine vermögen uns nicht immer zu einem halbstündigen Fußmarsch verleiten. Also rein ins Häuschen und ab Richtung Süden.
Bald einmal finden wir eine nagelneue Autobahn, verwegen in die Landschaft geschnitten, mit unzähligen Talübergängen. Sauteuer, aber es wirkt. Wir kommen schnell voran und legen dann einen Raststopp an einem Großparkplatz ein. Es gibt einen Burgerking und wir erliegen dem Reiz von Fastfood. Wobei Fastfood hier eher für „fast“ essen, denn für „schnell“ essen stand. Wurscht – wir gehen die paar Meter zu unserem Häuschen und einverleiben uns die Burgers. Solchermaßen gestärkt fahren wir weiter und kommen dann nach Mainfranken, die Gegend, in der Gernot als Kind ein paar Mal Verwandtenbesuche gemacht hat. Wir kommen nach Coburg, passieren die Abzweigung nach Hassfurt und fahren dann bei Lichtenfels ab. Ilse hat uns schon einen Stellplatz ausbaldowert, wir verfahren uns aber vorher ein wenig. Und schon wieder haben wir eine Höhenkontrolle übersehen, diesmal vor einer Unterführung. Ilse hat zum Glück im letzten Moment noch davor gewarnt!
Dann finden wir aber doch unseren Platz, eine sehr hübsche Anlage, direkt am jungen Main gelegen. Der Main ist hier wirklich noch ein Flüsschen, keine fünf Meter breit. Wir stellen unser WoMo ab und richten uns ein. Ilse kocht uns ein gutes Abendessen, mal wieder Kartoffel mit Kaminwurzen.
Gernot verfüttere unterdessen den Rest von Sigrids Guglhupf an die aufgeregt schnatternde Entenschar. Der Kuchen ist – unfassbar, aber wahr – auch nach drei Wochen noch frisch und saftig, eigentlich eine Verschwendung, ihn unersättlichen Entenschnäbeln vorzuwerfen. Aber sie sind ja soooo süß…
Mittlerweile ist ein Polizeiauto aufgetaucht – das Fahrzeug parkt sich direkt hinter unserem WoMo ein. Wir erfahren später, es habe kurz vor unserer Ankunft heftigen Streit unter Campern gegeben, Näheres erfahren wir nicht. Möglicherweise hat der Typ in seinem VW Caravan direkt neben uns etwas mit der Sache zu tun. Zumindest verhält er sich sehr eigenartig, parkt z.B. sofort seinen Bus um, als wir ankommen. Weil wir uns ihm gegenüber aber normal und freundlich verhalten, haben wir keinerlei Probleme mit ihm.
Von den vielen hundert Kilometern heute sind wir ganz schön groggy, also ziehen wir uns bald einmal auf den Alkoven zurück. Morgen geht’s nach Salzburg zu den Bubendorfers und dann findet auch unsere zweite Reise mit dem WoMo ihr Ende…


Freitag, 22. August 2008 - von Lichtenfels nach Salzburg

Das war heute unsere letzte Nacht auf einem Campingplatz in diesem Urlaub – heute Abend parken wir beim Haus von Eva und Harry in Salzburg. Zuerst aber wird gefrühstückt – die Brötchen werden hier in Lichtenfels vom Bäcker direkt aus seinem Bus verkauft. Ilse stellt sich an, Gernot geht unterdessen duschen.
Nach dem Kaffee wird das WoMo wieder reisefertig gemacht und nach dem Bezahlen fahren wir Richtung „Vierzehnheiligen“. Dabei handelt es sich – nach Altötting – um den zweitgrößten Wallfahrtsort in Deutschland. Die Anlage mit der riesigen Kirche liegt eindrucksvoll auf einer Erhöhung, wir fahren mit dem WoMo praktisch direkt vor die Tür. Und dann kommen wir aus dem Staunen nicht mehr heraus.
Es ist weniger die Kirche, die uns große Augen machen lässt, vielmehr weckt eine Unzahl von niedlichen BMW-Isettas unser Interesse.
Die halten hier eine Fahrzeugweihe ab – schon den ganzen gestrigen Tag über haben wir immer wieder welche auf der Autobahn gesehen. Transportiert per Hänger natürlich – unnötig fährt man mit den museumsreifen Knutschkugeln aus den Fünfzigerjahren ja nicht herum. Der Anblick der unzähligen, auf Hochdruck polierten Liebhaberstücke ist einmalig, wir schießen unzählige Fotos.





