Donnerstag, 11. August 2022

Gernot´s Vespa Touren im Juli und August 2022



Am 10. Juli hat Ilse ihre dreiwöchige Kur in Bad Häring angetreten und ich war plötzlich allein zu Haus. Kenne ich ansonsten das Wort Langeweile nur aus Erzählungen, so spürte ich schnell dieses Gefühl in mir hochkommen. Dem musste Abhilfe geschaffen werden. Natürlich hätte ich mit dem Wohnmobil verreisen können – aber wohin? Und alleine? So ganz ohne meine Ilse? Und natürlich auch ohne Vespa, denn ich kann sie schlecht alleine aufladen und ich wüsste nicht einmal, wie das mit den Spanngurten genau funktioniert. Also war dieser Gedanke schnell verflogen und ich hatte stattdessen plötzlich unbändige Lust, mit der Vespa eine lässige Tour zu unternehmen. Das Wetter war ideal dafür und so startete ich eines Morgens ganz einfach los, ich hatte nicht einmal ein ungefähres Ziel. Bei dieser einen Tour ist es dann nicht geblieben und im Folgenden erzähle ich ein bisschen von meinen lässigen Ausfahrten. Die haben mir schließlich derartig großen Spaß gemacht, dass ich, nachdem Ilse ihre Kur beendet hatte, gleich noch zwei Solo-Touren angehängt habe. Aber ab dann waren wir wieder nur mehr zu zweit unterwegs, wie sich das für ein Paar gehört 😊.

12. Juli 2022 - 1. Vespa-Solo-Tour     105km
Gestern abends, während eines langen Telefonates mit Ilse, ist mir die spontane Idee gekommen, doch mal eine lässige Runde mit der Vespa zu fahren. Auslöser dieser plötzlichen Eingabe war die liebe Ilse, denn sie meinte: „Fahr doch mal eine lässige Runde mit der Vespa.“ 😊 Das Wetter ist für eine Tour ideal, also breche ich am frühen Vormittag auf. Ohne Ziel.   
Zuerst fahr ich nur in die Stadt hinein, dann nach Hötting rauf und schließlich finde ich mich in Kranebitten wieder. Von dort verfüge ich mich auf die Zirler Bundesstraße und die vielen Kurven auf dieser Strecke machen mir schnell Lust auf mehr. Ich cruise dann bis Zirl und bleibe auf der Bundesstraße bis Telfs. Dort biege ich in Richtung Mösern ab, aber dann nehme ich doch die Abzweigung über Buchen. So komme ich sozusagen von hinten in die Leutasch, da war ich schon mal mit Ilse. Zwischendurch bleibe ich immer mal kurz stehen und vertrete mir die Beine, auch mein Hintern braucht ab und zu eine Entlastung. Sonst habe ich mit dem Fahren keinerlei Probleme und die Vespa selbst ist ohnehin das perfekte Spaßmobil. Sehr wendig und wenn es sein muss, dann kann sie auch richtig flott unterwegs sein. Aber im Bereich von 90 oder gar 100 km/h befinde ich mich selten, denn viel lieber genieße ich es mit einem 60er dahinzugleiten, denn dann krieg ich auch von der Landschaft ein bisschen was mit. In der Leutasch lockt mich dann eine Aussichtsbank auf eine Rast ein und ich schicke Ilse ein Foto 
der Gegend mit einem „Wo bin ich?“. Es wundert wenig, dass bereits 20 Sekunden später die Antwort „Leutasch“ zurückkommt, schließlich hat Ilse ein fotographisches Gedächtnis. 
Nach dem feinen Break bin ich auf wunderbar kleinen Straßen nach Weidach gekommen und ich wählte dann spontan den Weg durch die Leutascher Geisterklamm. Damit umfahre ich Scharnitz und auch den Grenzübergang, denn auf dieser kleinen Landesstraße gibt es keine Grenzkontrolle. Was mir aber eh wurscht sein kann. Ich bin diesen Weg schon einmal mit Ilse gefahren, kann mich aber nicht mehr erinnern, wo denn diese Straße wieder auf die Bundesstraße einmündet. Und ich bin dann regelrecht verblüfft, dass ich mich plötzlich mitten in Mittenwald befinde. Den Ort kenne ich gut, da war ich schon öfters. Darum weiß ich auch, dass man hier gut essen kann, es ist inzwischen Mittag und ich bin ziemlich hungrig. Ich cruise also zweimal um die Fußgängerzone herum, aber kein Wirtshaus und kein Gastgarten locken mich wirklich. Dann sehe ich aus dem Augenwinkel einen Kebap-Laden, fahre zu und muss bei lebendigem Leib zuschauen, wie sich der letzte freie Tisch besetzt. Im Lokal ist auch kein Platz, schade. Denn ein voller Laden spricht immer auch für die Qualität desselben und ein fescher „Kebap-Teller mit Reis und Alles“ wäre jetzt genau das richtige gewesen. Wurscht, ich find schon noch was. Also bin ich aus Mittenwald raus und Richtung Scharnitz gefahren, die Grenze erreichte ich schon nach wenigen Kilometern. Nach dem Umfahrungstunnel kommt bald einmal der kleine Ort Gießenbach und da bin ich, sind wir, schon unzählige Male mit dem WoMo durchgefahren. Darum weiß ich dort auch von einem Gasthaus mit dem netten Schild „Motorcycles Welcome“ und – hey – ich bin ja als Vespisti auch irgendwie ein Motorradfahrer. Also fahre ich zu und lass mich auf der Terrasse nieder. Es ist nicht viel los, ich bestelle mir einen kleinen Radler und ein Naturschnitzel mit Reis. Der Kellner ist noch nicht lange im Geschäft und versteht maximal die Hälfte von dem, was ich sage. Also spreche ich lieber Englisch, dann passts. Leider kommt das Naturschnitzel ohne einen einzigen Tropfen Sauce daher und auch der gemischte Salat ist nicht angemacht. Essig, Öl, Salz und Pfeffer finden auch nicht den Weg zu meinem Tisch, ich habe aber keine Lust, zu reklamieren. Dazu hätte ich ins Lokal gehen müssen, denn den Kellner habe ich überhaupt nicht mehr gesehen. Auch nicht, als ich bezahlen wollte – wurscht, das erledigte ich dann halt an der Bar. Ohne Trinkgeld natürlich, ein bisserl muss ich mich schon für dieses „Service“ revanchieren 😊Mein weiterer Weg hat mich zuerst nach Seefeld gebracht und danach bin ich den Zirler Berg hinunter geglüht. Mit unserem betagten Wohnmobil ist dieser Berg immer eine besondere Herausforderung, denn das extreme Gefälle droht schnell die Bremsen heiß werden zu lassen. Mit der Vespa schaut das natürlich ganz anders aus und wo ich darf, überhole ich auch. Das mach ich sicher zehnmal, dabei stört auch Gegenverkehr nicht, für die schmale Vespa ist leicht Platz. In Zirl beschließe ich dann, meinen Heimweg auf der anderen Innseite zu nehmen und über Kematen und Völs fahre ich nach Innsbruck zurück. Das war heute eine richtig lässige Tour und obwohl ich das Gefühl gehabt habe, relativ weit herumgekommen zu sein, war ich gerade einmal 105 Kilometer unterwegs. Das wird sich in den nächsten Tagen aber mit Sicherheit toppen lassen, denn jetzt hat mich das Vespa-Touren-Virus voll erfasst … 😊.

14. Juli 2022 - 2. Vespa-Solo-Tour     256km
Das Wetter präsentiert sich in der Früh eigentlich nicht so super, aber im Laufe des Tages sollte es überall schön werden, mit Temperaturen jenseits der 30 Grad. Wie ich in Innsbruck losfahre, habe ich keine Ahnung wohin es heute gehen könnte, dieses Ins-Blaue-Hineinfahren beginnt mir immer mehr zu gefallen. Als erstes glühe ich die vielen Kurven nach Vill und Igls hinauf, sozusagen zum Aufwärmen. Danach biege ich bei Patsch in die Alte Römerstraße ein und kurz vor dem Ort mit dem schönen Namen Hennenboden 
bleibe ich zum ersten Mal kurz stehen. Von hier aus komme ich nach ein paar Kilometern nach Mühlbachl und Matrei am Brenner. Ich beschließe auf den Brenner zu fahren und weil es dann eh bald einmal Mittag ist, werde ich bei unserem „Stamm-Wirtshaus“ eine Portion Spaghetti essen. Das Wetter hat sich inzwischen eingetrübt und über dem Brennerpass hängen dunkle Wolken. Wurscht, wenn es regnen sollte, dreh ich halt um. Über Matrei, Steinach und Gries komme ich dann zum Brenner, dort fahre ich zur letzten österreichischen Tankstelle zu, ich muss Benzin nachgießen. Und exakt in dem Moment, als ich aufs Linkszufahren zur Tankstelle warte, beginnt es plötzlich wie aus Kübeln zu schütten. Danke, das war’s für heute. Ich tanke voll, kauf mir noch einen gespritzten Apfelsaft und beim Moped ziehe ich mir die Regenklamotten an. Wie ich dann das schützende Flugdach der Tankstelle verlassen habe, regnete es kaum noch. War das nur ein einzelner Guss? Ich bin dann mal vorerst nicht nach Hause gefahren, sondern stattdessen in Richtung Gossensass. Sollte es dort immer noch regnen, dann setzt ich mich in eine Pizzeria und fahr danach heim. Viele Kilometer werden es nach Gossensass nicht sein und dort angekommen regnete es immer noch mittelstark. Ich gab dem Wetter noch eine Chance und fuhr bis Sterzing weiter. Und siehe da, kaum in Sterzing angekommen hörte es schlagartig zu regnen auf und sofort blinzelte die Sonne zwischen den dichten Wolken hervor. Ich legte eine kleine Rast ein und entledigte mich meines Regenschutzes. Dann suchte ich auf Google-Maps eine lässige Bergstrecke in der Nähe und sah, dass ich mich nur ein paar hundert Meter vor der Abzweigung zum Jaufenpass befand. Damit war der weitere Weg vorgezeichnet und ich schraubte mich Kurve um Kurve und Kehre um Kehre den Pass hoch. Ein absoluter Traum, ich hätte vor Freude laut schreien können. Es herrschte gar kein Verkehr, nur alle paar Minuten wurde ich von einem Motorrad überholt. Auf etwa der halben Strecke bremste ich mich vor einem Landgasthaus ein und setzte mich in den Gastgarten. Ich habe mir eine Bratwurst mit Pommes bestellt und dazu einen kleinen Radler getrunken. Ein feiner Break und danach bin ich wieder auf die Straße zurück und hab mich erneut dem ultimativen Fahrspaß hingegeben. Der Jaufenpass befindet sich auf fast 2.100 Metern und knapp unterhalb der Passhöhe sehe ich am Straßenrand einen Vespisti stehen. Natürlich habe ich mich neben der wunderschönen, blauen 250er eingeparkt und bin mit dem österreichischen Fahrer sogleich ins Gespräch gekommen. So habe ich den Peter Krenn kennengelernt, einen richtigen Vespisti, er schreibt grad ein Buch über seine Leidenschaft. Er hat eine digitale Spiegelreflexkamera um den Hals und macht, sozusagen aus der Hüfte geschossen, ein lässiges Bild von mir. Wir tauschen noch unsere E-Mail-Adressen aus, Peter schickt mir das Foto und ich ihm eines meiner Bücher, er kann sich’s aussuchen. Eine sehr nette Begegnung auf über 2.000 Metern Seehöhe. Dann verabschieden wir uns und ich glühe weiter die Passstraße hoch. Jetzt befinde ich mich schon über der Baumgrenze und der Rundumblick auf das herrliche Bergpanorama ist unbeschreiblich schön – zum Glück habe ich Fotos davon gemacht
😊. Immer wieder mal bleibe ich in Parkbuchten oder auf einer der Aussichts-Terrassen stehen, von der Bergwelt hier heroben kann ich mich nur schwer losreißen. 

