vom 19. Juli bis 25. Juli 2021
Innsbruck-Haßfurt-Donauwörth-Kesselberg-Innsbruck - 905 km und Vespa 163 km
Drei Wochen lang hat unser WoMo jetzt ruhen dürfen, aber heute geht’s
wieder los. In der Zwischenzeit haben wir unseren Kühlschrank reparieren
lassen, er zündet im Gasbetrieb nicht mehr. Bei der Firma Heiss in Inzing haben
wir das machen lassen, die Reparatur war sogar kostenlos („War nur ein
Kontaktfehler“), aber leider auch umsonst. Einmal hat sich das Ding noch einschalten lassen, jetzt funktioniert es wieder nicht. Das muss man hinnehmen,
wir haben schon einen Termin bei einem Spezialisten in Wiesing. Mal schauen.
Mit 220 Volt läuft der Kühlschrank immerhin problemlos und wenn wir unterwegs
sind, kühlen wir halt mit unserer Bordbatterie. Funktioniert auch klaglos. Also
fahren wir los. Gernots Wunschplan ist
voll aufgegangen, er war schon um 4 Uhr voll fit und sogleich ist Ilse zum
Frühstück gekommen. Das WoMo war wie immer bereits abfahrbereit gepackt, die
Vespa steht bereits seit gestern auf ihrem Träger.
Und so sind wir noch vor
(!!) 5 Uhr früh in unserer Garage gewesen und dank Ilses Aufzeichnungen wissen
wir, dass wir exakt um 5 Uhr 07 in Innsbruck losgefahren sind. Unser Ziel ist
Haßfurt, eine kleine Stadt in Mainfranken. Wir fahren nicht zufällig dorthin,
denn Gernot hat mehrere Verwandte dort. Durch den Tod von Gernots Vater im
Jänner sind wir wieder mit den deutschen Verwandten in Kontakt gekommen, einer
von ihnen hat sich ja schon 2018 - nach Gernots erster Buchveröffentlichung -
via Facebook gemeldet. Und heute fahren wir also hin, Gernot war zuletzt im
Jahr 1974 in Haßfurt und im Nachbarort Obertheres und hat dort ein paar Wochen
seiner Sommerferien verbracht. Das ist jetzt auch schon 47 Jahre her und seit
damals hat es keine gegenseitigen Besuche mehr gegeben. Übrigens ist Gernot
damals auf dem Sozius von Vaters 200er Vespa nach Haßfurt angereist, heute
fahren wir tausendmal bequemer im Wohnmobil und eine Vespa haben wir auch mit
dabei. Ein bisschen schließt sich also der Kreis. Dank des frühen Starts kommen
wir bestens voran, beim Grenzübergang Kufstein müssen wir nicht einmal
stehenbleiben. Normalerweise wären wir über den Achensee gefahren, aber dort
sind noch Straßen wegen der Unwetter gesperrt. Also fahren wir heute die ganze
Strecke auf der Autobahn.
Wie immer bleiben wir alle 80 bis 100 Kilometer
stehen, bei einem Rasthaus gibt es ein zweites Frühstück mit Tee, Kaffee Togo,
Butterbreze und Croissant. Danach geht es weiter, während der ganzen Fahrt über
kommen wir völlig problemlos voran. Wir haben beim Campingplatz der
„Naturfreunde Haßfurt“ einen Platz reserviert und um 11 Uhr 30 kommen wir dort
an. Der Betreiber ist nicht anwesend, aber wir haben seine Telefonnummer. Dann
sieht Ilse schon unseren Patz, denn auf einem Schild steht unser Name
geschrieben. Das haben wir auch noch nirgends gesehen, natürlich müssen wir ein
Foto davon machen. Die Zeit, bis der Betreiber kommt, nutzen wir um die Vespa
abzuladen.
Wir sind noch gar nicht damit fertig, da kommt der Mann schon daher,
er begrüßt uns kurz, wünscht uns einen schönen Aufenthalt und weg ist er
wieder. Passt. Der Platz soll pro Tag nur 10 Euro kosten, zuzüglich 3 Euro für
den Strom. Das kommt uns viel zu günstig vor, denn der Platz verfügt über
saubere Sanitäranlagen, hat ein Gasthaus am Platz, liegt direkt am Main, es ist
alles tipptopp gepflegt und angenehm ruhig. Naja, wir werden ja sehen, was wir
letztendlich bezahlen, für die kommenden drei Tage bleiben wir jetzt hier. Wie
immer sind wir blitzartig in den Campermodus gewechselt, jetzt sind die
Scheiben des Führerhauses abgedeckt, der Strom angeschlossen, Stühle und Tisch
stehen vor unserem WoMo und die Vespa ist für eine erste Ausfahrt bereit. Wir
brauchen eh Brot, also fahren wir gleich los, hinein ins Zentrum von Haßfurt.
Es sind keine zwei Kilometer bis dorthin und in der Hauptstraße kaufen wir bei
einem Bäcker Brot ein. Schon ein paar Meter weiter kommen wir dann beim
Geschäft von Gernots Verwandten vorbei, die hier ein Bestattungsunternehmen
haben. Gleich kommen Erinnerungen auf, denn hier ist Gernot als Kind ein
paarmal gewesen und es schaut eigentlich immer noch so aus wie früher. Vorerst
bleiben wir aber gar nicht stehen, sondern fahren zum Campingplatz zurück. Wir
sind von der Fahrt und dem frühen Aufstehen ein bisschen müde und wollen ein
Schläfchen einlegen. Vorher kündigt Gernot noch via WhatsApp unsere Ankunft an
und keine Minute später ist schon Tante Heidi am Apparat. Für 15 Uhr sind wir
auf Kaffee und Kuchen eingeladen, bleibt immerhin noch eine gute Stunde für
eine kleine Niederlegung. Gut erholt sind wir dann zu Gernots Tante Heidi
gefahren, Onkel Heinz war natürlich auch anwesend. Heidi und Heinz sind Gernots
Großtante bzw. Großonkel, später ist noch Rudi mit seiner Frau Ilse vorbeigekommen,
Rudi ist Gernots Großcousin.
