INDIEN - Tag 45, Fahrt Delhi nach Almora
Freitag,
6. Dezember 2019
Wir
haben uns gestern noch auf 6 Uhr 30 den Wecker gestellt, weil wir so früh als
möglich wegkommen wollen. Die letzten ca. 80 Kilometer nach Almora bestehen
nämlich hauptsächlich aus einer kurvenreichen Bergstraße. Und die will man
nicht unbedingt im Dunkeln fahren – die unvergessliche Fahrt nach Ooty hinauf reicht
uns vorerst. Wir
sind dann aber schon um 6 Uhr 45 voll fit und richten uns für die Abfahrt her.
Schon um 6 Uhr 15 rufen wir uns das Uber-Taxi und keine 5 Minuten später steht
es schon vor der Hoteltür. Der Fahrer kann kein Wort Englisch und wie ihm
Gernot dann den Auftrag zeigt, erschrickt er beinahe. Da war uns klar, dass wir
mit dem Taxler nicht fahren werden. Wir mussten ihn dann direkt zwingen den
Auftrag zu stornieren, denn sonst fallen 500 RP Gebühr für uns an. Also unser
ganzes Gepäck wieder aus dem Taxi ausgeladen und zurück ins Hotel geschleppt.
Wir haben uns in der Lobby auf den Lederfauteuils niedergelassen, um ein
anderes Uber-Taxi zu rufen.
Da schreit plötzlich Ilse: „Meine Bauchtasche liegt
noch im Auto“. Denn wir waren ja bereits eingestiegen und beim Aussteigen hat
Ilse auf ihre Bauchtasche vergessen. Mit dem Pass, dem Visum, allen
Kreditkarten, dem Handy und dem ganzen Geld. Na servas! Gernot ist wie von der
Tarantel gestochen aufgesprungen und ist aus dem Hotel gehetzt. Das Taxi war
natürlich längst weg, mittlerweile waren ja sicher drei Minuten vergangen. Zum
Glück ist gerade eine Rikscha dahergekommen, Gernot ist reingesprungen und hat
den Fahrer etwas gesagt was man in Indien einem Fahrer im Normalfall besser
nicht sagt, nämlich:“Jelty Jelty!!“, denn das bedeutet „schnell, schnell“. Der
Rikscha-Wallah hat daraufhin Vollgas gegeben und ist Richtung Bahnhofskreuzung
hinaufgerast. Das sind gute 1,5 Kilometer und da die Kreuzung auch um diese
Zeit ein einziges Stauchaos war, ist auch der Uber-Taxler noch darin gefangen
gewesen. Und genau in der Sekunde, in der er endlich abbiegen hätte können, ist
ihm Gernot vor die Kühlerhaube gesprungen und hat in gestoppt. Hintere Tür aufgerissen,
Ilses Bauchtasche geschnappt, Geschichte erledigt. Das war mal so richtig
arschknapp. Gernot hat sich dann zum Hotel zurückfahren lassen und den
Rikscha-Wallah mit einem guten Trinkgeld an unserem Glück teilhaben lassen.
Ilse war mehr als nur erleichtert, dass sie ihre Tasche wiederhatte. Sie hatte
sich in der letzten Viertelstunde bereits in allen düsteren Farben ausgemalt,
was dieser Verlust bedeutet hätte. Österreichische Botschaft, Visa beantragen,
Kreditkarte sperren lassen, Bankomatkarte sperren lassen, Handy weg – nur um
ein paar Stichworte zu nennen. Auf den Schreck hinauf haben wir beide einen
Schwarztee auf Haus bekommen, denn das Personal hat sehr mit Ilse mitgelitten.
Dann haben wir einen zweiten Uber-Taxler gerufen – und was wir zu dem Zeitpunkt
noch gar nicht wissen konnten – einen absoluten Volltreffer gelandet. Zwar
konnte auch Mohammed Bilal nur ganz wenig Englisch, aber zumindest die Zahlen.
Er wusste, was eine Fahrt nach Almora bedeutet und er freute sich sehr über den
guten Auftrag.
Wir
sind dann noch mit ihm zur Rezeption hineingegangen, um ihm übersetzen zu
lassen, dass wir wissen, dass wir alle Maut- und innerstaatlichen Zollgebühren
übernehmen werden. Und den Preis haben wir noch vor Ort von 5.380 RP auf 6.000
RP aufgerundet. Und schon waren wir unterwegs. Die Abfahrt erfolgte genau um 7
Uhr 10 und wir mussten zuerst einmal aus dem Moloch Delhi rauskommen. Bilal ist
dann noch schnell zu sich heimgefahren und sein, vorher per Handy verständigter
Sohn, hat ihm schnell einen Sack mit frischer Wäsche ins Taxi hereingereicht. Die
Luftverschmutzung in Delhi ist immer noch so gigantisch, dass man sie nicht von
Nebel unterscheiden kann. In die aufgehende Sonne können wir ganz normal
hineinschauen, obwohl es wolkenlos ist. Echt ein Wahnsinn.
