vom 1. September bis 17. Oktober 2024
Innsbruck-San Marino-Fermo-Vieste-Manfredonia-Alberobello-Sibari-Salerno-Ceprano-Bolsano-Florenz-Gardasee-Innsbruck
Heute startet unsere langersehnte große Herbstreise, sie wird uns tief nach
Italien hineinführen. Wir werden dem zu erwartenden Urlauberreiseverkehr
insofern ausweichen, indem wir möglichst früh von Innsbruck wegkommen wollen.
Die Vespa haben wir schon gestern in unserer Garage aufgeladen und auch die
letzten Kleidungsstücke sind im WoMo verstaut. Gernot ist als erster wach, da
war es noch nicht einmal 3 Uhr morgens. Ilse steht dann mit dem letzten
Blubbern der Kaffeemaschine auf, wir frühstücken in aller Ruhe und machen uns
dann mit den letzten Habseligkeiten – Paschteller, Notebooks, unserer kleinen,
mobilen Klimaanlage und den restlichen Lebensmitteln aus dem Kühlschrank – auf
den Weg zur Garage. Dort ist alles schnell auf seinen Platz geräumt und um
exakt 4 Uhr 21 fahren wir los. Draußen ist es noch stockdunkel und nach einem
schnellen Tankstopp verfügen wir uns auf die Brennerautobahn. Unser Tagesziel
ist San Marino, das liegt gut 530 Kilometer entfernt, eine satte Etappe also,
zumindest für unsere Verhältnisse. Aber fast der gesamte Weg führt über
Autobahnen, also kein Problem. Noch vor dem Schönberg fängt es an zu nieseln
und das macht das Fahren bei Dunkelheit ziemlich anstrengend. Wie erwartet,
herrscht um diese Zeit nur wenig Verkehr und das LKW-Fahrverbot ist natürlich
wunderbar. Am Brennerpass überrascht uns dann ein ziemlich starker Nebel, aber
mit dem bald beginnenden Tag löst sich dieses Problem von selber. Wie gewohnt
bleiben wir immer mal wieder kurz stehen, trinken den Rest unseres Guten-Morgen-Kaffees
und gönnen uns auch ein schnelles, zweites Frühstück.
Es ist nicht sehr viel los hier am Campingplatz, es befindet sich zurzeit
auch kein Hund in der Nachbarschaft und dementsprechend haben wir eine sehr
ruhige Nacht verbracht. Die beiden Platzkatzen warten schon auf unser Aufstehen
und kriegen natürlich sogleich ihre Schüsselchen gefüllt. So starten wir alle
gut in den neuen Tag, den Kaffee genießen wir schon im Freien. Ilse wundert
sich dann, dass eine der beiden Katzen ganz aufgeregt am Boden kratzt – und siehe
da, wir haben eine Schlange am Grund. Wenngleich eine sehr kleine Schlange,
Ilse hat sie zuerst sogar für einen großen Wurm gehalten. Beim genaueren
Hinschauen war dann aber alles klar – eine Schlange, tatsächlich. Sie ist dann
aber gleich so von der Katze bedrängt worden, dass sie schnurstracks unter den
Büschen neben unserem Platz verschwunden ist – und sie ist zum Glück auch
verschwunden geblieben. Das Wetter zeigt sich heute bewölkt, trotzdem gehen wir
gegen Mittag rauf zum Swimmingpool. Gestern noch war der Pool von zahlreichen
Kindern bevölkert, man muss nämlich nicht hier campen, um das kühle Nass
genießen zu können, also baden hier auch viele Familien aus San Marino. Aber
heute ist offenbar wieder Schule und mit drei weiteren Personen sind wir die
einzigen im Wasser. Herrlich, so können wir in Ruhe ein paar Züge schwimmen,
das Wasser ist herrlich erfrischend. Doch schon bald schickt uns dumpfes
Donnergrollen aus dem Wasser und wir spazieren zum WoMo zurück. Dort haben wir
inzwischen neue Nachbarn gekriegt und sie haben ziemliche Probleme mit der Stromversorgung.
Immer wieder haut es ihnen die Sicherung raus, dementsprechend oft muss der
leidgeplagte Camper über unsere Parzelle laufen, wir stehen ja direkt beim
Stromkasten. So haben wir Wolfgang kennengelernt. Er ist mit seiner Frau
Christine in einem riesigen Wohnmobil unterwegs, das ist über 8 Meter lang. Wir
kommen ins Gespräch und weil wir schon öfter hier in San Marino waren, können
wir ihnen gleich einige Tipps geben. So schwärmen wir ihnen gleich vom guten
Restaurant hier vor, aber die beiden Deutschen haben leider heute schon
erfahren, dass das „Garden Restaurant“ am Montag seinen Ruhetag hat. Die
alternativen Restaurants in der Nähe sind zudem kaum zu Fuß zu erreichen und
das Hinfahren mit den E-Bikes ist ihnen zu umständlich. Also googelt die liebe
Ilse mal kurz die Möglichkeit eines Lieferservices und siehe da, es gibt eine
Pizzeria mit Zustellung. Die Bestellung hat dann Christine übernommen, sie
spricht sehr gut Italienisch und die Lieferung wurde uns in 20 Minuten
versprochen. Ilse und Christine sind dann zur angegebenen Zeit zum Schranken
raufspaziert und unser aller Abendessen war gerettet 😊. Wir sind mittlerweile
mit unseren Campingstühlen unter die ausladende Markise von Wolfgangs und
Christines Wohnmobil „übersiedelt“ und haben es uns an ihrem großen Tisch
gemütlich gemacht. Es hat dann allen durchaus gemundet – allen? Nein, denn die
Pizza von Gernot war nicht besonders gut, allerdings hat er mit der Variante
„Pizza Kebap“ eine Hochrisiko-Bestellung aufgegeben und so was kann halt manchmal
auch schief gehen. Wurscht, die Hälfte hat er eh aufgegessen und die weitere
Kalorienzufuhr mit ein paar zusätzlichen Bierchen sichergestellt. Wir sind dann
alle vier noch lange zusammengesessen, haben aus unseren Leben erzählt und
waren schließlich ganz erstaunt, dass es unter Scherzen und Lachen beinahe
schon Mitternacht geworden war, als wir uns verabschiedeten. Morgen gehen wir
gemeinsam essen, das haben wir bereits ausgemacht.
Dienstag, 3. September 2024
Nach einer weiteren feinen Nacht haben wir uns nach dem Kaffee ein wenig um
unseren Blog gekümmert. Das Wetter schaut gut aus, die Regenwahrscheinlichkeit
liegt bei 0 Prozent, das lässt uns eine Runde mit der Vespa fahren. Wir biegen
nach dem Campingplatz rechts ab und finden uns auf der schmalen und steilen
Straße wieder, die wir noch aus dem Vorjahr kennen. Unglaublich eigentlich,
dass Wolfgang dieses Mini-Sträßchen gestern mit seinem wirklich ausgewachsenen
Camper bewältigt hat – Google-Maps hat ihn auf diese völlig falsche Fährte
gelockt, wahrscheinlich weil der Weg um 200 Meter oder so kürzer ist 😊. Unser erstes Ziel für
heute ist Verucchio, obwohl sich Gernot zu erinnern glaubt, dass wir da schon
letztes Jahr waren. Das hat sich dann als richtig rausgestellt, eine zweite
Besichtigung des wirklich schönen Städtchens sparen wir uns aber. Stattdessen
halten wir uns an die Hinweisschilder nach San Leo, diesen Ort haben wir in
allerbester Erinnerung und er ist uns einen zweiten Besuch wert. Es sind
ungefähr 15 Kilometer bis dorthin, die erste Hälfte geht es über eine Art
Schnellstraße und wir schwimmen mit 80, 90 km/h im Verkehr mit. Danach biegen
wir auf eine kleine Landesstraße ab, die führt fast immer bergauf und ist
wunderbar zu befahren. Zwischendurch bleiben wir bei einem „Picknick-Stopp“
kurz stehen und entlassen dort einen Heuhüpfer in die Freiheit, der am
Trittbrett unseres Rollers mitgefahren ist. Danach ist es nicht mehr weit nach
San Leo und exakt mit dem 12 Uhr-Läuten parken wir uns mitten im Zentrum ein.
„Unser“ Kaffeehaus von letztem Jahr hat geschlossen, also setzen wir uns am
Hauptplatz vor eine Cafeteria. Wir genießen phantastischen Cappuccino für Ilse
und einen unnachahmlichen, doppelten Espresso für Gernot.
Es wird wieder ein schöner Tag werden, das zeigt uns der erste Blick aus
unserem WoMo. Der zweite Blick zeigt uns zwei hungrige Platzkatzen, die bereits
sehnsüchtig auf unser Erwachen gewartet haben. Natürlich füttern wir sie noch
vor unserer eigenen Fütterung, man muss schließlich Prioritäten setzen 😊. Nach dem Kaffee und
einem gemütlichen Pasch holen wir unsere brave Vespa unter ihrer Plane hervor
und machen uns auf nach San Marino. Wir haben sogar ein konkretes Ziel, das
nennt sich „Duck-Store“ und die führen auch eine gelbe Plastikente auf einer
roten Vespa in ihrem Angebot. Die müssen wir natürlich haben.
Gernot ist dann nachschauen gegangen
und siehe da – in der Schüssel tummelten sich dutzende Ameisen, die das Futter
für sich entdeckt hatten und da wollte sich unser Kätzchen nicht
dazwischendrängen. Schnell hat Gernot die fremdbevölkerten Knuspertaschen
entsorgt, den Napf mit frischem Futter gefüllt und alle waren wir wieder
zufrieden. Inzwischen haben wir beschlossen, dass morgen unser letzter voller Tag
in San Marino sein wird, es zieht uns einfach wieder weiter. Allerdings werden
wir nicht in einer Etappe nach Vieste fahren, sondern am Weg dorthin noch einen
Zwischenstopp einlegen. Christine und Wolfgang haben sich auch schon gemeldet,
sie sind wider Erwarten doch am „Camping Molinella Village Vacanze“
untergekommen. Den hatten wir ihnen aus eigener, guter Erfahrung empfohlen, der
Betreiber wollte aber wegen der Länge ihres WoMo keine Reservierung
entgegennehmen. Jetzt stehen sie genau neben jenem Platz, an dem wir vor einem
Jahr gecampt haben, das zeigt uns das Foto, das uns Christine geschickt hat.
Superlässig, jetzt freuen uns noch mehr auf Vieste und wir haben die beiden
gebeten, dass sie uns den Platz ab Sonntag für eine Woche reservieren lassen.
Nach einer ruhigen Nacht sehen wir schon am Morgen, dass das Wetter für
eine Ausfahrt zu unbeständig ist. Völlig wurscht, wir machen uns trotzdem einen
feinen Tag. Die beiden schwarzen Stubentiger warten natürlich schon auf uns,
schnell sind sie abgefüttert und wir trinken gemütlich unseren Kaffee im
Freien. Dann beginnt es allerdings zu regnen und den ersten Pasch des Tages
manchen wir schon im Inneren. Mit einer kleinen Jause „retten“ wir uns bis zum
Abendessen, es wird das letzte für heuer in San Marino sein. Nach einer kurzen
Rast brechen wir um 19 Uhr ins Restaurant auf und bestellen uns beide eine
Pizza – Ilse nimmt die Margherita plus Prosciutto Crudo, Gernot die Quattro
Stazione. Dazu wie üblich Bier und Campari Orange. Gernot hat gestern dem
freundlichen Kellner Adriano einen 5er zugesteckt und dafür ist er heute
doppelt um uns bemüht 😊. So lässt sich Ilse beispielsweise den Rest vom
Prosciutto Crudo einpacken, später bemerken wir, dass Adriano noch ein paar
Blatt Schinken dazugegeben hat. Nach dem obligatorischen Espresso Doppio kommt
wie gewohnt ein Fläschchen Limonicello auf den Tisch und kaum waren wir mit dem
herrlichen „Blaumacher“ fertig, brachte uns Adriano eine zweite Flasche
Gratis-Likör, diesmal aus Honigmelone gemacht. Sehr delikat und unsere
ansonsten sprichwörtliche Nüchternheit verflog zusehends 😊.
Freitag, 6. September 2024
Wir sind bereits vor 8 Uhr auf den Beinen, heute heißt es „Ciao, bella San
Marino“. Ilse ist gestern etwas zu lange in der Zugluft gesessen und
präsentiert sich leicht angeschlagen. Trotzdem zieht sie das Aufbruchsprogramm
gewohnt routiniert durch, zum Glück flutscht uns heute die Vespa beinahe wie
von selbst auf ihren Träger. Gernot kommt dann mit einem Schweizer ins
Gespräch, der neben seiner Frau noch vier (!!) Katzen mit an Bord hat. Bis vor
kurzem war sogar noch eine Deutsche Dogge mit dabei, die ist aber leider
verstorben, die Katzen trauern sehr um ihren Spielkameraden. Unseren beiden
Platzkatzen leeren wir die letzten Futterkörnchen noch bei der Hecke auf den
Boden, dann fahren wir ab, da war es 9 Uhr 45. Noch in San Marino tanken wir
unser Häuschen voll, hier ist der Liter Diesel mit 1,489 Euro deutlich billiger
als in Italien. Eigentlich wollten wir noch beim örtlichen Outlet-Center
vorbeischauen, denn die haben auch einen hervorragend bewerteten Lewis-Store.
Aber wir sind dann nicht zum Shoppen aufgelegt und verfügen uns stattdessen auf
die Autostrada. Besonders weit haben wir es heute ja nicht, unser Tagesziel bei
Fermo liegt nur 170 Kilometer weit entfernt. Bald einmal kommen wir an der
Motorrad-Rennstrecke „Autodromo San Marino“ vorbei, wo am Wochenende der
Moto-GP stattfindet. Es ist gerade Vormittagstraining und obwohl es in unserem
Führerhaus sehr laut ist, hören wir den Lärm der Motorräder. Geil! Der Verkehr
ist die ganze Fahrt über relativ stark, zum Glück ist die Autobahn durchgehend
dreispurig und LKW sind nur vereinzelt unterwegs. Einmal überholen wir eine
Gruppe von Oldtimern der Marke Alfa Romeo, darunter zwei Modelle des legendären
GTV. Wenn wir bedenken, dass der GTV in unserer Jugend einer der modernsten
Sportwagen gewesen ist, dann wird uns wieder einmal vor Augen geführt, dass wir
schon selber zu den Oldtimern zählen 😊.
Wir haben eine superfeine Nacht gehabt, der Wind ist fröhlich durchs WoMo
gerauscht, wir hatten alle Fenster und Dachluken geöffnet. Nach dem Frühstück
fahren wir dann bald einmal los, unser Ziel ist Fermo. Wir haben den genauen
Weg gar nicht mal gegoogelt und sind aufs gerate Wohl auf einer winzig kleinen
Nebenstraße halbwegs in Richtung der Stadt gecruist. Immer wieder schob sich
der große Dom von Fermo in unser Blickfeld, also diese Stadt kann man nur ganz
schlecht versäumen. Natürlich ist uns das nicht passiert und nach ein paar
freudvollen Kilometern sind wir die steile Straße nach Fermo hochgefahren. Wir
haben uns dann sofort ins „Centro Storico“ begeben und dort parkten wir unseren
Roller direkt vor dem Dom. Den haben wir uns dann gleich genauer angeschaut,
ein durchaus sehenswertes Gotteshaus mit zahlreichen Gemälden und Nebenaltären.
Danach sind wir durch den weitläufigen Park spaziert, von einer schönen
Aussichtsterrasse hat man bis weit aufs Meer hinausgesehen. Ein Käffchen wäre
jetzt nicht schlecht – aber hey, das muss ja nicht zwangsläufig in Fermo sein.
Das mit dem frühen Aufstehen hat super geklappt, schon um 6 Uhr 38 hat Ilse
die Kaffeemaschine angeworfen. Am Platz ist es gestern noch bis nach
Mitternacht ordentlich zugegangen, ca. 20 Personen feierten einen Geburtstag.
Mit lauter Musik, noch lauterem Klatschen und natürlich mit mehrstimmigen „Tante
Auguri“. Halbwegs erträglich machte den ganzen Radau nur der exzellente
Gitarrenspieler, denn der hatte es wirklich drauf und es war ein Genuss, ihm
zuzuhören. Der Rest fällt halt unter „südländische Lebensfreude“, welcher
Italienurlauber kennt das nicht. Wurscht, wir waren jedenfalls ausgeschlafen
genug und vollendeten unser Startzeremoniell. Danach noch ausgiebig unter die
(übrigens ziemlich neuen und sehr gepflegten) Duschen und weg waren wir. Da war
es noch nicht einmal 8 Uhr, unser Plan ist also voll aufgegangen. An einem
Sonntag herrscht normalerweise kein besonders dichter Verkehr, außer natürlich
auf den Urlaubs-Rückreise-Routen. Auf so einer befinden wir uns nicht und wir
sind störungsfrei vorangekommen. Zwischendurch hat Ilse via E-Mail mit dem
„Campingplatz Molinella“ Kontakt aufgenommen und die haben tatsächlich binnen
weniger Minuten geantwortet. Sie sind zwar grundsätzlich „Sold out“, aber wie
wir richtig spekuliert haben, sind durch Abreisende Plätze freigeworden. Einen
davon hat Ilse sofort reserviert und postwendend trudelte per Mail die
Bestätigung dafür ein. Puh, Glück gehabt. Die letzten 90 der heutigen 332
Kilometer langen Fahrt führt über die Bundesstraße, allerdings sind war auch
hier mit stets 90 km/h unterwegs. Ca. 30 Kilometer vor Vieste wird dann die
ganze Kolonne von einem einzigen Wohnmobil eingebremst, der Franzose traut sich
offenbar nicht schneller als 50 km/h zu fahren. Das bringt natürlich die
italienischen Autofahrer zur schieren Verzweiflung – sie könnten ja so viel
schneller … Also wird in waghalsigsten Manövern überholt, wie
selbstverständlich auch im Überholverbot, bei doppelter Sperrlinie und auch bei
Gegenverkehr, eh klar. Da hat es uns dann schon ein bisschen befriedigt, dass
plötzlich eine Streife der Carabinieri die Verfolgung der Verkehrssünder aufnahm
und – wie wir einige Kilometer später sahen – ausnahmsweise auch bestrafte.