Unglaublich, aber Gernot hätte auch nach 47 Jahren
sowohl Heinz als auch Rudi sofort wiedererkannt, hätte er einen von ihnen
irgendwo getroffen. Natürlich, sie sind um fast ein halbes Jahrhundert älter
geworden, aber vom Typ her haben sie sich nicht groß verändert. Klarerweise
hatten wir uns unendlich viel zu erzählen und die Zeit raste nur so dahin.
Irgendwann war dann Essenszeit, wir werden heute „zum Türken“ gehen, wie Heidi
bestimmt hat. Gegen 18 fahren wir dann mit der Vespa zum Campingplatz zurück
und werden dort von Rudi abgeholt, der uns nach Haßfurt „zum Türken“
chauffiert. Damit Gernot ein Bier oder drei trinken kann. Sehr nett. Heide und
Heinz sind schon da und wir verbringen einen wunderbaren Abend zusammen. Mit
sehr gutem Essen, mit viel Quatschen und erzählen, mit vielen Erinnerungen und
mit ganz viel Lachen. Der türkische Betreiber des Lokals ist ein Unikum für
sich und es wundert nicht, dass er der Lieblingswirt von Heidi ist. Darum haben
wir auch nichts dagegen, dass Heidi beim Gehen gleich einen Tisch für morgen
Abend reserviert hat. Muss man auch, denn heute war jeder Tisch besetzt. Rudi
und Ilse haben uns dann wieder zum Campingplatz zurückgebracht und Gernot hat
sich dann bald einmal niederlegen müssen. Nicht wegen den drei Bier, sondern
wegen den zwei großen Gläsern Raki, die uns der Wirt spendiert hat. Und harten
Alkohol verträgt Gernot ganz schlecht, auch wenn man manchmal - vor allem aus
Höflichkeit - in den sauren Apfel (in dem Fall Anis) beißen muss. Aber es gibt
weit Schlimmeres …
Dienstag, 20. Juli 2021
Es ist wunderbar ruhig hier, auch wenn Ilse in der Nacht durch ein lautes
Brummen und hellen Lichtschein aufgeweckt wurde. Aber wir stehen ja direkt am
Main, der an dieser Stelle knapp 30 Meter breit ist. Und in der Nacht sind ein
paarmal Lastkähne vorbeigefahren, die gefühlsmäßig über 100 Meter lang und 20
Meter breit sind. Unglaublich, für uns Landratten sowieso. Im Laufe des
Vormittags wird uns dann klar, dass wir gestern nur deshalb keine Schiffe
gesehen haben, weil wir de facto nie am Patz anwesend waren 😊. Denn heute kommt alle
halbe Stunde ein Lastkahn vorbei, einmal sogar ein Fluss-Passagierschiff, das
unfassbare 175 Meter lang war, wie uns ein Schild an Bord verraten hat. Und 15
Meter breit. Große Fahrfehler brauchst du dir als Kapitän da auch nicht
erlauben … Wir starten mit einem guten Kaffee in den Tag und machen danach
einen feinen Pasch im Freien. Das Wetter ist wieder schön, laut Vorhersage wird
sich das auch nicht so schnell ändern. Wir haben heute zwei „Termine“ bei
Gernots Verwandten, einer um 14 Uhr 30 bei Onkel Rudi und dann abends wieder
„beim Türken“.
Nach dem Pasch gehen wir duschen und die Anlage hier ist auch
ein Kuriosum. Gleich vorweg, alles ist wirklich sauber, aber die Dusche selber
hat es in sich. Man wirft 50 Cent in den Automaten und wählt dann zwischen
Dusche 1 und Dusche 2. Das Besondere - beide Duschen befinden sich in einem
großen Raum, der durch einen Vorhang von der Umkleide getrennt ist. Die
Brauseköpfe liegen keine zwei Meter nebeneinander, mit allzu großem Schamgefühl
ist man hier also nicht gut aufgehoben. Aber sowohl Gernot als auch Ilse sind
allein in ihren Gemeinschaftsduschen geblieben, wenngleich wir wohl beide nicht
schreiend den Raum verlassen hätten, wenn sich ein „Naturfreund“ bzw. eine
„Naturfreundin“ zu uns gesellt hätte … Nach
Mittag sind wir dann mit unserem Roller losgedüst, zuerst in Richtung
Obertheres rüber. Das ist ein paar Kilometer von Haßfurt entfernt und schon bei
der ersten Durchfahrt erkennt Gernot das Haus seiner Verwandten sofort. Auch
wenn es natürlich längst umgebaut und vergrößert wurde. Wir sind noch viel zu
früh dran, also fahren wir nach Untertheres weiter, das Dorf ist eh schon in