Beim Gespräch mit Peter hat sich auch meine weitere Route verfestigt, ich werde nach dem Jaufenpass gleich das Timmelsjoch in Angriff nehmen, da geht’s noch einmal 400 Meter höher hinauf. Geil! Die Abfahrt vom Jaufenpass war für die Vespa natürlich eine feine Erholung, obwohl sie sich wirklich sehr tapfer schlägt auf den Bergstrecken. Kurz vor St. Leonhard bleib ich dann bei einer perfekt positionierten Aussichts-Bank stehen und schaue lange ins Passeier Tal hinein. Ich glaube nicht, dass ich hier schon jemals war, zumindest kann ich mich nicht daran erinnern. In St. Leonhard ist dann sofort das Timmelsjoch angeschrieben und ich werfe mich in großer Vorfreude den unzähligen Kurven entgegen. Auch auf dieser Strecke gibt es de facto keinen Verkehr, es ist eigentlich eine reine Vergnügungs-Straße, eine gute Nah-Verbindung oder gar eine Abkürzung ist diese Mautstraße wohl für niemanden. Und so werde ich nur hie und da von einem Motorrad oder einem Sportwagen überholt, ich fahr eh meistens brav rechts ran, wenn sich ein Fahrzeug im Rückspiegel nähert. Immer wieder lege ich kurze Pausen ein, für ein Foto oder einen Schluck Apfelsaft. Übrigens, im Gegensatz zum Jaufenpass kenne ich diese Strecke, ich bin sie vor ein paar Jahren mit Ilse gefahren. Damals wollten wir uns eigentlich das Motorrad-Museum direkt hinter der Mautstelle anschauen. Wir haben es vor Ort aber auf irgendwann später verschoben und dann ist es leider vollkommen abgebrannt. Mit all den unwiederbringlichen Einzel- und Sammlerstücken, unter anderem die Harley Davidson Nummer 2 (!). Das Herz möcht‘ einem bluten … 
Nach unendlich vielen Kurven bin ich dann zur Passhöhe des Timmelsjoch gekommen, die liegt auf fast 2.500 Metern. 
Die Grenze zu Österreich passierte ich ohne Kontrolle und unmittelbar nach der Mautstelle parkte ich mich ein. Direkt vor dem Eingang des Motorrad-Museum, das in den vergangenen Jahren wieder 1:1 aufgebaut worden ist. Schaut genauso aus wie früher, obwohl vom „alten“ Museum nicht einmal die Grundmauern erhalten geblieben sind. Kein Wunder, es ist ja nahezu ausschließlich aus Holz erbaut gewesen. So wie das Neue, auch wenn diesmal die elektrischen Leitungen GARANTIERT ANDERS verlegt worden sind und nicht mehr in (!) den ausgehöhlten Holzbalken …
😊
Im Restaurant-Cafe direkt neben dem Museum nehme ich auf der großen Terrasse Platz, jetzt muss sich erstmal mein Fahrgestell wieder einrenken. Vor allem der verlängerte Rücken sendet in immer kürzer werdenden Abständen Signale des Schmerzes, aber auch das Kreuz tut mir manchmal ziemlich weh. Aber der riesige Fahrspaß wirkt auf das Aua wie ein Narkotikum und ich brauch eigentlich nur ganz kurze Pausen, bevor ich wieder 10 oder 20 Kilometer weit schmerzfrei fahren kann. Am Timmelsjoch verlängere ich meine Pause um einen Cappuccino und eine fulminante Erdbeer-Schnitte, danach verfüge ich mich wieder gestärkt auf die Ötztal-Bundesstraße. Die bringt mich zuerst nach Sölden runter und wie ich dort ankommen, spüre ich so richtig die Sommerhitze. 
Ich zieh mir die Jacke und die Handschuhe aus und fahre im Kurzarm-Hemd weiter. Herrlich! Mittlerweile weiß ich auch meinen weiteren Heimweg. Ich werde nicht das ganze Ötztal entlangfahren, sondern zuerst nach Ochsengarten hinauf und dann durchs Kühtai und Sellraintal düsen. Passt! 
In Umhausen bin ich dann von der Hauptstraße abgebogen, denn ich glaubte, dass es von hier aus nach Ochsengarten und ins Kühtai hinaufgehen würde. Zwar suchte ich vergeblich ein Hinweisschild ins Kühtai, dafür aber einen Wegweiser nach Niedertai. Also folgerte ich messerscharf: Kühtai und Niedertai, same same but different und begab mich auf die gut 7 Kilometer lange Bergstrecke. Oben angekommen ging es aber nicht weiter ins Kühtai, sondern überhaupt nirgendwo mehr hin. Denn die Straße mündete in einen großen Parkplatz, von dem gleich mehrere Wanderwege abgingen. Also nix mit Vespa. Zur Vorsicht erkundigte ich mich bei Google-Maps nach dem richtigen Weg und fuhr schließlich via Umhausen weiter nach Ötz. Und gleich am allerersten Wegweiser in Ötz fand sich das wunderbare Schild nach Ochsengarten. Und wieder führte mich eine extrem lässige und kurvenreiche Straße hunderte Höhenmeter hinauf. Erneut war ich nahezu völlig allein unterwegs und wieder hätte ich jubeln können vor lauter Gaudi. Am großen Stausee unmittelbar vor dem Ort Kühtai habe ich dann eine lange Rast gemacht, mein Sitzfleisch brauchte dringend Erholung. 
Auf einer der vielen Bänke legte ich mich dann sogar ein wenig nieder, die vielleicht zehn Minuten lange Ausstreckung war Balsam für meinen Rücken. Bestens ausgeruht bin ich dann durch Kühtai durchgefegt, der im Sommer fast völlig verlassene Wintersportort liegt auf exakt 2.020 Metern. Von da an ging es dann nur mehr bergab und ohne Rast fuhr ich durchs gesamte Sellraintal durch. Gestoppt hat mich nur eine Baustelle, danach ist es wieder flott bis Kematen dahingegangen. Und als hätte ich heute noch nicht genug Kurven durchfahren, bin ich dann in Kematen nach Omes abgebogen und schließlich über Axams, Götzens, Mutters und Natters nach Innsbruck zurückgefahren. Dort habe ich mich dann leidlich müde auf die Couch fallen lassen – nach exakt 256 Kilometern. Was war das für ein Mega-Traum-Tag heute, da gehen einem ja wirklich die Superlative auf. Und es gibt im näheren Umkreis noch so viele geile Touren, ich kann es kaum erwarten, wieder auf die Vespa zu steigen und einfach loszufahren …

19. Juli 2022 - 3. Solo-Vespa-Tour     354km
Das Wetter ist traumhaft schön und schon am frühen Vormittag fahre ich los. Zuerst habe ich gar kein Ziel, aber wie ich am Innsbrucker Stadtteil Mentlberg im Westen der Stadt vorbeifahre, weiß ich, dass es heute ins Tiroler Oberland geht. Nach Völs und Kematen komme ich über die schönen Dörfer Inzing, Hatting, Polling, Flaurling Oberhofen und Pfaffenhofen nach Telfs. Jetzt ist vorerst Schluss mit den kleinen Landstraßen, denn ich muss hier auf die langweilige Bundesstraße wechseln. Auf der ich noch dazu meist schneller unterwegs bin, als ich eigentlich will. Aber ich kann ja schlecht mit einem gemütlichen 50er dahinschleichen, da bin ich dann eher ein Verkehrshindernis. Also glüh ich mit einem 80er, 90er dahin, auch deshalb, damit ich so rasch als möglich wieder zu den kleinen, kurvenreichen Streckenabschnitten komme. Und so komme ich bald einmal nach Stams und biege spontan zum großen Stift ab. Hier war ich in den 1970er Jahren drei Jahre lang im Internat und ich habe die Zeit in guter Erinnerung. Ich komme ganz gerne hier her, äußerlich hat sich das große Stift natürlich kein bisschen verändert, auch die Parkanlagen schauen genau gleich aus, wie vor 50 Jahren. 
Hier kann ich immer ein wenig in Erinnerungen schwelgen und das war heute sicherlich nicht mein letzter Besuch. 
Ich fahr dann weiter und über Silz, Haiming und Roppen reite ich gegen 11 Uhr in Imst ein. Beim Durchfahren einiger Kreisverkehre bin ich dann irgendwann falsch abgebogen und anschließend einige Zeit im Stadtzentrum von Imst herumgekrebst. Dann endlich bin ich am verheißungsvollen Hinweisschild nach Landeck vorbeigekommen und schon war ich aus dem Verkehrsgewühl heraussen und wieder nahezu allein unterwegs. Es fährt ja jeder über die Autobahn. Ich nicht, ich habe ja nicht einmal eine Vignette am Moped kleben. Brauch ich auch nicht. Tja – Denkste! 
Denn wie ich locker in Zams ankomme, sagen mir riesige Schilder, dass die Durchfahrt durch Landeck gesperrt ist, man muss auf die Autobahn und den Umfahrungstunnel ausweichen. Wie jetzt? Man wird hier zur Autobahn-Vignette gezwungen? Und was macht ein Mopedfahrer, der durch Landeck muss, weil das Obere Gericht sein Ziel ist? Da muss es eine Ausnahme geben, also fahr ich einfach so auf die Autobahn auf – der Umfahrungstunnel MUSS gratis sein. Tja, leider habe ich dann die Abzweigung zum Landecker Tunnel verpasst und musste weiter durch den ewig langen Perjen-Tunnel fahren. Eh nicht ganz so übel, vielleicht könnte man ja so die Sperre von Landeck umfahren. Konnte man nicht! Also bin ich bei Pians abgefahren und sofort wieder auf die Autobahn rauf und zurück nach Zams – wieder durch den Perjen-Tunnel, alles mit einem 100er. Na super. Ich bin dann nach Zams hineingefahren, es wurde eh Zeit zum Tanken und bei der Gelegenheit kaufte ich mir gleich eine digitale Autobahn-Vignette für 10 Tage. Zwar bin ich grad schwer illegal ohne „Pickerl“ unterwegs gewesen, aber vielleicht gilt der jetzige Kauf als tätige Reue oder so. Wir werden sehen. Jedenfalls habe ich mich dann wieder auf die Autobahn verfügt, fand diesmal die richtige Zufahrt zum Umfahrungstunnel Landeck und fegte mit einem guten 80er durch die 6 Kilometer lange Röhre. Jetzt war ich im Oberen Gericht angekommen, wie dieser Tiroler Bezirk genannt wird. Schnell war ich an Prutz und Ried vorbei, bei Tösens bin ich dann von der Bundesstraße abgefahren. Meine erste Frau kommt aus dieser Gegend und ich bin die kleinen Straßen rund um ihren Geburtsort „Stein“ oft gefahren. Mit der Vespa ist das noch einmal so lässig und ich cruise mit maximal einem 50er dahin. Nach den Weilern Tschuppach, Schönegg, Stein und Birkach komme ich in den winzigen Ort Lafairs, dort kenne ich seit ewigen Zeiten den „Lafairser Hof“, ein großes Hotel mit Restaurant. Ich setz mich auf die schöne Terrasse, genieße die ersehnte Pause und bestelle mir einen Radler sowie Spaghetti Bolognese. Wie die Nudeln dann serviert werden, sehe ich gleich, dass diese Pasta mit einer „Bolognese“ rein gar nichts zu tun hat. Es handelte sich stattdessen um ein vegetarisches Gericht, mit getrockneten Tomaten, Pilzen und Walnüssen. Auch nicht schlecht, mal was anderes. Irgendwann kam dann der Kellner vorbei und beiläufig machte ich ihn auf den Küchenfehler aufmerksam. Keine Beschwerde oder so, nur der Hinweis. Sofort entschuldigte er sich wortreich und wollte den Teller gleich wieder abservieren. Das habe ich aber nicht zugelassen, schließlich war ich grad mitten im Futtern und das Essen war ja eh gut. Passt schon, Meister. Wie dann die Rechnung gekommen ist, war darauf nur der Radler vermerkt. Nicht mal der von mir extra bestellte Salat war verrechnet. Ich protestierte dagegen dann aber vergeblich, denn dem „Das war allein unser Fehler“ hatte ich wenig entgegenzusetzen. Nur die 10 Euro Trinkgeld, um genau zu sein
😊Von Lafairs sind es nur drei, vier Kilometer bis nach Pfunds und unmittelbar danach beginnt schon die Steigung nach Nauders und zum Reschenpass hinauf. Am Anfang der Strecke geht es durch einige Tunnel und Lawinengalerien, danach schlängelt sich die Reschen-Bundesstraße an Felswänden vorbei, bis Nauders ins Blickfeld kommt. Bei einer Tankstelle kurz vor dem Grenzübergang kaufe ich mir einen unverschämt kalten Eistee, danach fahre ich bis zum Reschensee durch. 