Das war heute – nach Sizilien 2015 – die heißeste aller Nächte im
Wohnmobil, seit wir Camper geworden sind. Die Temperatur ist weder herinnen
noch draußen unter 27 Grad gefallen, das kann ganz schön anstrengend sein.
Geweckt wurden wir vom extrem nervigen Hund der Nachbarn, der nicht nur den
ganzen Tag über kläfft, sondern schon um 6 Uhr 30 damit anfängt. Mehr Glück
haben wir mit unseren direkten Nachbarn am Platz, sie sind aus dem Burgenland,
das verbindet 😊. Wir sind schnell in
einem netten Gespräch und erfahren dabei, dass Jutta die Enkelin von Fred
Sinowatz ist und der war immerhin der Nachfolger von Bruno Kreisky als
Bundeskanzler. Wir spazieren dann rüber zu Christine und Wolfgang und noch vor
dem 12-Uhr-Läuten trinken wir Männer ein erstes Bier. Na servas, das kann ja
heute was werden. Das Wetter ist warm, aber es wird nie richtig heiß.
Am frühen Morgen weckte uns ausnahmsweise nicht der Kläffer von gegenüber,
dafür aber ein extrem heftiges Gewitter mit Starkregen. Es tobte eine gute
halbe Stunde lang, danach war alles mit Sand bedeckt – unsere Schuhe, der
Tisch, das WoMo und natürlich auch die Vespa. Halt alles, was dem Wetter
ausgesetzt war. Die Reifen von unserer Schnecke sind über und über mit sandigem
Schlamm verdreckt, sogar auf der oberen Lauffläche (!). Ilse reinigt dann das
Gröbste gleich am Waschbecken in der Nähe, etwa die Plane und unsere Badeschlappen.
Auch die Vespa wird wieder hübsch gemacht, für die getane Arbeit belohnen wir
uns dann mit einem Pasch. Anschließend verschicken wir via App Grußkarten an
die lieben Verwandten und Freunde, insgesamt 8 Stück. Das dauert ein wenig,
danach fahren wir mit der Vespa nach Vieste rüber. Wir statten unserem
„Stammkaffee“ einen Besuch ab und bestellen wie immer einen Doppio und einen
Schwarztee für Ilse. Der Kellner kassiert dann gleich ab, doch die von ihm
verlangten 7 Euro kommen uns zu hoch vor. Wir fragen nach und siehe da, er hat
sich „leider“ verrechnet, natürlich. Also kriegt er nur einen 5er, er hat uns
wohl als unbedarfte Touristen eingestuft und sich, so gesehen, gleich zweimal
„verrechnet“ – der Hundling. Wir haben danach noch eine Ehrenrunde durch Vieste
gedreht und sind anschließend zum „EuroSpin“ einkaufen gegangen. Zwar hätten
wir ganz in der Nähe auch einen großen Supermarkt und sind heute sogar schon
dort gewesen. Aber der „Carrefour“ ist eine typische Touristenfalle, die Preise
dort liegen gut 50 Prozent über denen vom „EuroSpin“.
Mittwoch, 11. September 2024
Eigentlich beginnt der Tag ziemlich unerfreulich, denn wieder werden wir um
6 Uhr 30 vom sinnlos bellenden Nachbarhund geweckt. Auch um 7 Uhr und um 7 Uhr
20 das gleiche Spiel, der blöde Kackhund bellt ohne Grund. Gernot schreit dann
aus dem Fenster: „Halt endlich mal deine Schnauze, du Scheißköter!“ – mehr hat
er nicht gebraucht. Sofort dreht auch des Hundes dummes Herrchen am Rad und
droht Gernot gleich mal „ein paar auf die Fresse“ an. Nun, der Typ wäre für
Gernot maximal ein Jausengegner, zwei oder drei Ohrfeigen und die Sache wäre
erledigt. Allerdings, die asiatische Importfrau des Deutschen ist uns schon als
derart eingeschüchtert aufgefallen, dass klar ist, dass ihr Mann sie schlägt.
Und bei solchen Typen würde es Gernot wohl nicht nur bei ein paar Ohrfeigen
belassen, solchen Männern gehört ordentlich weh getan. Also bleibt der Depp
unbeschadet auf seinen zwei Beinen stehen, denn wir haben keine Lust, uns mit
Carabinieri oder so herumzuärgern. Und die arme Frau? Die wird sich selber
helfen müssen, wir sind keine Verantwortlichen eines Frauenhauses … Ilse hat
dann noch tatsächlich versucht, dem Idioten klar zu machen, dass das Bellen
seines Hundes andere Camper stören würde. Seine Reaktion? „Dann ziehen Sie doch
weg. Mann, Mann, Mann – sind denn heuer nur Arschlöcher auf diesem Platz?“ Da
musste Ilse grinsen und meinte nur noch: „Ach, wenn Sie das so sehen, dann sprechen
Sie sich ja selber aus der Seele.“ Übrigens, heute sind erneut zwei Camper
wegen dem Arschloch aus Weiblingen abgereist, beide sind zuvor zu uns gekommen
und haben uns ihre Solidarität bekundet. Damit ist für uns das Thema erledigt,
der Kerl kriegt schon noch seine Strafe – Karma is a bitch 😊. Aber natürlich werden
wir den Platz wechseln, möglichst weit weg von diesem aggressiven Dummkopf.
Wir haben dann in Ruhe gefrühstückt und uns danach einen Pasch ausgespielt.
Dann aber nix wie rauf auf die Vespa, weg vom bellenden Idioten-Hündchen und
seinem noch idiotischeren Herrchen. Unser Ziel ist die malerische Küstenstadt
Peschici, die kennen wir schon vom Vorjahr und wir freuen uns schon auf den
netten Ort. Zuerst müssen wir Benzin nachgießen, also biegen wir nach ein paar hundert
Metern von der Hauptstraße ab, da wissen wir eine Tankstelle. Allerdings geht
denen dort ausgerechnet vor unserem Tanken die Pumpe ein – „Benzina niente“.
Wurscht, wir sind zum Glück noch lange nicht trocken und könnten notfalls auch
nach Peschici und retour fahren, es sind ja gerade mal 22 Kilometer bis
dorthin. Allerdings entscheiden wir uns, den Hinweg über die Bundesstraße zu
nehmen, zurück fahren wir dann die kurvenreiche Genussstrecke dem Meer entlang.
Wir glühen dann gerade mit einem feschen 80er dahin, da macht es plötzlich
einen extrem lauten Knall und Gernot schreit sofort: „Jetzt ist uns die Vespa
kaputt gegangen!“ Tatsächlich, wir haben keinen Vortrieb mehr und aus dem
Motorgehäuse quillt haufenweise irgendeine Dichtungsmasse, die Knäuel schauen
fast aus wie Hanf. Wenigstens läuft der Motor noch, vielleicht ist es ja gar
kein Totalschaden.
Gernot ist noch nicht mal vom Roller abgestiegen, da springt
Ilse schon auf die Fahrbahn und stoppt den erstbesten Wagen. Was für ein
Glückstreffer! Denn die drei Insassen – offensichtlich Vater, Sohn und
Großvater – sind sofort extrem bemüht um uns. Der Handyempfang ist leider sehr
schlecht, also probieren wir zu fünft (!!) irgendeine Verbindung zu kriegen.
Einige Dutzend Meter weiter gelingt Gernot dann der Kontakt zum ÖAMTC und er
setzt via Notfallnummer die „Rettungskette“ in Gang. Der Abschleppwagen des
Partnerdienstes wird in ca. 90 Minuten vor Ort sein. Auch der junge Mann der
Familie hat Glück und verständigt die Polizei. Die kommen dann nach 20 Minuten
mit dem Streifenwagen daher, das ist für die Familie das Zeichen zur
Weiterfahrt. Vorher entschuldigen sie sich noch wortreich über die komplizierte
Kommunikation und über ihre italienischen Landsleute, die offenbar nur daran
interessiert waren, wer denn diesen Einsatz bezahlen solle. Da ist der junge
Mann dann ziemlich laut geworden und hat mehrmals versichert, dass Geld in
diesem Fall kein Problem wäre, schließlich seien die Vespafahrer aus Österreich
…
Sie wünschten uns abschließend dann noch viel Glück und verabschieden sich mit
herzlichen Umarmungen und Wangenküssen. Diese unglaublich hilfsbereiten Männer
haben uns gezeigt, dass es unter den italienischen Autofahrern nicht nur
hirnlose Raser, sondern auch wirklich nette Menschen gibt. Das wussten wir
natürlich eh selber auch, aber ein Beweis zwischendurch tut auch mal wieder gut
😊. Auch die beiden
Polizisten haben sich als außerordentlich nett erwiesen und sie versuchten,
einen Abschleppdienst für uns zu organisieren. Denn auf den italienischen
Pannendienst sollten wir besser nicht warten, das kann sich noch ordentlich
hinziehen und wir müssen in jedem Fall möglichst rasch weg von der
Bundesstraße. Eh klar. Comandante Sergio und sein „Chauffeur“ (wie er ihn mit
einem Grinsen nannte) Luigi ist es dann gelungen, den örtlichen Pannendienst herzubestellen
und mit einem vieldeutigen Lachen kündigten sie uns an, dass bald einmal
„Little John“ vorfahren würde.
In den folgenden
Stunden haben wir den einen oder anderen Doppio bzw. Campari-Orange genossen, einen
Toast gegessen, sind viel in der Gegend herumspaziert und brachten es auf über
7.000 Schritte. Wir sind eine dreiviertel Stunde lang in einem Park gesessen
und nachdem wir zu früh bei der Werkstatt waren (Siesta), sind wir noch auf
einen Eiskaffee eingekehrt. Dann haben wir noch einen weiteren, schnellen
Kaffee genossen und am endgültigen Weg zur Werkstatt bleibt plötzlich ein
großes Tourenmotorrad neben uns stehen. Der Fahrer grüßt uns freundlich und
meinte: „Alles okay?“. Ilse fragt den Mann auf Deutsch: „Woher, wohin?“ und der
antwortete lachend „Polizia, Vespa!“ War das doch tatsächlich Luigi der
"Chauffeur". Gernot erklärte ihm dann, dass wir bereits jetzt schon unsere
reparierte Vespa abholen können und der Polizist meinte nur lachend auf
Italienisch: „Ich weiß.“ Unglaublich eigentlich und auch unglaublich, wie sich
hier alle um uns kümmern. Bei der Werkstatt angekommen, war Maestro Michele gerade
bei den letzten Handgriffen der Reparatur, es stellte sich heraus, dass der
Transmissionsriemen gerissen war und auch die Lager der Variomatic mussten
erneuert werden. Was auch immer diese Dinge sind, jetzt ist das alles wieder in
Ordnung 😊. Zusätzlich hat er uns
die Bremsen neu eingestellt und zuletzt einen Lehrling angewiesen, den
Reifendruck zu prüfen. Dann ging es ans bezahlen und die Dame an der Kassa
meinte freundlich „Centoventichinque“. Gernot versteht zumindest alle Zahlen,
also antwortete er „Si, 125“. Er dachte nämlich, dass sich diese Zahl auf
unsere 125er Vespa bezogen hat. Aber nein, es war der Preis für die Reparatur!!
Unfassbar, in Österreich kostet das mindestens das Dreifache. Also hat Gernot
Michele noch einen 20er zugesteckt und mit einem „Espressi per tutti“ sowie
vielen „Grazie mille“ waren wir bei der Tür draußen. Aktion Vespa-Reparatur
erfolgreich abgeschlossen und sehr, sehr glücklich sind wir mit unserem heilen
Pferdchen zum Campingplatz zurückgeritten. Was für ein geiler Tag, was für
geile Erlebnisse! Eigentlich wollte Gernot heute abends für uns und Christine
und Wolfgang kochen, aber nach der ganzen Aufregung hatte er keine Lust mehr
dazu. Also haben wir die beiden angerufen und sie auf ein Abendessen ins
Restaurant eingeladen. Uns ist heute derart viel Gutes widerfahren, dass wir
einfach Lust haben, etwas davon weiterzugeben. Und wenn es damit Christine und
Wolfgang „trifft“ soll uns das nur recht sein. Wir haben dann zu viert einen
ganz netten Abend verbracht und – nebenbei bemerkt – haben wir für das gesamte
Essen genauso viel bezahlt, wie wir beide an unserem ersten Abend hier
verkonsumiert haben. Danach sind wir noch bis weit nach 23 Uhr beim WoMo der
beiden lieben Deutschen zusammengesessen und haben einen ganz besonderen Tag
besonders fein ausklingen lassen.
Nach dem gestrigen Vorfall mit unserem
aggressiven Nachbarn aus Deutschland ist Ilse heute zum Chef des Campingplatzes
gegangen. Christine ist mit ihren guten Italienischkenntnissen mitgekommen und
hat übersetzt. Credo: Entweder wir bekommen einen Platz weit abseits dieses
Narren oder wir reisen ab. Und siehe da, wir kriegen ab morgen den Platz
gegenüber von Wolfgang und Christine. Einen Tag bzw. einen Abend lang werden
wir den Vollkoffer auch noch aushalten. Wir haben es dann noch ein wenig wärmer
werden lassen und sind dann nach Peschici gefahren. Der Weg dem Meer entlang
ist ein Traum, die ganze Fahrt über haben wir nie ein Fahrzeug hinter uns und
wir werden nie überholt. Nur einmal sehen wir von rechts einen PKW aus einer
Ausfahrt kommen – sofort bleiben wir stehen und lassen ihm die Vorfahrt. In
Peschici angekommen, stellen wir uns selbstredend unmittelbar am Rande der
Fußgängerzone ab und wandern durch die sehr nette Altstadt. Wir haben noch gar
kein Bild von Peschici in unserer Schlafzimmer-Galerie, also halten wir danach
Ausschau. Die ersten paar Ansichten der Stadt lassen wir hängen, aber dann
finden wir uns vor einem richtigen Atelier wieder. Wir treten ein und der
anwesende Besitzer des Ladens begrüßt uns freundlich. Wir suchen uns ein sehr
hübsches Bildchen aus, aber das dürfen wir nicht kaufen. In gebrochenem Deutsch
erklärt uns der Mann, dies sei ein Original seiner verstorbenen Frau und
deshalb unverkäuflich. Und so erfahren wir auch, dass die Künstlerin Gisela
Heuer geheißen hat und gebürtige Deutsche war. Also kaufen wir uns eine gerahmte Kopie eines anderen ihrer
Bilder, es hat nur wohlfeile 10 Euro gekostet und wird uns daheim an Peschici
und die deutsche Malerin erinnern. Wir schlendern danach noch eine große Runde
durch die kleine Stadt am Meer und genießen die Aussicht und das südländische
Flair dieses Ortes. Im Vergleich zum Vorjahr ist heuer viel mehr los und es
haben zahlreiche Restaurants und Kaffeehäuser geöffnet. Trotzdem nehmen wir
nirgendwo Platz und steuern stattdessen das Kaffeehaus außerhalb der Altstadt
an, welches wir schon von unserem letzten Besuch kennen. Wir bestellen Doppio
und Campari-Orange, dazu kriegen wir Chips, Salzgebäck und Oliven, also einen
richtigen, kleinen Snack. Darüber hinaus werden wir unfreiwillige Zaungäste
einer Hochzeit. Dabei fällt uns die Braut auf, die unter ihrem schönen Kleid
eine ebenso unförmige wie hässliche Po-Polsterung trägt, das schaut nicht nur
auf den Bildern peinlich aus. Ihr Bräutigam trägt die strahlend weiße
Galauniform eines (vermutlich) Mitgliedes der Marine und dass er gern den
blitzenden Säbel schwingt, macht das an sich schöne Paar zu einem etwas
bizarren Anblick. Kann uns aber wurscht sein 😊. 




Nach dem durchaus
feinen Break schwingen wir uns wieder auf unser Moped und wie im Vorjahr
steuern wir auch heuer die Kirche „Maria Loreto“ an – wir sind nun mal
Gewohnheitstiere. Und genau wie letztes Jahr sind wir völlig allein an diesem
schönen Ort und genießen die herrliche Ruhe.
Schon unmittelbar nach dem Frühstückskaffee ist unser neuer Platz frei und
wir übersiedeln. Das dauert mit Stromabschließen, WoMo fahrbereit machen, auf
die Keile auffahren und Stromanschließen kaum eine Viertelstunde, die Routine
macht sich mal wieder bezahlt. Heute wird endgültig – und übrigens das
allererste Mal (!) auf dieser Reise – gekocht. Weil wir dazu noch einige Sachen
brauchen, düsen wir nach Vieste rüber, allerdings tut es uns heute auch der
kleine „Conad“ Laden im Stadtzentrum. Wir brauchen ja nur etwas Faschiertes und
bei der Gelegenheit kaufen wir auch noch eine 12-er Packung kleiner
Mineralwasserflaschen. Danach geht’s zum Gemüsehändler und wir nehmen uns dort
je einen roten und einen gelben Paprika mit, für die wir zusammen heiße 50 Cent
ablegen. Nach unserer Rückkehr verfügen wir uns schnurstracks in die
platzeigene Bar und lassen uns dort mit Brioche und Kaffee ein zweites
Frühstück schmecken. Danach legen wir uns bis 14 Uhr 30 hin und weil wir das
WoMo unserer Freunde verwaist sehen, gehen wir auch zum Strand hinunter. In der
dortigen Bar lassen wir vier uns dann ein paar Drinks kommen, bis uns ein recht
unvermutet einsetzender Starkregen in unsere Behausungen auf Rädern vertreibt.