Sichtweite. Dort suchen und finden wir eine wunderbar gelegene Aussichts-Bank
und bleiben lange sitzen. Wir haben einen schönen Blick auf die Haßberge, die
in etwa die Höhe des Innsbrucker Mittelgebirges aufweisen. Haßfurt und die
Haßberge haben ihren Namen übrigens vom Hasen - Haßfurt bedeutet „eine Furt,
durch die ein Hase kommt“. Und so verhält es sich auch mit Schweinfurt oder
Ochsfurt. Im Stadtwappen von Haßfurt ist ein Hase zu sehen, warum er drohend
seine übergroßen Krallen zeigt, konnte uns aber niemand erzählen. Aber
vielleicht sehen wir das mit den Krallen falsch, man weiß es nicht … Bei der
Rückfahrt sind wir dann noch bei einem Feld voller Sonnenblumen stehengeblieben
- die Zeit zu haben, einfach mal eine Viertelstunde lang Sonnenblumen zu
bewundern, gehört zu den großen Privilegien unseres (Pensionisten-)Lebens. Kein
unnötiger Stress mehr, den Augenblick genießen, auch mal dem Gras beim Wachsen
zuschauen. Pünktlich um 14 Uhr 30 sind wir dann bei Onkel Rudi und Ilse
vorgefahren und wurden schon erwartet. Auf der riesigen Terrasse haben wir
Kaffee getrunken und Kuchen gegessen, Tochter Katja war auch da. Sie ist
passionierte Reiterin und ab da hatte sie mit Ilse natürlich einige
Gesprächsthemen. Wieder haben wir aus unseren Leben erzählt, übrigens sind
sowohl Rudi und Ilse, aber auch Kathi, Besitzer von Wohnmobilen. Während das
gigantische WoMo von Rudi fast nur mehr herumsteht („Ich fahre nicht mehr so
gern!“) ist Kathi mit ihrem Bus sehr viel unterwegs. Wir haben eine wirklich
feine Zeit auf der Terrasse, kriegen noch eine ausführliche Hausführung, bei
der Gernot erwartungsgemäß kaum mehr was erkennt. Bevor wir aufbrechen trägt
Gernot noch die schweren Koffer von Ilse und Rudi zum Auto, weil die beiden
morgen zu einem Urlaub in ihrem Ferienhaus in die Steiermark aufbrechen. Schön
war es hier in Obertheres, alle haben sich total gefreut, dass Gernot wieder
einmal hier war und wir werden mit Sicherheit wiederkommen. Deshalb haben wir
auch sämtliche Telefonnummern und E-Mail-Adressen ausgetauscht, denn noch
einmal 47 Jahre ohne Kontakt wird es nicht mehr spielen … Kaum zurück am
Campingplatz ist schon Tante Heidi mit ihrem roten Flitzer gekommen und hat uns
„zum Türken“ geführt. Onkel Heinz war auch wieder mit dabei und erneut haben
wir wirklich ausgezeichnet gegessen. Gernot hat sich auf dringende Empfehlung
hin eine „Pizza Frutti di Mare“ bestellt und noch nie zuvor eine derart gute
Meeresfrüchtepizza auf dem Teller gehabt. Heute haben wir die Rechnung
übernommen und für alle vier Mahlzeiten inklusive Getränke weniger als 50 Euro
bezahlt.
Das ist für einen gelernten Innsbrucker natürlich außergewöhnlich
günstig. Bei der Verabschiedung sind wir dann gleich noch für morgen zum
Mittagessen bei Tante Heidi eingeladen worden, es gibt Hering mit Kartoffeln.
Gernot freuts … Nach dem Essen hat es
sich dann Gernot nicht nehmen lassen, den Heimweg zu Fuß anzutreten. Es dürften
knapp zwei Kilometer „vom Türken“ bis zum Campingplatz sein, das könnte sich
machen lassen. Und das hat es sich dann auch, ohne Pause hat Gernot Schritt für
Schritt gesetzt, am Ende waren es exakt 2.635. Was für ein geiler Fortschritt -
vor genau einem Jahr hat er nicht einmal ein Zehntel (!) dieser Strecke
geschafft, bei ca. 220/230 Schritten war damals Schluss. Das hat sich wirklich
super entwickelt und das darf auch ruhig so weiter gehen … Wir haben dann noch einen Spätabend-Pasch
gemacht und gegen Mitternacht haben wir uns schließlich in die Horizontale
begeben. Schön ist es hier in Haßfurt, wir sind froh, dass wir hergefahren
sind. Alle mögen uns, wir mögen auch alle - und mehr kann man sich von einem
Verwandtenbesuch nun wirklich nicht mehr erwarten.
