Dienstag, 14. Juni 2022
Schon heute, am ersten vollen Tag dieser Reise, folgt ein richtiger Höhepunkt – wir haben uns auf einem richtigen „Fress-Schiff“ eingebucht. Gernot ist ja ein großer Freund dieser segensreichen Einrichtung, um 10 Uhr geht’s los. Wir werden jeder ein umfangreiches Frühstück serviert bekommen und an Bord eines großen Schiffes über den Wörthersee cruisen. Zur Anlegestelle können wir zu Fuß hingehen, es ist nur ein schwacher Kilometer bis dorthin. Selbstredend sind wir überpünktlich da und noch vor dem Einchecken gibt es eine freudige Überraschung – wir werden an Bord des Dampfschiffes (!) „Thalia“ gehen, ein uralter Passagier-Dampfer, der Ende der 1990er Jahre aufwändig restauriert worden ist.
Das Boarding zieht sich dann ein bisserl, eh klar, schließlich wollen mit uns gut und gern 200 andere Personen mitfahren. Im Unterdeck des wunderschönen Schiffes sind bereits die Frühstückstische gedeckt und am Platz mit dem Kärtchen „Herr Zimmermann“ lassen wir uns nieder. Noch vor der Abfahrt genießen wir unseren ersten Kaffee und delektieren uns am „Kapitäns-Frühstück“ für Gernot und dem „Bella Italia Frühstück“ für Ilse. Ein Träumchen. Der salonartige Raum ist in dunklem Holz getäfelt, alles ist mit schwerem Samt überzogen, an Bord des mondänen Orient-Express schaut es auch nicht viel anders aus.
Wir befinden uns nahe der Wasserlinie, 20 cm tiefer und wir könnten keines der Klappfenster öffnen. Das ist aber eh nicht nötig, denn schließlich ist noch früher Vormittag. Später werden wir uns dann aber schon auf eines der Oberdecks verfügen, die Fahrt dauert ja fast vier Stunden lang. Wir haben unser umfangreiches Frühstück ausgiebig genossen, zwischendurch haben wir auf den anderen Decks immer mal wieder nach einem freien Plätzchen Ausschau gehalten. Noch nix zu machen, aber spätestens in Velden werden sich die Reihen hier lichten, Ilse weiß das. Und so ist es natürlich auch gekommen, in Velden sind unzählige Leute ausgestiegen und wir eroberten einen Platz auf dem obersten Deck, das schön von einer Plane abgedeckt ist. Das ist auch notwendig, denn inzwischen ist es Mittag geworden und die Juni-Sonne kann schon was … Die Fahrt über den türkisblauen Wörthersee kann man eigentlich nur mit einem Wort beschreiben – wunderschön. Wir sind in Pörtschach vorbeigekommen, haben unter anderem Halt in Krumpendorf, Maria Wörth, Velden und Reifnitz gemacht, haben beinahe die ganze Fahrt über den Turm am Pyramiden-Kogel im Blick gehabt und konnten uns an den unzähligen Pracht-Villen und sonstigen erfüllten Wohnträumen kaum sattsehen.
Hier ließe es sich wirklich schön leben, vorausgesetzt natürlich, dass das Konto entsprechend gefüllt ist. Denn viel teurere Immobilien als hier wird es in Österreich kaum mehr wo geben … So schön die Rundreise über den Wörthersee mit dem Dampf-Fress-Schiff „Thalia“ auch gewesen ist, als ausgesprochene Landratten waren wir schon irgendwie froh, als wir gegen 14 Uhr in Klagenfurt unsere Füße wieder auf festen Boden setzten. Am Weg zurück zum Campingplatz schwankten wir beide noch leicht, was aber nichts mit dem kleinen Bierchen bzw. dem Achterl Rotwein zu tun hatte, die wir uns an Bord gegönnt hatten. Am Platz haben wir uns dann hinter dem WoMo in den Schatten verfügt und erstmal die Beine ausgestreckt. Später hat Ilse dann mit Polier-Creme, Feuchttüchern und Wattestäbchen (!!) unsere Vespa aufgehübscht – unsere rote Prinzessin soll sich schließlich dieser Tage von ihrer schönsten Seite zeigen dürfen.
Mittwoch,
15. Juni 2022
Unsere digitale Uhr im WoMo, die auch die Innen- und Außentemperatur anzeigt, hat leider ein Eigenleben entwickelt 😊. Obwohl sie funkferngesteuert ist, zeigt sie die Uhrzeit plötzlich 10 Stunden im Voraus an. Wenigstens auf die Sekunde genau. Das Problemchen hatten wir schon einmal in Holland, da waren es aber nur 4 Stunden. Zudem hat sich die Anzeige der Außentemperatur verabschiedet, also bringen wir das in Ordnung. Dazu müssen wir die Batterie im Funksender erneuern, die haben wir zum Glück eh an Bord. Danach den Sender wieder mit Kabelbindern an der WoMo-Leiter befestigen und nach zig erfolglosen Versuchen klappt auch die Übertragung der Temperatur wieder. Und hätte Gernot nicht zielsicher einmal einen falschen Kabelbinder durchtrennt, wären wir noch schneller fertig gewesen. First world problems …
Heute starten also die diesjährigen „Vespa Days“ in Pörtschach, wir sind schon richtig aufgeregt. Aber bis zur ersten Ausfahrt dauert es noch, also gehen wir den Tag ganz gemütlich an. Nach einem guten Frühstück, Ilse hat uns frische Brötchen geholt, bringt Gernot ein wenig unseren Blog aufs Neueste und nach Mittag stärken wir uns noch mit Kaffee nebst Topfengolatschen – herrlich! Anschließend noch eine feine Rast im Schatten unseres Wohnmobils und zeitgerecht geht es dann rüber nach Pörtschach. Das werden so 12 oder 13 Kilometer sein. Je näher wir zum Sammelpunkt kommen, desto häufiger prägen Vespas das Verkehrsgeschehen, gerne auch in kleinen Rudeln und stets unüberseh- und natürlich auch unüberhörbar.