Also legen wir uns noch mal eine Stunde lang hin, aber dann macht sich Gernot
endgültig ans Kochen. Christine muss sich wegen ihrer Glutenunverträglichkeit
selber ihre Nudeln kochen, via WhatsApp-Nachricht kriegen wir den exakten
Zeitpunkt dafür hin 😊. Das Essen hat uns allen gemundet und der heftige
Dauerregen hat uns Dank der riesigen Markise problemlos im Freien speisen
lassen. Wir waren dann schon bei den Kaltgetränken, da hat es plötzlich einen
großen Rumms gemacht. Nach einer Sekunde des Realisierens haben wir mit
Entsetzen festgestellt – unsere Vespa ist umgekippt. Durch den Starkregen hat
sich der Seitenständer immer tiefer in den weichen Sandboden gedrückt und
Patsch, ist unsere rote Prinzessin irgendwann dagelegen. Wie von der Tarantel
gestochen ist Gernot hochgeschossen und hat unseren armen Roller wieder
aufgerichtet. Dem ersten Anschein nach ist nicht viel passiert, aber dass schon
wieder die linke Pobacke des Rollers eingedrückt ist, sahen wir bereits im
Dunkeln. Naja, das geht ja noch, das lässt sich richten. Wir haben uns dann
bald einmal von Wolfgang und Christine verabschiedet und mit ein wenig
Betrübnis wegen unserer armen Vespa sind wir weit vor Mitternacht schlafen
gegangen. Ach ja, ausgerechnet heute war mal wieder ein Freitag der 13. – aber
trotz unseres kleinen Vespa-Dramas sind wir um keine Spur abergläubischer
geworden … 😊.
Im Laufe der Nacht hat es dann endlich aufgehört zu regnen. Nix gegen
Wasser von oben, aber katastrophalen Regen gibt’s eh in Österreich, da brauchen
wir das „da herunten“ echt nicht auch noch. Bei Tageslicht haben wir uns dann
unsere Vespa genauer angeschaut, die eingedrückte linke Pobacke haben wir ja
gestern schon bemerkt. Aber – es ist leider auch die verchromte
Scheinwerfer-Umrandung entzweigebrochen, weil unser Moped genau damit auf unserem
Einstieg aufgeschlagen hat. Oje, unsere Vespa s125i.e. ist leider ein seltenes
Sondermodell, das Teil wird eher schwer zu kriegen sein. Wurscht, notfalls
haben wir sowohl Gaffa-Band als auch eine geschickte, ehemalige Werklehrerin
mit an Bord. Und wie heißt es so schön: Einmal Werklehrerin, immer Werklehrerin
😊. Am Montag fährt Gernot
rüber zu Michele, vielleicht kann er uns ja so ein Ding zeitnah bestellen. Mal
schauen. Nach ausgedehnten Säuberungsarbeiten – Tisch und Vespa-Abdeckplane
schauen aus, als hätten sie an der Paris-Dakar-Rally teilgenommen, legen wir
uns ein wenig nieder und gehen anschließend mit Christine zu Wolfgang in die
Bar rüber. Der nutzt dort das freie W-Lan für die Live-Übertragung der
deutschen Fußball-Bundesliga via Sky, Gernot schaut zuerst ein bisserl mit.
Doch bald einmal widmet er sich mehr seinen beiden Doppios, die er sich –
wenigstens nacheinander – einverleibt hat. Übrigens, Gernot braucht seine
doppelten Espressi gar nicht mehr extra bestellen, von der freundlichen
Kellnerin wird er längst mit einem: „Bongiorno! Doppio?“ begrüßt. Für heute
Abend hat uns Christine bereits einen Tisch im Restaurant bestellt und
pünktlich um 19 Uhr lassen wir uns dort nieder. Wir genießen wieder ein
hervorragendes Essen und haben erneut eine ganz feine Zeit miteinander. Danach
ziehen wir uns in unsere Häuschen zurück, wobei das Wort Häuschen für das
Wohnmobil von Wolfgang und Christine eine fast schon freche Untertreibung
darstellt.
Kaum mehr Regen in der Nacht, die Temperatur ist angenehm niedrig.
Vielleicht schlafen wir auch deshalb bis nach 9 Uhr. Nach dem obligatorischen
Käffchen machen wir einen Pasch und danach gönnen wir uns eine feine Jause. Nur
um uns danach sofort wieder hinzulegen – „Dolce far niente“ vom Feinsten. Die
meiste Zeit des Tages verbringen wir also im Bett, aber auch an unseren Handys
hängen wir einige Stunden lang. In ganz Österreich toben nämlich heftige
Unwetter mit extremen Starkregen, in halb Niederösterreich heißt es überhaupt
„Land unter“! Tirol ist davon nur am Rande betroffen – wenigstens eine halbwegs
gute Nachricht. Später bestellen wir dann für Gernots Bruder Robert ein 10er-Set
an Zappa-CDs und lassen es an seine Adresse schicken. Robert ist zwar nicht der
größte Fan des Großmeisters, wenngleich ihm das Werk Zappas schon auch gefällt.
Aber er kauft sich diese Musik nicht und hat dementsprechend nur eine CD
daheim. Und Gernot konnte dem Angebot auf Amazon schlicht und ergreifend nicht
widerstehen, wann zahlt man schon pro CD von Frank Zappa nur 3 Euro 13 😊? Und mit dem
Pensionsantritt von Robert am 1. September gab es sogar einen guten Grund für
ein Geschenk. Viel haben wir dann heute nicht mehr unternommen, einen Drink bei
Christine und Wolfgang mussten wir wegen der früh einsetzenden Nachtkälte
ausfallen lassen.
Den Tag lassen wir wie immer mit einem guten Kaffee beginnen. In der Nacht
hat es leicht geregnet und wie wir morgens die Vespa abdecken, erleben wir eine
kleine Überraschung: es hat nämlich eine Katze die Nacht auf der Sitzbank
unseres Rollers verbracht, wohlgemerkt unter der Plane! Das haben uns die
Fußspuren der Fellnase verraten, denn auch sie kann nicht über unseren sandigen
Stellplatz fliegen. Sehr süß. Gegen 10 Uhr 30 macht sich dann Gernot auf nach
Vieste, mal schauen ob Meister Michelle die Scheinwerfer-Umrandung bestellen
kann. Es ist dann fast nicht zu fassen, aber so wie es ausschaut, sollte das
Teil schon morgen (!) da sein. Na, das wäre was. Beim Anblick der unschön
eingedrückten linken Pobacke unserer Vespa runzelt Michele die Stirn und meint
nur „Probare“ – wahrscheinlich das italienische Pendant zu unserem „Schau ma
mal“. Nach dem Besuch der Werkstatt holt Gernot Ilse ab und gemeinsam fahren
wir zum großen Markt, der ganz in der Nähe des „EuroSpin“ aufgebaut ist.
Logischerweise parken wir direkt vor dem ersten Marktstand und schreiten alle
Stände brav ab – und es waren viele dutzend. Aber außer Kleidung, Schuhe und
Küchenutensilien ist nichts Interessantes für uns dabei, auch die fünf, sechs
Stände mit Lebensmittel vermögen uns nicht zu locken. Die Salamis und Parmesans
brüten teils böse in der Sonne, wer weiß, wie lange schon. Auch vom Preis her
ist die Ware nichts Besonderes, das kriegen wir überall sonst billiger.
Trotzdem haken wir den Besuch des Marktes nicht als Reinfall ab, mal einfach nur
schauen ist ja auch ganz nett. Am Retourweg bleiben wir beim kleinen Supermarkt
„Pretty“ stehen, da haben wir letztes Jahr schon mal ein paar Sachen
eingekauft. Beim Eintritt in den Laden stockt uns beinahe der Atem, denn der
Laden ist in der Zwischenzeit vergrößert worden und zwar um das mindestens
fünffache! Die Auswahl ist unglaublich und auch die Preise liegen teilweise
unter denen der großen Supermärkte. So kriegen wir wieder eine Salami um knapp
über 3 Euro und auch ein Gläschen mit Pistazien-Pesto kommt mit. Danach fahren
wir zum WoMo zurück, trinken einen phantastischen Kaffee in der Platz-Bar und
spielen uns später einen Pasch aus. Dann ist Siesta angesagt und wir finden
herrlichen Schlaf.
Dienstag, 17. September 2024
Der heutige Tag beginnt mit großer Sorge um Ilses Schwester Sigrid, die
sich einer schweren Operation unterziehen muss. Wegen Krebsverdacht müssen ihr
drei Lymphknoten aus dem Hals geschnitten werden, auch die bereits operierte
Zunge muss nachgebessert werden. Die OP begann um 7 Uhr 30, doch schon um 14
Uhr 30 meldet sich Sigrid via WhatsApp mit einem Foto – es scheint soweit alles
gutgegangen zu sein. Wir rufen dann Nadja an, sie möge doch bitte bei Sigrid in
der Klinik vorbeischauen, falls sie irgendwas braucht oder so.
Am späteren
Vormittag verabschieden sich dann unsere neuen Campingfreunde Christine und
Wolfgang, sie fahren vorerst nach Neapel. Wir liegen uns herzlich in den Armen
und versprechen uns natürlich ein Wiedersehen. Gernot ist dann mit der Vespa
rüber zu Michele gefahren, aber auch wenn der Weg nach Vieste nicht weit ist,
so war er doch umsonst. Denn Meister Michele wird heute erst um 17 Uhr wieder
im Laden sein, also kündigt sich Gernot für morgen noch einmal an. Wir haben
uns dann niedergelegt und überraschenderweise bis nach 16 Uhr geschlafen. Eine
gute Jause hat uns dann wieder schön ins pralle Leben zurückgeholt und später
haben wir uns an der Platz-Bar mit Doppio und Campari-Orange verwöhnen lassen.
Natürlich spielten wir uns ein weiteres Duell am Paschring aus und dezimierten,
ebenso gezielt wie vorsätzlich, unseren Vorrat an Kaltgetränken.
Nach dem Guten-Morgen-Käffchen hat sich Gernot frohen Mutes auf die Vespa
geschwungen und ist nach Vieste zu Micheles Werkstatt rüber gedüst. Aber wie
befürchtet, ist das Teil für die wenig verkaufte s125i.e. nicht so leicht zu
kriegen, es würde leider bis zu fünf Tage lang dauern. So lange wollen wir
natürlich nicht drauf warten, also ruft Gernot später im WoMo unsere
Heim-Werkstatt Kroneder in Innsbruck an. Dort können die das Teil in Ruhe
bestellen und wenn wir irgendwann Mitte oder Ende Oktober heimkommen, machen
wir uns einen Reparaturtermin aus. Passt. Wir haben es noch ein bisserl wärmer
werden lassen und sind dann zu einer schönen Ausfahrt aufgebrochen. Wir wollen
erneut nach Pugliochiuso, einen Ort, den wir schon im letzten Jahr besucht
haben. Die Fahrt ist gar nicht so ohne, denn die starken Regenfälle der letzten
Tage haben ihre Spuren hinterlassen. So liegen oft faustgroße Steine auf der
Straße und vor jeder einzelnen Kurve muss man darauf gefasst sein, dass es
dahinter Sand in den Weg geschwemmt hat.
Schon beim Frühstückskaffee wissen wir, dass wir heute kaum etwas
unternehmen werden. Denn die Regenwahrscheinlichkeit liegt bei 60 Prozent, da
darf die Vespa ruhen. Aber nicht vollständig, denn wir wollen zumindest nach
Vieste rüber. Denn wie wir von unseren zahlreichen Besuchen dort wissen, darf
man mit einem Wohnmobil nicht durch das Stadtzentrum fahren, wir kennen aber
keinen anderen Weg in Richtung Manfredonia, unserem nächsten Ziel. Wir biegen
also beim ersten Kreisverkehr nach rechts ab und finden uns kurz darauf in
einem reinen Wohngebiet wieder. Nach ein paar weiteren Kreisverkehren, wir
folgen stets den Hinweisschildern nach Manfredonia, kommen wir endlich zur
Hauptstraße außerhalb des Stadtzentrums. Die kennen wir, also ist hier für uns
die Mission Routencheck abgeschlossen. Und wie auf Kommando hören wir schweres
Donnergrollen und das bei voller Fahrt. Na servas, nix wie schnell zurück zum
Campingplatz. Dort verbringen wir einen sehr gemütlichen Tag, gehen ein paar
Kleinigkeiten einkaufen und verköstigen uns heute ausnahmsweise mal wieder aus
dem Kühlschrank. Natürlich klopfen wir gleich mehrere Pasch-Partien und der
Platz-Bar statten wir selbstredend auch einen Besuch ab. Gernot hat sich dafür
extra präpariert und am Übersetzungs-Tool eine italienische Redewendung
auswendig gelernt. Die heißt „Come lo sai?“ und bedeutet „Woher wissen Sie
das?“ Denn die Kellnerin fragt ja Gernot gar nicht mehr nach seinem Wunsch,
sondern begrüßt ihn jeden Tag mit einem freundlichen „Doppio?“. So hat Gernot
mit seinem Sprüchlein für einen erstaunten Lacher gesorgt und diese
Formulierung vergisst er sicher nicht mehr so schnell 😊. Für unsere Verhältnisse
sind wir heute relativ früh in die Waagrechte gewechselt, jedenfalls lange vor
Mitternacht. Morgen werden wir wahrscheinlich wieder um einiges aktiver sein,
zumindest würde es das Wetter zulassen.
Nach dem Kaffee packt Gernot mal wieder das Notebook aus und zimmert an
unserem Blog herum. Das dauert bis Mittag und weil Arbeit bekanntlich hungrig
macht, gehen wir heute ausnahmsweise bereits um 12 Uhr ins Restaurant. Ilse
gönnt sich ein weiteres Mal die „Tagliette di Manzo con Ruccola“, also das in
Streifen geschnittene und nur kurz angebratene Rinderfilet. Gernot hat zwar
nicht wirklich Heimweh, aber trotzdem kommt ihm heute ein Wiener Schnitzel auf
den Teller, das nennen sie hier „Cotolette Milanese“. Tatsächlich kommt das
Dargebrachte einem Original Wiener Bröselteppich erstaunlich nahe und mit der
großen Portion Pommes war es ein zufriedenstellendes Mittagessen. Danach war bei
Ilse ein Verdauungsschläfchen angesagt und da passte es uns gut ins Konzept,
dass es exakt beim Niederlegen zu regnen begonnen hat. Gernot arbeitete sich
weiter an unserem Blog ab, doch später hat uns das schöner werdende Wetter noch
einmal mit dem Roller ausfahren lassen. Wir steuern die große Burg von Vieste
an, Ilse hat uns heute auf einem bis dato unbekannten Weg dorthin geführt.
Natürlich parken wir quasi direkt vor dem Gebäude, das wir aber nicht besuchen dürfen,
weil sich dort ein Horch-und-Guck-Posten des italienischen Militärs befindet.
Wurscht, wir steuern halt stattdessen den Dom von Vieste an, den wir zumindest
von außen betrachten können, weil er zugesperrt ist. Danach verfügen wir uns
auf einen schönen Aussichtspunkt neben der Burg und finden dort die einzige
Sitzmöglichkeit unbesetzt. Von hier aus sehen wir weit unter uns das
„Ristorante Pelicano“, das wir dieser Tage besucht haben und der große Monolith
von Vieste präsentiert uns seine andere Seite. Dazu das tiefblaue Meer, ein
wirklich schönes Panorama.
Schon am frühen Morgen verspricht uns das Wetter einen traumhaft schönen
Tag und unsere App bestätigt das vollinhaltlich. Bald einmal starten wir unser
Moped und machen uns auf den Weg nach Peschici. Ilse hat bei unserem ersten
Trip nach Peschici unterwegs ein Hinweisschild zu einem Strand gesehen und
heute biegen wir da von der Hauptstraße ab. Über eine erbärmliche Ansammlung
von Schlaglöchern, diese Zufahrtsstraße kann man anders nicht nennen, parken
wir vor einem richtigen Restaurant und sind darüber ziemlich erstaunt.
Tatsächlich sind einige Touristen hier, die liegen in der Sonne oder spielen
Boccia am schönen Sandstrand. Gegenüber von uns thront einer der vielen
Wachtürme der Gegend hier, irgendwann einmal waren es 25. Dieser ist nur mehr ein
Wrack und besteht quasi nur mehr aus „Solo Fragmenti“, also nur mehr aus
Bruchstücken. Wieder einmal kommt Gernot beim Betrachten des 1566 erbauten
Turms der blöde Spruch in den Sinn: „Warum haben die im Mittelalter bloß so
viele Ruinen gebaut?“ 😊. Wir bestellen uns Kaffee, Gernot vertilgt als
Vormittagssnack eine Apfeltasche dazu. Nach diesem unerwartet feinen Break
setzen wir unsere Fahrt nach Peschici fort und nach etwas mehr als 20
Kilometern Wegstrecke parken wir uns im Stadtzentrum ein.