Gernot wird frühmorgens durch das Zuknallen einer Autotür geweckt und
ärgert sich kurz über diese Rücksichtslosigkeit zu nachtschlafender Zeit. Doch
ein Blick auf die Uhr zeigt 8:57 an. Da muss man nun wirklich nicht mehr auf
Zehenspitzen über den Campingplatz schleichen. Der gute Kaffee bringt uns
schnell auf Touren und wir starten mit einem Pasch in den Tag. Um 11 Uhr 30
sind wir bei Tante Heidi angesagt, das wird dann unser letzter „Termin“ für
dieses Mal. Morgen geht es ohnehin wieder weiter, wir wissen aber noch nicht,
ob wir die 444 Kilometer bis Innsbruck in einem Zug durchfahren. Irgendwie ist
uns ein wenig nach Urlaub zumute … Pünktlich
sind wir dann zum Mittagessen bei Tante Heidi am Tisch gesessen, der von Onkel
Heinz schon frühmorgens zubereiteter Hering war fantastisch - zumindest für
Gernot. Ilse isst Fisch nur unter ganz bestimmten Bedingungen, eingelegter
Hering erfüllt diese Bedingungen aber nicht 😊. Also gibt sie sich mit
den köstlichen Salzkartoffeln zufrieden. Die könnte man der lieben Ilse dreimal
die Woche auch servieren … Zum Abschied bekommen wir noch ein regelrechtes
Fresspaket mit auf den Weg - gute, hausgemachte Würste, den Rest der Kartoffeln
und zehn Eier(!). Danke, liebe Heidi. Wir umarmen uns herzlich und versprechen,
ganz sicher wieder vorbeizukommen. Und das werden wir auch. Garantiert. Wir
fahren dann als erstes noch zu einem Supermarkt, kaufen ein paar Kleinigkeiten
und bringen dann alles ins Wohnmobil. Wir bleiben aber nicht am Platz, sondern
machen eine weitere Ausfahrt mit unserem roten Flitzer. Als erstes fahren wir
noch einmal nach Obertheres rüber, es geht um eine Wette. Ilse behauptet, am
Heck von Onkel Rudis Wohnmobil gibt es kein Fenster, Gernot hat das von gestern
her aber anders in Erinnerung. Nach kurzer Diskussion sagt Ilse plötzlich: „Ich
wette um 100 Euro, dass es am Heck kein Fenster gibt.“ Wetten zwischen uns sind
sehr selten, vor allem deshalb, weil wir ein Gemeinschaftskonto haben 😊. Aber diesmal schlägt
Gernot ein und wie wir kurz beim WoMo von Onkel Rudi stehen bleiben, freut sich
Gernot schon auf die Amazon-Bestellung von Zappa-Platten im Wert von 100 Euro.
Es gibt nämlich ein wunderhübsches Fenster am Heck des riesigen Wohnmobils und
Ilse hat tatsächlich einmal bestätigt, dass nobody perfect ist. Wir biegen dann
in Untertheres einfach nach links ab und lassen uns über die Landstraßen
treiben. Wir haben kein Ziel, wissen bald einmal nicht mehr, wo wir umgehen -
genau das, was wir so gern tun. Einfach ohne Plan herumcruisen, die schöne
Landschaft und das perfekte Wetter genießen und sich den Fahrtwind um die Nasen
wehen zu lassen. Wir kommen durch viele Dörfer durch, deren Namen wir beim
Verlassen schon wieder vergessen haben. Für eine kleine Rast biegen wir zu
einem Fußballplatz ab, hier gibt es sicher eine Sitzgelegenheit - und sei es
die Trainerbank. Wir finden dann etwas abseits ein sehr schön gelegenes
Bänklein und bemerken, dass wir uns in einer Art „Gedenkwald“ befinden. In
mehreren Reihen sind unterschiedliche Bäume gepflanzt und alle tragen ein
Schild. In Erinnerung an eine Geburt, eine Vermählung, einen geliebten
Menschen, eine bestandene Prüfung usw. Eine sehr nette Idee, wir bleiben sicher
eine halbe Stunde lang an diesem besonderen Ort sitzen. Danach geht die wilde
Fahrt weiter, wobei die natürlich keineswegs wild verläuft. Wir haben es nicht
eilig, fahren selten über 70 km/h und genießen jeden Meter. Irgendwann folgen
wir dann wieder den Schildern in Richtung Haßfurt und am späteren Nachmittag
treffen wir dann wieder bei unserem WoMo ein. Erst mal die Beine ein wenig
langmachen und dann delektieren wir uns an der Wurst von Tante Heidi. Wobei
eigentlich nur Gernot voll zuschlägt, Ilse ist nicht so hungrig. Dabei könnten
wir heut zum ersten Mal am platzeigenen Gasthaus essen gehen. Am Montag hatten
sie Ruhetag und gestern war es exklusiv für eine große Geburtstagsfeier
reserviert. Da hatten wir übrigens schon leichte Bedenken, vor allem als wir
sahen, welch gigantische Mengen an Bier und Wein untertags angeliefert wurden.
Und dann haben wir von den dutzenden Feiernden gar nichts mitgekriegt, obwohl
der Gastgarten bei weitem keine 50 Meter von uns entfernt liegt und jeder Tisch
besetzt war. Zweimal ist dünner Applaus zu uns herübergeschwappt und beim
Heimgehen der Gäste um punkt 21 Uhr haben wir ein paar Kinder lachen gehört.
Das geht. Nach der kleinen Jause nutzen wir die neue Energie und laden gleich
die Vespa auf ihren Träger. Flutscht wieder einmal perfekt, in zehn Minuten ist
unser Roller vertäut und zugedeckt. Damit ist die Hauptarbeit der morgigen
Abfahrt bereits erledigt. Wir sitzen dann gemütlich vor unserem WoMo, da kommt
plötzlich lachend Kathi zu unserem Tisch. Sie hat mit ihrer Tochter noch eine
Runde mit dem Rad gedreht und genießt jetzt einen Drink im Gastgarten.
Natürlich setzen wir uns dazu und wir verbringen einen wirklich netten Abend
mit Katja und ihrer Tochter. So geht der Aufenthalt für uns in Haßfurt
wunderbar zu Ende, es war eine sehr, sehr gute Idee, hierher zu fahren. Ach ja
- heute haben wir unsere drei Tage hier bezahlt. Wir waren ja skeptisch wegen
der „10 Euro pro Tag plus 3 Euro für den Strom“. Nun, heute haben wir für die
drei Tage exakt 39 Euro bezahlt. Es könnte gut sein, dass dies der billigste
Campingplatz ist, auf dem wir in unserer nun bald 15-jährigen Karriere als
Wohnmobilisten je übernachtet haben. Jedenfalls ist klar, wo wir bei unserem
nächsten Aufenthalt in Haßfurt campen werden - „Naturfreunde Haßfurt“, ihr habt
die Zimmermanns nicht zum letzten Mal als Gäste gehabt 😊.