Der liegt nicht nur sehr idyllisch da, mit dem aus dem Wasser ragenden Kirchturm ist er sogar absolut einzigartig. Natürlich kann ich mir dieses Fotomotiv nicht entgehen lassen und bleibe dann eine gute Viertelstunde am Ufer sitzen. Herrlich! Körperlich geht es mir super, hie und da tut mir halt das Kreuz und ein bisserl der Arsch weh, aber mit vielen Mini-Pausen lässt sich das locker managen. Dass es erst fünf Monate lang her ist, dass ich einen Herzinfarkt mit anschließender 4-fach Bypass-Operation gehabt habe, spüre ich übrigens überhaupt nicht. Alles wie vorher, schon erstaunlich das Ganze … 
Nach dem lässigen Break am Reschensee schraubte ich mich dann wieder in Richtung Talboden hinunter, mein nächstes Ziel ist die Kurstadt Meran. Der Verkehr auf dieser vielbefahrenen Hauptstraße des Vintschgaus ist enorm und rollt wie eine Blechlawine durch die schöne Landschaft. Heute muss ich sogar manchmal überholen, es sind doch einige Ausflügler unterwegs, die sich ein wenig die Gegend anschauen. Dafür habe ich während des Fahrens kaum einen Blick, vor allem nicht auf Bundesstraßen. Da habe ich nur die nächsten hundert Meter der Straße vor mir im Auge und natürlich die anderen Verkehrsteilnehmer. 
Schauen kann ich dann eh bei den Pausen, ich bleib ohnehin alle 10, 15 Kilometer stehen. Bei einem längeren Break erkundige ich mich auf Google-Maps nach einem möglichst lustvollen Heimweg. Und schau – direkt von Meran aus kommt man ins Passeiertal und danach auf den Jaufenpass. Ist das geil! Kann ich diese unbeschreiblich lässige Bergstrecke also auch von der anderen Seite her genießen. So komme ich in großer Vorfreude nach Meran und gehe dort gleich einmal im Verkehrsgewühl verloren. Natürlich bin ich beim Navigieren durch einen mir unbekannten Ort ohne Ilse völlig aufgeschmissen, aber zu meiner Ehrenrettung sei gesagt, dass es wirklich schwierig ist, den Verkehr UND die Straßenschilder gleichzeitig im Auge zu behalten. Irgendwann gerät dann ein Imbisswagen in mein Blickfeld und ich fahre zu. Zuerst gönne ich mir einen wunderbaren Orangensaft und danach frage ich den Würstelbrater nach dem Weg ins Passeiertal. „Da vorne aus dem Kreisverkehr die dritte Ausfahrt raus, dann ist es eh schon angeschrieben.“ Genau so war es dann auch und bald einmal cruiste ich durchs wunderschöne Passeiertal. Was für eine begnadete Gegend! Immer wieder bleibe ich stehen, ja muss ich stehen bleiben – es ist einfach herrlich hier. Nicht ganz so schön war dann ein Linienbus (!) der mich eine ganze Zeit lang schwer bedrängt hat. Auch wenn ich ihm mal auf einer Geraden mit einem 100er davongefahren bin, war er drei Kurven später schon wieder 10 Meter hinter mir. Also bin ich halt rechts rangefahren und hab den Raser vorbeigelassen, er hatte übrigens zahlreiche Fahrgäste an Bord … 
In St. Leonhard bin ich dann natürlich beim Gasthof „Sandwirt“ stehen geblieben, ist das doch das Geburtshaus von Andreas Hofer.   
Dass es heute Ruhetag hat stört mich nicht, ich wäre sowieso nicht eingekehrt. Wie ich mein Moped einparke glaube ich es ja überhaupt nicht mehr, denn ein als Andreas Hofer verkleideter Mann steht vor seinem Audi mit deutschem Kennzeichen. Der Typ ist eine 1:1 Kopie vom Sandwirt, natürlich in der originalen Passeier-Tracht, mit Tiroler-Hut und einem mächtigen Rauschebart. Auf seinem Ranzen hatte er die Initialen A und H eingestickt – ein echter „Flanier-Hofer“ also! Und er war dann sichtlich enttäuscht, dass ich ihn nicht fotografiert habe, er hat ja nur darauf gewartet, dass ich ihn deswegen anspreche. Aber mir genügt das Foto vom Gasthaus „Sandwirt“, auch wenn das natürlich auch längst nicht mehr original ist … 
Gleich noch in St. Leonhard beginnt die Steigung zum Jaufenpass hinauf, quasi direkt neben der Dorfkirche. 
Die folgenden Kilometer sind eine einzige Aneinanderreihung von Kurven, engen Kurven, ganz engen Kurven, Haarnadeln, Kehren und ein paar kurzen Geraden. Unbeschreiblich schön und die brave Vespa zieht mich flott hinauf bis zur Baumgrenze. Natürlich bleibe ich immer wieder mal stehen und genieße die Ausblicke auf die majestätische Berglandschaft. Beim Lokal auf der Passhöhe parke ich mich neben unzähligen Motorrädern ein, im Moment bin ich der einzige Vespisti hier, das kann sich aber schnell ändern. Ich konsumiere nichts, auch weil mir der Andrang zu groß ist. Lieber bleib ich dann weiter unten bei jenem Gasthaus stehen, wo ich beim letzten Mal schon eingekehrt bin. Die Fahrt vom Jaufenpass ins Tal war dann eine ganz besonders lässige, weil ich nie ein Fahrzeug vor oder hinter mir hatte, ich konnte völlig frei mein eigenes Tempo fahren. Und natürlich auch jede offene Kurve schneiden, welcher Zweiradfahrer liebt das nicht? Beim Gasthaus angekommen freute ich mich auf einen Cappuccino und einen Kuchen und nahm erwartungsvoll auf der Terrasse Platz. Ich war nicht der einzige Gast und brav wartete ich auf die Bedienung. Tja, manchmal läufts nicht so, wie es sollte – ich saß da wie bestellt und nicht abgeholt. Nach einer Viertelstunde bin ich schließlich aufgestanden und hab meine Vespa-Tour fortgesetzt, ausgerastet war ich ja nun
😊. Leider findet jede lässige Strecke irgendwann ihr Ende und wie ich vom hochalpinen Gelände in Sterzing angekommen bin, hatte ich ein bisschen das Gefühl, ich wäre wieder in die Zivilisation zurückgekehrt. Wegen der Häuser und Kreuzungen und so … Von Sterzing sind es nur mehr ein paar Kilometer bis auf den Brenner und ich bin dort gar nicht stehen geblieben. Hunger hatte ich keinen und sonst lockte mich nichts. Dafür bin ich wieder bei der Grenz-Tankstelle stehen geblieben, meine rote Prinzessin hatte mal wieder Durst. Ich löschte den meinen mit einem eiskalten Red Bull und machte mich danach auf die letzten 40 Kilometer nach Innsbruck. Die bewältigte ich dann ausschließlich über die Brenner-Bundesstraße, die ab dem Ort Schönberg als El Dorado für Motorradfahrer gilt. Weil ich als Kind einmal mitgezählt habe weiß ich, dass es auf den 10 Kilometern von Schönberg bis zur Mutterer Auffahrt genau 77 Kurven zu durchfahren gibt und ich habe jede einzelne davon genossen. Danach noch schnell die letzten paar Innsbrucker Straßenzüge bis zu unserer Haustür abgespult und die 3. Vespa-Solo-Tour war erledigt. Ich war das übrigens auch, aber bei 354 gefahrenen Kilometern ist das wenig verwunderlich …

20. Juli 2022 - 4. Vespa-Solo-Tour     256km
Gestern erst bin ich von einer 354-Kilometer-Tour zurückgekommen, was mich aber nicht daran hindert, schon wieder aufzubrechen. Heute sogar mit einem Ziel – ich werde mich mit meiner Tochter Nadja im Pillersee-Tal treffen, genauer gesagt irgendwo bei Fieberbrunn. Sie hat dort beruflich zu tun und wir werden zu Mittag was essen gehen. So ist der Plan. Das Pillersee-Tal liegt im Tiroler Unterland und man erreicht es über St. Johann in Tirol. Schon dieses Etappenziel liegt gut 100 Kilometer von Innsbruck entfernt und es führen viele Wege dorthin. Ich könnte die komplette Strecke über die Bundesstraße fahren, aber natürlich entscheide ich mich für den möglichst kurvenreichsten Weg. Und der führt mich zuerst über Thaur nach Absam, von dort geht’s weiter durch das herrliche Gnadenwald, eine Strecke, die ich schon sehr oft gefahren bin. Die bringt mich dann nach Terfens und über Vomp komme ich schließlich nach Schwaz. Wenngleich nur ins Gewerbegebiet der Silberstadt, wo ich mich durch mehrere Kreisverkehre quälen muss, bis ich endlich Stans erreiche. Und ab hier wird es dann wieder wunderbar, denn unterhalb von Schloss Tratzberg 
schlängelt sich eine extrem kurvenreiche und noch dazu frisch asphaltierte Straße vorbei. Es geht ununterbrochen links und rechts, eine S-Kurve reiht sich an die nächste. Aber leider nur bis Jenbach und ab da wird es wieder deutlich langweiliger. Denn hier wechsle ich sozusagen auf die andere Innseite und über Strass im Zillertal, Brixlegg und Kundl

fahre ich durch bis Wörgl. Alles auf der langweiligen Bundesstraße und immer mit über 90 km/h. In Wörgl ist dann für die Autos Stopp-und-Go angesagt, ich hingegen überhole die ganze Kolonne und bin an jeder der zahlreichen Ampeln in der Pole Position. Für ein bisschen mehr Fahrspaß habe ich dann meinen weiteren Weg über Kufstein genommen und bin unmittelbar vor der Festungsstadt rechts auf die Eiberg-Bundesstraße abgebogen. Die bin ich noch nicht so oft gefahren und sie bietet doch einige fesche Kurven, sogar eine richtige Kehre. Aber schließlich kam ich doch wieder auf die Loferer Bundesstraße und in weiterer Folge trudelte ich in St. Johann ein. Kurz überlege ich, irgendwo auf einen Kaffee einzukehren, aber ich treffe ich mich eh bald mit Nadja zum Mittagessen. Also fahr ich weiter und auf der so genannten Steinplatte biege ich ins Pillersee-Tal ab. Ich kenne diese Gegend überhaupt nicht, wenn überhaupt, dann war ich nur während meiner Zeit beim Tirol TV einmal hier oder bin mit meinem Kameramann Romed durch das Tal durchgefahren. Wurscht – heute bin ich da. Eine sehr kurvige Straße bringt mich nach St. Ulrich am Pillersee, eine sehr schöne Landschaft ist das hier. Ich fahre ein bisschen herum und halte schließlich bei einem Gasthof mit einladender Terrasse an. Es ist jetzt Mittag und ich rufe Nadja an, das wäre doch ein idealer Platz für ein fesches Essen. Leider ist Nadja noch lange nicht so weit, sie wird noch bis ca. 14 Uhr zu tun haben. No Problem, ich weiß mir schon die Zeit bis dahin zu vertreiben. Was ich aber nicht wusste, keine 10 Minuten später sollte ich schon auf einem Sessellift sitzen und zum so genannten „Jakobs-Kreuz“ hinaufschweben
😊
Die Idee dazu war mir spontan gekommen, als ich beim großen Parkplatz des Sesselliftes vorbeigefahren bin. Ich drehte sofort um, freute mich über den geringen Obolus für die Fahrt und schon war ich am Weg zu der Sehenswürdigkeit des Pillersee-Tals. Das „Jakobs-Kreuz“ gilt als das größte Gipfelkreuz der Welt, es ist 30 Meter hoch, begehbar und innen führt sogar ein Lift hinauf. Diesen Lift und auch die kostenpflichtige Besichtigung des Kreuzes habe ich dann aber ausgelassen, das große Restaurant lockte mich weit mehr. Als kleine Zwischenmahlzeit stellte ich mir eine Bratwurst mit Pommes in die Figur, dazu einen großen Radler. Das Berg-Panorama ist atemberaubend schön und ich schaue lange in die Landschaft hinein, einfach so. 