Am Monte-Carlo-Platz in Pörtschach gehen wir als erstes zum Info-Stand der „Vespa Days“ und holen unsere Starter-Pakete ab. Alles ist bestens organisiert hier, das merken wir vom ersten Moment an. Wir haben ja alle drei Tage gebucht und kriegen einen Stoff-Rucksack-Beutel mit unseren Goodies ausgehändigt. Da ist ein T-Shirt mit „Vespa Days“ Aufdruck dabei, die Gutscheine für Essen und Getränke bei den Ausfahrten, ein Halstuch, eine schöne, silbern glänzende Vespa als Schlüsselanhänger, ein großer „Vespa-Days“ Magnet-Button für unsere rote Prinzessin, ein Fächer, nutzvolle Straßenkarten für Motorrad-Touren hier in der Gegend – und, last but not least, jeweils ein Los für die Vespa-Verlosung am Samstag. Der Hauptpreis, eine orange-rote 125er Vespa Primavera steht schon am Monte-Carlo-Patz, ihr Wert ist immerhin 5.300 Euro. Mal schauen, wem von uns Vespisti am Ende das Glück hold sein wird. Nach einem kühlen Drink in einem der unzähligen Straßen-Cafes begeben uns dann zum Sammelpunkt der ersten Ausfahrt. Der ist am Marktplatz, ein großer Teil davon ist für uns Vespa-Fahrer reserviert.
Donnerstag, 16. Juni 2022
Was war das für ein lässiger Tag gestern und wie toll wird erst der heutige Tag werden, wo doch die erste richtige Ausfahrt am Programm steht! Voll der Vorfreude starten wir in den Tag und machen am Vormittag außer einem Pasch gar nichts. So mögen wir das auch, Action gibt es heute noch genug. Mit einem Käsebrot stärken wir uns für die Ausfahrt, später kriegen wir dann eh einen Imbiss serviert. Das Wetter gefällt uns eigentlich gar nicht und wie wir gegen 13 Uhr am Sammelpunkt in Pörtschach ankommen, ziehen sich die dunklen Wolken über uns bedrohlich zusammen. Zuerst wird die Ausfahrt um eine halbe Stunde verschoben, danach noch einmal, aber gegen 14 Uhr 20 muss Mario die geplante Tour zum Längsee schweren Herzens absagen. „Es tut uns leid, aber entlang unserer Route werden schwere Unwetter mit Sturm und Hagel gemeldet, so macht das keinen Sinn. Wir wollen Spaß haben und das ist leider nicht lustig.“ Recht hat er, für die Absage der Fahrt kriegt er noch einen kräftigen Applaus, das sagt viel über die Vernunft der Teilnehmer aus. Wurscht – machen wir halt morgen gleich zwei Ausfahrten, wie Mario unter dem Jubel der Vespisti verkündet. Fein, wir freuen uns drauf und die beiden Touren an einem Tag packen wir locker.
Wie wir unsere Vespa für die Retourfahrt nach Klagenfurt starten, hören wir das erste Donnergrollen – jetzt aber nichts wie los! Schnell fallen die ersten Tropfen, wir sind aber noch unbesorgt, weil wir ja notfalls Regenkleidung mit an Bord haben. Sogar mit wasserdichten Hosen (!). Dann wird der Regen heftiger, der „Notfall“ tritt ein und wir fahren bei einem Supermarkt zu, um uns umzuziehen. Das ist rasch erledigt und im strömenden Regen fahren wir weiter. Der Himmel ist mittlerweile pechschwarz und wir befinden uns plötzlich mitten in einem schweren Gewitter. Bei solchen Bedingungen waren wir noch nie mit der Vespa unterwegs, das ist schon ein bisserl Neuland und entsprechend tricky. Aber es lässt sich noch durchaus sicher fahren und als es zu hageln (!!) beginnt, lachen wir sogar über das laute „Tock, Tock“, wenn die Hagelkörner auf unsere Helme treffen. Mit pitschnasser Regenkleidung, und auf einer vor Nässe nur so triefenden Vespa, erreichen wir trockenen Fußes unseren Campingplatz – keine 5 Minuten später sitzen wir dann schon in unserem Camper-Outfit im WoMo am Tisch und freuen uns, dass wir vorsorglich unsere Dachluken geschlossen hatten. Nicht so unser Nachbar, leider. Denn dessen große Dachklappe steht sperrangelweit offen und es wird ihm wohl literweise Wasser ins Innere geschüttet haben. Auch seine Markise schaut nicht gut aus – er hat sie nicht abgespannt und so hat sich der Sturm ordentlich mit dem Teil gespielt. Wir haben uns den kleinen wettertechnischen Weltuntergang am Platz in Ruhe angeschaut und im ersten „Trocken-Fensterchen“ sind wir ins Restaurant hinauf gepilgert. Heute essen wir beide etwas Gebackenes – Ilse ein Kinder-Wiener, Gernot das Cordon Bleu. Hat wieder hervorragend gepasst und später sind wir noch mit dem Chef hier ins Gespräch gekommen. Er hat sich sehr über das Lob von uns gefreut und auch darüber, dass sich Gernot für die stets lässige Musik hier bedankt hat. Es wird nämlich hauptsächlich gepflegter Soul-, Funk- oder edler Motown-Sound gespielt, auch den guten alten Carlos Santana haben wir schon gehört. Schön gesättigt haben wir uns im WoMo noch kühle Gute-Nacht-Drinks gegönnt und einen weiteren feinen Abend miteinander verbracht. Morgen gibt’s eine Doppel-Ausfahrt, wir freuen uns schon ganz narrisch drauf!