Donnerstag, 22. Juli 2021
Heute geht’s wieder weiter. Wir haben gestern beschlossen, dass wir nicht
direkt heimfahren, sondern noch mindestens zwei Tage auf einem Campingplatz bei
Donauwörth dranhängen werden. Ilse hat gestern zwei Plätze angemailt, beide
haben geantwortet, dem ersten haben wir zugesagt. First come, first serve
sozusagen. Es sind nur etwas über 200 Kilometer bis zu unserem Ziel und kurz
nach 10 Uhr fahren wir von Haßfurt ab. Schnell noch Volltanken - übrigens haben
wir für 445,9 Kilometer 44,41 Liter Diesel verbraucht, wieder unter 10 Liter je
100 Kilometer also. Wenngleich denkbar knapp 😊. Nahezu die ganze
Strecke führt über die Autobahn, auch wenn diese für die erste Hälfte B2 heißt,
also als Bundesstraße geführt wird. Und so ist das die am besten ausgebaute
Bundesstraße, auf der wir je gefahren sind - immer zweispurig, alles mit
Mittelleitschiene und fast ausschließlich auch mit Pannenstreifen. Da ist die
Verbindung Rosenheim - Salzburg eine viel schlechter ausgebaute Autobahn. Uns
kanns nur recht sein, denn so geht es problemlos voran. Um 13 Uhr kommen wir am
Campingplatz „Donau -Lech“ an, den Betreiber müssen wir telefonisch
herbeirufen. Wir kriegen unseren Platz zugewiesen und die Karte für den
Schranken, die 50 Euro für die zwei Tage Aufenthalt bezahlen wir der
Einfachheit halber im Voraus. Unser Platz liegt gleich neben dem Waschhaus, das
ist uns immer sympathisch. Zwar stehen wir eigentlich auf einem Parkplatz, aber
wir sind eh schon froh, mitten in der Hauptsaison überhaupt wo untergekommen zu
sein. Im Lauf des Tages gesellen sich dann drei weiter WoMos zu uns, mehr haben
ohnehin nicht Platz. Wir sind aber eh keine Camper, die es immer nur auf die
allerschönsten Stellplätze abgesehen haben, wir können durchaus und jederzeit
auch Abstriche machen. Und wenn man nicht ganz so anspruchsvoll in seinen
Erwartungen ist, wird man naturgemäß auch weniger oft enttäuscht. Also nehmen
wir den mäßigen Platz hin, richten uns für den Aufenthalt ein und laden die
Vespa ab. Die kommt auch gleich zum Einsatz, es gilt die nähere Umgebung zu
erkunden. Gerne auch ausgiebig. Wir fahren - wie so oft - ohne Ziel los und
durch ein paar Dörfer durch. Dann lockt uns ein Schild „Donauwörth 6 km“ in die
hiesige Kreishauptstadt, die - nomen est omen - an der Donau liegt. Donauwörth
verfügt über eine beeindruckende Hauptstraße, die recht steil ansteigt und
links und rechts von altehrwürdigen Bürgerhäusern gesäumt ist. Wir stellen
unseren Roller am oberen Ende der Hauptstraße ab, direkt neben der großen
Kirche. Dann flanieren wir gemütlich die abschüssige Straße entlang, Gernot ist
ein wenig besorgt über den Rückweg. Denn Steigungen mag seine Wade gar nicht,
mal schauen, notfalls müssen wir halt zwischendurch ein Päuschen einlegen. Wir
spazieren die Hauptstraße bis an ihr Ende und beschließen, dass wir etwas essen
gehen werden. Schon beim Flanieren haben wir ein Gasthaus „Zum goldenen
Hirschen“ gesehen, mit einem schön abgeschatteten Außenbereich. Das ist
wichtig, denn es scheint die Sonne und es ist immerhin Hochsommer. Die
Kellnerin bringt uns einen Zettel zum Ausfüllen, unsere Impfpässe will sie gar
nicht sehen. Wir melden uns über den aufliegenden QR-Code an, das wars. Mit
solchen Maßnahmen können wir leben und auch damit, dass man halt jetzt
nachvollziehen kann, wo wir wann eingekehrt sind. Aber sollte uns das wirklich
beunruhigen? Wo wir doch eh schon in unserem Blog ausführlich beschreiben, wo
wir wann eingekehrt sind? 😊. Jetzt also sitzen wir
im Gasthaus „Zum Goldenen Hirschen“ in Donauwörth. Man möge uns die
geographische Unbedarftheit nachsehen, aber erst beim Lesen der Speisekarte
wurde uns klar, dass wir uns im Schwabenland befinden. Denn wo sonst würden
Maultaschensuppe oder ausschließlich Spätzle als Beilage angeboten werden?