Wie so oft wird mir wieder einmal das Privileg bewusst, als Tiroler geboren worden zu sein. Ein reiner Zufall natürlich, ich hätte genauso gut in Mogadischu, Islamabad oder in der Sahelzone auf die Welt gekommen sein. Stattdessen darf ich in Tirol leben – Danke liebes Schicksal, danke bestens! 
Langsam ist es dann Zeit für die Talfahrt geworden und ich schwang mich wieder auf den luftigen Sitz des Sesselliftes. Je näher ich dann der Talstation gekommen bin, desto breiter ist auch mein Grinsen über mein unverschämtes Parken der Vespa geworden. Denn ich habe sie im Schatten der Talstation abgestellt, ca. 1,5 Meter vom Ausgang entfernt 😊.   
Schön ausgeruht bin ich dann zuerst nach Fieberbrunn gefahren, dort habe ich versucht, Nadja anzurufen. Sie hat offenbar noch zu tun, also bin ich zuerst nach St. Johann weiter. Auf dieser Straße war ich noch nie unterwegs und ich bin dann wirklich verblüfft, dass es gerade einmal 11 Kilometer bis nach St. Johann sind. Was für ein Abschneider, der Weg übers Pillersee-Tal war gut und gern dreimal so lang. Aber natürlich auch dreimal so freudvoll. 
Ich überlege dann, wo ich mich hier in der Nähe mit Nadja treffen könnte und da fällt mir gleich der „Stanglwirt“ in Going ein. Das sind von St. Johann nur ein paar Kilometer und ich brauch eh wieder eine Pause. Beim „Stanglwirt“ suche ich mir einen feschen Schatten-Parkplatz für meine brave Vespa und bestelle mir auf der Terrasse einen großen, gespritzten Apfelsaft.   
Herrlich. Etwas später kommt dann auch mein Lendenfrüchtchen angefahren und wir verbringen eine feine Zeit miteinander. Hunger haben wir beide keinen, eigentlich schade, denn hier könnte man bekanntlich gut essen. Während der Wartezeit habe ich mich übrigens bereits bei Ilse in Bad Häring angekündigt – sie freut sich schon. Ich verabschiede mich von Nadja und gehe eine weiter Zwischentappe auf meiner Tour an. Zum zweiten Mal bewältige ich heute den Eiberg, aber noch vor Kufstein biege ich nach Schwoich ab. Wieder eine Strecke, die ich noch nie zuvor gefahren bin, sie bringt mich aber direkt nach Bad Häring. Dort wartet bereits die schon sehr runderneuert wirkende Ilse auf mich und wir gönnen uns einen kalten Drink an der Bar der Kuranstalt. Ilse geht es gut, sie schwimmt jeden Tag völlig allein ihre Runden im großen Pool und mit dem Großküchen-Essen kommt sie auch halbwegs zurande. Lange bleibe ich dann aber gar nicht sitzen, ich habe schließlich noch einen ordentlichen Heimweg vor mir. Nach langen Umarmungen und dem schwerherzigen Abschied von meiner lieben Ilse schwinge ich mich wieder aufs Moped, ich werde erneut eine mir unbekannte Strecke fahren. Zuerst geht’s den altbekannten Weg nach Kirchbichl, aber dort biege ich nach Niederbreitenbach ab. Hier war ich noch nie, nicht mal mit dem Taxi. Vor dort schlängle ich mich nach Maria Stein und anschließend nach Angerberg, Ilse hat mich genau instruiert, also verfahre ich mich auch nicht. Ich lande schließlich bei den Reintaler Seen, ab da kenne ich mich wieder aus. In Jenbach finde ich dann locker die kleine Straße nach Schwaz, die ich bei der Herfahrt schon so genossen habe. Ich beschließe dann, dass ich ab jetzt überhaupt denselben Weg nehmen werde wie am Vormittag, also fahre ich über Terfens, Gnadenwald, Absam und Thaur zurück nach Innsbruck. Da komme ich irgendwann nach 18 Uhr an und eine wahrlich große Vespa-Runde findet auf der weichen Couch ihr Ende. Immerhin bin ich heute 265 Kilometer weit gekommen und im Kopf schwirren mir schon weitere Touren herum. Es gibt noch so viele lässige Möglichkeiten, das sollte ich wirklich voll ausnützen. Und so wird es auch kommen …

25. Juli 2022 - 5. Vespa-Solo-Tour     301km
Wieder einmal fahre ich ohne jegliches Ziel von daheim weg, es zieht mich vorerst in Richtung Unterland. Über Egerdach, Ampass und Volderwald komme ich via Alte Römerstraße nach Volders und von da über Wattens nach Schwaz. Irgendwo nach Schwaz beschließe ich dann ins Zillertal zu fahren, vielleicht bis ganz hinten hinein zum Schlegeis-Stausee oder zum Zillertaler Gletscher. Das sind verlockende Bergstrecken, die sollte ich mir nicht entgehen lassen. Durch den Brettfall-Tunnel entere ich das Zillertal und muss wieder einmal richtig angasen, denn auf der Bundesstraße ist mächtig was los und ich sollte mit dem Verkehr zumindest mitschwimmen. Dann fahre ich aber doch lieber zu den kleineren Nebenstraßen ab und im Zentrum von Ried sehe ich plötzlich das Hinweisschild zur „Zillertaler Höhenstraße“.   
Juhu, die kenne ich, die ist mein Kameramann Romed einmal mit mir gefahren und ich habe sie in sehr guter Erinnerung. Mit der Vespa muss diese spektakuläre Panorama-Straße (ja, so was gibt’s und als solche wird sie auch beworben) ja der absolute Traum sein – also nix wie hin. Die „Zillertaler Höhenstraße“ ist mautpflichtig, aber für mich und meine Vespa fallen nur 5 Euro Gebühr an, das geht. Es ist noch nicht einmal 10 Uhr und ich bin auf der wunderbaren Straße komplett alleine unterwegs. Wieder einmal könnte ich laut schreien vor lauter Glück und ich genieße jede einzelne Kurve. Mit jeder Kehre und eigentlich mit jedem Meter komme ich höher hinauf, trotzdem wird es – der Tageszeit entsprechend – eher wärmer als kälter.   
Einen besseren Tag hätte ich ja gar nicht erwischen können. Beim Ort Zellberg bleibe ich dann bei einem Gasthaus stehen, sie haben gerade aufgemacht und ich bin der erste Gast des Tages. Ich gönne mir einen sehr guten Cappuccino und genieße das atemberaubende Bergpanorama der Zillertaler Alpen. 
Was für ein majestätischer Anblick, man sieht bis zum Gletscher hinein jeden Gipfel und unter mir liegt das Zillertal in seiner vollen Pracht in der Sommersonne. Einfach nur mehr ein Traum, das alles … Bei der Weiterfahrt komme ich bis über die Baumgrenze hinaus, die Straße führt ja rauf bis über 2.000 Meter Seehöhe.   
Immer wieder mal könnte ich bei einem Ausflugs-Gasthaus stehen bleiben, aber mir ist mehr nach Fahren als nach Rasten. Irgendwann habe ich dann den höchsten Punkt der „Zillertaler Höhenstraße“ erreicht und ich schraube mich wieder Kurve um Kurve ins Tal hinunter. Inzwischen hat auch vermehrt Verkehr eingesetzt, allerdings kommen mir nur Fahrzeuge entgegen, selber überholt werde ich nicht. Insgesamt ist die „Zillertaler Höhenstraße“ 35 Kilometer lang und es ist wahrlich kein Marketing-Gag, wenn sie als eine der spektakulärsten Alpenstraßen bezeichnet wird. 
Sie endet dann im hinteren Zillertal bei Hippach, das liegt quasi neben Mayrhofen. Dort habe ich mal wieder Benzin nachgeschüttet und bei der Gelegenheit habe ich mir auch Handschuhe und Jacke ausgezogen, bei über 30 Grad braucht es die nicht mehr. Und wie fahre ich jetzt heim? Nun, als erstes ging es für mich nach Zell am Ziller und ohne lange zu überlegen bin ich in Richtung Gerlospass abgebogen. Warum nicht? Da komme ich unter anderem zu den Krimmler Wasserfällen und retour kann ich dann über Mittersill, den Pass Thurn und Kitzbühel fahren. Wow – da liegen heute aber noch viele, viele Kilometer vor mir. Aber das schreckt mich nicht, ich fühle mich top-fit, also gehen wir es an. 
Gleich einmal am Anfang der Gerlos-Bundesstraße kommt man bei einer schönen Wallfahrts-Kirche vorbei, vor 2 Jahren war ich mit Ilse hier.   
Darum bin ich auch zugefahren für ein Foto. Jetzt wusste ich, dass man mit der Vespa bis vor die Kirchentür fahren kann, also machte ich das auch. Aber, oh je, der ganze Vorplatz der Kirche war voller Leute, eine ganze Reisegruppe. Ich stell also die Vespa ab, da hör ich eine Frau sagen: „Manche können echt keinen Schritt zu Fuß gehen!“ Ich habe sie nur angeschaut, mir das rechte Hosenbein bis zum Knie hochgekrempelt und ihr meine Narbe gezeigt. Die reicht ja letztlich bis fast in den Schambereich und gibt natürlich ordentlich was her
😊 „Wissen‘S, ich habe es leider nicht mehr so mit dem zu Fuß gehen“, sagte ich noch und der Frau war das unendlich peinlich. Mit hochrotem Kopf stammelte sie noch eine Entschuldigung, herrlich! Ich musste wirklich aufpassen, dass man mir mein inneres Grinsen nicht auch äußerlich ansah … Nach dem Stopp bei der Kirche bin ich auf der Bundesstraße recht flott bis zum Ort Gerlos durchgefahren, immer so mit 70 oder 80 km/h. So geht’s natürlich dahin und nach ein paar weiteren, kurvenreichen Kilometern bin ich zum Durlassboden-Stausee gekommen. Jetzt war eine Rast fällig und bei einem Kiosk bin ich stehen geblieben. Der hatte zwar seinen Ruhetag (mitten in der Hochsaison?), aber die Terrasse war zugänglich. So konnte ich gemütlich an einem Tisch sitzen, meinen Eistee genießen und aufs tiefblaue Wasser des Stausees hinausschauen.   