Wir reisen ab. Der Entschluss ist beim Frühstückskaffee gekommen, so schön
es hier auch war, es zieht uns einfach weiter. Heute übernimmt mal
ausnahmsweise Gernot das Bezahlen, dabei kommt es zu unerwarteten
Komplikationen. Wir haben ja wegen dem aggressiven Deppen aus Weiblingen den
Platz gewechselt und Gernot gab dem Patrone die Nummer 67 an. Das verwirrte den
guten Mann einigermaßen und er blätterte minutenlang und nahezu verzweifelt in
seinen Unterlagen herum. Aber immerhin war dort unser Anreisetag vermerkt und
mit heutigem Tag sind wir exakt zwei Wochen lang hier. Übrigens haben wir damit
unseren Rekord beim Daueraufenthalt auf einem Campingplatz eingestellt, denn 14
Tage waren wir erst letztes Jahr durchgehend in Klagenfurt. Gernot bezahlte
also die zwei Wochen und bald darauf stellte sich heraus, dass wir nicht auf
Platz 67, sondern auf 76 gestanden sind. Ein Zahlendreher also, kann ja mal
vorkommen. Die Nachmieter unseres Platzes stehen auch schon in den
Startlöchern, wir haben die beiden Deutschen schon gestern kennengelernt und
sie haben sich gute Tipps von uns über den Campingplatz hier geben lassen. So
was tun wir gerne. Routiniert erledigen wir unser Abreiseszenario, heute
beobachtet und staunend kommentiert von den beiden deutschen Campern. Dann
heißt es „Ciao Vieste, Arrivederci Camping Molinella, Benvenuti di
Manfredonia“. Weit haben wir es heute nicht, es sind nicht einmal 80 Kilometer
bis dorthin. Allerdings führt der Weg fast ausschließlich über kurvenreiche
Bundes- bzw. Landesstraßen, es geht bergauf und bergab, wir fühlen uns wie auf
einer asphaltierten Achterbahn. Natürlich sind wir mit unserem dicken und
dementsprechend behäbigen Nasenbären ein Ärgernis für die italienischen
Kampfpiloten – sie könnten ja so viel schneller …😊. Einige Passagen der
heutigen Etappe kennen wir bereits und spätestens bei den fünf, sechs Tunnels
sind wir wieder voll orientiert.
Zeitgleich mit dem Kaffee kommt eine der Platzkatzen zu uns, ein schöner,
rotweißer Tiger. Er frisst etwa die Hälfte des angebotenen Futters und grüßt
bei der Verabschiedung unvergleichlich lässig durch das Heben seines Schwanzes.
Gernot widmet sich dann mal wieder unserem Blog, Ilse spaziert derweil ein
bisschen zum Strand hinüber. Die Vespa bleibt heute unter ihrer Plane, wir
haben keine Lust auf eine Ausfahrt. Das Wetter ist zwar bedeckt, aber es regnet
zumindest nicht. Ilse nutzt den trockenen Tag und wäscht ein paar Handtücher
und Kleidungsstücke. Gernot kriegt seine beiden kurzen Hosen gereinigt und auch
seine hellgrüne, lange Hose versucht Ilse zu säubern. Das gelingt leider nicht
vollständig, aber immerhin könnte er sie wieder anziehen. Übrigens, das schöne,
weiße Vespa-T-Shirt von Gernot musste gleich noch einen zweiten (Hand-)Waschgang
antreten, weil es durch eine Ungeschicklichkeit des Besitzers am sandigen Boden
landete.
Gleich nach dem Aufwachen steht fest, dass wir auch heute keine Ausfahrt
mit der Vespa machen werden. Dazu ist das Wetter einfach zu unbeständig. Gleich
nach dem Kaffee kommt dann die beste Nachricht überhaupt, denn Ilse Schwester
Sigrid meldet sich aus der Innsbrucker Klinik. Die Untersuchung ihrer
herausoperierten Lymphknoten hat ergeben, dass der Zungenkrebs nicht gestreut
hat – alle Befunde negativ. Was für eine Freude, was für eine Erleichterung. Da
kommt uns dann gleich der Spruch in den Sinn: Ein gesunder Mensch hat tausend
Wünsche, ein Kranker nur einen einzigen. Und gleich die nächste gute Nachricht
– bereits morgen darf Sigrid nach Hause und dann wird sie hoffentlich nur mehr
die lange Narbe am Hals an diese sorgenvolle Zeit erinnern. Gernot hämmert dann
mal wieder ein paar Seiten unseres Blogs in die Tasten, jetzt hat er schon fast
alles Erlebte nachgeschrieben. Ilse geht derweil wieder an den Strand und
findet dort ein paar außergewöhnlich schöne Muscheln. Die sind als Mitbringsel
für Sigrid gedacht, auch wenn wir wissen, dass man eigentlich keine Muscheln
mehr sammeln darf. Aber die liegen hier zu Abertausenden herum und würden eh
nur zertreten werden.
Mittwoch, 25. September 2024
Das Käffchen am Morgen vertreibt Kummer und Sorgen – allerdings haben wir
weder Kummer noch Sorgen. Also vertreibt der Kaffee nur die Restmüdigkeit.
Obwohl sich der Himmel fast vollständig bewölkt zeigt, starten wir nach einem
schnellen Pasch zu einer Rundfahrt. Ilse hat uns via Google Maps einen etwas
anderen Weg nach San Giovanni di Rotondo gesucht und der führt uns die ersten
paar Kilometer über die vierspurige Schnellstraße. Und plötzlich, wir sind
gerade mit einem flotten 80er unterwegs, prasseln uns die ersten Regentropfen
auf die Visiere unserer Helme. Shit! Ausgerechnet heute muss es regnen. Gernot
überlegt schon das Umkehren, wenigstens haben wir vorsorglich unsere
Regenkleidung mit dabei. Es tröpfelt dann zwar noch ein paar Minuten vor sich
hin, nach einem Starkregen schaut das aber nicht aus. Also fahren wir einfach
weiter und diese Entscheidung war richtig. Denn kaum waren wir von der
Schnellstraße abgefahren, verflüchtigte sich das Nass von oben und wir konnten
unsere Fahrt trockenen Fußes fortsetzen. Wir sind dann auf jenen Weg gekommen,
den wir schon aus dem Vorjahr kennen, aber heute sind wir in San Giovanni di Rotondo
nicht einmal stehengeblieben. Die Kirche des seltsamen Padre Piu kennen wir
schon, übrigens wird der bärtige Piu auf den Souvenirartikeln längst nicht mehr
als „Padre“ bezeichnet, sondern als „Sao“, Johannes Paul II hat den, einst als
Betrüger exkommunizierten, Kapuzinerpater ja heiliggesprochen. Wegen der
unaufhörlich sprudelnden Geldspenden seiner VerehrerInnen natürlich. Völlig
wurscht, was gehen uns die Vorgänge in einem Verein an, bei dem wir nicht mehr
Mitglieder sind 😊. Die Stadt liegt schon
ein paar hundert Meter oberhalb des Meeres und wir spüren das an den eher
niedrigen Temperaturen. Es hat nur mehr an die 18 Grad und beinahe bereuen wir,
dass wir unsere Handschuhe nicht mitgenommen haben. Aber nur beinahe, denn es
lässt sich schon aushalten, schließlich sind wir als „Menschen aus dem Gebirge“
einiges gewohnt. Wir halten uns dann in Richtung Monte San Angelo und es ist fast
schon eine Groteske, dass unser Hauptmotiv eines weiteren Besuches dieses Ortes
ein winziges Illy-Cafe ist 😊. Unterwegs bleiben wir
einmal kurz stehen um uns die Beine zu vertreten und rasten ausgerechnet bei
einem Gedenkstein eines tödlich verunglückten Motorradfahrers. Die um ihn
Trauernden haben auch seinen kaputten Helm dort drapiert und es steht eine
ungeöffnete Flasche Bier vor dem Bildnis des jungen Mannes. Er ist kaum 30
Jahre alt geworden und ist mit Sicherheit Opfer der völlig verblödeten Raserei
hierzulande geworden. Entweder selbst verschuldet oder von einem anderen
Kamikazepiloten abgeschossen. Aber wie hat das einmal einer dieser Vollidioten
auf den Punkt gebracht? „Es gibt in Italien nur gute Autofahrer, denn die
schlechten sind schon alle tödlich verunglückt“. Natürlich werden wir auch
hier, wo durchgängig eine 50 km/h Beschränkung gilt, mit 100 Sachen und mehr
überholt – so wir nicht eh sofort rechts ranfahren, wenn in den Rückspiegeln
einer dieser „guten Autofahrer“ immer größer wird … Doch wieder einmal kommen
wir gut an unser Ziel und in Monte San Angelo parken wir auf unserem
„Stammplatz“. Heute wehrt sich unser Roller ein wenig, vorerst scheint unserer
roten Prinzessin kein Platz zu gefallen und sie droht mit einem Umsturz. Aber
nach vier, fünf Versuchen ist ihr die Position dann endlich gut genug und wir
wandern los. Unserem Gefühl nach ist etwas weniger los als im Vorjahr, aber das
kann natürlich auch täuschen. Angenehmerweise ist es viel weniger heiß als
damals und ohne zu schwitzen erreichen wir „unser“ kleines Kaffeehaus. Wir
trinken fantastischen Espresso Doppio und einen Cappuccino, Gernot lässt sich
noch einen Krapfen mit Vanillecreme füllen. Beim Gehen nimmt er sich dann noch
ein nettes Feuerzeug mit und für alles zusammen bezahlen wir 6 Euro 90 – an
einem Touristen-Hotspot! Wegen der angenehmen Temperaturen wagen wir heute den
steil abfallenden Weg zu einer schönen Kirche, Gernot hat beim Begehen der
vielen Treppenstufen eh scherzhaft gemeint: „Herauf brauch ich dann zwei Tage.“
Wir finden einen sehr netten Kühlschrankmagneten in Herzform, mit einer roten
Vespa und einer Landkarte von Gargano drauf. Da ist sogar der berühmte Felsen
von Vieste zu sehen. Und dann lassen wir doch glatt das Modell einer
ausgewachsenen roten Vespa einfach so stehen, wir haben nicht einmal nach dem
Preis gefragt. Zwar hätte Gernot das große Teil schon gerne in unserer Sammlung
gehabt, aber Ilse erschien das Modell in seiner Machart einfach zu billig. Hat
ja eh gestimmt und mit dem Kauf roter Vespas müssen wir wirklich selektiver
werden, denn wir haben daheim kaum mehr Platz dafür und bei unserer Wohnung
zubauen können wir nur schlecht …😊. Einen Besuch der großen
Kirche haben wir uns dann gar nicht angetan, heute war uns nicht nach
Gotteshäusern. Stattdessen sind wir zur Vespa zurückspaziert, Gernot hat sich
übrigens nicht über die steile Gasse und die vielen Stufen quälen müssen. Denn
Ilse hat nach einem kurzen Blick auf Google Maps einen anderen Weg gefunden,
der zwar ein wenig länger, aber dafür viel weniger steil war.
Donnerstag, 26. September 2024
Das Wetter ist schön, trotzdem bleibt die Vespa heute unter der Tuchent.
Wir sind nämlich auch ohne lange Beratungen übereingekommen, dass mal wieder
ein Nichtstun-Tag ausgerufen wird. Nach dem Kaffee hat Gernot das angebliche
Nichtstun dann gleich ad absurdum geführt, indem er an unserem Blog
weitergeschrieben hat. Aber das ist ohnehin viel mehr Lust als Arbeit. Ilse ist
derweil an den Strand rüber spaziert und hat neben schönen Muscheln und
Schnecken einen Gegenstand gefunden, der auf den ersten Blick auch ein
abgetrenntes Körperteil eines Menschen hätte sein können. Aber – Hannibal
Lecter hat den Lido Salpi nicht heimgesucht, bei näherer Betrachtung entpuppte
sich das Teil als halbvergammelter Kürbis 😊. Aber immerhin hat er
Ilse kurz ein ordentliches Kopfkino bereitet. Den Nachmittag haben wir
großteils verschlafen und gegen Abend sind dann sämtliche Plätze neben und vor
uns mit rot-weiß-roten Plastikbändern abgesperrt worden. Oha, schaut ganz so
aus, als hätte eine größere Gruppe eine Vielzahl an Stellplätzen reserviert,
wahrscheinlich wieder ein Trupp von reiselustigen Holländern. Wir werden sehen.
Jedenfalls kann uns jetzt nicht mehr passieren, dass ein paar WoMos mit ein
paar vielen Hunden neben uns parken. Diesbezüglich haben wir hier eh ziemliches
Glück, die wenigen Vierbeiner machen kaum einmal auf sich aufmerksam und wenn,
dann werden sie von ihren Herrchen und Frauchen rasch zur Räson gerufen. So
gehört sich das und so mögen wir das. Wie jeden Tag, so sind wir auch heute
überpünktlich zum Abendessen erschienen und wir waren sogar die allerersten,
die Platz genommen haben. Ilse hat sich mal wieder mit der „Margherita“ ihre
Lieblings-Pizza bestellt, Gernot hat seinen großen Hunger mit einem noch
größeren Grillteller erfolgreich niedergerungen. Wie der köstliche Berg an
Fleisch serviert wurde, hätte Gernot nie damit gerechnet, das alles aufzuessen
zu können. Aber bis auf ein paar kleine Knöchelchen von den Koteletts (man
beachte den Plural!) ist kein Stückchen übriggeblieben. Satt und zufrieden
haben wir noch den üblichen Kaffee an der Bar genossen und später haben wir uns
mit einem Pasch die nötige Bettschwere für die Nacht erspielt.
Dem Frühstückskaffee haben wir bruchlos einen Pasch folgen lassen und
danach hat Gernot sich erneut um unseren Blog gekümmert, es gibt da ja doch
einiges nachzuholen. Bei einem kleinen Einkauf im Shop haben wir übrigens den
Grund für die Absperrungen erfahren – die halten hier ab nächstem Wochenende
ein Oktoberfest (!!) ab. In Apulien! Der dazu angefertigte Folder hat es in
sich, denn neben allerlei Informationen erhält er auch
Kostümierungs-Vorschläge, unter anderem ist auch eine Tiroler Tracht mit dabei.
Na servas. Und es fehlt auch nicht der Hinweis, dass man sich solche Kleidung
günstig bei Temu oder Alibaba bestellen könne. Für uns wäre so eine
Veranstaltung eine einzig Horrorvorstellung und nicht einmal für 1.000 Euro pro
Nase würden wir dabei mitmachen. Aber – jedem und jeder bleibt natürlich
unbenommen, wie er oder sie sich bespaßen möchte, Hauptsache alle haben es
lustig. Uns geht das ja sowieso nichts an, denn auch wenn wir immer noch nicht
wissen, wann wir abreisen, eine ganze Woche lang bleiben wir garantiert nicht
mehr hier. Heute sind wir zu zweit an den Strand gegangen und einen guten
Kilometer lang dem Meer entlang spaziert. Es sind gleich mehrere große Krebse
angespült worden, darunter einer mit einer blauen Schere, der wird ein gutes
dreiviertel Kilo Lebendgewicht gehabt haben, jetzt ist er zum Glück tot. Dem
will man lieber nicht in freier Natur begegnen, ein Zeh wäre da schnell weggezwickt
wie nix … Ins Wasser geht nur Ilse, Gernot hat seine Badeschuhe nicht dabei und
barfuß tut er sich das Schwimmen im Meer nicht an, gar nicht nur wegen der
Blauscheren-Krebse. Aber es gibt ja auch noch Seeigel, Feuerfische, Quallen und
alles so Zeug. Dann lieber Fotos machen von der Badenixe Ilse 😊. Nach dem Strandausflug
belohnen wir uns mit Cappuccino und Doppio, damit setzen wir uns vor die Bar in
den Schatten und gönnen uns gleich noch zwei knusprige Brioche dazu. Quasi als
Überbrückung bis zum Abendessen. Bis dorthin vergnügen wir uns mit einem Pasch
und um 19 Uhr treten wir zum Essen an. Für Ilse gibt es heute Nudeln mit
Bolognese-Sauce, Gernot ist noch einmal die „Pizza Diabolo mit scharfer Salami
und Sardellen“, beides war wieder ein Hochgenuss. Egal wo wir als nächstes
hinfahren, eines wissen wir jetzt schon: Die fantastische Küche hier wird uns
überall sonst schwer abgehen. 

Apropos nächstes Ziel. Es wird mit hoher
Wahrscheinlichkeit Alberobello werden, aber wann wir hier abreisen wissen wir auch
nicht, vielleicht sind wir ja morgen diesbezüglich klüger.
Beim Frühstück haben wir noch gar nicht über unsere Abreise von hier
geredet, da kriegt eine italienische Familie vom Chef persönlich die
„Sondergenehmigung“, hinter den Plastikabsperrbändern mit ihrem Wohnmobil zu
campen. Ausgerechnet jene Familie, deren verhaltensoriginelle Kinder wir
täglich bis zu uns herüber schreien und brüllen hören, obwohl sie gut 300 Meter
weit entfernt stehen. Wir brauchen uns nur für eine Sekunde lang anschauen,
dann wissen wir: Wir reisen ab, jetzt! Ist auch gut so, denn es wird wirklich
Zeit, mal wieder Neues zu entdecken. Als erstes laden wir die Vespa auf, damit
ist die Hauptarbeit schon mal erledigt. Danach wird alles schön
zusammengeräumt, die Klokassette geleert, wir duschen in aller Ruhe und zuletzt
zahlen wir unseren Aufenthalt hier. Übrigens, beim Entleeren der Klokassette
hat sich Ilse mal wieder vorgedrängt und heute war es schon knapp über der
Grenze zur Unverschämtheit hinaus. Aber der Franzose, der eindeutig vor uns da
war, hat zuerst zweimal eine falsche Tür aufgemacht und zack – hat Ilse diesen
Moment der Unsicherheit gnadenlos ausgenutzt. Sein mehrmaliges und hilfloses
„Pardon Madame“ hat Ilse geflissentlich überhört, doch nach höchstens einer
Minute Wartezeit durfte dann auch der, ob dieser Dreistigkeit immer noch
fassungslose, Franzose an den Ausguss. Jaja, dem Zögerer gehört nicht die Welt 😊. Wie Ilse dann im WoMo den
Kühlschrank von Strom auf Gas umschalten will, funktioniert das nicht. Nanu?
Doch als auch unser Herd sich nicht anfeuern lässt, da ahnen wir schon, die
Gasflasche könnte leer geworden sein. Tatsächlich ist dem so, doch zum Glück
haben wir immer eine zweite volle Flasche mit dabei. Das Ummontieren des
Anschlusses ist nur eine Frage von Sekunden und der Kühlschrank kühlt wieder
brav vor sich hin. Dann heißt es „Ciao bella Lido Salpi“, man sieht sich sehr
wahrscheinlich wieder. Es steht heute wieder eine ziemlich kurze Etappe auf dem
Programm, von hier nach Alberobello sind es laut Google Maps keine 180
Kilometer, das geht. Die ersten paar Meilen führen über eine erbärmliche
Landstraße, unser armes Häuschen wird mal wieder gnadenlos durchgeschüttelt.