Eben. Wir haben jedenfalls ausgezeichnet gegessen und wieder weit weniger dafür
bezahlt, als erwartet. Aber mit solchen Überraschungen können wir gut leben … Der Weg zurück zum Roller war dann für Gernot
überhaupt kein Problem, vor einem Jahr wäre er diese steile Straße nur mit
mehreren Pausen hochgekommen. Heute ist es übrigens auf den Tag genau ein Jahr
her, dass Gernot den allerletzten Schritt für sein Buchprojekt „Ich bin dann
mal nicht weg“ gesetzt hat. Direkt vor dem „Goldenen Dachl“ war das und mit der
Hofgasse konnte Gernot die letzte der insgesamt 654 Straßen Innsbrucks abhaken,
die er in den Wochen zuvor durchwandert ist. Jetzt sind wir aber in Donauwörth,
haben gerade super gegessen und gönnen uns als Nachspeise eine weitere
Genussfahrt mit unserem roten Pferdchen. Die führt uns über lustvolle Umwege
irgendwann wieder zum Campingplatz zurück, vorher gehen wir noch beim
REWE-Markt ein paar Kleinigkeiten einkaufen. Unser WoMo liefert uns
mittlerweile genügend Schatten, dass wir die ärgste Nachmittagshitze gut
überstehen. Es wird schon seine 33 Grad haben, aber es ist leicht auszuhalten. Wir sind dann baff erstaunt, als plötzlich zwei Hasen an uns vorbeihoppeln. Ein
ziemlich großes Exemplar und ein Jungtier. Ohne Stress, und ohne uns eines
Blickes zu würdigen, fressen sie ein paar Jungpflänzchen aus den kleinen Gärten
der Dauercamper und verschwinden dann wieder unter irgendeinem Wohnwagen.
Gleich darauf sehen wir zwei weitere Hasen und später noch eine Dreier-Kombo.
Von einem benachbarten Camper erfahren wir dann, dass einer der Dauercamper
hier Hasen gehalten hat, die ihm dann zu arbeitsaufwändig wurden. „Und dann hat
er die Spitzenidee gehabt, den Hasen die Freiheit zu schenken. Und tja, die
vermehren sich halt jetzt wie die Karnickel! Hahaha“. Überhaupt ist unser
Nachbar sehr kommunikationsfreudig und steht bald an unserem Tisch. Wir teilen
aber seinen Humor nur sehr bedingt, um das vornehm auszudrücken. Er schleicht
sich dann wieder in sein Refugium, das übrigens keinerlei Mangel an Ausstattung
aufweist. Mit dem Supersize Weber-Grill könnte man locker zwei
Fußballmannschaften gleichzeitig satt machen, er hat sich eine Lounge und eine
Hängematte aufgebaut und nachts ist das ganze Grundstück von unzähligen
Solar-Stecklampen und Lichterketten beleuchtet, die computergesteuert vor sich
hin zucken. Jeder wie er mag.
Auch wenn unser Stellplatz nur suboptimal ist, verbringen wir doch einen
sehr angenehmen Abend vor unserem WoMo. Die Natur schenkt uns noch einen außergewöhnlich
schönen Vollmond, die Hasen und Häschen geben sich ein Stelldichein und wir
schauen einfach zu, wie es dunkel wird. Unmittelbar neben dem Platz liegt ein
kleiner See, entsprechend melden sich irgendwann einmal die stets blutgierigen
Stechmücken. Die halten wir uns aber mit einer Mischung aus „Tiroler Nussöl“
und unserem Spezial-Fluid erfolgreich vom Leib, die zwei, drei Stiche nehmen
wir hin. Mit einer feinen Jause und einem anschließenden Pasch lassen wir den
Abend ausklingen, das eine oder andere Kaltgetränk haben wir natürlich auch
seiner Bestimmung zugeführt. Urlaub vom Allerfeinsten. Mal wieder. Wie
eigentlich immer …
Die Nacht war angenehm ruhig und es hat schön abgekühlt. Wir starten ganz
gemütlich in den Tag, trinken Kaffee und machen dann einen Pasch. Danach
schlurfen wir zu den Duschen und machen uns für eine Ausfahrt mit dem Roller
fertig. Ziemlich genau um 12 Uhr fahren wir ab. Wie so oft haben wir kein
richtiges Ziel, mal schauen, wo wir überall hinkommen. Zum Beispiel nach
Oberndorf am Lech, ein netter Ort, was wir so beim Durchfahren sehen. Auch das
naheliegende Genderkingen macht einen sympathischen Eindruck, oft wird man ja
die Begriffe Gender und King nicht in einem Wort verwenden können 😊. Unser weiterer Weg
bringt uns nach Niederschönenfeld, wo ein ehemaliges Kloster zu einem Gefängnis
umgebaut worden ist. Also zumindest die Hälfte des Klosters. Wir parken uns
direkt vor dem Knast ein und gehen eine Runde spazieren. Die zum Kloster
gehörende Wallfahrtskirche bildet einen außergewöhnlichen Kontrast zur direkt
anschließenden Gefängnismauer, eine besser überwachte Kirche wird es wohl in
ganz Deutschland nicht geben. Wobei es sich bei dieser Justizvollzugsanstalt eh
nur um ein Gefängnis für Jugendliche und junge Erwachsene handelt, die maximal
18 Monate absitzen.
Also keine besonders schwerkriminelle Jungs. Wir vertreten
uns noch ein wenig die Füße und genießen dann wieder den kühlenden Fahrtwind.