Das ist vor allem der perfekten Organisation zu verdanken, die es durch geschickte Positionierung bei den Zufahrten verunmöglicht, dass sich ein anderes Fahrzeug in unseren Pulk schmuggeln kann. Und wie gestern wird uns von den Passanten ununterbrochen zugewunken, wir sehen am Straßenrand nur fröhliche und strahlende Gesichter, es ist einfach nur herrlich. So kommen wir hundertfach fotografiert zum Strandbad am Längsee, wo wieder ein ganzer Parkplatz für uns reserviert ist. Vor Ort ist schon das warme Buffet aufgebaut und es sind ausreichend Bierbänke und Tische hergerichtet. Wir lassen uns nieder und Ilse holt uns gleich einmal was zu trinken, mit unseren Gutscheinen geht das ruck zuck. Das verhält sich bei der Essensausgabe natürlich etwas anders, bis jede und jeder seine zwei Stück Backhendl und den Kartoffelsalat auf dem Teller hat, kann sich das hinziehen. Immerhin sind wir sicher über 250 Personen und wir sehen von unserem Platz aus, wie die Warteschlange der Hungrigen immer länger wird. Und entgegen unserer sonstigen Gewohnheiten reihen wir uns (vornehmlich natürlich die stets opferbereite Ilse) nicht in die Schlange ein, sondern nehmen unser Essen tatsächlich als Allerletzte (!!) entgegen. Natürlich hat das die brave Ilse erledigt, Gernot durfte derweil an einem Tisch auf der schattigen Terrasse Platz nehmen. Das Essen war erstaunlich gut, der Kartoffelsalat sogar hervorragend. Wieder sind wir zwanglos mit einer netten Vespista ins Gespräch gekommen, mit ihrem deutschen Kennzeihen war sie uns eh schon aufgefallen. Gut gestärkt haben wir uns im Schatten einer Badekabine noch ein wenig ausgeruht und dann hieß es wieder: „Vespisti, an die Geräte!“
In einer gewaltigen Wolke aus Lärm und Abgasen sind wir wieder nach Pörtschach zurückgefahren und ab da war dann eine gute Stunde Zeit bis zur zweiten Ausfahrt. Die erste Fahrt war übrigens 75 Kilometer lang, die zweite wird mit 60 Kilometer etwas kürzer sein. Wir nutzten die Pause für einen Zwischenstopp in einem Cafe, Ilse gönnte sich ein eiskaltes Bitter Lemon, Gernot gar einen Eiskaffee. Dann, nach kurzer Fahrerbesprechung, starteten alle Vespisti, ebenso ungeduldig wie gleichzeitig, ihre Roller und am Marktplatz hörte niemand mehr ein Vögelchen zwitschern 😊. Wir sind jetzt noch mehr Vespas als am Vormittag, viele haben ja nur diese eine Ausfahrt gebucht. Wir fahren via Moosburg und Feldkirchen nach St. Urban am Urbansee, dort sammeln wir uns zusammen. Nach einer kurzen Pause geht es dann steil hinauf zur Simonhöhe, die Fahrt über die sich windende Straße ist ein einziger Hochgenuss. Längst sind wir mit dem Cruisen im Pulk vertraut und es macht einfach nur großen Spaß. Auf der Simonhöhe ist schon eine gute Jause hergerichtet und wir delektierten uns an köstlich belegten Bauernbroten. Spaßhalber sind wir dann die langen Reihen der Vespas abgeschritten und haben die Roller durchgezählt.
Die Fahrt hat uns schließlich via Arnoldstein zur Grenze gebracht und wir sind ohne Kontrolle in einem Zug drübergefahren. Von da sind es nur noch wenige Kilometer nach Tarvis und dort wurden wir schon mit einem riesigen Transparent empfangen, das quer über die Hauptstraße gespannt war. Wieder waren im Schatten ausreichend Bierbänke aufgestellt und ein Alleinunterhalter performte gekonnt einen italienischen Gassenhauer nach dem anderen. Die Abgabe der Verpflegung war nur eine Frage von Minuten, jeder holte sich seinen Teller mit italienischen Köstlichkeiten und das Getränk dazu, an den Bons war das Personal nur mäßig interessiert, ohne Kontrolle geht’s natürlich schneller …
Wir haben eine wirklich feine Zeit in Tarvis verbracht, aber es war uns vorher schon klar, dass wir auch heute wieder alleine zurückfahren werden. Auch weil wir einen anderen Weg nehmen wollen, denn die Strecke über Pörtschach wäre ein Umweg, den wir mittlerweile schon oft genug gefahren sind. Heute hat sich unser vorzeitiges Vertschüssen etwas komplizierter gestaltet, wir waren nämlich am Parkplatz „eingesperrt“. Aber zum Glück von der Vespa eines Guides, wie wir an der zurückgelassenen Warnweste erkennen konnten. Sonst hätten wir nicht wegfahren können, denn bei 250 Vespas brauchst du nicht anfangen, nach einem Besitzer fragen. So konnte Ilse zielstrebig zum Tisch der Guides gehen und schnell räumte einer der Männer die Vespa zur Seite. Jetzt hielt uns nichts mehr auf und wir fuhren auf herrlichen Straßen im schönsten Sommerwetter zurück nach Klagenfurt. Wir haben zum Schluss den Weg über das Südufer des Wörthersees genommen und sind schließlich nach einer unbeschreiblich lässigen Fahrt am Campingplatz angekommen.
Zugegeben ein wenig erschöpft, aber die „Vespa Days“ in Pörtschach waren diesen Einsatz allemal wert. Insgesamt sind wir bei unseren Ausfahrten auf exakt 403 Kilometer gekommen und jeder einzelne davon war ein Hochgenuss, sogar die Fahrt im Hagelunwetter. Mehr kann man sich von so einer Veranstaltung nicht erwarten – echt nicht! Und sie ist ja noch gar nicht vorbei, denn heute Abend wird um 22 Uhr die Vespa verlost und natürlich werden wir am Monte-Carlo-Platz mit dabei sein. Die Zeit bis dahin verbringen wir mit Ausruhen und einem Pasch, später verdrücken wir den Rest der Schnitzel und den Schweinebraten. Herrlich. Morgen machen wir uns aus dem Speck eine fulminante Eierspeise und übermorgen gibt es aus den Resten des Schweinebratens eine Rahmpfanne mit Champignons und frischen Nudeln. So lange hält das locker und schließlich betreibt die liebe Ilse eine Facebook-Gruppe mit dem Namen „Resteverwertung ist beste Verwertung“. Da muss man seinen knapp 2.000 Mitgliedern schon ein Vorbild sein. Kurz vor 21 Uhr machen wir uns dann auf den Weg nach Pörtschach, da ist gerade die Sonne untergegangen.
Vor Ort stellen wir uns strategisch günstig auf, diesmal kann uns keiner einsperren. Am Monte-Carlo-Platz ist schon die volle Party im Gange, wir nehmen aber vorerst nur kurz Platz und spazieren lieber, vom Sound der legendären „YMCA“ begleitet, zum Ufer des Wörthersees runter. Dort, wo wir am Mittwoch noch mit unserer Vespa und hundert anderen Rollern gestanden sind, haben wir uns heute ein Eis gegönnt. Das war ebenso gut wie teuer, obwohl hier am Ufer des Wörthersees natürlich gar nichts „nicht teuer“ ist. Aber das nur nebenbei, man muss ja nichts konsumieren. Wir sind dann zum Monte-Carlo-Platz zurückspaziert, Ilse hat sich erneut geopfert und Gernot ein kleines Bierchen organisiert. Wir haben den halblustigen Scherzen des mäßig begabten Moderators geduldig zugehört und uns sehnlich auf die Verlosung der Vespa gefreut. Machen wir es kurz – das ganze Prozedere der Verlosung hat sich bis schließlich knapp nach 23 Uhr hingezogen, wir haben erwartungsgemäß leider nicht gewonnen. Passt schon, deswegen sind wir nicht hergefahren.