Die Wallfahrtskirche „Vierzehnheiligen“ ist überaus eindrucksvoll, ein imposantes Zeichen von in Stein gehauenem Gottesglauben. Uns ist vor allem die Figur eines Bischofs im Gedächtnis geblieben, weil dieser seinen abgeschlagenen Kopf in den eigenen Händen hält. Schräg! Wir machen noch ein paar Innen- und Außenaufnahmen und widmen uns dann den Souvenirs. Ein paar Mitbringsel finden wir, Ilse lässt sich vom Messner noch versprechen, dass er ihr eine Gedenkkerze anzünden wird.
Dann machen wir uns wieder auf den Weg nach Salzburg. Die Fahrt dorthin verläuft ohne große Ereignisse – bald einmal kommen wir auf Pfade, die wir schon vielfach befahren haben. Rund um München kann uns wenig reizen und so fahren wir – von einer ausgiebigen Mittagspause abgesehen – direkt nach Salzburg durch. Dort kommen wir gegen 17 Uhr an und werden von den Bubendorfers mit großem Hallo begrüßt. Die steigen bei unserer Ankunft übrigens gerade aus einem Porsche Cabriolet. Zuerst denken wir, jetzt dreht der Harry endgültig durch, später erfahren wir aber, der Untermieter der Bubis ist Besitzer und großzügiger Verleiher des Sportwagens. Wir quatschen und plauschen, trinken, essen und blödeln – es ist ein schöner und netter Abend – ein wunderbares Ankommen in Österreich.
Unser Campingurlaub ist für dieses Jahr vorbei und wieder ist alles – absolut alles – gut gegangen. Wir haben kein Problem mit dem Fahrzeug, kein Problem mit den Standards, kein Problem mit irgendwem und – last but not least – auch kein Problem mit uns zweien selbst gehabt. Das ist schön, weil weiß Gott nicht selbstverständlich…


Samstag/Sonntag 23./24. August 2008 - von Salzburg nach Innsbruck

Das letzte Wochenende unseres Urlaubes bei den Bubendorfers war sehr entspannend. Am Samstag sind wir zuerst zu einem halbprivaten Bücher-Flohmarkt gegangen, der zwei Häuser neben den Bubis abgehalten worden ist. Mit gut drei Dutzend Büchern sind wir eine Stunde später wieder abgerauscht. Eva hat dann arbeiten gehen müssen – und Harry hat mit uns ein klassisches Salzburg Sightseeing unternommen. Dass es dabei geregnet hat, war auch klassisch. Unterwegs findet Gernot dann in einem Musikladen tatsächlich eine ihm unbekannte DVD von Zappa. Und noch besser – Ilse kriegt endlich die von ihr schon so lange vergeblich gesuchte Aufnahme von „Don Quixote“ mit Josef Meinrad und Fritz Muliar. In den nächsten Tagen sollte die Bestellung aus Salzburg daheim eintreffen. Harry geht mit uns dann noch in das Salzburger Stiegl-Bräu, wir trinken eine Halbe und haben eine feine Zeit.
Unser WoMo haben wir am Nachbargrundstück der Bubis geparkt. Neuer Nachbar ist nach dem Tod der ehemaligen Besitzerin nun der Bruder von Harry – nicht eben unpraktisch.
Wir verbringen wie gesagt ein sehr angenehmes Wochenende bei den Bubis und am späten Sonntagnachmittag machen wir uns dann endgültig auf den Weg nach Innsbruck. Harry nehmen wir übrigens mit – er will von Igls zu Fuß nach Salzburg gehen – ohne einen einzigen Cent in der Tasche. Beim Verfassen dieser Zeilen wissen wir, dass es Harry nicht wie geplant geschafft hat, nach Salzburg zu kommen, aber das ist eine ganz andere Geschichte…

Montag, 25. August 2008 - von Innsbruck nach Telfs

Auch in der allerletzten Nacht ist unser WoMo nicht unbewohnt geblieben, denn Harry hat darin geschlafen. Wir haben die meisten Sachen gestern schon ausgeräumt, nur das Bettzeug haben wir noch unten gelassen. Nach dem Frühstück – Harry hat sich bereits zu Fuß auf den Weg nach Salzburg gemacht – holen wir die letzten Sachen vom WoMo rauf und entsorgen das letzte Mal unser Abwasser. Direkt im Hof in Igls, exakt über dem Kanaldeckel. Dann treten wir die letzte Fahrt mit unserem WoMo für heuer an und überstellen es nach Telfs. Dort verläuft die Rückgabe ohne Probleme – insgesamt sind wir heuer sogar mehr Kilometer gefahren als im letzten Jahr, exakt 3.465 km.
Und eigentlich ist es uns bei der Rückgabe heuer nicht anders ergangen als im Vorjahr: wir haben „unser“ WoMo nur sehr ungern wieder aus der Hand gegeben. Wer weiß, vielleicht haben wir doch irgendwann einmal unser eigenes, privates Schneckenhäuschen. Also wir würden und das vollkommen neidlos gönnen…

Impressionen einer Reise 2008