Doch dann sind wir endlich auf die Autobahn gekommen und die Fahrt wurde
erheblich entspannter und angenehmer. Den Moloch Bari umfahren wir elegant auf
der Autostrada und kommen unserem Ziel immer näher. Das letzte Stück der
Reisetappe ist dann noch einmal ein spezielles Kapitel, denn Google Maps meint
es wieder einmal zu gut mit uns und wir werden auf kleinste, ja sogar winzigste
Wege und Trampelpfade geleitet, wahrscheinlich ist die Gesamtstrecke dadurch um
1,2 Kilometer oder so kürzer. Einmal finden wir uns überhaupt auf einem Stück
Feldweg zwischen Steinmauern wieder und höchstwahrscheinlich sind wir dabei
sogar gegen eine Einbahn gefahren. Doch zum Glück hatten wir keinen
Gegenverkehr, solche „Straßen“ werden in der Regel auch von den Italienern
verschmäht. Der Weg zurück zur regulären Straße ist dann derart steil, dass
unsere Vorderräder durchdrehen und wir wahrscheinlich 1.000 Kilometer Kupplung
auf 2 Metern Fahrstrecke verbraucht haben. Aber Hauptsache, wir haben wieder
halbwegs brauchbaren Asphalt unter den Rädern. Dann ist eh schon überall
Alberobello angeschrieben und zuletzt ist auch unser Campingplatz schön ausgeschildert.
Aus den prognostizierten 176 Kilometern sind es übrigens derer 205 (!)
geworden, Google Maps hat uns also diesmal ausnahmslos auf „verlängerte
Abkürzungen“ geleitet. Auch wurscht, wir haben es überlebt. 

Schließlich fahren
wir am „Campeggio Bosco Selva“ in Alberobello zu und dürfen uns frei einen
Platz auswählen. Den finden wir auf Anhieb und parken unsere Schnecke neben
einer ganzen Reihe von wunderhübschen Zyklamen ein. Diese Orchideenart findet
man bei uns daheim höchstens noch im Blumenfachhandel, hier wachsen diese
rosafarbenen Schönheiten fast schon wie Unkraut. 

Der Platz hier gibt nicht viel
her, das Waschhaus ist zwar erst wenige Jahre alt, trotzdem finden sich
ausschließlich abgebrochene Kleiderhaken und die wenigsten Toiletten- bzw.
Duschkabinentüren lassen sich abschließen. Die lassen einfach alles verkommen,
einmal etwas investiert, dann muss das 50 Jahre oder länger halten. Kleiner
Tipp: Tut es nicht, aber das nur nebenbei. Neben uns campt ein Paar mit Baby
und Münchner Kennzeichen und wie sie mit ihrem Bully mal kurz ausfahren,
beanspruchen gleich mehrere Wohnmobilisten den schönen Platz der Deutschen. Sie
dürften Neo-Camper sein, denn sie haben statt Tisch und Stühlen lediglich ihr
Stromkabel zurückgelassen, noch dazu lehnten sie dieses, in einen Müllsack
gesteckt, an einen Baum. Das wirkte wie eine Einladung, wo doch die Deutschen
auf Mallorca etc. so geschickt mit Handtüchern ihre Sonnenliegen für den
nächsten Tag beanspruchen 😊. Aber Gernot hat den
Platz mit Zähnen und Klauen verteidigt, einem bereits abgestellten Holländer
musste allerdings erst wortreich an seine Vernunft appelliert werden. Wie auch
immer, der Platz ist letztendlich bis zur Rückkehr des Paares frei geblieben
und sie haben sich aufrichtig für unseren Einsatz bedankt. Bitteschön, gerne
geschehen, man hilft ja gerne. Am Platz gibt es kein Restaurant und die beiden
Pizzerien in erreichbarer Nähe öffnen erst um 19 Uhr 30. Und schließen dann um
22 Uhr, mehr Arbeit tut sich ein süditalienischer Gastronom nicht gern an –
dann halt nicht. Wir haben zum Glück einige Vorräte im Kühlschrank und
genehmigen uns eine feine Jause. Danach noch einen Pasch und dann gehen wir
heute mal wirklich sehr früh ins Bett, wahrscheinlich noch vor 21 Uhr.
Wir haben eine wunderbare Nacht verbracht, das Einschlafen wurde uns
versüßt von den Rufen mindestens dreier Zwergohreulen. Wie sich das geändert
hat! Noch vor einem Jahr nervte uns der Ruf dieser Vögel ziemlich, aber dann
haben wir entdeckt, wie süß diese kleinen Zwergohreulen ausschauen und seitdem
grinsen wir uns an, wenn wir sie irgendwo hören. Alles nur eine Frage der
Einstellung. Das Wetter ist am Morgen zwar sonnig, doch es windet und wir
messen keine 20 Grad draußen. Da muss das Thermometer noch spürbar nach oben
klettern, bevor wir zu den berühmten Trulli aufbrechen. Wir nutzen die
Wartezeit für einen Pasch und ziemlich genau mittags machen wir uns auf den Weg
zur „Zona Trulli“, Bei den Trulli handelt es sich um aus flachen Steinen
gebaute, runde Häuser aus dem späten Mittelalter, viele davon sind später
erbaut worden uns es gibt heute noch hunderte davon. Die einfache Bauweise hat
mit den damaligen Steuergesetzen zu tun, denn ein Trullo, so die Einzahl der
niedlichen Behausungen, konnte man schnell abbauen und woanders neu
zusammensetzen. Natürlich knattern wir mit der Vespa zur Touristenattraktion
Nummer eins von Alberobello und parken ca. einen Meter innerhalb der
Fußgängerzone. Nicht weil wir gar so frech sind, sondern mehr deshalb, damit
uns das Absperrgitter Windschutz für unsere Vespa gibt. 




Es ist extrem viel los,
aber es wäre widersinnig, sich über Touristenmassen bei einem Weltkulturerbe
aufzuregen, wenn man selbst zu diesen Touristen gehört. Extrem viel los ist
trotzdem. Hier stehen Trullo an Trullo, kaum eines ist noch bewohnt, fast alle
sind zu Souvenirläden, Bars oder Restaurants umfunktioniert. Schon beim
allerersten Händler finden wir einen Kühlschrankmagneten, wo eine rote Vespa
vor einem Trullo parkt. Noch bleiben wir standhaft, mal schauen, was es noch
alles gibt hier. Schließlich kaufen wir uns ein hübsches Bild von Alberobello,
natürlich auch eine Magnet-Vespa und ein kleines Täschchen, mit aufgedrucktem
Trullo und roter Vespa drauf. Der starke Wind weht uns fast die Käppchen vom Kopf,
trotzdem sind wir froh, mit diesen vielen Menschen nicht bei 40 Grad
herumspazieren zu müssen. In der großen, ja größten Trullo-Kirche der Welt,
legen wir eine Rast auf der Kirchenbank ein und Ilse wirft ein paar Münzen in
den Opferstock der digitalen Kerzen. So wie sie das oft tut, wenn wir auf
Reisen sind. Da gehen plötzlich so viele Lichter an, als hätte sie in Las Vegas
den Jackpot geknackt. Aber hier gibt es pro Münze eine aufleuchtende Kerze und
Ilse hat eine halbe Handvoll Kleingeld eingeworfen, also hat sie unter einmal
gezählte 19 Kerzen „angezündet“ 😊. Wir sind dann weiterhin
mit der laut schnatternden Meute durch die vielen Trulli-Häuschen
mitgeschwommen und waren erwartungsgemäß bald einmal übersättigt von beidem.
Also haben wir uns auf den Rückweg zu unserer Vespa gemacht und wie wir dort
ankommen, sehen wir noch, wie unsere rote Prinzessin von einem begeisterten
Italiener gestreichelt wird – zweimal hat er sogar zärtlich die Sitzbank getätschelt.
Sehr süß. Nach der Besichtigungstour sind wir weiter in die Stadt Alberobello
hineingefahren, schon bei unserer gestrigen Ankunft hier sind wir bei einem
großen „Conad“ Markt vorbeigekommen. Dort kaufen wir uns gute Sachen für eine
feine Jause zusammen und kehren danach zum WoMo zurück. Nach einer kleinen
Siesta machen wir einen Pasch und plötzlich kommt ziemlich starker Wind auf.
Also legen wir gleich die Vespa auf, morgen geht es für uns wieder weiter. Auch
heute haben uns die Zwergohreulen mit einem Lächeln im Gesicht einschlafen
lassen.
Nach dem Kaffee ist das WoMo schnell zusammengeräumt und nach einer feinen
Dusche brechen wir noch vor 10 Uhr auf. Wir werden in die Nähe der Stadt Sibari
fahren, das befindet sich sozusagen an der Sohle des italienischen Stiefels.
Noch weiter südlich und wir würden ins Meer stürzen und nach Afrika treiben –
aber das kann niemand wollen 😊. Von unserem
Campingplatz müssen wir zuerst einige Kilometer auf der Bundesstraße fahren und
plötzlich trifft uns irgendetwas schwer am Dach. Wir können uns zuerst keinen
Reim drauf machen, gestreift haben wir jedenfalls nichts. Später sehen wir
dann, dass uns offenbar ein großer Ast aufs WoMo gekracht ist und er hat leider
auch die Vespa getroffen. Jetzt hat unsere rote Prinzessin einen Lackschaden
mehr aufzuweisen, direkt am Frontschild. Das werden wir neu lackieren lassen,
mal schauen, ob das überhaupt geht. 

Ehe wir dann endlich bei Taranto auf die Autobahn E90 kommen, fahren wir bei der ersten Tankstelle zu und werden auf dieser ESSO
tatsächlich ein wenig abgezockt. Denn der Tankautomat zeigt gleich um einige
Liter Diesel mehr an, als wir getankt hatten. Das lässt sich für uns relativ
leicht überprüfen, denn wir stellen nach jedem Tankvorgang den
Tageskilometerzähler auf null. Also hätte unsere Schnecke auf den letzten 300
Kilometern (41,1 Liter für 311 km) deutlich über 13 Liter verbrauchen müssen
und das ist unmöglich. Maximal 9,5 Liter je 100 Kilometer wären normal gewesen,
weil wir meist mit 80 km/h unterwegs waren. Wurscht irgendwie, aber trotzdem
auch irgendwie ärgerlich. Das trauen die sich sicher nur bei Touristen machen,
erkennen wird es der Automat an den fremden Bankomat- bzw. Kreditkarten. Gauner
☹! Schon bevor wir auf die
E90 aufgefahren sind, gerieten wir einen ziemlichen Stau. Eine gute
Viertelstunde lang sind alle praktisch am selben Fleck gestanden, später haben
wir gesehen, dass auf der Gegenfahrbahn ein Kleinwagen völlig ausgebrannt ist.
Wieder einmal typisch war das Verhalten der italienischen Autofahrer im Stau –
de facto jeder einzelne hat versucht, sich an anderen Autos vorbeizudrängeln,
nur um sich zwei Meter weiter vorne wieder hinein zu quetschen. Auf der
zweispurigen Straße sind teilweise sechs Autos nebeneinandergestanden, LKW
inklusive. Im Prinzip war es das exakte Gegenteil einer Rettungsgasse, aber so
etwas braucht man in der IoIoIo-Nation gar nicht erst andenken. So hat
natürlich alles viel länger gedauert, weil es weder für die Rettungskräfte noch
für den Abschleppwagen ein Durchkommen gegeben hat. Unfassbar das Ganze und
gleichzeitig in seiner Lächerlichkeit durchaus auch komisch. 
Wir waren dann zum
Glück eh relativ weit vorne im Stau gefangen und sind schließlich freigekommen.
Auf der bereits erwähnte E90 sind wir dann mit dem Verkehr mitgeschwommen, es
sind – untypisch für Süditalien – recht viele LKW unterwegs, wir überholen zum
Beispiel mindestens 20 Sattelschlepper eines Küchenherstellers. Dann werden wir
von der recht schönen Autobahn abgeleitet und es geht auf einer einspurigen
Bundesstraße weiter, die der Einfachheit halber auch E90 heißt. Ein offenbar
schwer überladener oder dramatisch untermotorisierter Sattelzug hält dann die
ganze Kolonne auf, überholt werden kann hier zum Glück fast nie irgendwo. 

Dass
es einige trotzdem wagen, eh klar, so viele 70 km/h Beschränkungen und
durchgehende Überholverbote kann es gar nicht geben. Schließlich kommen wir zu
unserer Abzweigung und über eine Frechheit von Güterstraße rumpeln wir die
letzten zwei Kilometer zum Campingplatz „Thurium“ bei Sibari. Der Empfang ist
freundlich, wir können uns vor dem Zufahren einen Platz aussuchen. Der
Campingplatz ist sehr, sehr groß, wir kommen auf der Hauptstraße gleich an drei
ausgewachsenen Sanitärhäusern vorbei. Aber – alle WC- und Duschkabinen sind
abgesperrt, die Wasserhähne zugedreht. Erst das vierte Waschhaus ist in Betrieb
und in seiner Nähe beginnen wir mit der Platzsuche. Viel ist nicht mehr los,
ein paar WoMos und Wohnwägen teilen sich einen großen Pinienwald, der direkt am
Strand liegt. Wie immer, wenn es massig Platz gibt, ist die Auswahl besonders
schwierig. Aber dann stellen wir uns ein wenig abseits der anderen Camper
zwischen die Bäume, der Bequemlichkeit halber parken wir direkt beim
Stromkasten. Schnell sind wir eingerichtet, der Platz ist uns eben genug, wir
brauchen also nicht auf die Böcke fahren. Der Campingplatz selber hat eindeutig
seine besten Zeiten hinter sich, er wirkt auf uns beinahe wie ein „Lost Place“.
Es gibt kein Restaurant hier, keine Bar und keinen kleinen Shop oder so.
Vielleicht ist das in der Hauptsaison anders, wir wissen es nicht. Wir erfahren
dann bei der Anmeldung, dass es in der Nähe eine Pizzeria geben soll,
Öffnungszeiten kann man uns aber nicht nennen. Also fährt Gernot mal eine Runde
mit der Vespa, eine Erkundungstour quasi. Zwar gibt es ein paar hundert Meter
weiter tatsächlich eine Pizzeria, die hat aber geschlossen und es ist kein
Hinweis zu finden, wann sie eventuell geöffnet hat. Überhaupt schaut es eher so
aus, als dass hier die Schotten für diese Saison dicht gemacht wurden. Zurück
beim WoMo weiß Ilse von einem Campingplatz in unmittelbarer Näher und wir
fahren die 2, 3 Kilometer dort hin. Übrigens, und das ist bitte kein Scherz:
Weil Gernot ununterbrochen im Slalom zwischen den Schlaglöchern herumkurven
muss, meldet uns Google am Abend, dass wir heute 3,1 Kilometer Skifahren (!!!)
waren. In Süditalien, bei 28 Grad – da gehört eindeutig die Software
nachjustiert 😊. Wir kommen dann am
Campingplatz an und fragen an der Rezeption nach, ob es hier einen Kaffee zu
trinken gäbe. Die perfektes Deutsch sprechende Dame meint freundlich, ein
Restaurant würde es schon geben, aber ob das geöffnet hat … Also sind wir selber
nachschauen gegangen und siehe da – bald einmal dampfte cremiger Cappuccino und
bärenstarker Espresso Doppio aus den dargereichten Tässchen. Auf diesem
Campingplatz ist eigentlich noch fast die Hölle los, die WoMos und Wohnwägen
stehen im so genannten Kuschelmodus – eines neben dem anderen. Auch dieser
Platz liegt direkt am Meer und dürfte noch nicht so heruntergewirtschaftet
sein, wie der „unsere“. Trotzdem würden wir hier nicht stehen wollen, da ist
uns eindeutig zu viel Betrieb. Auch das zufällig aufgeschnappte „Mensch, ich
muss ja noch das Lied für die heutige Geburtstagsfeier einstudieren“ brachte
uns diesem Platz nicht näher – im Gegenteil, es war für uns das Startsignal für
einen, beinahe schon überstürzten, Aufbruch 😊. Wir haben uns dann am
Campingplatz eine fesche Jause zubereitet und bald danach Besuch von einer
schwarzen Platzkatze gekriegt. Der noch recht junge Kater ist eine Redekatze,
das heißt, er maunzt andauernd vor sich hin. Von den selbstredend sofort
gereichten Knuspertaschen kostet er gerade mal drei Stück, jammert noch ein
bisschen und trottet dann wieder von dannen. Danach schaut noch eine zarte,
dreifärbige Glückskatze vorbei, sie ist aber sehr scheu und traut sich nicht an
die immer gut noch gefüllte, Futterschüssel ran. Tja, also wird sie auch nicht
richtig hungrig gewesen sein. Nach einem Pasch haben wir uns dann zur Ruhe
begeben und erfreut registriert, dass wir auch hier Zwergohreulen haben. Ilse
hat heute übrigens nachgelesen, dass nicht alle Zwergohreulen in Afrika
überwintern, denn die aus Süditalien zählen zu den so genannten Standvögeln und
bleiben das ganze Jahr über hier. Passt, also werden wir sie nicht mehr so
schnell los 😊.