Bei der Bekanntgabe der Nummer des Siegerloses sind wir schon abfahrbereit auf unserer Vespa gesessen, Helme auf und Handschuhe an und wie der Moderator als erste Ziffer die „5“ nannte, starteten wir unser Moped, unsere Losnummern waren 130 und 145.
Die Fahrt in der Dunkelheit war für uns sehr ungewohnt, wir sind sonst ausschließlich bei Tageslicht unterwegs. Deswegen erkannten wir erst heute die Strahlkraft unseres Fernlichtes, es hat uns den Weg nach Klagenfurt problemlos ausgeleuchtet. Lautlos wie zwei nepalesische Schleichkatzen sind wir dann am Campingplatz zu unserem WoMo gefahren, die Vespa hat dabei nur ganz leise geblubbert und niemanden geweckt. Die waren nämlich eh noch alle wach, denn irgendwo wurde laut gefeiert und fröhliches Lachen war weit über den Platz zu hören. Passt gut, bis Mitternacht ist das allemal okay, noch dazu an einem Samstagabend … Bei einem kühlen Drink sind wir noch fein zusammengesessen und haben die vergangen „Vespa Days“ kurz Revue passieren lassen. Unsere Erwartungen wurden weit übertroffen, auch wenn wir gar keine großen Erwartungen gehabt haben. Aber wir waren wirklich überrascht von uns selber, wieviel Spaß uns das alles hier gemacht hat. Und wir sind uns ziemlich sicher, dass wir nicht zum letzten Mal bei so etwas dabei waren. Vielleicht sogar wieder bei den „Vespa Days 2023“ in Pörtschach. Wahrscheinlich haben wir nächstes Jahr im Mai eh nix besseres vor ...
Sonntag, 19. Juni 2022
Absolut eine Erwähnung wert ist die Amsel-Familie, die sich regelmäßig vor unserem WoMo tummelt und deren Nest sich in der Hecke neben uns befindet. Zum ersten Mal überhaupt sehen bzw. erkennen wir junge Amseln, auch wenn sie sich in der Größe nicht von ihren Eltern unterscheiden. Man erkennt sie aber an den gefleckten Federn und natürlich daran, dass sie gefüttert werden. In unserem Fall ist für die Fütterung übrigens ausschließlich das Männchen zuständig, mehrmals am Tag sehen wir ihn mit einem Wurm im Schnabel zum Nest fliegen. Die Jungvögel sind ungewöhnlich zutraulich, gestern ist einer zu Gernot hin gehüpft und hat mit dem Schnabel in seine Sandale gepickt, um Aufmerksamkeit zu erlangen. Daraufhin hat Gernot zu ihm gesagt: „Ja schau, du bist ja ein Männchen, man sieht ja schon die schwarzen Federn herauskommen.“ Und der Vogel hat sich dann eine ganze Zeit lang über diese Federn streicheln lassen, ohne Angst und ohne Stress. Sogar am Kopf und unter dem Schnabel hat er sich von Gernot kraulen lassen, dann widmete sich das Vögelchen wieder den Brotkrumen am Boden. Sehr süß. Den weitesten Weg des Tages hat heute Ilse absolviert, sie ist immerhin in den Shop hinaufgepilgert und hat uns Eier und Gebäck besorgt. Es ist erneut Resteverwertung angesagt und mit dem Kärntner Speck werden wir uns ein fulminantes Essen fabrizieren. Es wird am Nachmittag zwar ziemlich heiß am Platz, aber wir haben rund um unser Wohnmobil immer Schatten, man muss halt ein bisserl „wandern“.
Und so liegen wir hinter unserem WoMo in dessen Schatten und genießen das süße Nichtstun. Doch sogar bei diesem Nichtstun kommt es dann unvermutet zu einer gefährlichen Situation, denn Gernot kippt mit seiner Liege um. Er hatte sich etwas zu weit nach hinten gesetzt, sich niedergelegt und zack – knallte er schon mit dem Rücken auf den Boden. Mit voller Wucht! Und die Rückenlehnen unserer Stühle bestehen nur aus einem netzartigen Stoff, also konnte keine Polsterung den Sturz abfedern. Aber Gernot hat wirklich sagenhaftes Glück gehabt, denn der Fleck Boden, auf den er knallte, war eben wie das Putting-Green eines Golfplatzes. Gleich daneben, und eigentlich fast überall auf unserem Platz, ragen Steine aus dem Boden, teilweise drei Zentimeter hoch und auch mehr. Nicht auszudenken, wenn Gernot die Liege nur ein klein wenig woanders platziert hätte. So schnell kanns manchmal gehen … Im Laufe des Tages sind heute immer mehr Camper abgereist, inzwischen ist der Platz nur mehr zur Hälfte gefüllt. Maximal. Wobei wir das hier in unserer geschützten Ecke gar nicht so mitkriegen, wir sehen es halt, wenn wir zum Waschhaus gehen.
Es wird dann Abend und Ilse macht uns mit Eiern, Speck und Kärntner Würsteln ein sehr delikates Essen, mehr brauchts oft gar nicht. Das weitere Abendprogramm steht inzwischen auch schon fest – aus Kanada wird der Formel 1 Grand Prix übertragen und wir werden via ORF Live Stream mit dabei sein. Ab 20 Uhr war es dann so weit und wir bekamen ein, über weite Strecken mäßig spannendes, Rennen serviert, der aufregende Schlussteil entschädigte uns dann aber doch noch. Wieder hat Max Verstappen gewonnen, aber das nur nebenbei … So ist ein sehr entspannter Tag zu Ende gegangen, morgen werden wir wieder etwas unternehmen, auch das prognostizierte Wetter spricht für eine Ausfahrt.
Montag, 20. Juni 2022
Schon der frühe Morgen begrüßt uns mit wolkenlosem Himmel und wir genießen unseren Frühstückskaffee im Freien. Es wird ein heißer Tag werden, auch 35 Grad sind heute möglich. Mal schauen. Nach dem Duschen spielen wir uns einen Pasch aus und danach holt uns Ilse frische Brötchen aus dem Shop. So stärken wir uns für die Ausfahrt und kurz nach Mittag starten wir unser feuerrotes Spaßmobil. Im Prinzip fahren wir ohne großes Ziel los, vielleicht verschlägt es uns ja zum Pyramidenkogel, das ist eine der größten Touristenattraktionen hier am Wörthersee.