Nach diesem Break warf ich mich dann wieder tapfer der Straße entgegen, bis ich von einer Mautstation gestoppt wurde. Obwohl ich hier schon zwei-, dreimal unterwegs war, ist mir offenbar entfallen, dass das hier eine Mautstraße ist. Wurscht, die 7,50 Euro bringen mich nicht an den Bettelstab, das ist mir diese lässige Straße allemal wert. Und schließlich brachte mich diese Straße dann auch zu den Krimmler Wasserfällen, die wahrlich spektakulär anzuschauen sind. Mit jeder Kehre bin ich dann immer näher herangekommen und musste natürlich des Öfteren anhalten, um das Naturschauspiel zu bewundern. Sehr schön. 
Direkt zu den Wasserfällen bin ich dann nicht zugefahren, den steilen Wanderweg neben dem Wasser traue ich mir nicht mehr zu. Aber ich kenne ihn eh von einem früheren Besuch. 
Mein nächstes Ziel war dann Mittersill, das liegt kaum 30 Kilometer von Krimml entfernt und weil es dabei über gut ausgebaute Straßen geht, sollte ich locker in einer halben Stunde dort sein. Es sollte dann aber ganz anders kommen 😊. Denn in Hollersbach, ein paar Kilometer vor Mittersill, sah ich im Vorbeifahren den Parkplatz einer Gondelbahn. Mit Sommerbetrieb! Die Vorstellung, jetzt vom heißen Talboden aus in lichte Höhen hinauf zu schweben, wirkte plötzlich so unwiderstehlich auf mich, dass ich mir sofort ein Hin- und Retourticket kaufte. Und dann saß ich schon allein in einer hübschen Gondel und zuckelte mit zwei Metern pro Sekunde auf den Resterkogel hinauf. Geil! 
Die Bergstation der Resterkogel-Bahn befindet sich auf 1.900 Meter, da heroben weht natürlich ein frischeres Lüfterl als drunten im Tal. Im Winter ist das hier ein beliebtes Skigebiet, aber auch im Sommer gibt die hochalpine Gegend einiges her. Eigentlich würde ich gerne was essen, aber keines der Speiseangebote lockt mich wirklich. Also trinke ich nur einen großen Radler und wandere danach ein wenig von einem Aussichtspunkt zum anderen. Wieder werde ich vom Bergpanorama völlig in den Bann gezogen, unglaublich, wie schön wir es überall in Österreich haben. Vor allem, wenn man auf den Bergen unterwegs ist …   
Irgendwann musste ich mich dann direkt von der Szenerie losreißen, aber es wartet noch ein gehöriger Heimweg auf mich. Von Hollersbach nach Mittersill ist es ein besserer Katzensprung und danach ging es den Pass Thurn hinauf. Der ist für mein braves, rotes Pferdchen nicht einmal eine richtige Bergprüfung, ich könnte auch mit einem 90er raufglühen. Das tue ich natürlich nicht, möglichst schonend prügle ich das Moped den Berg hoch, sie wird dabei nicht einmal richtig warm. Die Pause auf der Passhöhe brauche viel mehr ich, denn natürlich spüre ich langsam die vielen Kilometer.   
Ausgeruht geht’s dann Kitzbühel entgegen, aber ein paar Kilometer vor der Gamsstadt sehe ich aus dem Augenwinkel einen Kebap-Stand am linken Straßenrand. Für diese Form des Fast-Foods bin ich äußerst empfänglich und parke mich natürlich sofort ein. Ich kriege ein perfektes „Dürüm mit Alles“ und ein unverschämt kaltes Cola serviert und bin danach mehr als nur gestärkt für die letzten 100 Kilometer. 
Von Kitzbühel aus nehme ich dann den Weg durchs Brixental, den bin ich, sind wir, schon unzählige Male gefahren. Mit der Vespa ist das heute eine Premiere und es macht ungleich mehr Spaß als mit dem PKW. In Itter lasse ich es mir dann nicht nehmen, dass ich der Firma Fuchs einen Kurzbesuch abstatte. Unser treuer Wohnmobil-Mechaniker Karli steht zufällig vor der Werkstatt und er freut sich sehr über mein Vorbeikommen. Wir quatschen ein paar Minuten lang, dann fahr ich wieder weiter, vorerst über Bruckhäusl nach Wörgl. Danach weiter nach Kundl, aber hier entscheide ich mich, heute mal über Breitenbach zu fahren. Da war ich auch noch nicht oft, in Neu Delhi war ich viel öfter …😊. Von Breitenbach hat mich mein Heimweg dann wieder über die Reintaler Seen nach Kramsach, Wiesing, Münster, Jenbach, Schwaz und Vomp gebracht, ehe ich über Terfens, Gnadenwald, Absam und Thaur nach Innsbruck gekommen bin. Was war das wieder für eine lässige Tour heute, die mich – eigentlich völlig ungeplant – bis ins Salzburgerische hineingebracht hat. Insgesamt sind heute 301 Kilometer zusammengekommen und es werden garantiert nicht die letzten in diesen Tagen gewesen sein. Ein paar Tage lang bin ich noch Strohwitwer, das muss ich unbedingt in weitere Vespa-Solo-Touren ummünzen … 😊.

28. Juli 2022 - 6. Vespa-Solo-Tour     311km
Es ist wieder soweit – die unbändige Lust auf eine Vespa-Tour lässt mich schon früh aufbrechen, noch vor 9 Uhr starte ich los. Heute wieder einmal mit Ziel, ich werde zu den Königsschlössern nach Oberbayern hinausfahren. Das ist eine nette Tagesfahrt, als erstes cruise ich über die Zirler Bundesstraße nach Zirl rauf und über Pettnau weiter nach Telfs. Jetzt könnte ich natürlich einfach die Bundesstraße bis Imst weiterfahren, aber ich entscheide mich für den Weg über das Mieminger Plateau und den Holzleiten-Sattel. Zwar war ich erst gestern, bei einem Treffen mit Freunden und Journalisten, in Mieming, aber die Strecke ist so lässig, da stört mich auch wiederholtes Befahren nicht besonders. Nach dem Holzleiten-Sattel halte ich mich dann nicht weiter in Richtung Fernpass, sondern biege bei Nassereith links ab und schlängle mich über die lässige kleine Landesstraße über Dollinger und Tarrenz bis nach Imst. Heute fahre ich aber gar nicht in die Stadt hinein, sondern folge den Schildern, die zum Hahntennjoch weisen.   
Die Hahntennjoch-Straße gilt als eine der lässigsten Motorrad-Routen in Tirol überhaupt, die will ich mir nicht entgehen lassen. Bevor die Steigung losgeht, mache ich noch eine längere Pause und lass auch die Vespa ein wenig rasten. Dann sind wir beide ausgeruht genug, dass wir uns der extrem kurvenreichen Passstraße freudvoll stellen können. Erwartungsgemäß sind unzählige Motoradfahrer unterwegs und ich werde andauernd überholt. Das stört mich nicht, ich habe es nicht eilig und würde wohl auch mit einer Rennmaschine nicht so hinaufglühen, wie das manche tun. Aber das ist jedem seine Sache, gefährdet hat mich keiner. Immer wieder einmal
muss ich einfach stehenbleiben, denn das Bergpanorama ist überwältigend.   
Schnell kommt man auf dieser wunderbaren Straße in hochalpines Gelände, sie führt ja bis auf 1.900 Meter Seehöhe hinauf. Einfach unbeschreiblich schön. Das Wetter ist auch ein Traum, obwohl es immer noch Vormittag ist, hat es schon deutlich über 20 Grad, auch hier heroben. Bei der Passhöhe bleibe ich kurz stehen, der Kiosk lockt mich aber nicht, ich habe eh noch eine Flasche Eistee mit. Auch wenn der Inhalt seinen Namen schon nicht mehr verdient – Tee ist es aber immer noch … 
Danach geht es wieder den Berg hinunter, Kurve um Kurve komme ich dem Lechtal näher und in Bschlabs kehre ich wieder in bewohntes Gebiet zurück.   
Das war wirklich eine herrliche Bergstrecke, diese Straße über das Hahntennjoch ist wirklich sehr zu empfehlen. Die anschließende Fahrt durchs wunderschöne Lechtal ist dann ein einziger Genuss, der höchstens dadurch ein wenig getrübt wird, dass ich wieder einmal schneller fahren muss, als mir eigentlich lieb ist. Aber so komme ich zumindest flotter voran, ich habe ja noch einiges vor heute. Bald einmal bin ich in Weißenbach und fahre links in den Ort hinein. Von hier aus führt die Straße über den Gaicht-Pass hinauf ins einzigartige Tannheimer-Tal. Das ist das wohl schönste Hochtal Tirols, wir waren schön öfter zum Campen mit dem Wohnmobil hier. Darum kenne ich den Weg gut und weiß auch von einer Jausenstation, in der wir schon gut verköstigt wurden. So etwas vergesse ich nie
😊. Das kleine Gasthaus befindet sich unmittelbar nach dem Gaicht-Pass, ich fahr natürlich zu – jedoch vergebens. Ausgerechnet heute ist Ruhetag, sei ihnen natürlich vergönnt, dann komm ich halt, kommen wir halt, ein anderes Mal her. Ich weiß aber eh schon, wo ich zu Mittag essen werde. Dazu muss ich noch die paar Kilometer nach Grän weiterfahren, denn dort liegt jener Campingplatz, bei dem wir schon mindestens dreimal zu Gast waren. Und gegenüber gibt es ein sehr gutes Restaurant, wie gesagt, so etwas merke ich mir. Ich nehme also auf der Terrasse Platz und lass mir einen kleinen Radler und die Speisekarte bringen. Der Radler (0,3 Liter für 3,80) war dann meine einzige Konsumation, denn die Preise sind mir schlicht zu teuer geworden. Klar, ich könnte mir ein Wienerschnitzel vom Schwein um 23,80 genauso leisten, wie den Zwiebelrostbraten um 28,60. Oder den Blattsalat mit Putenbruststreifen für 21,90. Aber ich will nicht. Die sind mit den Preisen in den letzten drei Jahren um gut 40 bis 60 Prozent hinaufgefahren und das mache ich sicher nicht mit. Ich esse dann halt später irgendwo, da findet sich unterwegs sicher was. Von Grän aus sind es nur wenige Kilometer bis zur deutschen Grenze, einen offiziellen Übergang sucht man allerdings vergeblich. Dann geht es kilometerweit durch Wälder hindurch bis nach Pfronten und dort tauchen eh schon die ersten Hinweisschilder zu den berühmten Königsschlössern auf. Bald einmal sehe ich das pittoreske Schloss Neuschwanstein auftauchen, Disney hat das ja als Vorbild für sein Firmen-Logo genommen. 