Wir haben eine ausgesprochen ruhige und feine Nacht gehabt, am Morgen war
es angenehm frisch. Wir lassen es ganz gemütlich angehen, machen nach dem
Kaffee einen Pasch und fahren anschließend die knapp 5 Kilometer zu einem
riesigen „Iper COOP“. Der liegt am Stadtrand von Sibari und hat alles und noch
viel mehr zu bieten. Gernot wird heute kochen, dafür brauchen wir noch ein paar
Sachen. Die sind schnell zusammengesucht und mit Burger-Pattys, Paprika,
Joghurts und gleich zwei Salamis (die Marke Negroni schmeckt uns besonders gut)
fahren wir zum WoMo zurück. Ach ja, weil uns die Biervorräte zur Neige gehen,
haben wir uns diesbezüglich umgeschaut – Passt, das „Bionda“ kennen wir
bereits, es ist ein trinkbares Industriebier und kostet nur 89 Cent. Da werden
wir zuschlagen, aber natürlich erst, wenn wir bei unserer Weiterfahrt mit dem
WoMo vorbeikommen. Am Nachmittag sind wir dann die meiste Zeit fein in der
Sonne gesessen und haben die lässige Zeit genossen. 
Dann hat Gernot die Zutaten
für heute zusammengeschnitten, Ilse hat derweil alles hergerichtet.
Arbeitsteilung vom Feinsten und keine halbe Stunde später konnte Gernot schon
den Wok mit den Express-Spaghetti auf den Tisch wuchten. Hat wieder erwartungsgemäß
gut geschmeckt, allerdings hätten wir noch ein zweites Camper-Paar verköstigen
können, soviel ist uns heute übriggeblieben. Macht nix, da hat dann morgen
schon einer von uns ein Essen, mal schauen, wer Lust darauf hat. Apropos Lust –
natürlich haben wir uns auch heute noch einen Gute-Nacht-Pasch ausgespielt, wenn
sollte das wundern …
Heute wird Gernots „kleiner“ Bruder 60 Jahre alt, somit sind die drei
Zimmermann-Buben alle in ihren 60ern 😊. Der Tag beginnt für uns
heute ausnahmsweise sehr früh, denn Gernot sieht beim ersten Erwachen einen
wunderschönen Sonnenaufgang, direkt vom Bett aus. Bellissimo! Nach diesem
beeindruckenden Naturschauspiel schlafen wir noch eine Runde und stehen erst um
9 Uhr 45 auf. Dann ein guter Kaffee und eine feine Dusche, ein perfekter Start
in den Tag. Danach feuern wir unsere rote Vespa an und starten zu einer
Ausfahrt. Wir haben ein Ziel, oberhalb der Stadt Corigliano soll es eine
sehenswerte, alte Kirche geben. Corigliano ist nur wenige Kilometer vom
Campingplatz entfernt und im Ort selber verfahren wir uns zuerst ein bisschen.
Wir landen am Stadtrand, bleiben stehen und Ilse checkt den weiteren Weg mit
Google Maps. 
Die lotst uns dann über einen teils asphaltbefreiten Pfad zur
Hauptstraße zurück und über eine recht steile Straße erreichen wir einen
weiteren Stadtteil von Corigliano. Hier in Calabro gibt es eine schöne Kirche,
die auch innen schön ist. Sagt Ilse, denn Gernot ist nicht mit hineingegangen. Denn
wir haben als einzigen ebenen Platz zum Abstellen der Vespa nur einen
Behindertenparkplatz gefunden und dort wollte Gernot zumindest bei der Vespa
bleiben. Gleich danach sind wir weitergefahren und ab jetzt ist es praktisch
nur noch aufwärts gegangen. Kurve um Kurve, Kehre um Kehre haben wir uns
kilometerweit eine recht schöne Straße hinaufgearbeitet, auf der wir die ganze
Zeit über völlig alleine unterwegs waren. Schließlich brachte uns der Weg auf
ein Plateau, auf der eine sehenswerte, alte Kirche stand. Die nennt sich
„Chiesa die Santa Maria del Patire“ und ist ursprünglich 1152 im byzantinischen
Stil erbaut worden. Wir sind hier heroben komplett allein, bei unserer Ankunft
rastete sich nur ein einzelner Radfahrer von seiner Bergetappe aus, später war
auch er verschwunden. Das Innere der Kirche ist wunderschön schlicht gehalten,
über dem Altar ist lediglich ein großes Kreuz mit dem Corpus Christi zu sehen
und vor einer Marienstatue steht ein Opferstock für die elektronischen Kerzen.
Ilse hat natürlich wieder ein paar Münzen eingeworfen, heute allerdings ohne
Jackpot-Gebimmel, sie musste jede Kerze mittels Kippschalter zum Leuchten
bringen. Am Boden der Kirche ist noch ein großes Mosaik zu sehen, auch schon
viele hundert Jahre alt. Wir verlassen die Kirche und setzen uns im
weitläufigen Park ein wenig nieder. 







Die herrliche Ruhe wird dort von einem laut
plärrenden Autoradio gestört, wir kriegen die Nachrichten und massig Werbung um
die Ohren gehauen, einen Menschen sehen wir aber nicht. Trotzdem war es sehr
schön hier, ein wahrlich lauschiges Plätzchen. Wir fahren dann weiter, laut
Google Maps führt uns nur der Herweg wieder zurück. Trotzdem entscheiden wir uns
vorerst für einen anderen Weg, ein Hinweisschild verspricht uns in 800 Metern
eine Attraktion, die wir aber nicht richtig übersetzen können. Wurscht, schauen
wir mal. Nach 800 Metern kommt gar nix und auch nicht nach zwei Kilometern.
Aber die Straße geht immer weiter und sie führt uns schließlich bis auf über
1.100 Meter Seehöhe. Dort verrät uns dann ein Hinweisschild, dass wir bei den
„Giganti del Cozzo del Pesco“ angekommen sind und übersetzen uns das mit
„Gigantische Muschel-Pfirsich-Bäume“, aber vielleicht werden die Kastanienbäume
hier so genannt. Jedenfalls war der Baum über 100 (oder gar über 1.000?) Jahre
alt. Eh schön. Nach einer feinen Rast ist es dann zuerst noch einmal aufwärts
gegangen und ab ca. 1.200 Metern Seehöhe führte uns die Straße nur mehr nach
unten. Schließlich sind wir bei einer „richtigen“ Straße angekommen, auf der
auch wieder ganz vereinzelt andere Fahrzeug unterwegs waren. Bald einmal sind
wir bei einer großen Marienstatue vorbeigekommen, auch andere Figuren von
Heiligen, unter anderem von Sao Piu, waren zu sehen. Allerdings – und das hat
sogar uns Agnostikern weh getan, wird auch dieser kleine und eigentlich
würdevolle Ort, schamlos als Müllabladeplatz missbraucht. Was denken sich diese
Leute dabei? Wahrscheinlich gar nix, es ist ihnen einfach egal … 

Wir sind nach
einigen Kilometern dann in die Stadt Rossano gekommen, da wird es wohl irgendwo
einen Espresso geben. Den Hauptplatz der Stadt erreicht man durch einen Tunnel
und kaum waren wir wieder heraussen, standen wir schon vor einer altehrwürdigen
Konditorei. Na so ein Glück! Die Vespa parkten wir direkt gegenüber – und wie
wir kurz darauf beinahe beschämt feststellen mussten, mitten in einer
Bushaltestelle. Aber, obwohl mindestens zwei Mal die Carabinieri vorbeifahren
sind, blieben wir ob dieses Frevels unbehelligt. Jaja, Italien und sein
Verhältnis zu roten Vespas 😊. Die Konditorei gibt es
hier schon seit dem Jahr 1900, so alt sind die dargebotenen Leckereien zum
Glück nicht und wir bestellten zu unseren Kaffees jeweils ein köstliches Dolci. 


Wir sind dann noch eine ganze Zeitlang an diesem schönen Ort sitzen geblieben,
kurz nach unserer Abfahrt sind wir gleich noch einmal bei einem Park zugefahren
und haben gleich eine zweite Pause eingelegt. Und kaum wieder auf der Vespa
sind wir dann noch ein drittes Mal in Rossano stehen geblieben, von einem
schönen Aussichtsplatz hat man wunderbar über die herrliche Landschaft gesehen,
bis zum tiefblauen Meer hinaus. Wir haben sogar von hier aus unseren
Campingplatz ausmachen können, der gut 10 Kilometer Luftlinie entfernt ist. Auf
der fast ausschließlich kerzengeraden Bundesstraße waren es dann 13 Kilometer,
mit 90 km/h im Durchschnitt waren die aber ratzfatz absolviert, Schließlich
parkten wir uns neben unserem WoMo ein, vorher haben wir etwa 500 Meter vom
Campingplatz eine überfahrene Schlange begutachtet. Und wir sind einhellig zum
Schluss gekommen, dass es uns erheblich lieber war, dass wir dem mehrfarbigen
Reptil in diesem Zustand begegnet waren … 😊. Insgesamt waren wir bei
dieser Ausfahrt 76 Kilometer unterwegs und jeder einzelne davon war ein
Erlebnis für sich. Nach einer labenden Jause und einem Pasch sind wir heute mal
sehr zeitig ins Bett gegangen und das nicht ohne Grund: Morgen wollen wir uns
nämlich den Sonnenaufgang in seiner ganzen Länge und Pracht anschauen, der
Wecker ist bereits auf 6 Uhr 30 gestellt.
Den Wecker hätten wir gar nicht stellen müssen, denn wir sind pünktlich und
von selber aufgewacht. Mit Jacke und Kuschelpulli sind wir dann die paar Meter
ans Meeresufer runterspaziert, Ilse hat uns noch eine unserer
Sonnenliegenauflagen mitgenommen. Auf dieser sitzend haben wir dann den
Sonnenaufgang beobachtet, das bunte Farbenspektakel in den zahlreichen Wolken
war wirklich beeindruckend. Immer mehr erhob sich dann die Sonne über den
Horizont herauf und nun leuchtete auch das Meer in einem gleißenden, goldgelben
Licht. Ein Traum, für uns Bergbewohner sowieso.
In der Nacht es zwar geregnet, aber die Menge ist vernachlässigbar. Ilse
geht es nicht besonders gut, sie hat Durchfall gehabt, ist aber zum Glück
schnell auf den Weg der Besserung abgebogen. So konnten wir das
Aufbruchsprogramm gemeinsam angehen, alleine wäre Gernot dabei nämlich ziemlich
aufgeschmissen. Bald war alles an seinem Platz, Ilse holte noch die
vorbestellen Brötchen an der Rezeption und um 10 Uhr 42 sagen wir dem
Campingplatz in Sibari Ciao – ob es ein Wiedersehen gibt? Schwer zu sagen, aber
was weiß man schon. Als erstes fahren wir noch einmal zum großen „COOP“ rüber,
wir decken uns mit Bier, Mineralwasser und natürlich mit italienischen
Spezialitäten ein. Zwar gibt es bei unserem heutigen Tagesziel in Ceprano ein
durchaus brauchbares Restaurant, aber wir haben gerne eine Alternative zum
Gasthaus-Essen im Kühlschrank. Nach dem Einkauf fahren wir noch schnell bei der
in der Nähe gelegenen Tankstelle zu und füllen Diesel nach. Schließlich ist es
schon deutlich nach 11 Uhr 30 als wir endlich in Richtung Norden aufbrechen.
Zuerst geht es über viele Kilometer eher mühsam auf der Bundesstraße dahin,
aber kaum auf der Autobahn, machen wir rasch Kilometer um Kilometer. Der
Verkehr ist wieder einmal überschaubar und mit guten 90, 95 km/h fahren wir
Ceprano entgegen.
Samstag, 5. Oktober 2024
In der Nacht hat uns ein heftiges Gewitter geweckt und natürlich haben wir
mit leichtem Bangen beobachtet, ob unser armes WoMo diese Wassermassen heil
übersteht. Kein Problem, alles hat dichtgehalten und wir konnten beruhig
weiterschlafen. Und der Starkregen hatte auch seine Vorteile, denn die durch
das Harz der Pinienbäume in Sibari völlig verklebten Fensterscheiben wurden von
den schweren Tropfen wunderbar sauber „gehämmert“. Um 7 Uhr 45 wurde uns dann
ein fulminanter Regenbogen frei ins Häuschen geliefert, er reichte von Salerno
bis weit ins Meer hinaus – ein wunderbares Naturschauspiel. Wir haben spontan
entschieden, noch einen weiteren Tag hier anzuhängen, Ceprano wird uns schon
nicht weglaufen. Die Vespa bleibt aber auf ihrem Träger, für eine Ausfahrt ist
uns das Wetter nicht beständig genug. Also räumt Ilse ein wenig im WoMo herum
und Gernot schreibt unseren Blog nach. Als mal kurz die Sonne hinter den
schweren Regenwolken hervorlugt, spazieren wir ein bisschen über den Platz und
dem Meer entlang. Natürlich paschen wir gleich mehrere Partien und um 19 Uhr
verfügen wir uns ins Restaurant zum Abendessen. Ilse lässt sich „Spaghetti
Ragu“ bringen und auch Gernot isst das zweite, verfügbare Nudelgericht der
Speisekarte, heute eben mit Bolognese-Sauce. Nach feinen Gute-Nacht-Drinks
legen wir uns auch heute früh nieder – morgen geht’s dann endgültig nach
Ceprano, zum „Le Ganze“ mit den vielen Katzen.
Heute werden wir mal zur Abwechslung wieder von der Sonne geweckt und nach
dem Kaffee stellen wir uns unter die heiße Dusche. Dass sich Gernots
Duschkabinen-Tür nicht schließen lässt – geschenkt, es wird ihm schon niemand
was abschauen 😊. Dass der Campingplatz
stetig heruntergewirtschaftet wird, ist zum Glück nicht unser Problem, aber die
werden jetzt echt bald einmal ein bisschen Geld in die Hand nehmen müssen,
sonst kommen auch die wohlmeinendsten Gäste nicht mehr. Dann geht mal ausnahmsweise
Gernot unseren Aufenthalt hier bezahlen und nach einer herzlichen
Verabschiedung verlassen wir den Platz um exakt 9 Uhr 59. Weit haben wir es
heute nicht, es liegen keine 200 Kilometer vor uns.
Die Nacht war dann nicht so kalt wie befürchtet, zum Frühstück haben wir
aber trotzdem die Heizung laufen lassen. Der Platz in Ceprano ist eigentlich
ein typischer Halt für eine Durchreise, kaum wer bleibt länger als einen Tag
und abgereist wird ab dem frühen Morgen. Und so ist es nicht verwunderlich,
dass wir bei unserer eigenen Abreise um 8 Uhr 59 bereits die letzten
verbliebenen Camper am Platz waren. Auch heute beträgt unsere Fahrtstrecke zum
Bolsena-See weniger als 200 Kilometer, ein Freispiel also. Wir werden dort
endlich auf Andreas treffen, er hat ja ein völlig anderes Reise-Konzept wie wir
und fährt meist ohne konkretes Ziel einfach so in den Tag hinein. Und er
bewältigt mit seinem Bully oft noch weniger Kilometer am Tag als wir, denn er
mag keine Autobahnen und ist lieber auf Landes- oder Bundesstraßen unterwegs.
Ilse hat eh über sein letztes WhatsApp lachen müssen, denn wir haben Andreas
bereits mehrere Treffpunkte angeboten, die waren ihm aber entweder zu weit weg
oder abseits seiner Wege, die er aber meistens ohnehin nicht plant. Sein
einziger Fixpunkt auf dieser Reise ist Messina auf Sizilien, dort trifft er
sich mit seiner Tochter. Tja – und wie wir ihm gestern den Campingplatz am
Bolsena-See vorgeschlagen haben, kam als Antwort ein „typisch deutsches“ „Ich
komme um 13 Uhr“ 😊. Wir waren dann noch
etwas früher da, obwohl wir für die recht kurze Fahrt ziemlich lange gebraucht
haben. Aber es hat die ganze Zeit über teils heftig geregnet und kurz vor
unserem Ziel war es dann so trüb und nebelig, dass wir den, an sich schönen,
Bolsena-See in der Regengischt gar nicht gesehen haben. Kurz vor dem Einchecken
am „Camping Blu International Garden“ haben wir noch schnell einen „COOP“ Markt
besucht, denn heute wird selber gekocht. Das Restaurant am Platz hat nämlich
geschlossen und die Restaurants in der Nähe sind fußläufig nur bedingt zu
erreichen, bei dem vorherrschenden Sau-Wetter schon gar nicht. Den Campingplatz
entern wir schließlich um exakt 12 Uhr 49, bleiben uns also noch heiße 11
Minuten bis zum Treffen mit Andreas. Die Platzwahl ist uns heute gar nicht so
leichtgefallen, denn erstens sind mehrere Stellplätze wegen des Dauerregens
unbenutzbar und wir sollten möglichst zwei nebeneinander liegende finden. So
ist es dann natürlich doch noch gekommen und schnell waren wir wieder im
Camping-Modus. Pünktlich wie ein ehrbarer Handwerker ist dann Andreas um 13 Uhr
angekommen, dabei ist er Werbetexter. Aber mit seinen 67 Jahren hat er sein
aktives Berufsleben bereits hinter sich, ein bisschen was arbeitet er aber trotzdem
noch. Er stellt sich seinen angejahrten Bully neben uns auf, die Karre hat auch
schon seine 350.000 Kilometer weg, Andreas hatte ihn ja über Jahre hinweg immer
mal wieder vermietet. Wir freuen uns alle sehr über unser Wiedersehen, das
letzte Treffen liegt nun auch schon jahrelang her. Gernot und Andreas haben
sich 2007 in Goa kennengelernt und der Kontakt ist nie abgerissen. Obwohl es
erst früher Nachmittag ist, trinken die Männer gleich mal ein paar Bier
hintereinander und gönnen sich mit Parmesan, Schnittkäse, Tomaten, Oliven und
Brot eine feine Zwischenmahlzeit. Das mit dem Kochen können wir gleich wieder
vergessen, denn Andreas ist Vegetarier und wir haben natürlich für unser
1er-Menü eingekauft, heute mit frischem Faschierten. Also musste eine
Alternative her und natürlich ist Ilse im Internet fündig geworden. Das für uns
ideal gelegene Lokal in Bolsena sperrt um 19 Uhr auf, man muss aber
reservieren. Das macht Gernot per Mail und bald einmal trudelt die Bestätigung
für 19 Uhr 15 auf seinem Handy ein. Passt – bleibt also genug Zeit für noch
zwei Bier, danach legen wir uns alle noch für ein schwaches Stündchen nieder.