Und so ist es dann auch gekommen, über Viktring sind wir über sehr, sehr lässige Straßen nach Keutschach und zum Keutschacher See gefahren, die meiste Zeit über hatten wir den Turm am Pyramidenkogel im Blickfeld. Natürlich konnten wir ihm schließlich nicht mehr widerstehen und sind die kilometerlange, steile Straße hinaufgefahren, bis wir schließlich vor dem größten Aussichtsturm der Welt standen, der aus Holz erbaut worden ist. Dieses Bauwerk ist schon sehr beeindruckend, mit seinen 100 Metern Höhe und der futuristischen Form gibt er einiges her. An der Kassa waren wir zuerst ein wenig enttäuscht, weil wir der falschen Meinung waren, der Preis für die Liftfahrt hinauf zur Aussichtsterrasse wäre in der „Wörthersee Card“ inbegriffen. Ist er aber nur bei der „Kärnten Card“ 😊. Aber immerhin bekamen wir eine Ermäßigung und so sind wir für 12 statt für 15 Euro pro Nase mit dem Panoramalift in die Höhe geschwebt. Sehr lässig. Allein schon die Fahrt mit dem Lift war ein Erlebnis, das aber durch die unfassbare Aussicht auf der Panoramaterrasse noch weit übertroffen wurde.
Man kann rundherum um den Turm gehen und sieht so in alle Richtungen. Der türkisblaue Wörthersee ist ein fast schon surreal schöner Anblick und wohin der Blick auch reicht, wird der Horizont von hohen und noch höheren Bergen gebildet. Was für eine schöne Gegend, was für ein Privileg, in einem so wunderschönen Land wie Österreich zu leben. Da wird selbst für uns Traveller das große Fernweh ziemlich klein, warum sollten wir uns in einen Flieger quetschen, wenn es sich vor unserer Haustür so wunderbar Urlaub machen lässt. Wobei – und das wird uns auch immer klarer: Für uns sind unsere WoMo-Reisen keine Urlaube, für uns ist das unser Leben! So soll es sein und wir genießen jeden Augenblick unseres Nomaden-Lebens in vollen Zügen.
Nachdem wir uns an den Schönheiten der Gegen sattgesehen hatten, brachte uns der Expresslift in wenigen Sekunden wieder auf festen Boden. Auf der Terrasse in gut 80 Metern Höhe kühlte uns eben noch ein relativ starkes Lüftchen, hier herunten werden wir von drückender Schwüle empfangen. Wir statten dem Restaurant vor Ort einen schnellen Besuch ab und bringen mit Cola und gespritztem Apfelsaft unsere Flüssigkeitshaushalte wieder ins Gleichgewicht.
Danach aber nix wie rauf auf die Vespa und runter vom Pyramidenkogel. Schön wars hier heroben und es ist tatsächlich ein „Muss“, diesen Ort und dieses einzigartige Bauwerk besucht zu haben. Bei einem lockeren 60er kühlt uns der Fahrtwind so fein ab, dass wir die knapp 35 Grad nur spüren, wenn wir stehenbleiben. Nach dem Ort Schiefling haben wir uns am Weg nach Ludmannsdorf tatsächlich verfahren, denn wir sind in St. Egyd schlicht und ergreifend falsch abgebogen. Weil an einer Kreuzung plötzlich keine Hinweisschilder mehr zu sehen waren, war die Chance eben 1:1, dass wir die falsche Richtung nehmen. Und diese Chance haben wir sofort genutzt 😊. Aber der Umweg war durchaus lustvoll, denn er führte uns immerhin bei einer Werkstatt vorbei, die sich auf das Schrauben an Vespas spezialisiert hat. Und so konnten wir beim Rundgang durch das Shop einige sehr lässige Vespas bewundern, darunter auch Exemplare aus den 1960er Jahren. Eigentlich haben wir, zumindest mit einem Auge, nach einem neuen Helm für Ilse Ausschau gehalten. Aber dies hier war nur eine reine Werkstatt, wir finden sicher woanders einen neuen, hübschen Kopfschutz für Ilse.Natürlich haben wir dann den Weg nach Ludmannsdorf ohne Probleme gefunden, bei der schon erwähnten 1:1 Chance war das eine leichte Übung. Weil sich bei uns beiden mittlerweile ein dezentes Hungergefühl bemerkbar gemacht hat, sind wir einen SPAR Markt angefahren und haben uns dort zwei Wurstsemmeln geholt.Dazu kalte Getränke und auf einem schattigen Parkplatz ganz in der Nähe haben wir uns dann ein feines Päuschen gegönnt. Herrlich. Und genauso herrlich ist es danach weitergegangen, die kleinen Verbindungsstraßen zwischen den einzelnen Ortschaften sind einfach nur ein Traum. Es herrscht auch kaum Verkehr, zeitweise haben wir das Gefühl, komplett alleine unterwegs zu sein. Das Wetter zeigt sich von seiner allerschönsten Seite, die Hitze spüren wir kaum. Aber am Horizont tauchen jetzt vermehrt gigantische Wolkentürme auf, das könnte heute Abend zu ordentlichen Gewittern führen. Wir werden sehen. Vorerst sind wir noch mit unserem Roller am Weg und der führt uns über Köttmansdorf und Viktring wieder zum Campingplatz zurück. Das war heute eine wirklich wunderschöne Runde und immerhin sind wir über 80 Kilometer weit gefahren. Und das Schönste ist – es gibt hier in unmittelbarer Umgebung noch unzählige solcher Touren zu entdecken und zu erleben. Kein Wunder also, dass wir heute noch einmal verlängert haben. Diesmal übrigens ohne einen Abreisetag festzulegen 😊. Am Campingplatz haben wir uns als erstes in unsere Stühle gefläzt und die Beine lang gemacht. Es ist drückend heiß, dass sich das bald einmal heftig entladen wird, ist inzwischen klar. Auch die Wetter-Apps kündigen schwere Gewitter an. Wir haben heute eh nichts mehr vor, wir werden auch nicht ins Restaurant gehen. Stattdessen vertilgen wir mit einer Topfengolatsche und einem Croissant die Reste unseres Gebäcks, darüber hinaus liefert uns das eine oder andere Kaltgetränk die notwendigen Kalorien zur Aufrechterhaltung unserer vegetativen Systeme. Danach hat es dann endlich das erwartete Gewitter gegeben, endlich deshalb, weil wir dringend eine Abkühlung gebraucht haben.
