Sonntag, 27. Oktober 2019

INDIEN - Tag 5, Delhi

Sonntag, 27. Oktober 2019
Heute haben wir nichts zu erledigen, wir wollen uns eventuell ein bisschen herumfahren lassen. Ilse hat wahrscheinlich gestern irgendetwas Falsches erwischt, schon in der Nacht ist sie von Durchfall geplagt worden. Die Arme …Wir gehen die paar Meter zum „Exotic“ rüber und dort in den 2. Stock hinauf. Wir haben wieder einen Platz mit freiem Blick auf den Main Bazar unter uns. Gernot gönnt sich Kaffee, Toast, Butter, Jam und dazu „Two eggs double-fried“. Und weil er gerade Lust hat, gönnt er sich noch einen eiskalten Red-Bull, mit Strohhalm hat er das Getränk auch noch nie vorher konsumiert. Ilse trinkt nur einen Tee und knabbert lustlos an einer Toastscheibe mit Honig herum.

Danach suchen wir uns einen halbwegs seriös ausschauenden Rikschah-Wallah und bald einmal werden wir fündig. Schon nach wenigen Sekunden wissen wir, dass wir mit Kishore einen Volltreffer gelandet haben. 

Denn als wir uns als erstes zur Hanuman-Statue bringen lassen, erklärt uns der überaus freundliche Endvierziger alles dazu, auch dass sie 108 Feet hoch ist. Die Statue ist natürlich beeindruckend, aber die neu errichtete Autobahn ist ganz knapp an das Monument herangerückt, es musste sogar extra eine kleine Kurve in den Streckenverlauf eingebaut werde. In den Tempel gehen wir nicht hinein, das lockt uns eher weniger, wir sind nun wirklich nicht sonderlich an religiösen Dingen interessiert. 

Als nächstes zeigt uns Kishore, wo hier in Delhi die Affen leben. Wir werden in einen ziemlich großen Wald gebracht, durch den eine links und rechts von Mauern begrenzte Straße führt. In zahlreichen Kurven schlängelt sich das nette Sträßchen durch den Wald, wir hätten es niemals für möglich gehalten, dass sich einen Steinwurf vom lärmenden Pahar Ganj eine derartige Oase der Ruhe befindet. Und dann sehen wir sie schon, eine ganze Horde Affen lässt sich füttern und bereitwillig fotografieren. Es sind Paviane und das Alpha-Männchen ist unglaublich beeindruckend und strotzt vor Kraft und Selbstbewusstsein. Wir haben großen Respekt vor diesen Tieren, denn wenn die narrisch werden, nützt auch kein Wegrennen mehr. 
Weiter geht die Fahrt zum Lakhsmi-Tempel, wir fotografieren das Gebäude aber ebenfalls nur von außen. Bei der Gelegenheit kaufen wir uns gleich zwei Postkarten-Hefte, insgesamt 20 Stück. Sobald wir irgendwo ein Postamt sehen, gibt’s auch die notwendigen Briefmarken dazu. Unser Fahrer Kishore fährt uns dann ins Regierungsviertel von New Delhi und erklärt uns jedes wichtige Gebäude. Wir bleiben kurz beim Präsidenten-Palast stehen - interessanterweise dürfen Ausländer das Gelände betreten, Inder nicht (?!). Es stehen auch Schilder herum, auf denen „No honking“ steht, also „Nicht hupen“. Was für eine Unverschämtheit eigentlich! Jeder Einwohner hier wird von Lärm geplagt, aber der Herr Präsident und die Herren und Damen Minister wollen ihre Ruhe haben. Mahatma Gandhi schau herunter, das haben die aus deinem „All people are equal“ gemacht. …

Wir kommen natürlich zum „India Gate“, in den Wänden des monumentalen Denkmals sind die Namen von 70.000 Indern eingraviert, die in den beiden Weltkriegen gefallen sind. Ilse geht ein paar Meter aufs Gelände, natürlich muss sie vorher einen Security-Check machen. Übrigens an einem „Women only“ Eingang. Als sie nach ein paar Minuten wieder raus will, sieht sie, dass sie dafür einen Riesenumweg machen muss, denn der Ausgang befindet sich ganz wo anders. Aber Ilse wäre nicht Ilse, würde sie sich nicht eine Ausnahme herausverhandeln und so darf sie als einzige wieder durch den Eingang rausgehen.

Kishore führt uns dann zu einer gigantischen Grünfläche, einen richtigen Wald, der sich Lodi-Park nennt. Hier herrscht die totale Ruhe, man hört die Vögel zwitschern und es befinden sich kaum Leute hier herinnen. Wir spazieren ein bisschen herum und Kishore macht uns ein paar Yoga-Übungen vor. Sehr beeindruckend, er ist wirklich in guter Form. Wir bleiben eine gute halbe Stunde lang im Park, dann lässt uns aufkommender Durst zu einem Chai-Shop fahren. 