Wir werden mit dem Bully von Andreas die zweieinhalb Kilometer nach Bolsena
rüberfahren, er steckt ja nicht einmal am Strom und für die paar Minuten nimmt
Ilse halt auf seinem Bett Platz. Pünktlich um 19 Uhr 14 setzen wir uns im
Restaurant „Tanaquilla“ an den reservierten Tisch. Für die biertrinkenden
Männer offenbart die große Speisekarte gleich eine freudige Überraschung – die
führen hier doch tatsächlich Budweiser Bier vom Fass! Und noch mindestens 10
weitere offene Biere, darunter sogar das Ottakringer aus Wien. Ilse lässt sich
einen guten Rotwein schmecken und bestellt sich einen Burger mit Pommes,
diesmal kommt der Burger, wie es sich gehört, im Brötchen daher 😊.
Dienstag, 8. Oktober 2024
Auch wenn die Nacht ein wenig kurz war, so ist sie doch fein und angenehm
gewesen. Der Regen ist uns auf dieser Reise zu einem häufigen Begleiter
geworden, das stört uns aber nicht wirklich – Wetter ist nun mal Wetter. Und
bevor wir darüber jammern, erinnern wir uns besser zurück an eine unserer
WoMo-Reisen, als Ilse noch berufstätig war. Damals sind wir durch die
Niederlande gefahren, haben dann in Deutschland Nadja und Christian nach ihrer
ersten Weltreise von Freunden bei Dortmund abgeholt und sind danach über
Holland, Frankreich und Luxemburg nach Österreich zurückgefahren. Und auf
dieser gesamten Reise haben wir nicht einen (!!) Tag lang feines Sommerwetter
gehabt, es hat an jedem einzelnen Tag geregnet, wir konnten kein einziges Mal
Tisch und Stühle draußen aufstellen. Also haben wir das hinter uns und so etwas
kommt nicht mehr so schnell wieder. Hoffentlich 😊. Ilse kocht uns wie
immer einen guten Kaffee und Gernot geht dann zum Bully rüber, um Andreas zu
wecken. Der freut sich über den Guten-Morgen-Kaffee, stellt dann seinen VW-Bus
raus auf den Parkplatz und fährt dann mit dem Rad nach Bolsena rüber. Er tut uns
dann sehr bald sehr leid, denn kaum hat er sich auf seinen Drahtesel
geschwungen, da öffnet der Himmel so richtig seine Schleusen. Armer Andreas,
aber er ist diesbezüglich eh hart im Nehmen. Hier am Platz gibt es ein
einzigartiges Mülltrenn-System, unter strenger Beobachtung eines mürrischen
Mitarbeiters muss Ilse jede Bierdose aus dem Müllsack klauben und auch jedes
Stück Plastik. Für diese Arbeit darf sie sich dann vom Arbeiter noch ein
„Schweine!“ nachrufen lassen, so gut Italienisch verstehen wir. Allerdings sind
wir schon so viel in Italien unterwegs gewesen, dass wir natürlich wissen, wer
hier die Schweine sind. Man findet ja, speziell je weiter man in den Süden
hinunterkommt, kaum ein Fleckchen, welches nicht als illegale Mülldeponie
missbraucht wird. Andreas hat eh scherzhalber gemeint, so schnell war er noch
nie in Indien, denn in Süditalien liegt überall so viel Dreck herum wie in
Indien. Wurscht, wir haben jetzt einen eigenen Müllsack für die Bierdosen und
klammheimlich freuen wir uns schon auf das kommende Jahr, wenn auch in Italien
25 Cent Pfand auf jede Glas- und jede Plastikflasche eingehoben wird. Das wird
wohl eine Sonderprüfung für die Müllfrevler-Nation Italien werden … Wir machen
dann einen Pasch und am frühen Nachmittag kommt Andreas von seiner Tour nach
Bolsena zurück. Er ist vollkommen durchnässt und mag in diesem Zustand nicht
mehr zu uns ins WoMo kommen, also verabschieden wir uns vor der Tür. Dass wir
ihn hier endlich mal wieder getroffen haben freut uns wirklich sehr und wir
hoffen, dass unsere nächste Zusammenkunft nicht wieder jahrelang auf sich
warten lässt. Andreas fährt dann ab und Ilse legt sich ein wenig nieder. Gernot
schreibt ein paar Tage unseres Blogs nach, dann gönnt auch er sich ein kleines
Schläfchen. Später macht er sich dann an die Zubereitung unseres Abendessens
und heute kochen wir unser 1-er Menü ohne Nudeln. Also nur Zwiebel, Knoblauch,
Paprika und Faschiertes. Das wird knusprig zusammengebrutzelt und wir essen
Brot und einen guten Salat dazu. Wunderbar das Ganze und schon haben wir wieder
ein weiteres Camper-Menü gefunden. Viel haben wir an diesem Abend dann nicht
mehr gemacht, die brave Ilse hat das Geschirr abgewaschen und später haben wir
uns noch einen Pasch ausgespielt.
Wieder hat es die ganze Nacht über geregnet, was uns aber nur minimal
stört. Viel wichtiger ist uns die Ruhe hier am Platz, wir haben deshalb
wunderbar geschlafen. Allerdings haben wir immer noch nicht den See gesehen,
obwohl wir nur knapp 200 Meter von seinem Ufer entfernt campen. Aber was sollen
wir bei strömenden Regen auch an einem See machen? Also gehen wir lieber
duschen und vor dem Waschhaus „entdeckt“ Gernot einen ausgewachsenen Krebs, der
sich offenbar hierher verirrt hat. Ilse will das schöne Tier dann mittels eines
großen Blattes weiter in Richtung Wiese befördern und das hat dem Krebs gar
nicht gefallen. Er stellt sich gleich auf seine hinteren paar Beine und hebt
drohend seine Scheren. Nun ja, für uns war das ungefähr so bedrohlich, als wenn
eine Maus ihre Fäuste ballt, aber Ilse ist davon ein wirklich tolles Foto
gelungen. Gernot hat das Bild dann via WhatsApp an ein paar FreundInnen
geschickt mit dem Text: „Grüße vom Bolsena-See, aktuelle Bedrohungslage: mäßig.“
😊.
Fast jeden Tag liegt unsere Aufwachzeit rund um 8 Uhr, heute zeigt unser
Zeitmesser exakt 8 Uhr 00, als wir uns aus den Decken schälen. Natürlich
tröpfelt es auch heute leicht, wurscht, wir reisen eh ab. Doch wir haben es
nicht eilig, trinken in aller Ruhe unseren Kaffee und Ilse opfert sich dann für
die Müllabgabe. Heute haben wir unseren Abfall bereits vorsortiert und so wird
ihr vom Mitarbeiter auch kein „Schweine!“ nachgerufen. Aber es ist deutlich zu
sehen, dass er sich für seinen Scheiß-Job irgendwie schämt, eh klar, denn damit
kannst du nirgendwo angeben … Gernot geht derweil unsere vorbestellten Brötchen
holen und nachdem alles im WoMo auf seinen Platz geräumt ist, fahren wir um 9
Uhr 30 vom Bolsena-See ab. Auch heute haben wir keine Monster-Etappe zu
bewältigen, unser Ziel ist der „Campingplatz Il Poggetto“ bei Troghi, der ist
keine 180 Kilometer von hier entfernt und liegt bereits in der Toskana. Ein
weiteres Zeichen dafür, dass wir uns Stück für Stück der Heimat annähern, aber
vom nahen Ende unserer 128. WoMo Reise kann noch keine Rede sein. Die ersten
paar Dutzend Kilometer führen über eine Bundesstraße, danach verlängert unseren
Weg noch eine Umleitung, aber schließlich biegen wir auf die Autostrada ab.
Dabei haben wir übrigens ziemliches Glück, denn Gernot missachtet bei der
Autobahnzufahrt locker ein Stopp-Schild – und das direkt vor den Augen der
„Polizia Stradale“. Die lassen uns das aber durchgehen, obwohl sie es genau
gesehen haben. Grazie Mille! Die Fahrt auf der Autobahn ist dann maximal unspektakulär
verlaufen, wir sind diese Strecke schon mehrmals gefahren und kennen fast jede
Ausfahrt. Und so wissen wir auch, dass gut 25 bis 30 Kilometer des Weges durch
Tunnels führen, der längste davon ist an die 9 Kilometer lang. Wir bleiben
natürlich immer wieder mal stehen, trinken den Rest unseres Frühstückkaffees
und einmal holt uns Gernot frische Croissants aus einem Rasthaus. Die letzten
Kilometer fahren wir dann im strömenden Regen, aber bei unserer Ankunft am
Campingplatz um 12 Uhr 40 hat er bereits aufgehört. Wir waren vor zwei Jahren
schon einmal hier und stellen uns fast auf den gleichen Platz wie damals.
Direkt neben dem Waschhaus und ganz nahe am Restaurant. Wir kriegen die
Anweisung rückwärts einzuparken, denn der Platz fällt ein wenig nach hinten ab
und es bestünde beim Wegfahren das Risiko, dass die Vorderräder auf der nassen
Wiese durchdrehen. Die Vespa lassen wir auf ihrem Träger ruhen, wir bleiben nur
bis morgen und das unbeständige Wetter lässt uns ohnehin nicht ins nahe Florenz
rüberfahren. Bald einmal kommt ein rüstiger Senior aus England vorbei und
bittet uns um Hilfe. Er versteht die Anweisungen für die Waschmaschine nicht,
doch zum Glück kann ihm Ilse beim Überwinden dieses Problems behilflich sein.
Nach einem kleinen, aber erholsamen Schläfchen sind wir dann ins Restaurant
gegangen, unseren Tisch hatten wir bereits nachmittags reservieren lassen. Zum
Glück, muss man sagen, denn fast gleichzeitig mit uns hat eine ganze
Reisegruppe das Lokal geentert, das waren sicher mehr als 50 Personen. Aber die
haben ohnehin alle nur das Gleiche bekommen, Spaghetti Bolognese. Das Bedienen
von 50+ Gästen kann sich natürlich trotzdem hinziehen, auch wenn der Juniorchef
meistens fünf, sechs Teller auf einmal getragen hat.
Wie jeden Tag, so stehen wir auch heute gegen 8 Uhr auf, exakt um 7 Uhr 58 😊. Die Strecke bis zum
Gardasee beträgt knapp über 300 Kilometer, meistens geht es über die Autobahn.
Draußen ist es mit 11 Grad ziemlich frisch und auch herinnen hat es in der
Nacht auf 17 Grad herunter gekühlt. Unsere treue Heizung hat uns aber wie
gewohnt im T-Shirt frühstücken lassen und um 9 Uhr 45 hieß es „Ciao Campeggio
Poggetto“. Vom Platz bis zur Autostrada müssen wir uns gut und gern über 20
Kilometer Landesstraße quälen, aber dann geht’s eh flott dahin. Und das, obwohl
ein sehr starker Verkehr herrscht, hier im Norden sind auch wieder weit mehr
LKW unterwegs, im viel ärmeren Süden Italiens sieht man sie fast nur
vereinzelt. Trotzdem kommen wir gut voran und geraten in keinen Stau. Bei
Verona wechseln wir dann die Autobahn und bei Desenzano fahren wir schließlich
ab. Jetzt liegen keine 10 Kilometer Bundesstraße mehr vor uns und um 14 Uhr 20
treffen wir am „Camping La Ca“ in Padenghe sul Garda ein. Man kann diesen Platz
ohne zu übertreiben als einen unseren Lieblings-Campingplätze bezeichnen, wir
sind heute zum sechsten Mal hier zu Gast. Bei unserer Ankunft wird uns fast ein
wenig mulmig, denn wir stehen als viertes oder fünftes Wohnmobil in der Reihe
der Wartenden. Hoffentlich ist für uns noch ein Plätzchen frei … Die Sorge war
dann eh unbegründet, denn schon eine knappe dreiviertel Stunde später konnten
wir auf den Platz 74 zufahren, da stehen wir auch nicht zum ersten Mal.
Blitzschnell sind wir eingerichtet, haben die Vespa abgeladen und den Strom
angeschlossen. Natürlich werden wir heute am Abend essen gehen, also checkt
Ilse schon mal die Reservierung. Pünktlich um 18 Uhr 00 treten wir dann zur
Nahrungsaufnahme an, Gernot stillt seinen Hunger mit einer fantastischen Pizza
„Lanciafiamme“, die er auch letztes Jahr schon gegessen hat. Auf Deutsch
bedeutet das „Flammenwerfer“ und die Pizza kommt ziemlich scharf daher, was
Gernot dann mittels Pfefferoni-Öl in höllisch scharf verwandelt – fantastisch!
Ilse hat hier im Restaurant des „La Ca“ ohnehin ihr Lieblingsgericht und so
kommen wieder einmal „Scaloppine al Limone con Patatine fritte“ an den Tisch.
Ein wunderbares Essen, dazu Wein und Bier, als Nachtisch gönnten wir uns noch
einen Doppio für Gernot und einen großen Limoncello für Ilse. Zurück im WoMo
hatten wir heute mal ausnahmsweise gar keine Lust mehr auf einen Pasch und ein
letzter Blick auf die Uhr zeigt uns, dass wir schon um 19 Uhr 31 ins Bett
gegangen sind. Aber – ist das nicht vollkommen wurscht 😊?
Erst nach mehr als 13 Stunden (!!) Schlaf sind wir herrlich ausgeruht
aufgewacht, mangels Hundegebells haben wir eine wunderbare Nacht verbracht.
Möge das mit den Hunden bitte auch die nächsten Tage so bleiben, denn
eigentlich sind wir von ihnen regelrecht umzingelt, es hat ja fast jeder Camper
mindestens eine Fellnase bei sich, meistens sogar zwei oder noch mehr. Soll uns
recht sein, solange alle ihre Schnauzen halten 😊. Heute ist Markttag im
nahen Padenghe sul Garda, also eh bei unserem Standort und was wir so
mitgekriegt haben, öffnet der erst um 14 Uhr. Kommt uns eher spät vor, aber wir
werden sehen … Wir vertändeln die Zeit bis zur Ausfahrt mit einem Pasch und wie
es uns dann warm genug ist, brechen wir mit der Vespa auf. Den Markt finden wir
zuerst gar nicht, aber später fahren wir dann an zwei armseligen Ständen
vorbei, die gerade am Abbauen sind. Haben wir also mit unserem Verdacht Recht
gehabt, dass der Markt eher bis und nicht ab 14 Uhr abgehalten
wird. Völlig egal natürlich, wir hätten uns eh höchstens ein knuspriges Hendl
mitgenommen, stattdessen fahren wir zum Castello hoch.
Bereits um 7 Uhr 10 sind wir zum ersten Mal aufgewacht, Grund war ein
außergewöhnlich schöner Sonnenaufgang. Danach haben wir gleich bis 9 Uhr
weitergepennt. Nach dem guten Käffchen klopften wir natürlich einen Pasch auf
den Teller und anschließend war es uns endlich warm genug für eine Ausfahrt.
Obwohl wir beide mit Jacke und Handschuhen unterwegs waren, spürten wir die
Herbstkühle deutlich, vor allem bei einem 80er. Aber wir haben es zum Glück
nicht weit, es werden nur an die 10 Kilometer nach Lonato sein. In Lonato
fahren wir heute ausnahmsweise an unserem „Stamm-Parkplatz“ vorbei, denn dort
steht bei Markttagen der erste Stand. Also parken wir direkt am Hauptplatz,
neben der großen Kirche. Sie ist offen, aber wie wir reingehen sehen wir
sofort, dass wir sie schon einmal besichtigt haben, das genügt. 

Genau gegenüber
der Kirche hat ein Kaffeehaus geöffnet und wie wir eintreten, sehen wir schon
das verlockende Angebot vieler Dolcis. Wir bestellen Cappuccino und Doppio und
aus der Kühlvitrine wählen wir so bombenförmige Süßigkeiten, Tiramisu für Ilse
und etwas Schokoladiges für Gernot. Die Kellnerin meint dann, das mit der
Schokolade würde leider 20 Minuten bis zum Auftauen dauern, es handelte sich
nämlich um einen Gefrierschrank. Also buchte Gernot auf etwas mit Früchten um
und 5 Minuten später kamen die zwei ganz ausgezeichneten Dolci an den Tisch.
Wunderbar, die haben hier eine eigene Manufaktur und von unserem Platz aus
haben wir der Konditorin beim Arbeiten zuschauen können. Ein überraschend guter
Break war das und gestärkt sind wir zur hoch über Lonato thronenden Burg
raufgefahren. Die gibt aber nicht sonderlich viel her, zudem hätte uns eine
Besichtigung der Ruine pro Nase 5 Euro gekostet, also sind wir nur ein bisschen
im Park herumspaziert. 
Bei der Rückfahrt zum Campingplatz haben wir uns dann tatsächlich
noch in Lonato ein wenig verfahren und mussten wegen einer Baustelle ein wenig
die Gehwege benutzen. Das stört aber niemanden, solange man keinen behindert.
Im WoMo haben wir uns zuerst ein bisschen niedergelegt und danach einen
weiteren Pasch gemacht. So ist es dann Essenszeit geworden und wir sind zum
Restaurant raufgepilgert. Heute haben wir uns beide mit einer Pizza
zufriedengegeben, die erwartungsgemäß gut geschmeckt haben. Den Limoncello hat
Ilse dann ins WoMo mitgenommen, eh gestern auch schon und plötzlich befinden
sich zwei hübsche, neue Gläser in unserem Besitz – na sowas 😊. 