Und damit ist es dann schnell gegangen, der heftige Regen hat die Temperatur draußen von 32 Grad auf unter 20 Grad rasseln lassen, herinnen kühlte es immerhin auf 26 Grad ab – das reicht für einen erholsamen Schlaf. Die schweren Gewitter sind übrigens haarscharf an unserem Campingplatz vorbeigezogen, wir haben lediglich Starkregen abgekriegt. Aber an vielen anderen Orten in Kärnten hat es schwere Hagelschäden gegeben und St. Paul im Lavanttal ist überhaupt überschwemmt worden. Die Hagelgeschoße waren teilweise so groß wie Golfbälle, nicht auszudenken, wenn solche Dinger unserem Wohnmobil zu nahe kommen würden …
Der berühmte, Wasser speiende Drache ist schon im Jahr 1600 errichtet worden, der dazugehörige Herkules einige Jahre später. Wir machen natürlich Selfies vor dem Lindwurm, danach verfügen wir uns auf einen ausgedehnten Spaziergang durch die Klagenfurter Altstadt. Ziemlich genau um die Mittagszeit kommen wir dann an einem Restaurant mit Gastgarten vorbei, der schön abgeschattet ist und durch den ein feines Lüftchen weht. Wir sind im „Don Camillo“ gelandet, wenig überraschend handelt es sich dabei um ein italienisches Restaurant. Die Speisekarte kommt in Form einer Tageszeitung daher, eine nette Idee. Wir speisen nicht nur gut, sondern sogar hervorragend. Ilse wählt das „Carpaccio“, dazu nimmt sie sich auf Empfehlung der Kellnerin ein Pizzabrot mit Parmesan. Gernot entscheidet sich für „Misto fritto“ und bekommt eine Riesenportion frittierter Meeresfrüchte serviert. Als Beilage gibt es „Polenta Pommes“, herrlich frittierter Polenta, eine Zuspeise vom Allerfeinsten und so etwas hat noch keiner von uns je auf dem Teller gehabt. Das Restaurant „Don Camillo“ in Klagenfurt ist also absolut zu empfehlen und für ein Innenstadt-Lokal war es auch überhaupt nicht teuer.
Dort kennt Ilse seit Jahrzehnten ein mehr oder weniger „geheimes“ Badeplatzerl, einer der ganz, ganz wenigen öffentlichen Zugänge zum Wörthersee, der von jeder und jedem genutzt werden darf. Zwar ist der Seezugang höchstens 15 Meter breit, aber es steht eine Bank als Sitzgelegenheit da und wie wir ankommen, steigen gerade zwei einheimische Frauen aus dem Wasser. Wir haben unsere Badekleidung leider nicht eingepackt, deshalb fahren wir ohne Abkühlung zum Campingplatz zurück. Gerade noch rechtzeitig, denn kaum sind wir bei unserem Schneckchen angekommen, da fängt es an zu tröpfeln und bald einmal zieht ein ordentliches Gewitter mit Starkregen über den Platz. Wir verziehen uns ins trockene Innere unseres gemütlichen Häuschens und machen, begleitet von Blitz und Donner, einen Pasch. Nebenher essen wir noch eine Kleinigkeit, den eigentlich geplanten Gang ins Restaurant ersparen wir uns aber – das Mittagessen beim „Don Camillo“ hat ja echt ordentlich was hergegeben. So lassen wir es in aller Ruhe Abend werden und ab jetzt ist die Stechmücken-Abwehr unsere einzige Beschäftigung. Später sitzen wir dann noch lange bei kühlen Drinks zusammen und freuen uns, dass wir ein so lässiges und privilegiertes Leben führen dürfen.
Mittwoch, 22. Juni 2022
Donnerstag, 23. Juni 2022
Wahrscheinlich wird das heute wieder einmal ein Tag, der hauptsächlich von süßem Nichtstun geprägt sein wird. Nach dem Guten-Morgen-Kaffee hat sich Gernot unserem Blog gewidmet, das dauert immer so seine Zeit. Später hat dann Ilse angefangen, alle Cartoons des Künstlers Martin Perscheid, die Gernot auf seinem Handy gespeichert hat, in den Laptop zu übertragen und zu katalogisieren. Und da reden wir von knapp 2.000 (!!) Zeichnungen, insgesamt gibt es von Perscheid, der leider vor zwei Jahren gestorben ist, an die 5.000 Cartoons. Dieses Umspeichern der Cartoons ist notwendig, weil wir unserem Freund Michael daraus ein Buch machen werden, das wir ihm anlässlich unseres Besuches in Altaussee Mitte August als Gastgeschenk überreichen wollen. Und vom Handy aus kann Ilse dieses Buch nicht anfertigen, also muss sie jeden einzelnen Cartoon umspeichern, zuschneiden und katalogisieren. Eine Heidenarbeit und es ist fast als Wahnsinn zu bezeichnen, dass Ilse das ganze Unterfangen auf einmal (!!) durchführen will. Und wird! Begonnen hat sie mit der mühevollen Arbeit um ca. 9 Uhr 30, gegen 15 Uhr 30 konnte sie von Gernot wenigstens zu einer Mini-Pause überredet werden. Aber so ist die liebe Ilse – wenn es etwas zu tun gibt, dann zieht sie das durch. Punkt. Ilses Beschäftigung mit den Cartoons hat sich dann bis nach 17 Uhr (!) hingezogen, aber dann hatte sie es endlich geschafft. Chapeau.