Ich bleib bei einem der vielen Parkplätze stehen, aber die zum Schloss hinauf pilgernden Menschenmassen signalisieren mir klar und deutlich: Ausschnaufen, Fotos machen, Abfahrt! Und so ist es natürlich auch gekommen, das Schloss selber hätte ich mir (ohne Ilse!) sowieso nicht angeschaut und für ein hübschen Foto war ich eh nah genug dran. Mittlerweile habe ich beschlossen: Wenn ich schon in Oberbayern unterwegs bin, dann muss ich ganz einfach an den Kochelsee und bei Luis und Gitti vorbeischauen. Zur Vorsicht frage ich bei Google nach, wie weit es von Schongau, wo sich das Schloss befindet, bis nach Kochel ist. Die Antwort kommt nach 0,5 Sekunden – knapp 70 Kilometer. Na, das ist ja ein Freispiel – und schon machte ich mich auf den Weg zum Campingplatz Kesselberg.   
Das Wetter ist nach wie vor ideal zum Fahren, zwar werden die Wolken ein bisschen dichter, aber nach Regen schaut es nicht aus. Zuerst ist mir die Strecke nicht besonders vertraut, gefahren bin ich hier zwar schon, aber die Erinnerung setzt erst wieder in Murnau ein. In dieser Gegend waren wir wirklich schon oft, einmal haben wir sogar in Saulgrub übernachtet, an dem Ort komm ich auch vorbei. Und so bin ich dem Kochelsee Kilometer für Kilometer nähergekommen und schließlich habe ich mich direkt vor dem Luis eingebremst.   
Der ist grad aus der Küche gekommen und war von meinem Besuch ebenso überrascht wie erfreut. Gitti, Sohn Bene und Küchen-Fee Elisabetta waren auch da und allen geht es gut. Mir knurrte ordentlich der Magen und ich musste mir erst eine Currywurst mit Pommes inhalieren, damit das aufhörte. Danach noch einen Cappuccino und ein Stück Kuchen, man gönnt sich ja sonst nix. Während des Essens habe ich mich gut mit unseren Freunden unterhalten und natürlich unseren baldigen Besuch mit dem WoMo angekündigt. Sie haben bis jetzt eine sehr gute Saison gehabt, Corona ist eigentlich nur mehr eine Randnotiz und beeinflusst den Betrieb nicht mehr. Oder kaum, in Deutschland gilt ja noch Quarantänepflicht und Luis hat ein krankes Ehepaar am Platz. Die müssen den Covid-Scheiß noch ein paar Tage lang aussitzen, wenigstens dürfen sie das in ihrem Wohnwagen machen. Der Luis geht ihnen halt das Notwendigste einkaufen und hängt die Sackerln dann außen an die Wohnwagentür. Ein echter Ehrenmann! 
Ich hätte mich noch lange mit Luis, Gitti und Bene unterhalten können, aber das Wetter hat mir plötzlich gar nicht mehr gefallen. Jetzt waren wirklich dunkle Wolken aufgezogen und es könnte jederzeit zu regnen beginnen. Schnell war ich auf der Vespa drauf und als erstes durfte ich mich die vielen Kurven auf den Kesselberg hinaufschrauben.   
Wunderbar, einmal bin ich diese Strecke schon gemeinsam mit Ilse gefahren, damals haben wir mit der Vespa, vom Campingplatz aus, eine große Runde über Garmisch gedreht. Der Kesselberg ist als Motorradstrecke derart beliebt, dass er wegen des Ansturmes an Wochenenden für Einspurige gesperrt ist. Mir kann das wurscht sein, eine Vespa ist von diesem Verbot ausgenommen und außerdem ist heute Mittwoch
😊. Wirklich weit hinauf geht es ja am Kesselberg nicht, er wird ein bisserl über 800 Meter hoch sein. Vom höchsten Punkt aus sind es dann nur drei oder vier Kehren bis nach Urfeld, das am schönen Walchensee liegt. Danach kommt dann gleich der Ort Walchensee und am Ortsende hat dann schlagartig der Himmel seine Schleusen geöffnet. Ich bin sofort rechts rangefahren und habe mir in Rekordzeit meine Regenjacke und die Regenhose angezogen. Kurz habe ich überlegt, ob ich den Regen in irgendeinem Gasthaus aussitzen soll, aber dann bin ich doch weitergefahren. Denn erstens sieht das nicht nach einem schnellen Guss, sondern nach einer eher längeren Geschichte aus und zweitens bin ich nicht aus Zucker. Die Vespa auch nicht, sämtliche Formen der Querbeschleunigung durch Schräglagen sind halt Tabu und wegen dem verlängerten Bremsweg muss ich halt noch vorausschauender fahren. Außerdem sind es gerade mal 50 Kilometer bis Innsbruck, das schaffe ich doch locker. Lange Rede – kurzer Sinn: Ich habe es dann ganz locker geschafft und bin über Krün, Scharnitz, Seefeld, den Zirlerberg und letztlich die Zirler Bundesstraße nach Innsbruck zurückgefahren. Den Regen bin ich dabei nicht mehr losgeworden, aber die wirklich funktionelle Regenkleidung (Jacke und Hose haben gerade einmal 30 Euro gekostet) hat mir alle Nässe vom Leib gehalten. Und so konnte ich mich nach exakt 311 Kilometern Fahrt trockenen Fußes und rundum zufrieden auf die heimische Couch fallen lassen, das kalte Feierabend-Bier hatte ich mir heute redlich verdient. Morgen fahr ich übrigens schon wieder los, ich habe Ilse noch einen Besuch in Bad Häring versprochen. Allerdings werde ich die knapp 70 Kilometer bis dorthin lustvoll ausweiten, ich hab da schon so eine Idee …

29. Juli 2022 - 7. Vespa-Solo-Tour    245km
Der Kuraufenthalt von Ilse geht langsam aber sicher zu Ende, übermorgen darf ich sie wieder aus Bad Häring zurückholen. Drei Wochen Trennung genügen uns vollauf, wir sind ja üblicherweise Tag und Nacht zusammen. Ilse hat für uns übrigens das Privileg ausgehandelt, dass wir unser Wohnmobil direkt beim Kurhaus parken dürfen, der Direktor persönlich hat das genehmigt – eine Steckdose in der Garage können wir auch verwenden, sehr nett. Trotzdem haben wir dieses an sich großzügige Angebot nicht angenommen, wir fahren dann doch lieber auf einen Campingplatz, ich könnte ja alleine nicht mal die Vespa mitnehmen. Und nur im WoMo sitzen, um einen Pasch machen, das bringts auch nicht … Also nix mit Wohnmobil, aber ich habe Ilse gestern noch am Telefon angekündigt, dass ich sie heute noch einmal besuchen werde. Bad Häring lässt sich elegant in eine fesche Unterland-Runde einbauen, mal schauen, wo es mich genau hin verschlägt. Bereits am frühen Vormittag starte ich in Innsbruck los, natürlich in Richtung Osten und ich nehme wieder den Weg über Gnadenwald, Terfens und Vomp bis nach Schwaz. 
Auf die Strecke von Stans bis Jenbach habe ich mich schon daheim gefreut und ich genieße jeden Meter der kurvenreichen Straße. Heute fahre ich nicht durch Jenbach durch, sondern biege in der Ortsmitte zum Achensee ab, dafür nehme ich die steile Straße, die neben dem Kasbach verläuft. Es herrscht gar nicht mal wenig Verkehr, aber das stört mich nicht, denn wer zu langsam fährt, wird halt überholt. Mit der Vespa geht das locker, manchmal glühe ich gleich an mehreren Autos vorbei. So komme ich locker nach Pertisau und ab hier muss ich mal wieder auf eine stark befahrene Bundesstraße auffahren. Wurscht, den wunderschönen Achensee   
habe ich ohnehin bald hinter mir und dann warten sehr lässige Landstraßen auf mich. Natürlich bleibe ich auch heute immer wieder einmal stehen, diese kleinen Pausen sind stets eine Mischung aus Rasten, Fotografieren und schauen, schauen, schauen. In der Nähe des ehemaligen Grenzübertrittes zu Deutschland bleibe ich bei einem kleinen Kiosk stehen. Da war ich mit Ilse auch schon mehrmals Kunde, ich erinnere mich etwa an köstliche Kaminwurzen, die wir hier gekauft haben. Heute gönne ich mir ein St. Johanner Würstel, mit Brot und einem Red Bull. Nach dieser perfekten Zwischenmahlzeit habe ich meinen Weg fortgesetzt und bald einmal bin ich den Hinweisschildern in Richtung Tegernsee gefolgt. 
Da waren wir auch schon öfters, zwar haben wir hier noch nie gecampt, aber am Weg zum Kochelsee sind wir ein paarmal am Tegernsee vorbeigefahren. Heute wähle ich eine andere Route und nach dem Ort Gmünd fahre ich in Richtung Schliersee weiter. 
Die beiden Seen liegen keine 15 Kilometer weit auseinander und die Straße bringt mich wieder in die Nähe von Tirol. Auf den kleinen Landesstraßen bin ich oft das einzige Fahrzeug weit und breit, einfach nur schön. Am Schliersee lege ich eine längere Rast ein, eigentlich könnte ich eine Kleinigkeit zum Essen vertragen. Aber ich bin nicht wirklich hungrig und ein Schnitzel nur zum Spaß muss auch nicht sein. Ilse hat mir unterdessen einen genauen Plan zugeschickt, wie ich am günstigsten nach Bad Häring komme. Fein. Also hat mich mein weiterer Weg zuerst durch Bayrischzell durchgeführt, danach bin ich viele, viele Kilometer durch einen schönen Wald gefahren. Vom Schliersee bis an den Thiersee sind es gut und gern 40 Kilometer und kurz vor dieser Zwischenetappe muss ich unbedingt anhalten und ein Foto vom Vespa-Tachometer machen – zeigt der doch die schöne Zahl 16.000.   
Unser feuerrotes Spaßmobil ist also schon ganz schön weit herumgekommen und meistens sind wir zu zweit damit unterwegs gewesen. Übrigens hat unsere Vespa noch nie geschwächelt, wenn man von der defekt gewordenen Batterie absieht. Aber das ist ein Verschleißteil und sie hat eh fast 8 Jahre lang gehalten. Wenn man in den diversen Vespa-Foren mitliest, welche Probleme andere Vespisti mit ihren Rollern haben, so sind wir wirklich sehr zufrieden mit unserer Principessa Rossa. Allerdings lassen wir auch jedes Service machen und jedes Jahr kriegt sie einen Ölwechsel, eine neue Zündkerze und frische Bremsflüssigkeit. Diese pflegliche Behandlung zahlt sie uns dann mit unverbrüchlicher Treue und Standfestigkeit zurück, hoffentlich noch viele, viele Jahre lang. Übrigens, das Foto vom Tachometer habe ich am Parkplatz eines Gasthauses gemacht, wegen des Ruhetages blieb mir ein Mittagessen aber leider verwehrt. Schade, denn alleine schon wegen seines Namens wäre ich gerne beim „Zipfl-Wirt“ eingekehrt … 
Stattdessen bin ich nach Thiersee weitergefahren, der liegt schon jenseits der Grenze in Tirol. Auch am Thiersee ist Hochsaison, das schöne Sommerwetter hat zahlreiche Badegäste angelockt und es ist ein ordentlicher Betrieb rund um das Gewässer.   
Lange halte ich mich dann aber eh nicht auf, sondern fahre lieber die wenigen Kilometer nach Kufstein weiter. Jetzt bin ich schon ziemlich nah an meine liebe Ilse herangerückt, denn es trennt mich nur noch die Stadtdurchfahrt von Kufstein und danach der Weg über Schwoich von Bad Häring. Ich habe mich natürlich zeitgerecht bei Ilse angekündigt und wie ich dann auf das Gelände der Kuranstalt komme, sehe ich meine Frau schon auf mich warten. 