Am Stadtrand kommen
wir an einem Wohnkomplex vorbei, für den der Begriff „Wahnsinn“ schon gar nicht
mehr passt. Das Ding war mindestens 40 Stockwerke hoch, auf einer Grundfläche
von ca. 300 mal 400 Meter. Da müssen tausende Menschen drin Platz haben, eh
schon eine Kleinstadt für sich. Und sicher sauteuer… Außerhalb von Delhi sind
wir dann in richtigen Nebel gekommen, mit Sichtweiten unter 50 Metern. In
Indien schalten die Autofahrer bei Nebel übrigens die Warnblinkanlage ein. So
auch unser Bilal, den wir sofort als sehr guten Fahrer erkannt haben. Wie der
Name unschwer verrät ist er Moslem, trotzdem hört er am liebsten Hindi-Pop und
Hindi-HipHop. Wir haben ihn dann unsere Peter Fox CD spielen lassen und der
Sound hat ihm volle getaugt. Echt ein lässiger Typ.
Gegen Mittag hat Bilal dann
plötzlich die Autobahn verlassen und ist etwas abseits in ein winziges Dorf
gefahren. „Here is my home“, grinste er und fügte ein „only five minutes“ an. Kein Problem natürlich, haben wir uns halt ein wenig die Beine vertreten.
Beobachtet übrigens von der männlichen Dorfbevölkerung, die ständig anwuchs.
Aber sie haben nur neugierig geschaut, an das gewöhnt man sich in Indien
sowieso schnell. Bald einmal darauf sind wir dann bei einer Raststation zum
Essen eingekehrt.
Ohne Bilal hätten wir dieses auf schnelle Durchreisende
spezialisierte Restaurant nie gefunden, weil es an der Gegenfahrbahn gelegen
ist. Wir haben Sandwiches gegessen und Tee getrunken, ausgezeichnet wie immer
und die Bedienung war hochprofessionell. Keine 20 Minuten später waren wir dann
schon wieder unterwegs – die ersten gut 200 Meter übrigens als klassische
Geisterfahrer. Wenn man Delhi ausklammert, wo wir einmal wegen einem Unfall
über 20 Minuten am selben Fleck gestanden sind, haben wir auf der gesamten
Strecke keinen einzigen Stau erlebt. Wir waren fast immer auf Autobahnen
unterwegs, also zweispurigen Straßen. Die Strecke führt ja nahezu in
kerzengerader Führung hinauf in den Norden. Bei Haldwani ging es dann in die
Berge und auf der schmalen Straße haben wir für die letzten 80 Kilometer noch
über drei Stunden gebraucht. Mohammed Bilal hat auch diese Bergprüfung bestens
bestanden und uns durch seine Fahrweise nicht ein einziges Mal in Gefahr
gebracht.
In Naini Tal („Augensee“) hätten wir eigentlich etwas essen wollen,
vor allem Bilal bat uns um einen Lunch-Break. Das Problem war dann aber
offensichtlich, dass er kein Halal-Restaurant finden konnte und so sind wir
halt ohne Lunch bis Almora durchgefahren. Uns war´s eh wurscht, gehen wir dann
halt oben etwas essen. Nach exakt 355,5 Kilometern und 10,00 Stunden Fahrzeit –
Uber ist da sehr genau – sind wir dann in Almora bei unserem vorreservierten
Hotel angekommen. Dort haben wir zuerst Bilal bezahlt, für seine Superleistung.
2.000 RP Trinkgeld gegeben und noch die Handynummern ausgetauscht. Er würde uns
nämlich sehr gerne hier auch wieder abholen. Mal sehen. Frohen Mutes sind wir
dann ins Hotel „Saraswati Palace“ rein: „Sorry, but we are sold out“. Aber
nicht, wenn Ilse reserviert hat. Das hat sie versucht, den schnell
eingeschüchterten Wallahs dort klar zu machen und schließlich nach dem Manager
telefonieren lassen. Der ist dann auch bald einmal aufgetaucht und hat uns
sofort versprochen, dass er unser Problem lösen wird.
Wir kriegen jetzt ein
Zimmer in einem anderen Hotel, dem „Saraswati INN“. Wie der Name schon sagt,
gehören die Hotels zusammen und würden nur 30 Meter auseinander liegen. Gernot
hat halb im Spaß gefragt, ob es sich dabei um „indische 30 Meter“ handle, da
hat sich der Manager zur Vorsicht lieber gleich ein Auto für unseren Transport
besorgt. Es waren dann tatsächlich über 700 Meter, wie wir später nachgemessen
haben. Das Hotel „Saraswati INN“ ist de facto ein Neubau und unser Zimmer ist
echt lässig. Geradezu aber unfassbar ist der Ausblick den wir von unserem
großen Balkon aus haben. Der ist mit Worten nur sehr schwer zu beschreiben, zum
Glück haben wir ja zahlreiche Fotos davon gemacht 😊. Nach einer
ausgiebigen heißen Dusche sind wir dann ins Restaurant „Metro“ essen gegangen
und haben dort sehr guten „Fried-Rice“ und „Finger Chips“ gegessen. Wir waren
übrigens die einzigen Gäste, vielleicht hat der Besitzer deswegen mit uns ein
Selfie gemacht… Am Heimweg wollte sich Gernot in einer Bar noch ein Bierchen
mitnehmen, aber alle Marken waren nur in „strong“ verfügbar und 8-prozentiges
Bier mag er nicht. Also kein Schlummertrunk, aber das war heute sowieso nicht
mehr notwendig.









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