Zwischendurch ist es zu einem blöden Vorfall gekommen, denn der eher beschränkt wirkende Rasenmähermann vom Platz ist mit seinem großen Gefährt an unser WoMo gestoßen. Ziemlich ordentlich, wir waren beide gerade im Inneren. Davor hat der Dümmling noch unseren Tisch zur Seite geräumt, damit er so knapp als möglich an unser WoMo heranmähen kann. Eine Frechheit natürlich und auch ein Tabu. Niemand hat die Habe eines anderen Campers anzugreifen, geschweige denn umzuplatzieren. Aber wie gesagt, der erste Eindruck, dass es sich bei dem Mann um einen richtigen Depp handelt, stellte sich als richtig raus. Passiert ist unserem WoMo dem ersten Anschein nichts und das ist die Hauptsache. Wir haben später noch einen Pasch gemacht und als Abendessen dienten uns die noch im Kühlschrank gelagerten Schinken- und Käsevorräte. Das war wieder mal „Dolce far niente“ vom Feinsten, auch wenn wir ganz schön an unseren Computern gewerkt haben. Vor allem Ilse – sie wird heute ziemlich sicher von Perscheid-Comics träumen …
Freitag, 24. Juni 2022
Gestern noch haben wir uns nur wenige Meter von unserem WoMo wegbewegt, das wird heute unter Garantie anders sein. Nach dem Kaffee kommt plötzlich der Chef hier mit einem Golfwagerl angefahren, im Schlepptau hat er den Rasenmähermann mit der verbesserungsfähigen Zielgenauigkeit. Natürlich, um den Vorfall von gestern zu besprechen, Ilse hatte sich an der Rezeption darüber beschwert. (vor allem, falls es doch zu einer Beschädigung gekommen sein sollte). Nun, zu besprechen gab es da nicht viel, wir verlangten nur, dass man dem speziellen Mitarbeiter klar macht, dass er seine Finger von den Utensilien der Camper lassen soll. Das ist ein Tabu und das bleibt ein Tabu. Und besser zielen möge er in Zukunft, am besten wäre natürlich, er würde mit seinen Mäharbeiten bis zur Abreise der Camper warten. Damit ist die Geschichte für uns erledigt, schönen Tag noch. Wir haben dann Sigrid und Erich zu ihrem Hochzeitstag gratuliert, Gernot hat sogar ein kleines Ständchen auf seiner Mundharmonika gespielt. Ein ganz kleines. Trotzdem haben sich die beiden sehr darüber gefreut. Wir haben dann im WoMo noch ein Brötchen gegessen und um ziemlich genau zu Mittag sind wir mit der Vespa losgefahren.
Wieder sind wir das nördliche Ufer des Wörthersees bis Pörtschach entlanggefahren, kurz danach geht es rechts hinauf zum Forstsee. Der Weg dorthin ist erneut ein einziger Genuss, es herrscht kaum Verkehr und wir fahren bewusst nur mit einem 50er dahin, so haben wir länger was davon 😊. Zum Forstsee selbst kommen wir dann gar nicht, denn erstens sehen wir nur einen Fußweg zum See abzweigen und zweitens haben wir gar nicht nach einer Zufahrt gesucht. Ilse würde nämlich sowieso keinen Fuß in eine Wiese oder so setzen, denn erst kürzlich ist ausgerechnet hier am Forstsee ein Kind von einer Hornviper gebissen worden. Das ist die giftigste Schlange überhaupt, die in Österreich heimisch ist. Na super. Eine Äskulapnatter haben wir schon oberhalb des Millstätter Sees gesehen, auf das Zusammentreffen mit Giftschlangen würden wir gerne verzichten. Also bleiben wir auf unserer Vespa sitzen und fahren weiter, so kommen wir zum Seissersee. Aber auch hier lässt sich auf die Schnelle keine Zufahrt finden, doch Ilse sieht den Seissersee zumindest im Vorbeifahren. Eh Schön. Uns ist ja gar nicht nach einer Pause, wir sind so fasziniert vom Fahren mit unserem Roller, dass wir stundenlang so dahincruisen könnten. Trotzdem, hin und wieder müssen die alten Knochen ein wenig ausrasten und wir tun das bei einem schönen Aussichtsplatz in Kanzelhofen.
Unter uns liegt wunderschön der türkisblaue Wörthersee und wir sehen auch unser nächstes Ziel von oben – Velden. Das sind nur wenige Kilometer bis dorthin, dementsprechend parken wir bald einmal mitten im Zentrum und mitten im Geschehen. Heute ist die Dichte an Supersportwägen noch einmal größer und aus allen Ecken Veldens röhren und brüllen die Motoren der PS-starken Boliden. Noch nie haben wir auf der Straße irgendwo einen McLaren Sportwagen gesehen, hier sind mehr als zehn davon versammelt. Darunter ein Sondermodell, ein McLaren Elva für schlanke 1,7 Millionen Euro. Aber hauptsächlich dominieren Lamborghinis, Ferraris und Porsches das Geschehen, es sind jeweils dutzende Modelle dieser Nobelmarken vertreten. Doch wir sehen natürlich auch Aston Martins, Bentleys und den einen oder anderen Mercedes. So wie jenen SLR, der sich doch tatsächlich ein Strafmandat eingehandelt hat. Die 20 Euro werden dem Besitzer des über 600.000 Euro teuren Luxusautos sicher eine Lehre fürs Leben sein … Wir sind gemütlich zum „Schlosshotel“ hinunter spaziert, dort fahren schließlich alle Autos in einem Corso vorbei, manche immer wieder.
Vor dem Hotel werden wir zufällig Zeuge, wie ein McLaren Fahrer aus der Schweiz lässig nach einem Parkplatz fragte. Die Antwort des livrierten Angestellten war dann alternativlos: „Wenn Sie keinen Parkplatz reserviert haben, dann gibt es hier auch keinen Parkplatz für Sie.“ Bamm, enttäuscht musste das Pärchen abziehen und sich sonst irgendwo einen Platz suchen. Wahrlich kein Kinderspiel in Velden … Auch heute ist für uns dann irgendwann der Punkt gekommen, wo wir einfach genug vom Supersportwagen-Wahnsinn hatten. Wir spazierten zur Vespa zurück und hinter einem feschen Audi R8 fegten wir die Straße am Nordufer zurück in Richtung Klagenfurt. Kurz vor Pörtschach sind wir dann bei einem BILLA zugefahren, Ilse hat hier schon vor Tagen im Vorbeifahren einen Hendl-Grill-Wagen entdeckt. Wir nehmen uns auf Reisen öfter mal wo ein Hendl mit, das ist ein perfektes Essen für uns Camper und wir sind noch nie enttäuscht worden. Zwei halbe Hühner dürfen mitkommen, wir verpacken sie nahezu luftdicht und sie passen natürlich locker in unser Heckköfferchen.