In Marxheim, wo der Lech in die Donau fließt, suchen wir nach der Stelle, wo
dieser Zusammenfluss stattfindet. Tja, wir finden den Ort nicht auf Anhieb,
geben uns aber bald damit zufrieden, dass wir zumindest in der Nähe waren und
fahren weiter. Schön führt die Straße der Donau entlang und obwohl wir es gar
nicht geplant haben, finden wir uns irgendwann in Donauwörth wieder, auch wenn
wir heute von der anderen Seite in die schöne Stadt hineinfahren. Wie gestern
parken wir auch heute unsere Vespa direkt an der Hauptstraße ein, schräg
gegenüber vom sogenannten „Fuggerhaus“. Wir spazieren erneut die prächtige
Straße entlang, Ilse „entdeckt“ einen Storch, der es sich auf einem Giebel
bequem gemacht hat. Wir könnten wieder in den „Goldenen Hirschen“ gehen, aber
wir haben noch keinen richtigen Hunger. Allerdings - ein Cappuccino und ein
kleines Küchlein gehen immer, also setzen wir uns vor die Konditorei „Pfister“
- übrigens haben wir in Innsbruck eine Konditorei gleichen Namens. Kaffee und
Kuchen hat es dann aber nur für Gernot gegeben, Ilse hat sich lieber ein Cola
und eine Butterbreze bringen lassen. Beides hat gut gemundet, über die
niedrigen Preise haben wir uns auch wieder gefreut, eine runde Sache also. Über
viele lustvolle Umwege sind wir anschließend zum Campingplatz zurückgecruist
und haben es uns im Schatten unseres Nasenbären gemütlich gemacht. Natürlich
haben wir wieder die Würfel klappern lassen, später haben wir uns mit allen
noch verfügbaren Lebensmitteln eine feine Jause zubereitet. Viel werden wir
heute nicht mehr unternehmen, aber einen Kraftakt geben wir uns noch - wir
laden die Vespa auf ihren Träger. Das ist in wenigen Minuten erledigt, längst
reine Routine. Später machen wir dann noch einen Pasch - die letzten Würfe
absolvieren wir bei fast völliger Dunkelheit. Wir werden morgen übrigens nicht
heimfahren, sondern noch einen Stopp bei Luis und Gitti am Kesselberg einlegen.
Der Platz ist zwar völlig ausgebucht, aber wir haben ja das Privileg eines
Sonder-Standplatzes, für uns ist also immer etwas frei. Hendl und Haxe für den
morgigen Grillabend haben wir auch bereits bestellt, Luis freut sich schon auf
uns. Und wir freuen uns auch.
Heute geht’s wieder ein Stückerl weiter, unterwegs werden wir eventuell in
Sulzemoos zufahren, vielleicht finden wir ja beim riesigen
Campingzubehör-Anbieter „Der Freistaat“ den perfekten Campingstuhl für Ilse.
Mal schauen. Nach einem Guten-Morgen-Kaffee räumen wir das WoMo auf
Fahrtbetrieb zusammen und gegen 9 Uhr 20 brechen wir auf. Sagen wir besser -
wollen wir aufbrechen. Denn wir scheitern am Schranken, der unsere Magnetkarte
nicht und nicht akzeptieren will. Natürlich ist so was ärgerlich, aber das muss
man hinnehmen. Wir telefonieren den Betreiber herbei, aus seinen „In einer
Viertelstunde bin ich da“ werden dann fast 40 Minuten, auch nicht ganz so chillig.
Während der Wartezeit finden sich gleich mehrere andere Camper, die uns mit
ihren Magnetkarten helfen wollen, aber dann würden sie womöglich selber nicht
mehr rauskommen. Wurscht, wir warten geduldig ab und schließlich kommt der Mann
eh angefahren. Wenigstens funktionierte unsere Karte auch bei seinen Versuchen
nicht (DAS wäre uns noch abgegangen!!) und mit der laschen Entschuldigung „Tja,
Elektronik halt, gell? Hahaha!“ öffnete er mit seiner Karte endlich den
Schranken. Tschüss und weg waren wir. Trotz dieses Malheurs war der Aufenthalt
hier eine gute Idee, der Platz hat halbwegs gepasst und die Gegend ist wirklich
lässig. Es gibt ja noch so viel zu entdecken in unserer unmittelbaren
Nachbarschaft, im Umkreis von 200, 250 Kilometer von uns daheim gibt es
unendlich viele Orte, an denen wir noch nie waren - ja, von denen wir noch
nicht einmal etwas gehört haben. Schöne Aussichten sind das. Wir werden heute
praktisch die ganze Strecke nach Kochel über Autobahnen fahren und
dementsprechend kommen wir gut voran. Sonderlich weit haben wir es nicht, knapp
175 Kilometer werden es sein. Wie wir dann in die Nähe von Sulzemoos kommen,
beginnt es leicht zu regnen. Aber nicht nur deshalb entscheiden wir, dass wir
nicht stehenbleiben werden. Ilse hat erstens keine Lust zum Shoppen und ist
zweitens mit unseren Campingstühlen eh sehr zufrieden. Irgendwann wird ihr
schon der Traumstuhl unterkommen. Wir müssen auf unserer Strecke auch durch
München durch und stehen bald einmal für eine gute halbe Stunde im Stau. Wäre
aber nicht notwendig gewesen, hätten sich unsere „Straßenkameraden“ an die
Regeln gehalten. Aber es staute sich bei einer Abfahrt, wir reihten uns
natürlich brav in die Schlange ein. Dutzende andere Autofahrer überholten aber
die gut eineinhalb Kilometer lange Kolonne, nur um sich dann ganz vorne
hineinzuquetschen. Manchmal sind wir fünf Minuten nicht vom Fleck gekommen.
Schon ärgerlich, aber so sind sie halt, die Leute. Wie heißt es so schön? „Die
Menschen mag ich eh, aber die Leut‘ sind ein Graus!“ 😊. Jedenfalls wiederholte
sich dieses „Spiel“ dann auch bei der Abfahrt zur Anschlussstelle „Garmisch“.