Wir gehen eine schöne Runde durch den Park spazieren und setzen uns dann auf eine Bank beim Weiher. Ich habe tatsächlich noch eine halbe, ziemlich trockene Semmel im Heckköfferchen, ein Überbleibsel vom St. Johanner Würstel am Achensee
😊. Das halbe Brötchen labt mich jetzt und mit nicht mehr ganz leerem Magen verabschiede ich mich nach einer guten dreiviertel Stunde von meiner Ilse. Übermorgen steht dann endlich die finale Rückholung meiner Frau an, Zeit wird’s … Von Bad Häring führen mehrere Wege nach Innsbruck, ich entscheide mich, wieder über Kirchbichl, Maria Stein und die Reintaler Seen heimzufahren. 
Auch wenn ich diese Strecke erst vor wenigen Tagen gefahren bin. Aber so schnell wird mir dieser Weg nicht langweilig, schließlich komme ich fast nie in diese Gegend. Nach dem Durchstauen des Gewerbegebiets Schwaz bin ich zuerst noch in Vomp kurz einkaufen gegangen, danach bin ich bis Terfens geglüht. Dort bin ich dann aber ausnahmsweise nicht nach Gnadenwald abgebogen, sondern bin bis Baumkirchen auf der Landstraße geblieben. Dann habe ich den Inn überquert und bin über die Alte Römerstraße zuerst nach Volderwald gekommen und von dort über das so genannte „Hasental“ bis Ampass gecruist – jetzt sind es keine zehn Minuten mehr bis zur heimischen Garage. Das waren wieder extrem lässige 245 Kilometer und wenn man so will, dann habe ich heute eine richtige Seen-Runde gedreht: Achensee, Tegernsee, Schliersee, Thiersee und dann in Bad Häring meine Ilse „seen“
😊. Am Sonntag werde ich Ilse von Bad Häring zurückholen und dann werden wohl auch meine liebgewonnenen Vespa-Solo-Touren Geschichte sein. Obwohl ich sicher bin, dass Ilse nichts dagegen hat, wenn ich ab und zu alleine ausfahre. Mal schauen …

5. August 2022 - 8. Vespa-Solo-Tour     251km
Ilse ist schon seit einigen Tagen wieder zu Hause und bereits in einer Woche brechen wir zu einer größeren WoMo Reise auf, die uns in die Steiermark und nach Wien bringen wird. Dass ich vorher noch einmal eine Vespa-Solo-Tour unternehme war eigentlich gar nicht geplant. „Schuld“ daran ist unser Freund Hans, der auf Facebook unter einen meiner Tour-Berichte gepostet hat: „Man sieht, dass du gerade ohne Aufsicht bist. Aber wenn Ilse wieder da ist, wird Schluss mit den Solotouren sein.“ Und so bin ich überhaupt auf die Idee gekommen, denn Ilse meinte zum Posting von Hans: „Blödsinn. Du kannst natürlich alleine wegfahren, wenn du Lust dazu hast.“ Tja, und heute hatte ich wieder diese Lust auf eine Vespa-Tour und bin schon am frühen Vormittag aufgebrochen. Zuerst hatte ich gar kein Ziel und bin einfach mal über Völs, Kematen, Inzing, Hatting, Polling, Flaurling und Pfaffenhofen nach Telfs gefahren. Obwohl ich diese Strecke schon unzählige Male gefahren bin – alleine mit dem Taxi war ich dutzende Mal in dieser Gegend unterwegs – taugt sie mir immer noch und ich bin sie auch schon öfters aus reinem Vergnügen gefahren. Einfach, weil sie so lässig von einem Dorf zum anderen führt, da ist noch viel „vom alten Tirol“ zu erkennen. Und das mag ich. Mittlerweile hat sich auch mein Tagesziel herauskristallisiert – ich werde ins Kaunertal fahren, aber über viele lustvolle Umwege. Darum bin ich von Telfs nicht über die öde Bundesstraße nach Imst gefahren, sondern habe erneut den Weg über das Mieminger Plateau, den Holzleiten-Sattel, Nassreith, Dollinger und Tarrenz genommen.
Von Imst aus bin ich dann schnurstracks ins Pitztal hineingefahren, eine traumhafte Gegend und eine wunderbare Straße erwarteten mich dort. Ich konnte nicht widerstehen und bin gleich das ganze Pitztal entlanggefahren, bis nach St. Leonhard hinein und weit darüber hinaus. 
Je höher ich hinaufgekommen bin, desto kälter ist es auch geworden und ich war sehr froh über meine neuen Handschuhe. Die musste ich mir anschaffen, weil dieser Tage einer meiner Lederhandschuhe verloren gegangen ist. Jetzt habe ich richtige Motorrad-Handschuhe, schön rot und mit mächtigen Protektoren. Irgendwann wird es mir dann wirklich zu frisch und ich drehe um. Zuerst geht es die gleiche Straße zurück bis nach Wenns, von dort biege ich dann in Richtung Piller ab. Eine extrem lässige Strecke bringt mich dann auf den Piller hinauf und dort pausiere ich natürlich beim Aussichtspunkt „Gaacher Blick“. Das Wort „gaach“ steht im Tiroler Dialekt für „schnell“ und damit ist gemeint, dass man von hier aus auf einen schnellen Blick das ganze „Obere Gericht“, wie dieser Bezirk genannt wird, überschauen kann. Es bietet sich ein wirklich spektakulärer Ausblick und vom Aussichtspunkt aus fällt eine Felswand hunderte Meter senkrecht bis ins Tal hinab. Echt lässig, ich war schon ein paarmal hier und bin noch jedes Mal stehen geblieben. 
Nach dem Stopp beim „Gaachen Blick“ habe ich meinen Weg wieder fortgesetzt und bin über kleine und noch kleinere Verbindungsstraßen ins Kaunertal hinuntergekommen. Jetzt war wieder Bundesstraße angesagt, aber weil kaum ein anderes Fahrzeug unterwegs war, konnte ich frei mein eigenes Tempo bestimmen. Die Lust auf Kaffee und Kuchen hat mich dann bei einem großen Hotel-Restaurant anhalten lassen und ich gönnte mir auf der Terrasse einen herrlichen Cappuccino und eine fulminant gut schmeckende Erdbeertorte mit extra viel Schlag. Köstlich! 
Dermaßen gestärkt bin ich dann weiter ins Kaunertal hineingefahren, oft war ich hier noch nicht unterwegs, mit Ilse überhaupt noch nicht. Darum weiß ich auch nicht, dass die Straße, die zum Kaunertaler Gletscher führt, mautpflichtig ist. Tja, soll ich oder soll ich nicht? Wert wäre es sicher, aber letztendlich erkundige ich mich nicht einmal über den Preis. Denn ein Blick in den Himmel zeigte zunehmend dunkle Wolken über dem Gletscher – sehr dunkle Wolken. Und sie bewegten sich, ebenso rasch wie eindeutig, in meine Richtung, also drehte ich um. Das sind eindeutig Gewitterwolken und die werden sich bald einmal entleeren – da möchte ich dann möglichst weit weg sein
😊
Und so bin ich vorerst denselben Weg über den Piller zurückgefahren, kurz danach führt eine Abzweigung zu einem kleinen Weiler mit dem schönen Namen „Neu Amerika“. 
Da war ich schon einmal mit Kameramann Romed, der sowieso jede Ecke Tirols kennt. Mittelpunkt von „Neu Amerika“ ist ein Pferdegestüt, das wie eine typische amerikanische Ranch ausgestaltet ist. Wahrscheinlich hätte ich mir auf der Gästeterrasse eh ein kaltes Coke gegönnt, aber es war weit und breit kein Mensch zu sehen – und ich war dann auch wieder weg. 
Auch bei der anschließenden Fahrt durchs Pitztal hatte ich dann ständig drohende Gewitterwolken im Rückspiegel, deshalb drückte ich ein wenig aufs Tempo. 
Ab Imst war ich dann sowieso nur mehr auf der Bundesstraße unterwegs und mit gut 90 km/h bin ich Innsbruck entgegengeglüht. So bin ich natürlich schnell über Haiming, Silz und Stams nach Telfs gekommen. Einfallslos, wie ich manchmal sein kann, bin ich dann wieder über die kleinen Dörfer Pfaffenhofen usw. bis Inzing weitergefahren. Die letzten Kilometer bis Inzing waren dann noch von der Angst geprägt, ich könnte trocken liegen bleiben. Denn der Zeiger der Tankanzeige stand schon deutlich unter der 0-Marke und das grelle Tank-Warnlicht machte mich immer nervöser. Aber in Inzing fand sich dann endlich eine offene Tankstelle und ich habe beinahe 6 Liter getankt. Bei 5,5 Liter Tankinhalt
😊. In Zirl hat mich dann noch einmal die Lust auf ein paar fesche Kurven gepackt und ich bin über die Zirler Bundesstraße nach Kranebitten gekommen. Eine „normale“ Heimfahrt über den Südring war mir dann doch zu langweilig und ich bin stattdessen über Hötting und den Innsbrucker Saggen nach Hause gecruist. Wie ich dann daheim das Garagentor öffne, lässt mich ein heftiger Donner zusammenzucken und die ersten schweren Tropfen fallen auf meinem Helm. Bin ich also auf die Sekunde genau mit dem Gewitter angekommen, also viel besser timen kann man das nach 251 gefahrenen Kilometern nun wirklich nimmer. War es das jetzt mit meinen Solo-Touren? Nein, denn tatsächlich bin ich dann ein paar Tage später noch einmal alleine ausgerückt, das war dann aber echt meine allerletzte Solo-Fahrt. Zumindest vorerst 😊.

10. August 2022 - 9. und vorerst letzte Vespa-Solo-Tour     344km
Übermorgen brechen wir zu unserer bereits lange ersehnten Steiermark- und Wien-Runde auf. Das Wohnmobil ist schon fix und fertig gepackt, selbst die Getränke sind schon im Bauch unserer Schnecke verstaut. Morgen Abend, so ist der Plan, laden wir dann noch die Vespa auf und danach sind wir abfahrbereit. Gut, wenn die Vespa eh erst morgen aufgeladen wird, dann könnte ich doch heute noch einmal das Traumwetter ausnützen. Ilse wünschte mir eine gute Fahrt und schon kurz nach 9 Uhr bin ich von daheim aufgebrochen. Ein genaues Ziel habe ich nicht, aber irgendwie wäre es lässig, wenn es mich noch einmal zum Luis und zur Gitti an den Kochelsee verschlagen tät. Da gibt es doch irgendeine Verbindung von Lermoos nach Garmisch oder so. Davon hört man doch manchmal in den Verkehrsnachrichten, wenn mal wieder eine „großräumige Umfahrung“ notwendig ist. Mal schauen, jedenfalls ist mein erstes Tagesziel der Fernpass. Zum wiederholten Mal nehme ich den Weg über die Zirler Bundesstraße und in Telfs fahr ich über das Mieminger Plateau und den Holzleiten-Sattel nach Nassereith. 
Von dort sind es nur wenige Kilometer und zwei kurze Tunnel bis zum Fernstein-See und dort raste ich ausgiebig. Natürlich sind wir an den großen Parkplätzen hier schon oft und oft vorbeigefahren, aber stehengeblieben sind wir noch nie. 