Samstag, 25. Juni 2022
Unser letzter voller Tag am Wörthersee begrüßt uns mit wolkenlosem Himmel. Was wird das heute wieder für ein Traumtag werden – mit dem Wetter haben wir in den vergangenen zwei Wochen wirklich Glück gehabt. Nach dem Kaffee beginnt Ilse schon einmal zwanglos mit den ersten Abreise-Vorbereitungen, da wird die Wäsche sortiert, der Kühlschrank aufgeräumt und unsere Vorräte gecheckt. Später geht sie dann rauf zur Rezeption und bezahlt die Rechnung für unseren Aufenthalt. Nach dem üblichen Vormittagspasch stärken wir uns noch mit einem kleinen Imbiss und danach lassen wir es losgehen. Unsere heute Vespa-Tour startet mit der Fahrt nach Viktring, dort biegen wir in Richtung Loiblpass ab. Erneut herrscht nur wenig Verkehr, die Menschen liegen wahrscheinlich an einem der zahlreichen Seen hier oder in einem Freibad. Wir passieren die Orte Maria Rain und Feistritz im Rosental und unterwegs kommen wir auch an der Abzweigung zum Bärental vorbei. Das ganze Tal war im Privatbesitz von Jörg Haider, der unweit von hier mit dem Auto tödlich verunglückt ist. Wir sind heute eh an der Unfallstelle vorbeigefahren – war das früher noch eine riesige Ansammlung von Kerzen, kitschigen Bildchen und anderen Memorabilien, so ist das heute auf ein halbwegs erträgliches Maß zurückgestutzt und erinnert halt an einen Landeshauptmann, der leider rechts vom Weg abgekommen ist …
Wir kommen dann nach Maria Elend und St. Jakob im Rosental, es scheint ganz so, als würden die lässigen Straßen und Sträßchen hier kein Ende nehmen. Und dabei gibt es noch so viel zu entdecken, sehr tolle Aussichten sind das.
Zwischendurch machen wir eine kleine Pause an einem der vielen Parkplätze neben der Straße. Die zahlreichen Plastikflaschen im überfüllten Mülleimer knistern, zischen und knacken in der brütenden Hitze vor sich hin und bilden so einen interessanten akustischen Kontrast zum vielstimmigen Konzert der Singvögel. Mal was anderes … Unsere Vespa-Runde führt uns schließlich nach Rosegg und von da ist es nur noch ein Katzensprung nach Velden. Natürlich geben wir uns noch einmal dem Boliden-Irrsinn, wann sieht man schon so viele Super-Sportwagen auf einem Haufen.
Wir parken unsere „principessa rossa“ der Einfachheit halber im tiefen Schatten der Apotheke, einen Steinwurf vom „Schlosshotel“ entfernt. Die Apotheke hat heute Ruhetag, also nehmen wie niemand einen Platz weg. Dann lassen wir uns wieder über die unzähligen Luxus-Sportwagen staunen, heute sind auch einige US-Cars vertreten. Und wir sehen einen Mercedes, der über und über mit Holz-Intarsien (!!) belegt ist. Insgesamt hat der Besitzer in mehr als 5.800 Arbeitsstunden 37 Holzsorten dazu verwendet, exakt 7.757 Intarsien-Teilchen herzustellen. Damit ist der Mercedes nun vollständig belegt und das Ganze wurde mit Klarlack versiegelt. Auch die Felgen. Der Wagen steht übrigens zum Verkauf, 150.000 Euro würde der Besitzer gerne dafür haben wollen. Die Käuferschicht wird aber wahrscheinlich sehr überschaubar sein … Wieder röhrt es aus allen Ecken und Enden von Velden, immer wieder lassen die Fahrer ihre Monster-Motoren aufjaulen. Und das wird durchaus auch von der Polizei toleriert, wie wir selber gesehen haben. Beim zu schnell beschleunigen würden die Beamten sicher eingreifen, aber das Hochdrehen der Motoren im Leerlauf lassen sie durchgehen. Zum Glück, denn das klingt schon extrem lässig.Schließlich sind wir dann wieder rauf auf unseren eigenen Boliden – pardon, auf unsere Bolidin. Es reichte uns, wir hatten nun jeden Wagen zwei, dreimal gesehen – das glaubten wir aber nur.
Sonntag, 26. Juni 2022
Nach dem Kaffee erledigen wir die letzten Abreise-Vorkehrungen, das bedeutet vor allem Arbeit für Ilse. Gernot bleibt eigentlich nur das Abstecken des Stroms und diverse Handlanger-Tätigkeiten. Das Stromkabel war diesmal übrigens fast vollständig von seiner Trommel abgerollt und der mehrfache Starkregen hat dem Ding ordentlich zugesetzt. Das wieder sauber zu kriegen war nicht ganz so einfach, aber zum Glück führen wir eine ganze Reihe an Putzfetzen mit. Auch unsere Reifen und Felgendeckel strotzen vor Dreck, den der Regen hinterlassen hat. Wurscht, das machen wir in Innsbruck sauber. Hier fahren wir nur zur Entsorgungsstation, damit wir, damit Ilse!!, nicht wieder unsere Klokassette quer über den Platz schleifen muss. Vor der Abfahrt um kurz vor 9 Uhr bleiben wir noch bei der Rezeption stehen und Gernot kauft uns im Shop Wurst, Käse, Semmeln und Topfengolatschen für die Heimreise. Dann müssen wir noch tanken, mit 2.034 Euro kriegen wir einen Preis, der wenigstens leicht unter dem Durchschnitt liegt, wie wir im Laufe des Tages sahen. Mehr positives gibt es über diese Spritpreise nicht zu sagen, das WoMo Fahren ist doppelt so teuer geworden und wird durch Jammern nicht billiger. Geht ja allen anderen auch so …
Die ganze Heimfahrt über hat es nirgendwo eine Verkehrsverzögerung gegeben, auf der Kärntner Autobahn waren zwar sehr viele Fahrzeuge unterwegs, hauptsächlich nach Salzburg bzw. nach Deutschland. Wie erwartet waren wir dann nach der Abfahrt bei Spittal an der Drau fast alleine unterwegs und sind keine fünfmal überholt worden. Auch durch den nicht ausgebauten Teil des Drautals sind wir anstandslos durchgekommen, die meiste Zeit war kein Fahrzeug im Rückspiegel zu sehen. In Lienz haben wir noch eine kleine Kaffee- und Wurstsemmel-Pause eingelegt, danach ging es über die Passstraßen Felbertauern und Pass Thurn zurück nach Tirol. Auch die restlichen 130 Kilometer zurück nach Innsbruck sind entspannt verlaufen und knapp nach 14 Uhr 30 haben wir unsere brave Schnecke auf ihren Garagenplatz geparkt. Und so ist unsere 113. WoMo Reise zu Ende gegangen, sie war wieder eine der lässigsten Reisen aller Zeiten. Wie schon so viele zuvor. Ach ja – das wird eine der ganz wenigen WoMo Reisen gewesen sein, bei der wir mit der Vespa mehr unterwegs waren, als mit dem Wohnmobil. Das Duell endete schließlich knapp aber doch mit 687,5 km zu 670,0 km FÜR die Vespa! Bei diesen Spritpreisen ist das auch irgendwie eine Form von Sparen 😊.