Wir trinken Limca und Coca-Cola, letzteres kommt in einer netten 250 ML Flasche daher. Danach sind wir von den vielen Eindrücken leicht overdosed und lassen uns zurück zum Main Bazar bringen. Vorher zeigt uns Kishore noch die einzige Stelle Delhis, wo sich Riesenfledermäuse niedergelassen haben. Zu dutzenden hängen die schwarzen Batmans in den Bäumen, so etwas haben wir auch noch nie gesehen. Nach guten drei Stunden Fahrt steigen wir direkt beim Hotel „Metropolis“ aus und chargen Kishore für seine Tour. Natürlich nennt er keinen Preis, als ihm Gernot 1.000 RP in die Hand drückt, ist er mehr als zufrieden damit. Wir tauschen noch unsere Handynummern und vielleicht fahren wir mit ihm oder seinem Sohn (der ein „richtiges“ Taxi besitzt) am Dienstagvormittag zum Flughafen. Das war wirklich eine außergewöhnlich lässige Stadtrundfahrt mit einem sehr, sehr netten Rikschah-Wallah, der alles über seine Stadt weiß und uns das in einer völlig unaufdringlichen Art nähergebracht hat. 
Von den Eindrücken sind wir derart geplättet, dass wir uns bald einmal niederlegen müssen. Vorher gönnen wir uns aber noch jeder eine Portion Röstkartoffel mit Salz - ein Hochgenuss. Die einfachsten Dinge sind wirklich oft die besten. Dann aber nix wie ins Hotel, duschen, Klimaanlage an und ab in die Betten. Nach zwei, drei Stunden Schlaf sind wir dann wieder aufgestanden, Ilse geht es leider immer noch schlechter. Sie hat Durchfall und gleichzeitig kotzt sich die Arme die Seele aus dem Leib. Hoffentlich ist es nur eine typisch indische Magenverstimmung … Trotz ihres maladen Zustandes begleitet sie Gernot hinauf ins „Exotic“ Restaurant, die steilen Stufen kommen ihr vor wie eine Himalaya-Expedition. Ilse ist eigentlich vollkommen fertig, an essen ist nicht einmal zu denken, also bestellt sie sich nur einen Schwarztee. Gernot kommt hingegen schon wieder nicht an den „Dal Makhani with Butter Naan (das ist eigentlich die richtige Schreibweise dieses indischen Fladenbrotes)“ vorbei, diesmal werden sie in einem nicht unhübschen Metall-Eimerchen serviert. 
Und wieder war dieses Linsengericht einfach nur köstlich, Gernot hat alles bis zum letzten Krümel aufgefuttert. Wir sitzen wieder direkt an der Brüstung und geben uns die Stimmung. Heute ist das Fest Diwali an seinem Höhepunkt, es werden ununterbrochen Knallkörper gezündet und bunte Raketen in den Himmel gejagt. Wie bei uns daheim zu Silvester. Und wer kein Geld dafür hat, der knallt wenigstens die Fensterläden auf und zu, Hauptsache, es lärmt ordentlich … Wir müssen dann rasch ins Zimmer zurück, Ilse ist komplett down. Im Zimmer kommt sie dann ewig lang nicht mehr aus der Toilette heraus, Brechdurchfall in Reinkultur. Gernot macht sich langsam echt Sorgen, noch dazu, wo er selber ein heftiges Bauchgrimmen und -zwicken verspürt. Beide dürfen wir keinesfalls krank sein, denn dann haben wir ein echtes Problem. Weil sich bei Gernot immer mehr der Bart zeigt, wird es Zeit, zum Barbier-Wallah zu gehen. 
 Wir haben ja nicht einmal Rasierzeug eingepackt, in Indien hat sich Gernot bei all seinen Reisen noch nie selber rasiert. Gegenüber vom Hotel „Metropolis“ ist bei einem Barbier ein Stuhl frei und Gernot nimmt Platz. In der kommenden dreiviertel Stunde wird Gernot dann nach allen Regeln der indischen Barbier-Kunst behandelt, Gesichtsmassage inklusive. Die führt der Wallah übrigens heutzutage nicht mehr mit seinen Händen und Fingern aus, dafür gibt es jetzt eine handliche Maschine. Sie schaut irgendwie aus wie ein Winkelschleifer, erfüllt aber voll ihren Zweck. Dann kriegt Gernot noch eine Spezialpaste gegen Mitesser ins Gesicht geschmiert und schaut für eine Viertelstunde aus wie ein trauriger Clown. Abschließend noch mindestens drei verschiedene Rasierwässer und Puder ins Gesicht geklatscht - fertig. Die ganze Prozedur war mit 480 (!!!) RP zwar exorbitant teuer, ein Inder würde sich über diesen Preis krummlachen. Aber Gernot ist so glattrasiert wie nie zuvor und das ist allemal 6 Euro wert. Am Retourweg kommt Gernot dann an Saschas Shop vorbei, er ist nicht da, dafür sein Bruder Aziz (den man Aschisch ausspricht). Mit einem strahlenden Lächeln und einem „This gift ist for you an your wife with a Happy Diwali fromm my brother“, will er Gernot zwei gigantische Schachteln mit Keksen und Pralinen überreichen. Das ist wieder typisch Indien! Jetzt weiß Sascha ganz genau, dass wir am Dienstag nach Varanasi fliegen, schließlich war er bei der Buchung erste Reihe fußfrei mit dabei. Und dann schenkt er jedem von uns 1 kg (!!) Süßigkeiten, die beiden riesigen Schachteln allein würden schon eines unserer Köfferchen füllen. Wurscht - schenken wir sie halt weiter. Aber vorher bleiben sie ohnehin noch im Shop, denn Gernot hat sich schnell eine Ausrede einfallen lassen, warum er die Geschenke grad nicht übernehmen kann. Und jetzt nix wie „back to the hotel“. Ilse schläft noch bzw. ist eher bewußtlos und Gernot setzt sich dann an den Computer, um unseren Blog am Laufenden zu halten. 
Das Bauchgrimmen wird dann immer heftiger, doch plötzlich lösen sich gute 2 Kubikmeter Luft aus dem Darm und danach schaut die Welt gleich besser aus. Gernot hat also nix und das mit Ilse wird schon wieder werden. Om Nama Shiva ya. Um 23 Uhr macht Gernot dann das letzte Licht aus, draußen explodieren nach wie vor im Minutentakt die Böller und Raketen. Gute Nacht …







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