Auch hier wurde die Kolonne ununterbrochen und gnadenlos überholt, nur um dann
ganz vorne und über die Sperrlinie reinzuschneiden. Ärgerlich und auch
gefährlich, weil sich diese Abzweigung in einem Tunnel befindet. Einen schweren
Unfall zu riskieren, damit man sich am Samstagmittag zwei Minuten Zeit erspart
- Deppen gibt’s … Kaum hatten wir die
Stadt München hinter uns gelassen, hieß es dann wieder „Freie Fahrt für freie
Bürger“ (ein besonders dämlicher Spruch übrigens) und mit relaxten 80, 85 km/h
gondelten wir dem Kesselberg entgegen. Dort sind wir dann um 12 Uhr 30
eingetroffen und haben unseren „Privatplatz“ bezogen. Die Vespa bleibt am
Träger, wir werden heute nicht mehr ausfahren. Der Platz ist randvoll belegt
und das gilt auch für die Anschlüsse im Stromkasten. Also improvisieren wir und
stöpseln uns in die Kabeltrommel ein, die im Vorzelt des benachbarten
Wohnwagens steht. Dort wohnt normalerweise Patrik, der Sohn von Elisabetta. Der
kommt aber heuer nicht, also wecken wir nur Platzkater Gustl auf, als wir den
Strom anschließen. Gustl kriegt dann natürlich gleich eine Portion
Knuspertaschen serviert, gleich darauf kommt auch sein „Herrchen“ Luis vorbei.
Wir begrüßen uns herzlich und erfahren, dass soweit alles okay ist. Zwar sind
die Auflagen in Bayern echt ein Wahnsinn, aber bis jetzt sind sie recht gut
durch die Pandemie gekommen. Allerdings hat Luis regelmäßig Stress mit den
Maßnahmen-Kritikern, Maskengegnern und 3-G-Regel-Missachtern. Praktisch täglich
muss er Leute rausschmeißen, die sich nicht an die Anordnungen halten und
natürlich tun die dann so, als wäre Luis persönlich für die Einschränkungen
verantwortlich. Das sind alles ganz neue Probleme, vor zwei Jahren waren die
noch undenkbar. Und das alles macht das Arbeiten für Luis, Gitti, Bene usw.
nicht leichter. Das Wetter hat sich mittlerweile sehr verbessert und wir
übersiedeln mit unserem Tisch und den Stühlen in den Schatten jenseits der
Straße. Da gibt es ein schönes Stück „Niemandsland“, wo wir niemanden einen
Platz wegnehmen. Hier klopfen wir einen feinen Pasch und überbrücken so die
Zeit bis zum Abendessen. Es geht sich sogar noch ein kurzes Schläfchen aus,
aber dann schreitet Ilse zur Tat und geht die paar Schritte ins Restaurant
rauf, um unser Essen zu holen. Wir essen wieder im WoMo und wir essen wieder
hervorragend. Heute schafft es Gernot wieder einmal, die ganze Haxe ratzeputz
aufzuessen, auch von Ilses Hendl bleiben nur die blanken Knöchelchen übrig. Nach
dem Festmahl sind wir dann noch fein zusammengesessen und haben gespannt das
Gewitter verfolgt, das am späteren Abend über den Campingplatz hereingebrochen
ist. Tatsächlich waren im extremen Starkregen plötzlich auch Hagelkörner zu
hören, die auf unser Dach prasselten. Aber der Spuk dauerte nur wenige Sekunden
lang, dann waren wieder nur die schweren Regentropfen zu hören. Da sind wir
ganz, ganz knapp davongekommen, Hagel auf unser armes Wohnmobil gehört zu den
echten Horrorvorstellungen. Das Gewitter hat innerhalb von Minuten für einen
Temperatursturz von über 10 Grad gesorgt und dementsprechend angenehm kühl
hatten wir es bei uns herinnen. Tja - und die vielen, vielen Camper in ihren
Zwei-, Drei- oder Familienzelten tun uns wieder einmal leid - zumindest ein
bisschen. Man muss sich halt zusammenkuscheln, da gibt es aber wirklich
Schlimmeres …
Sonntag, 25. Juli 2021
Am Campingplatz „Kesselberg“ kochen wir niemals selber unseren
Frühstückskaffee und diese Tradition brechen wir auch heute nicht. Im
Restaurant darf genau ein (!!) Tisch benutzt werden und an dem nehmen wir
Platz. Zum Kaffee gönnen wir uns eine Marmeladensemmel und ein weichgekochtes
Ei. Der Kaffee wird nicht mehr als filtergebrühter „Kännchenkaffee“ serviert,
sondern kommt aus der spacigen Espressomaschine. In der riesigen Tasse befinden
sich de facto 10 Espressi, das ist natürlich ein Frontalangriff auf unsere
armen Magennerven, die eine derartige Koffeindosis am Morgen nicht gewohnt
sind. Immerhin hat Ilse ausgehandelt, dass wir nächstes Mal wieder unseren
geliebten „Blümchenkaffee“ aus der Filtermaschine kriegen. Passt. Heute ist
unsere brave Schnecke schnell auf Abfahrt umgerüstet, alle Dinge gehören halt
wieder an ihren Platz und der Strom muss abgesteckt werden. Danach noch schnell
die Klokassette entleert und noch vor 10 Uhr sind wir vom Kochelsee abgefahren.
Über die Heimfahrt selbst gibt es nichts Aufregendes zu berichten - an der
Grenze in Scharnitz war kein Beamter zu sehen, der Verkehr war mäßig in unsere
Richtung und sehr stark in Richtung Deutschland. Eh klar, Urlauberrückreise.
Jetzt darf unser Nasenbär wieder ein paar Tage rasten, momentan haben wir
keine konkreten Reisepläne. Was soviel bedeutet, dass wir zwar bald einmal
wieder losfahren werden, nur noch nicht wissen, wohin. Noch nicht 😊.