Dann folgte endlich der
sportliche Höhepunkt des Tages, unser Fußballteam hat es in der
Conference-League mit den Norwegern zu tun bekommen. Also Österreich gegen Erling
Haaland. Der hat dann gleich einmal gezeigt, warum er als bester und vor allem
torgefährlichster Stürmer der Welt gilt und knallte uns einen Ball an die
Stange. Glück gehabt. Doch schon im Gegenzug sorgte der Herr Magister Marko
Arnautovic mit einem Traumtor für die Führung, sein Schuss fand den Weg ins Tor
via Querlatte. Und es war nicht das letzte Tor unseres Rekord-Nationalspielers,
letztendlich gewann Österreich gegen die leicht favorisierten Norweger mit 5:1
(!), was für ein geiler Fußballabend. So sind wir mit einem Lächeln zu Bett
gegangen, aber das tun wir eh fast jeden Tag, Fußballsieg hin oder her.
Gernot hat gestern beim Abendessen gleich das Frühstücksbrot bestellt und
während Ilse den Kaffee kocht, geht er sie abholen. Nun – leider hat er gestern
die Bestellung ohne Brille getätigt und neben zwei Croissants auch vier
Brötchen angekreuzt, die sich Baguette nannten. Doch leider waren es Baguettes
in französischer Originalgröße, jedes davon locker einen halben Meter lang.
Super. Ilse hat wirklich lachen müssen und hat sich sogleich aufgemacht, das
frische Brot zu verschenken – einer unserer deutschen Nachbarn und eine
Engländerin haben sich sehr darüber gefreut. Das Wetter wird uns heute nicht
ausfahren lassen, egal, wir waren eh schon viel unterwegs. Also haben wir uns
einen feinen Tag gemacht, viel gepascht und später die Vespa auf ihren Träger
geladen. Ilse hat dann gleich noch unsere Auffahrkeile gewaschen und damit wir
ohne die Teile nicht völlig schief stehen, haben wir das WoMo verkehrt auf
seinen Platz gestellt. Eh fein, denn jetzt können wir morgen nach vorne
wegfahren, ohne lang reversieren zu müssen. Es geht nun langsam aber sicher
endgültig nach Hause, aber wir werden nicht über den Brennerpass fahren.
Stattdessen nehmen wir den Weg über den Vintschgau und Nauders, auch wenn der
über 100 Kilometer länger ist. Aber der vorhergesagte, stundenlange Stau und
der Stopp-and-Go Verkehr tut weder uns noch unserer Schnecke gut. Unterwegs
werden wir noch einmal übernachten, Ilse hat uns schon einen Campingplatz in
Schlanders dafür ausgesucht. Da sind auch Christine und Wolfgang bei ihrer
Rückreise gestanden und es hat dort alles gepasst. Heute gehen wir abends gar
nicht mehr ins Restaurant, es steht mal wieder Resteverwertung an, nicht das
was verkommt. So haben wir einen feinen, letzten Tag am Gardasee verbracht und
die Vorfreude auf die heimische Couch hat uns gut einschlafen lassen.
Heute geht es einen ganz entscheidenden Schritt der Heimat entgegen, mit
diesem schönen Gedanken stehen wir auf. Schnell ist der Frühstückskaffee
gebrüht und getrunken und danach ist das WoMo für die Fahrt hergerichtet
worden. Wie immer hat alles wunderbar geklappt und wir sind abgefahren. Doch
leider sind wir gerade Mal drei Meter (!!) weit gekommen, denn ein furchtbares
Geräusch hat uns sofort anhalten lassen. Irgendetwas jaulte schrill auf, wir
dachten beide, dass uns jetzt der Motor hochgegangen ist. Natürlich hat Gernot
die Zündung sofort ausgeschaltet, das unfassbar laute Heulen ist aber
weitergegangen. Alle anderen Camper haben große Augen gemacht. Gernot wollte
dann die Batterie abklemmen, dazu ist es aber nicht mehr gekommen, weil das
Jaulen plötzlich verstummte. Na super, jetzt ist Ende Banane, wie man so schön
sagt. Starten hat sich unsere Schnecke danach nicht mehr lassen, wir standen
mitten am Weg und damit allen anderen im Weg. Ilse ist dann zur Rezeption rauf
und gemeinsam mit zwei Mitarbeitern haben wir unser waidwundes WoMo die paar
Meter zurück auf seinen Platz geschoben. Gernot glaubt, dass wir kein Problem
mit dem Motor haben, denn die Maschine ist ja eigentlich ganz normal gelaufen.
Es könnte am Starter liegen, aber das ist nur die Vermutung eines völligen
Laien. Ilse hat dann, schon zum zweiten Mal auf dieser Reise, die
„Rettungskette“ in Gang gesetzt und den ÖAMTC angerufen. Das dauerte seine
Zeit, aber das kennen wir bereits aus Vieste, wo wir ja die Vespa haben
abschleppen lassen müssen. Nun, hier am Gardasee wird sich der ÖAMTC-Partner
ACI unseres Problems annehmen, das könnte sich aber hinziehen, mit zwei Stunden
oder so Wartezeit sei zu rechnen. Passt, wieder einmal waren wir froh, dass wir
ein stets unterhaltsames Spiel mit uns führen, also haben wir den Tisch und die
Stühle ausgepackt und einen Pasch gemacht. Weil sich der ACI auch danach nicht
und nicht blicken ließ, ist Ilse ein weiteres Mal zur Rezeption rauf und der
wirklich sehr hilfsbereite Chef hat wegen unseres Termins nachgefragt. Also, so
viel er verstanden hat, sollten die jetzt bald einmal kommen, aber „Das sind sicher
keine Italiener, sondern Albaner oder Bulgaren“ meinte der gute Mann fast schon
verzweifelt. Irgendwann hat uns dann ein Nachbar zugerufen, ob wir auf einen
Abschleppwagen warten würden. „Der steht nämlich oben beim Schranken“. Sofort
sind wir beide rauf und inzwischen hatte der Chef den bereits abgefahrenen (!)
Abschlepper via Handy zurückgepfiffen. Schnell war er wieder da und er war
weder ein Albaner noch ein Bulgare, sondern ein echter Mario aus Italien 😊. Er ist dann mit seinem
Schlepper zu unserm Platz gefahren und mit einem Abschleppseil hat er uns als
erstes auf den Weg hinausgezogen. Natürlich hat er kein Wort Englisch
gesprochen oder verstanden, aber dagegen hilft zum Glück die segensreiche
Erfindung des Google-Translators. Wir haben ihn auf Italienisch reinreden
lassen und nach der Übersetzung ins Deutsch wussten wir, was Mario wollte: Uns
anschleppen. Denn wie der Laie Gernot, war auch der Profi überzeugt, dass es
der Starter sein müsste. Hochmotiviert hat er uns angezogen, Gernot hat den
zweiten Gang eingelegt, die Kupplung kommen lassen – nichts! Also schoben wir
das WoMo 20 Meter weit zurück um mehr Anlauf zu haben und zack – plötzlich lief
der Motor wieder und schnurrte gleich brav wie ein Kätzchen. Ilse hat dann,
sozusagen als Pfand, bei Mario im LKW Platz nehmen müssen und Gernot ist dem
gelben Abschleppwagen nachgefahren.
Mittwoch, 16. Oktober 2024
Die Nacht war eigentlich ganz okay, aber wie vorausgesagt regnet es am
Morgen. Wir gehen dann runter in den großen Frühstücksraum, bei dem wir um 9
Uhr die einzigen Gäste sind. Das verwundert uns aber beim Anblick des
„Frühstückangebotes“ gar nicht, denn etwas so Erbärmliches haben wir noch nie
zuvor gesehen. Da ist ein Tellerchen mit scharfer Salami angerichtet, zehn
kleine Scheibchen im Kreis angeordnet. Dazu eineinhalb (!) Scheiben Käse, zwei
nebbiche und noch dazu hartgekochte Eier, sowie etwas Brot und kleine, ja
winzige Schoko-Croissants. Die könnte man sich in einem Ofen warm machen, das
sparen wir uns. Der Höhepunkt oder besser gesagt, der Tiefpunkt dieses
Desasters war dann der Kaffee, den man sich aus einem kleinen Automaten drücken
musste. Denn der war vollkommen ungenießbar, eigentlich eine Unverschämtheit,
so etwas einem Gast zuzumuten, noch dazu in Italien, der Hochburg des Kaffees.
Also haben wir uns einen Tee gebrüht, der war wenigstens von der Marke
Twinnings, also durchaus genießbar. Spätestens bei der Frechheit namens Kaffee
wunderte uns nicht mehr, dass kein einziger Gast des eigentlich ausgebuchten
Hotels mit uns gefrühstückt hat, da kann man gleich 10 Euro beim Fenster
hinauswerfen und ärgert sich wenigstens nicht. Doch immerhin – Ilse hat in
einem verdeckten Angriff aus einem Nebenraum zwei riesige Müllsäcke mitgehen
lassen, mit denen werden wir zumindest den Sattel unserer Vespa schützen
können. Wir haben uns dann gar nicht über das Frühstück beschwert und sind
stattdessen rüber zum Parkplatz und Ilse hat eines der blauen Plastik-Ungetüme
über den Rollersattel gezogen – passt. Da kriegen wir dann mittags wenigstens
keinen nassen Popo, wenn wir zur Werkstatt rüberfahren. Ilse hat dann vom
Zimmer aus bei der Werkstatt angerufen und die freudige Nachricht erhalten,
dass der neue Starter bereits eingetroffen ist, um 14 Uhr kriegen wir unser
Schneckchen repariert zurück. Juhu! Wir sind dann runter zur Rezeption und
haben uns betreffend Checkout-Time klug gemacht. Nun, wir werden einen weiteren
Tag bezahlen müssen, aber das geht sich mit dem ÖAMTC-Budget von 180 Euro noch
locker aus. Noch dazu, wo wir kein Frühstück dazubuchen 😊. Die Rezeptionistin hat
dann noch etwas süffisant angemerkt, dass wir uns lieber gleich auf eine
weitere Übernachtung einstellen sollten, denn „In Italy nothing works perfect,
yoo won’t get your car today.“ Na bestens 😊. Und tatsächlich ist es
dann auch so gekommen, denn keine Stunde später meldete sich erneut Marco am
Telefon, diesmal hörbar zerknirscht. Leider habe man den falschen Starter bekommen,
aber die gute Nachricht: der Händler hat auch das richtige Teil auf Lager und
das wird in aller Früh angeliefert, zu Mittag ist unsere Schnecke abholbereit
„I promise!“. Wurscht, muss man hinnehmen, also noch eine Nacht im „Plaza“.
Sofort haben wir uns diese Verzögerung schöngeredet, denn eine Nacht mehr in
Desenzano bedeutet auch einmal mehr „Ristorante Pak India“. Also sind wir gegen
15 Uhr zum Inder aufgebrochen, für die paar Meter dorthin mussten wir uns im
Hotel einen Schirm ausleihen, sonst wären wir tropfnass geworden. Übrigens hat
uns die nette Rezeptionistin ihren Privatschirm mitgegeben, Grazie Mille! Wir waren
dann beim Inder erneut die einzigen Gäste und haben wieder hervorragend
gegessen. Heute haben wir uns als Vorspeise zu den Pakoras auch noch Samosas dazu
bestellt, danach hat sich Gernot über ein „Lamm-Tikka“ gewagt und Ilse hat das
„Chicken Vindaloo“ genommen. Hier kann man den Schärfegrad der Speisen selber
festlegen, von 0 bis 5. Also hat Ilse die 0 genommen, Gernot die 2 und es hat
wieder alles wunderbar geschmeckt, kein Krümelchen unserer beiden Mahlzeiten
ist übriggeblieben. Als Nachspeise hat sich Gernot heute eine pakistanische
Eisspezialität bringen lassen, Ilse hat erneut dem Erdbeereis den Vorzug
gegeben. Heute haben wir übrigens nur ein kleines Fläschchen Cola mitgenommen,
Gernot hatte keine Lust auf ein weiteres Bier, soll gelegentlich vorkommen 😊.
Der erste Blick nach dem Aufwachen gilt natürlich dem Wetter – schau schau,
der Regen hat deutlich nachgelassen, es tröpfelt nur mehr. Das passt ja schon
mal gut. Nach dem Duschen schlüpfen wir in frische Unterbekleidung und machen
uns auf zum Frühstücken. Natürlich nicht im Hotel, sondern in der „Gelateria
Vivaldi“, die liegt gleich ums Eck. Und wie wir gestern noch recherchiert
haben, hat sie auch Croissants und Kaffee im Angebot, noch dazu öffnet sie
bereits um 7 Uhr 30. So haben wir wunderbaren italienischen Kaffee serviert
bekommen, zuerst je einen Cappuccino, später hat Gernot noch einen Doppio und
ein Croissant nachgelegt. Nach einem kurzen Telefonat mit Marco kriegten wir
das Lächeln nicht mehr aus dem Gesicht – der richtige Starter ist eingetroffen,
das WoMo wird noch vor Mittag abholbereit sein. Schnell zurück zum Hotel, noch
schneller das Zimmer aus- bzw. aufgeräumt und runter zur Rezeption, wegen der
Rechnung. Beinahe selbstverständlich versuchte uns die an sich nette
Rezeptionistin um 5 Euro an Steuern abzuziehen, die hatten wir aber bereits
gestern schon bezahlt. Erst als Ilse ziemlich laut und deutlich geworden ist,
hat die Angestellte nachgeschaut und auf einmal konnte die sehr gut Englisch
sprechende Frau das neben unseren Namen notierte „Had Paid“ nicht mehr
übersetzen. Das hat dann Ilse gemacht und wir konnten auschecken. Als erstes
nahmen wir unsere Vespa von der Kette und befreiten sich von ihrem blauen
Riesenkondom. Die Arme ist jetzt fast zwei Tage lang im strömenden Regen
gestanden, dementsprechend drückte Gernot mit einigem Bangen auf den
Startknopf. Und siehe da, sofort ist unser treuer Roller angesprungen und hat
in der Folge kein bisschen gebockt – sehr brav. Schnell waren wir bei der
Werkstatt drüben, Ilse ist wirklich ein Navigations-Genie, Gernot allein wäre
wohl ewig im Kreis gefahren. Marco begrüßte uns mit einem strahlenden Lächeln
„All okay, Camper finish“ radebrechte er auf Englisch. Auffallend war, dass vor
Ort sowohl die Polizia als auch die Carabinieri anwesend war und in den
Geschäftsunterlagen der Werkstatt herumgeblättert haben. Aber Marco hat das
überhaupt nicht nervös gemacht, vielleicht ein Unfall mit Fahrerflucht und sie
suchten nach einem beschädigten Fahrzeug, wer weiß … Lustig war dann noch, dass
Gernot plötzlich ein glänzendes 10-Cent-Stück erspähte, dass genau vor der
Schuhspitze eines der Polizeibeamten am Boden gelegen ist. In seinem
rudimentären Italienisch fragte er den Uniformierten etwas frech „Ist das
deines?“ und als der Polizist verneinte, wanderte der Münzfund in Gernots
Tasche. Die Reparatur des WoMo war dann mit 394 Euro weit billiger als
befürchtet und dann hatten wir gleich noch einmal Glück, denn unser Häuschen
war akkurat so geparkt, dass wir ohne jegliches Rangieren sofort die Vespa
aufladen konnten. Und das in diesem Parkplatz-Chaos mit Werkstatt, Tankstelle
und stark frequentiertem Kaffeehaus. Mit vielen „Grazie Mille“ und „Ciao,
Arrivederci“ sind wir dann abgefahren, das Startgeräusch unseres Campers klingt
nun wie bei einem Neuwagen 😊. Unser erster Weg hat
uns dann zu einem „Italy Mark“ geführt, den haben wir schon bei der Herfahrt
gesehen und hier deckten wir uns mit den Mitbringsel für Nadja und Stefan ein.
Das dauerte noch seine Zeit, aber schließlich sind wir nach dem Volltanken um
exakt 11 Uhr 20 auf die Autostrada aufgefahren. Wie schon längst beschlossen,
werden wir nicht über den Brenner fahren, denn allein ab Bozen gibt es drei
stauträchtige Baustellen, danach die Mautstelle Sterzing, gefolgt vom völlig
überlasteten Brennerpass, dann noch dem Nadelöhr „Einspurig befahrbare
Lueg-Brücke“ und der Mautstelle Schönberg. Sämtliche genannten Staustellen sind
auf Google-Maps grellrot eingefärbt, das tun wir uns natürlich nicht an. Wir
cruisen stattdessen völlig ohne Behinderungen bis Bozen-Süd, fahren dort ab und
verfügen und bruchlos auf die Schnellstraße MEBO, die uns nach Meran bringt.
Dort folgen wir den Schildern zum Reschenpass und ohne eine einzige Verzögerung
fahren wir durch den gesamten Vintschgau durch. Zwischendurch bleiben wir immer
wieder mal stehen und ein paar Kilometer vor dem Grenzübergang zu Österreich
trinken wir bei einem schönen, neu erbauten Rasthaus einen letzten
italienischen Kaffee. Spontan beschließen wir dann, die eigentlich geplante
Übernachtung in Schlanders zu canceln und fahren bis Nauders durch. Dort müssen
wir dann auf die Umleitung über den Schweizer Grenzort Martina wechseln, weil
auf der Reschen-Bundesstraße eine weitere Steinschlag-Galerie gebaut wird. Viel
Zeit hat uns das aber nicht gekostet, auch weil überhaupt kein Verkehr
herrschte. Im Gegenzug ist der Verkehr über den Brenner heute in ein völliges
Chaos ausgeartet, allein für die knapp 10 Kilometer von Sterzing bis zum
Brennerpass sind die Bedauernswerten über 3 Stunden lang im Stau gestanden.
Darum – Augen auf bei der Wahl der Reiseroute 😊. Wir sind dann bei
Pfunds nach fast genau sieben Wochen Italienaufenthalt wieder in unser
geliebtes Tirol gekommen, haben kurz nach Prutz bei einer großen Tankstelle
köstlichen Fleischkäse gegessen und uns danach auf die letzten 100 Kilometer
nach Innsbruck begeben.