Heute gehe ich über die Brücke und schau lange in den schönen See hinunter. Es haben sich an seinen Ufern zahlreiche Sonnenanbeter und Badegäste niedergelassen, auch das eine oder andere aufblasbare Boot schaukelte auf dem Wasser. Sehr idyllisch, da vergisst man ja beinahe, dass nur wenige Meter entfernt eine der verkehrsreichsten Straßen Tirols vorbeiführt … 
Unmittelbar nach dem Fernstein-See beginnt die Steigung zum Fernpass hinauf und ich überhole gleich mehrmals LKW. Das geht ruck-zuck und ich bin dabei niemanden im Weg. Auf der Passhöhe gibt es eine Tankstelle, bei der man immer sehr günstig tanken kann. Ich bin zwar noch nicht ganz am Ende meines Spritvorrates, trotzdem gieße ich Benzin nach. Blöderweise hat die Zapfpistole nicht automatisch abgeschaltet und einiges an Treibstoff ist übergelaufen. Das wäre mir dann beim Wegfahren fast zum Verhängnis geworden, denn mein Hinterreifen ist beim Beschleunigen in der Benzinpfütze sofort schwer ins Schlingern gekommen und ich habe am Stand fast eine perfekte 360 Grad-Wende hingelegt. Nur durch das zufällige Zusammenspiel von Schwerkraft, Querbeschleunigung und wahnsinnig viel Glück bin ich nicht gestürzt und konnte den Roller abfangen. Ein deutscher BMW-Fahrer, der neben mir gerade sein schweres Touren-Motorrad tankte, gratulierte mir für meinen Stunt mit gleich zwei ausgestreckten Daumen und mit einem breiten Grinsen setzte ich meinen Weg fort. Unmittelbar vor dem langen Umfahrungstunnel von Lermoos bin ich dann stehengeblieben und überlegte, ob ich den Weg außenherum nehmen sollte. Da sah ich plötzlich, dass die auf grün geschaltete Tunnel-Ampel zu blinken begann, dann gelb und schließlich rot wurde. Blockabfertigung bei dem mäßigen Verkehr? Ich dachte nicht lange nach, gab Gas und als einziges Fahrzeug fetzte ich durch den Tunnel. Einen Grund für die Sperre konnte ich nicht ausmachen, wurscht, jetzt war ich eh schon durch. Weil danach kilometerlang kein einziges Fahrzeug hinter mir zu sehen war, bin ich völlig relaxet und ohne Überhol-Stress nach Reutte gekommen. Ich fuhr dann auf einen Parkplatz und plante dort via Google-Maps meine Weiterfahrt. Schnell war klar, dass ich über den Plansee nach Oberbayern rausfahren werde. Unglaublich aber wahr, ich bin mit ziemlicher Sicherheit noch nie am Plansee gewesen, höchstens einmal vorbeigefahren. Aber ganz sicher nicht auf jener Strecke, auf der ich jetzt unterwegs war. Die hätte ich nicht vergessen, denn sie ist einfach nur wunderschön. Am Ufer des beinahe schon kitschig schönen Sees sind unzählige Parkplätze angelegt, auf vielen davon stehen Wohnmobile. Übernachten darf man hier zwar nicht – natürlich nicht – aber untertags kann man überall am Seeufer stehenbleiben. Die Gestade sind bevölkert von Schwimmern und Wassersportlern und ein mittelgroßes „Fressschiff“ habe ich auch schon gesehen 😊. Ich mache einen langen Break auf einer der vielen Aussichtsbänke und schaue lange auf das tiefblaue Wasser des Plansees hinaus.   
Wirklich unfassbar, dass ich mir diesen herrlichen Anblick bis heute vorenthalten habe. Dass ich echt noch niemals hier war. Und wahrscheinlich gibt es noch viele, viele wunderbare Orte in Tirol, die ich nicht einmal vom Hörensagen kenne … Na, da gibt es noch sehr viel zu entdecken – schön ist das! 
Zwischendurch habe ich mit Ilse telefoniert und sie meinte, wenn ich schon am Plansee bin, dann könnte ich mir auch das berühmte und schöne Schloss Linderhof anschauen. Passt – das sind keine 20 Kilometer bis dorthin und kaum in Deutschland angekommen, sehe ich schon die ersten Hinweisschilder. Die Zufahrt zu den großen Parkplätzen ist mit einem Schranken versperrt, aber nach Bezahlen von 2 Euro öffnet er sich und ich suche mir einen Abstellplatz. Ich stelle mich dann direkt neben eine schöne, blaue Vespa 300 GTS – das passt auch optisch sehr gut. 
Ehrlich gesagt, wenn ich gewusst hätte, wie anstrengend der Weg bis zum Schloss Linderhof ist, ich wäre ihn nicht gegangen. Zwar ist es nicht besonders weit, vielleicht eine Viertelstunde Gehzeit, aber es geht mehrmals einige hundert Meter hinauf. Und das ist für meine Arterien-Krankheit pures Gift. Und so humple ich zeitweise dahin, als hätte ich einen Gipshaxen. Aber ich beiße die Zähne zusammen, ich möchte das Schloss unbedingt sehen, außerdem habe ich Ilse Bilder davon versprochen. 
Also quäle ich mich auch den letzten Mini-Anstieg hoch und werde mit dem wirklich wunderbaren Ausblick auf die Schlossanlage belohnt. Ich bleib sicher 20 Minuten lang hier und lasse die Szenerie auf mich wirken. Der Rückweg zum Moped war dann weit weniger anstrengend, vor allem deshalb, weil ein Weg selten in beide Richtungen ansteigt …
😊. Sodala – Schloss Linderhof Besichtigung – check! Wie geht’s jetzt weiter? Ich muss mich eigentlich nur in Richtung Garmisch orientieren, ab da finde ich den Weg zum Kochelsee fast schon blind. Bald einmal mache ich eine Trinkpause auf der Bank einer Bushaltestelle, da sehe ich plötzlich ein Schild: „Oberammergau 17 km“. Wie, was? Bin ich schon so nah dran? Das gibt’s doch nicht, da muss ich ja gar nicht nach Garmisch fahren, über Oberammergau ist der Weg zum Kochelsee ja viel kürzer. Ich vergewissere mich noch einmal bei Google-Maps – tatsächlich sind es von dieser Bushaltestelle hier bis zum Kochelsee bei weitem keine 50 Kilometer mehr. Das überrascht mich wirklich, denn ich hätte mit mehr als dem doppelten Weg gerechnet. Sehr super! Hoch motiviert bin ich dann diese letzten paar Kilometer bis zum „Campingplatz Kesselberg“ angegangen, ab Oberammergau war ich auch wieder vollkommen orientiert. Und so bin ich schließlich zum zweiten Mal innerhalb von 14 Tagen bei Luis und Gitti vorgefahren – wenn auch schon wieder ohne Ilse. Weil man seine vegetativen Systeme am besten mit regelmäßiger Nahrungszufuhr aufrechterhält, habe ich mir gleich ein Schnitzel mit Pommes bringen lassen. Fantastisch, Hunger ist und bleibt der beste Koch, aber auch der Luis hat es drauf 😊. Ich beschließe dann bei einem abschließenden Cappuccino, dass ich nicht den üblichen Heimweg über Scharnitz nehmen werde. Ich habe da eine weit bessere Idee und starte mit großer Vorfreude los. Nach dem Kesselberg und nach der Durchfahrt von Urfeld und Walchensee biege ich links in Richtung Jachenau ab.     
Die mautpflichtige Straße führt zuerst am schönen Walchensee vorbei, an seinen Ufern ist die Hölle los. Doch spätestens nach dem letzten Parkplatz am See ist wieder freie Fahrt angesagt und es sind nur sehr vereinzelt Fahrzeuge zu sehen. Meistens Motorradfahren, alles reine Spaß-Ausflügler wie ich. Ich war schon einmal hier unterwegs, damals haben wir, wegen dem G7-Gipfel mit Angela Merkel und Barack Obama, nicht durch Krün durchfahren dürfen, sondern wurden über die Jachenau umgeleitet. Allerdings kann ich mich an nichts erinnern, wenn ich unser WoMo lenke, habe ich keinen Blick für die Umgebung, sondern hab nur die Straße vor mir im Auge. Aber ich wusste immerhin noch, dass man von hier zum Achensee kommt. Die Mautstraße in die Jachenau ist gute 14 Kilometer lang, jeder Meter davon ist wunderschön und einzigartig. In der Jachenau angekommen, werde ich sofort von einem Hinweisschild in Richtung Achensee geleitet, es sind knapp über 30 Kilometer dorthin. Was für eine traumhafte Straße ist das, ich könnte ewig so weiterfahren. Also sagen wir, bis mich mein Fahrgestell mal wieder anhalten lässt. Aber bei diesen Pausen brauche ich nur vom Moped absteigen, mir kurz die Beine vertreten, ein, zwei Fotos machen, einen Schluck trinken und schon bin ich bereit für die nächsten paar Meilen. Eine dieser Pausen mache ich dann am wunderschön in die umliegenden Berge eingebetteten Sylvensteinsee. 
 Mit mir genießen dutzende Ausflügler das überwältigende Berg-Panorama, ich habe mich mit meiner schmalen Vespa gerade noch zwischen zwei PKW quetschen können. Von hier ist es dann nicht mehr weit zum Achensee, es werden keine 10 Kilometer sein. Zuerst passiere ich aber noch den Grenzübergang nach Österreich, angehalten werde ich erwartungsgemäß nicht, es wird hier nur mehr ganz selten kontrolliert. Am Anfang des Achensees lockt mich ein Schild nach „Steinberg am Rofan“ und ich bilde mir ein, dass man über diesen Weg die langweilige Straße entlang des Achensees umfahren kann. Ich war noch nie in Steinberg und fahr die gut 10 Kilometer hoch ins Dorf. Zwar thront Steinberg am Rofan weit oberhalb des Achensees und ich hätte gerne ein schönes Foto von oben geschossen, aber man sieht nie auf den See hinunter. Zumindest bin ich an keiner solchen Stelle vorbeigekommen. Überhaupt habe ich dann in Steinberg erkennen müssen, dass ich in einer Sackgasse gelandet bin, es führt kein anderer Weg zum Achensee hinunter. Nur der Hinweg, aber der ist eh so schön, dass ich in gerne noch einmal fahre. Was soll’s? Ich habe Zeit genug, da fällt diese Ehrenrunde nicht ins Gewicht und außerdem bin ich nun auch in Steinberg am Rofan gewesen
😊
Zurück am Ufer des Achensees bin ich dann zügig nach Pertisau geglüht und habe mich dort die steile Straße neben dem Kasbach hinuntergeworfen. Wieder habe ich oft überholt, die meisten PKW haben mir brav Platz gemacht. In Jenbach freue ich mich dann über eine fesche Abkürzung, denn ich muss nicht durch das ganze Dorf fahren, um nach Schwaz zu kommen. Dann durfte ich ein weiteres Mal die Straße der vielen S-Kurven unterhalb von Schloss Tratzberg genießen und auch mein restlicher Heimweg war mir sehr vertraut, führte er mich doch zuerst nach Terfens und dann über Gnadenwald, Absam und Thaur zurück nach Innsbruck. 
Das war heute wieder eine echt lässige Runde und beinahe wäre meine letzte Solo-Tour auch meine längste geworden. So war sie mit ihren 344 Kilometern nur um 10 Kilometer kürzer als meine Fahrt vom 19. Juli. Insgesamt war ich übrigens bei meinen neun Touren 2.432 Kilometer weit unterwegs. Weitere Vespa-Solo-Touren sind momentan keine geplant, übermorgen fahren wir wieder mit dem WoMo weg und auch für den Herbst haben wir schon mehrere Reiseziele im Auge. Meine lässigen Vespa-Touren haben übrigens auch Ilse große Lust auf solche Ausfahrten gemacht, aber mit unserer kleinen 125er Vespa geht das nicht wirklich. Also wird unsere Principessa Rossa ein Geschwisterchen kriegen, wir werden uns nämlich zusätzlich eine 300er GTS anschaffen. Wann genau? Nun, wir werden mal schauen und dann sehen wir schon … 



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